BGH 1. Zivilsenat, Urteil vom 11.04.2019, I ZR 54/16

Das Urteil unter dem Aktenzeichen I ZR 54/16 (BGH)

vom 11. April 2019 (Donnerstag)


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Informationspflicht eines Unternehmers zum Widerrufsrecht auf Bestellschein - Werbeprospekt mit Bestellpostkarte II

Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

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Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte verbreitete im Jahr 2014 als Beilage zu verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen einen ausklappbaren Werbeprospekt, der einen Umfang von sechs Seiten im Format von 19 x 23,7 cm hatte. Der Prospekt enthielt auf der unteren Hälfte der rechten Ausklappseite eine heraustrennbare Bestellpostkarte. Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite der Postkarte wurde auf das gesetzliche Widerrufsrecht hingewiesen. Auf einem Abschnitt neben der Vorderseite der Bestellpostkarte waren unter der Überschrift "So bestellen Sie bei …" Telefon- und Faxnummer, Internetadresse und Postanschrift der Beklagten angegeben, in der Fußleiste auf Vorder- und Rückseite des zusammengeklappten Werbeprospekts fanden sich unter der Überschrift "Bestellservice" Telefonnummer und Internetadresse der Beklagten. Bei Eingabe der Internetadresse erschien die Startseite des Internetauftritts der Beklagten. Über den Link "AGB" unter der Überschrift "Rechtliches" waren die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular aufrufbar.

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Die Klägerin beanstandet den Prospekt als unlauter, weil es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehle und das Muster-Widerrufsformular nicht beigefügt sei. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin Klage auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 246,10 € nebst Zinsen erhoben.

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Die Klage hatte vor dem Landgericht im Wesentlichen Erfolg (LG Wuppertal, WRP 2015, 1401). Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, WRP 2016, 739) hat dieses Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen über den Kauf von Waren mittels eines Printmediums zu ermöglichen,

ohne in diesem Printmedium selbst unmittelbar über Folgendes zu informieren: Die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, demgegenüber der Widerruf zu erklären ist,

und ohne das Muster-Widerrufsformular dem Printmedium beizufügen,

wenn das geschieht wie im nachfolgend eingelichteten Werbeprospekt mit Bestellformular:

[es folgen die sechs Seiten des Werbeprospekts, von denen nachfolgend die erste, vorletzte und letzte Seite wiedergegeben sind]

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Außerdem hat das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Abmahnkosten in der von der Klägerin beantragten Höhe bestätigt.

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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juni 2017 dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, GRUR 2017, 930 = WRP 2017, 1474 - Werbeprospekt mit Bestellpostkarte I):

1. Kommt es bei der Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU für die Frage, ob bei einem Fernkommunikationsmittel (hier: Werbeprospekt mit Bestellpostkarte) für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, darauf an,

a) ob das Fernkommunikationsmittel (abstrakt) seiner Art nach nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung stellt,

oder darauf,

b) ob es (konkret) in seiner vom Unternehmer gewählten Gestaltung nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit bietet?

2. Ist es mit Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU vereinbar, die Information über das Widerrufsrecht im Fall begrenzter Darstellungsmöglichkeit im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU auf die Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu beschränken?

3. Ist es nach Art. 8 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU vor einem Vertragsabschluss im Fernabsatz auch im Fall begrenzter Darstellungsmöglichkeit stets zwingend geboten, dem Fernkommunikationsmittel das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B der Richtlinie 2011/83/EU beizufügen?

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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wie folgt entschieden (EuGH, Urteil vom 23. Januar 2019 - C-430/17, GRUR 2019, 296 = WRP 2019, 312 - Walbusch/Zentrale):

Die Frage, ob in einem konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU, ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen. Hierbei hat das nationale Gericht zu prüfen, ob - unter Berücksichtigung des Raums und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher, an den diese Botschaft gerichtet ist, angemessen ist, - alle in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten.

Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU sind dahin auszulegen, dass - falls der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, und wenn ein Widerrufsrecht besteht - der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags die Information über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts erteilen muss. In einem solchen Fall muss der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B dieser Richtlinie auf andere Weise in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen.

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I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag der Klägerin aus §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

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Die Beklagte habe mit dem beanstandeten Werbeprospekt ihrer Verpflichtung zuwidergehandelt, bei Fernabsatzverträgen den Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular zu informieren. Die Belehrung sei in dem Printmedium selbst unmittelbar zu erteilen; das Formular sei ihm zwingend beizufügen. Die Beklagte könne sich nicht auf die erleichterten Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit berufen. Der Werbeprospekt sei kein Fernkommunikationsmittel, das "nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen" biete. Ob der Raum oder die Zeit bei dem verwendeten Fernkommunikationsmittel begrenzt sei, bestimme sich objektiv anhand der technischen und tatsächlichen Möglichkeiten. Der Unternehmer könne nicht durch die Art und Weise der Ausgestaltung des Fernkommunikationsmittels, etwa durch Festlegung von Format und Umfang eines Werbeprospekts, selbst bestimmen, ob die Pflichtinformationen in diesem oder in einem anderen Fernkommunikationsmittel zu erteilen seien. Danach seien in dem beanstandeten Werbeprospekt die vollständigen Pflichtinformationen zum Widerrufsrecht und zum Muster-Widerrufsformular zu erteilen. Da die Beklagte den mehrseitigen Werbeprospekt anders gestalten könne als tatsächlich geschehen, stehe nicht nur begrenzter Raum zur Verfügung.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten sind begründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die erleichterten Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit gemäß Art. 246a § 3 EGBGB für den Werbeprospekt der Beklagten nicht gelten.

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1. Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist ihre Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme wettbewerbswidrig war als auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - I ZR 3/16, GRUR 2019, 298 Rn. 26 = WRP 2019, 327 - Uber Black II, mwN). Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es dagegen allein auf das zum Zeitpunkt der Abmahnung geltende Recht an (BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17, GRUR 2018, 1044 Rn. 9 = WRP 2018, 1202 - Dead Island).

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Nach der beanstandeten Werbung im Jahr 2014 und vor der Entscheidung des Revisionsgerichts ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 2015 I, S. 2158) novelliert worden. Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG aF ist nunmehr inhaltsgleich in § 3a UWG nF enthalten, und die neue Bestimmung ist um die Spürbarkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG aF ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des Rechtsbruchs nichts geändert (BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 117/15, GRUR 2018, 1258 Rn. 20 = WRP 2018, 1476 - YouTube Werbekanal II).

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Die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften des Fernabsatzrechts sind unverändert geblieben.

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2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Vorschriften der § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a §§ 1, 3 und 4 EGBGB als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG angesehen. Diese Vorschriften bestimmen, in welcher Weise ein Verbraucher bereits vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags über sein Widerrufsrecht zu informieren ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, GRUR 2010, 1124 Rn. 22 = WRP 2010, 1517 - Holzhocker; Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 45/11, GRUR 2012, 949 Rn. 43 = WRP 2012, 1086 - Missbräuchliche Vertragsstrafe), und regeln damit das Auftreten der Unternehmen im Wettbewerb.

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3. Gemäß § 312d Abs. 1 BGB ist der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB zu informieren. Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB ist der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, bei denen ihm ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zusteht, über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu informieren. Soll ein Fernabsatzvertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, das nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet, hat der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 3 Satz 1 Nr. 4 EGBGB mittels dieses Fernkommunikationsmittels zumindest über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu informieren. Die weiteren Angaben nach Art. 246a § 1 EGBGB hat der Unternehmer dem Verbraucher gemäß Art. 246a § 3 Satz 2 EGBGB in geeigneter Weise unter Beachtung von Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB zugänglich zu machen. Nach Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a §§ 1 bis 3 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen. Bei einem Fernabsatzvertrag muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a § 4 Abs. 3 Satz 1 EGBGB in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellen. Abweichend hiervon kann der Unternehmer dem Verbraucher die in Art. 246a § 3 Satz 2 EGBGB genannten Informationen nach Art. 246a § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB in geeigneter Weise zugänglich machen.

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Diese Regelungen beruhen auf Art. 6 Abs. 1 Buchst. h, Art. 8 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2011/83/EU und sind daher richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß Art. 4 und Erwägungsgrund 7 dieser Richtlinie eine Vollharmonisierung der von ihr erfassten Aspekte des Verbraucherschutzes bezweckt wird, so dass die Mitgliedstaaten insoweit weder strengere noch weniger strenge Rechtsvorschriften aufrechterhalten oder einführen dürfen. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU informiert der Unternehmer den Verbraucher, bevor dieser durch einen Fernabsatzvertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, bei Bestehen eines Widerrufsrechts in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B dieser Richtlinie. Bei Fernabsatzverträgen erteilt der Unternehmer dem Verbraucher diese Information nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise oder stellt diese Informationen entsprechend zur Verfügung. Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags (unter anderem) zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die das in Art. 6 Abs. 1 Buchst. h dieser Richtlinie genannte Widerrufsrecht betreffen. Die anderen in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher nach Art. 8 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie in geeigneter Weise im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie zu erteilen.

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4. Mit der Ausfüllung und Einsendung des dem Prospekt beigefügten Bestellscheins gibt der Verbraucher gegenüber der Beklagten ein Angebot zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB und damit seine Vertragserklärung im Sinne von Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB ab. Ihm sind die Informationen über die Ausübung des Widerrufsrechts und über das Muster-Widerrufsformular deshalb bereits in diesem Prospekt in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung zu stellen.

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a) Gemäß § 312c Abs. 1 BGB sind Fernabsatzverträge Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Absatz 2 dieser Bestimmung stellt klar, dass Kataloge Fernkommunikationsmittel sind. Das Vertriebssystem der Beklagten ist für den Fernabsatz organisiert. Für den Vertragsschluss werden ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet. Vertragsverhandlungen mit anderen Kommunikationsmitteln werden nicht geführt.

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b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, im Streitfall liege laut Bestellkarte ein Kauf auf Probe vor, bei dem unter Wertungsgesichtspunkten nicht erforderlich sei, sämtliche Informationspflichten schon vor der Bestellung zu erfüllen; vielmehr genüge eine nachträgliche Information des Verbrauchers (vgl. Becker/Rätze, WRP 2019, 429, 437).

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aa) Gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB müssen dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a §§ 1 bis 3 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte bietet in dem beanstandeten Prospekt allerdings einen Kauf auf Probe im Sinne von § 454 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Gemäß § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein solcher Kauf im Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen. Die Billigung eines auf Probe gekauften Gegenstandes kann nach § 455 Satz 1 BGB nur innerhalb der vereinbarten Frist erklärt werden. War die Sache dem Käufer zum Zwecke der Probe übergeben, so gilt sein Schweigen nach § 455 Satz 2 BGB als Billigung.

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bb) Danach kommt im Streitfall der Vertrag verbindlich zustande, wenn die Beklagte die Ware geliefert und der Kunde sie nicht innerhalb der ihm von der Beklagten eingeräumten 14-tägigen Billigungsfrist zurückgesandt hat. Wird von dem Rückgaberecht kein Gebrauch gemacht, so wird die auf dem Bestellschein abgegebene Vertragserklärung des Kunden damit endgültig wirksam, ohne dass der Kunde eine weitere Handlung vornehmen muss. Löst die Absendung des Bestellscheins der Beklagten durch den Kunden ohne weiteres Handeln des Kunden ein Fernabsatzgeschäft aus, so müssen die Informationspflichten des Unternehmers vor Absendung des Bestellscheins erfüllt werden. Die Informationspflicht besteht gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB für jede Vertragserklärung des Verbrauchers, die zum Abschluss eines Fernabsatzgeschäftes führt.

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5. In dem beanstandeten Prospekt hat die Beklagte den Verbrauchern die Informationen über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie über das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung gestellt. Sowohl die Vorder- als auch die Rückseite der Bestellpostkarte enthalten zwar einen Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht. Angaben über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren zu seiner Ausübung sowie zum Muster-Widerrufsformular finden sich in dem Prospekt aber nicht.

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6. Die nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU erforderlichen Informationen hatte die Beklagte grundsätzlich unmittelbar in ihrem Prospekt selbst zu erteilen. Das ergibt sich aus Art. 246a § 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2011/83/EU. Diese Vorschriften beschränken die mittels des Fernkommunikationsmittels zwingend zu erteilenden Informationen. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Ausnahme und damit im Regelfall sind danach alle Pflichtangaben in dem für den Fernabsatz benutzten Fernkommunikationsmittel zu erteilen.

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Ein Wechsel des Fernkommunikationsmittels, um Kenntnis der Pflichtangaben zu erlangen, ist dem Verbraucher regelmäßig unzumutbar. Grundsätzlich kann nicht vorausgesetzt werden, dass der Verbraucher über ein anderes Fernkommunikationsmittel verfügt und es beherrscht als dasjenige, dessen er sich zur Kenntnisnahme des Fernabsatzangebots des Unternehmers bereits bedient hat (vgl. MünchKomm.BGB/Wendehorst, 7. Aufl., Art. 246a EGBGB § 4 Rn. 66). Diese Beurteilung steht im Einklang mit dem Zweck der Richtlinie 2011/83/EU, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen (vgl. Art. 1 der Richtlinie). Mit ihrer auf eine postalische Bestellung ausgerichteten Prospektwerbung zielt die Beklagte auf Verbraucher, die sich nicht zwangsläufig mit der Beschaffung von Informationen im Internet auskennen (vgl. Buchmann/Hoffmann, K&R 2016, 462, 466).

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7. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte könne sich im Streitfall nicht auf die erleichterten Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU berufen, der in Deutschland durch Art. 246a § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB umgesetzt worden ist (vgl. Buchmann/Hoffmann, K&R 2019, 145, 147; Ernst, jurisPR-WettbR 2/2019 Anm. 1).

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a) Soll ein Fernabsatzvertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, das nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet, hat der Unternehmer den Verbraucher gemäß Art. 246a § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB mittels dieses Fernkommunikationsmittels über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu informieren. Die weiteren Angaben nach Art. 246a § 1 EGBGB, insbesondere auch die Informationen über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise unter Beachtung von Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB zugänglich zu machen.

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b) Für die Frage, ob ein Fernkommunikationsmittel nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für zu erteilende Informationen bietet, kommt es auf die Auslegung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU an. Nach dem aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des Senats ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union muss die Begrenzung hinsichtlich Raum und Zeit entweder auf die dem Kommunikationsmittel innewohnenden Eigenschaften oder auf die wirtschaftliche Entscheidung des Unternehmers unter anderem bezüglich der Dauer und des Raums der Werbebotschaft zurückzuführen sein (vgl. EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 38 - Walbusch/Zentrale). Die Frage, ob im konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit im Sinne von Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU zur Verfügung steht, ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen. Hierbei ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des Raums und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Adressaten der Werbung angemessen ist, alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten. Hingegen sind die Entscheidungen des werbenden Unternehmers zur Aufteilung und Nutzung des Raums und der Zeit, über die er bei dem von ihm gewählten Kommunikationsmittel verfügt, für diese Beurteilung irrelevant (EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 39 - Walbusch/Zentrale).

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c) Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte im Streitfall nicht auf die Ausnahmebestimmung bei beschränkter Darstellungsmöglichkeit berufen. Bei einer Printwerbung kommt eine zeitliche Beschränkung der Darstellungsmöglichkeit von vorneherein nicht in Betracht. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, scheidet bei der Prospektwerbung der Beklagten eine Erleichterung der Informationspflichten wegen räumlich beschränkter Darstellungsmöglichkeit ebenfalls aus.

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aa) Allerdings kann sich eine die Informationspflichten des Unternehmers gemäß Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU beschränkende, zeitliche oder räumliche Begrenztheit des Kommunikationsmittels nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht nur aus den Eigenschaften dieses Kommunikationsmittels ergeben. Vielmehr kann sie auch das Ergebnis wirtschaftlicher Entscheidungen des Unternehmers bezüglich der Dauer und des Raums seiner Werbebotschaft sein (EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 38 - Walbusch/Zentrale). Die Beurteilung der Begrenzung von Raum und Zeit knüpft damit an die unternehmerische Entscheidung über Art und Umfang der Werbung an. So bestimmt der Unternehmer bei der Printwerbung, ob er mit einem Katalog, Prospekt, Flyer oder einer Anzeige werben und welchen konkreten Umfang er seinem Werbemittel geben möchte. Auf der Grundlage dieser unternehmerischen Entscheidung ist sodann zu prüfen, ob alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen - unter Berücksichtigung des für einen durchschnittlichen Adressaten der Werbung angemessenen Schrifttyps - objektiv in dieser Werbung dargestellt werden können. Bei dieser Prüfung kommt es nicht auf die Vorstellungen des Unternehmers zur Aufteilung und Nutzung des beim von ihm gewählten Kommunikationsmittel verfügbaren Raums an (EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 39 - Walbusch/Zentrale).

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Indem die Beurteilung der Begrenztheit an die unternehmerische Wahl von Art und Umfang des Werbemittels anknüpft, wird der durch Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechte-Charta) gewährleisteten unternehmerischen Freiheit Rechnung getragen, die auch die Werbefreiheit einschließt (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - C-147/14, LMuR 2016, 12 Rn. 67 - Neptune Distribution), und eine mit Art. 52 Abs. 1 EU-Grundrechte-Charta unvereinbare Beschränkung der Freiheit des Unternehmers bei der Wahl seiner Werbemittel vermieden. Dadurch besteht keine Gefahr, dass die Unternehmer bestimmte Werbeformen nicht mehr sinnvoll nutzen können, weil der Werbecharakter gegenüber der Fülle der Pflichtinformationen in den Hintergrund gedrängt wird.

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Demgegenüber entspricht die nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebotene Auslegung, den Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2011/83/EU nicht nach der gestalterischen Entscheidung des Unternehmers hinsichtlich der Aufteilung und Nutzung von Raum und Zeit bei dem von ihm gewählten Kommunikationsmittel zu bestimmen, dem von der Richtlinie gewollten Verhältnis von Regel und Ausnahme, das aufgehoben würde, wenn die Anwendbarkeit der Ausnahme allein von der gestalterischen Entscheidung des Unternehmers abhinge, so dass von ihr im Ergebnis beliebig Gebrauch gemacht werden könnte. Im Hinblick auf den Zweck der Richtlinie 2011/83/EU, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen (Art. 1 der Richtlinie), könnten willkürliche Beschränkungen der Informationspflicht infolge der Gestaltung eines Werbemediums als unzulässige Umgehung der Informationsanforderungen erscheinen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., Art. 246a § 3 EGBGB Rn. 1). Sie könnten zudem das Ziel der Richtlinie beeinträchtigen, einen sicheren Rechtsrahmen für Verbraucher und Unternehmen zu schaffen (vgl. Erwägungsgrund 7 der Richtlinie).

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bb) Im Streitfall hat sich die Beklagte für einen Werbeprospekt entschieden, der im ausgeklappten Zustand einen Umfang von sechs Seiten im Format von 19 x 23,7 cm hatte. Nach dem Vortrag der Beklagten füllen die vollständigen Informationen zum Widerrufsrecht nebst Muster-Widerrufsformular in der Schrift Times New Roman 12 Pt etwa eineinhalb DIN-A4-Seiten im Textprogramm Word und haben gemeinsam mit der Bestellpostkarte selbst bei reduzierter Schriftgröße einen Anteil von einem Drittel an dem insgesamt sechs Seiten umfassenden Werbeprospekt. Das Berufungsgericht hat danach ohne Rechtsfehler angenommen, es sei technisch und tatsächlich möglich, die vorhandenen Seiten des Werbeprospektes anders zu gestalten, um den notwendigen Raum für die Pflichtinformationen zu gewinnen. Herabgesetzte Informationsanforderungen sind nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht gerechtfertigt, wenn der Raum eines Flugblattes, einer Broschüre oder eines Werbeprospekts allein aufgrund der gestalterischen Entscheidung des werbenden Unternehmens zu Layout und Grafik des Werbeträgers nicht für die Pflichtangaben ausreicht (vgl. Buchmann/Hoffmann, K&R 2016, 462, 465; aA Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., Art. 246a EGBGB Rn. 166).

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(1) Zwar ist für die nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union maßgebliche Frage, ob alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen objektiv in einem Werbemittel dargestellt werden können, erheblich, welchen Anteil diese Informationen am verfügbaren Raum des vom Unternehmer ausgewählten Werbeträgers einnehmen würden. Aus der Anforderung, die Informationen objektiv in der Werbebotschaft darstellen zu können, ist zu schließen, dass die Werbebotschaft gegenüber den Verbraucherinformationen nicht zurücktreten muss. Wann diese Grenze überschritten wird, ist im Einzelfall anhand einer Gesamtwürdigung des konkreten Werbemittels zu bestimmen. Jedenfalls wird die maßgebliche Schwelle nicht bereits dann erreicht, wenn die vollständige Pflichtinformation lediglich einen Anteil des Werbemediums von 10% der verfügbaren Fläche benötigt (so aber Schirmbacher, WRP 2015, 1402, 1404). Vielmehr wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Werbebotschaft noch nicht zurücktritt, wenn für die verpflichtenden Verbraucherinformationen bei Verwendung einer für den durchschnittlichen Adressaten der Werbung angemessenen Schrifttype nicht mehr als ein Fünftel des für eine konkrete Printwerbung verfügbaren Raums benötigt wird.

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(2) Im vorliegenden Fall ist die Schwelle zur fehlenden objektiven Darstellbarkeit der richtliniengemäßen Informationen in der Werbebotschaft noch nicht überschritten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die vom Berufungsgericht in Bezug genommene Angabe der Beklagten, die Informationen erforderten selbst bei reduzierter Schriftgröße etwa ein Drittel des Umfangs des Werbemittels (zwei von sechs Seiten), das Muster-Widerrufsformular und die zweiseitig bedruckte Bestellkarte einschließt. Dabei entfällt schon allein auf die Bestellkarte etwas weniger als die Hälfte dieser zwei Seiten, so dass sich die Widerrufsbelehrung einschließlich des Muster-Widerrufsformulars nach den Angaben der Beklagten auf etwas mehr als einer Seite des sechsseitigen Prospekts unterbringen ließe. Mit einem Umfang von etwa einem Sechstel des Werbemittels kann die Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufsformular objektiv in dem Werbemittel untergebracht werden.

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(3) Zwar kommt es für die Frage der objektiven Darstellbarkeit in der Werbebotschaft auf alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU genannten Informationen an (vgl. EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 39 - Walbusch/Zentrale). Es ist jedoch nicht festgestellt oder von der Revisionsklägerin unter Bezug auf vorinstanzlichen Vortrag geltend gemacht worden, dass die Informationen gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83/EU im Zusammenhang mit weiteren nach Art. 6 Abs. 1 erforderlichen Informationen zu einer objektiv fehlenden Darstellbarkeit in dem beanstandeten Prospekt führen könnten. Kann schon nicht festgestellt werden, dass auf dem Prospekt der Beklagten für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung stehen, kommt es mangels Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung nicht mehr darauf an, ob die Beklagte gemäß Art. 8 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2011/83/EU dem Verbraucher die weiteren in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Informationen auf andere Weise klar und verständlich erteilt hat (vgl. EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 40 - Walbusch/Zentrale).

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8. Entgegen der Ansicht der Revision umfasst Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB danach auch die Verpflichtung des Unternehmers, dem für seine Werbung genutzten Fernkommunikationsmittel wie hier dem Werbeprospekt selbst das Muster-Widerrufsformular beizufügen.

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a) Die Revision meint, es stehe dem Unternehmer frei, wie er den Verbraucher gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB über das Muster-Widerrufsformular informiere. Der Unternehmer könne seine Informationspflicht auch durch den Hinweis erfüllen, dass es ein Muster-Widerrufsformular gebe, wo dieses bezogen werden könne und wie es zu nutzen sei.

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b) Dieser Beurteilung kann für den Streitfall bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB nicht zugestimmt werden.

39

aa) Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie und des diese Bestimmung umsetzenden Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB lassen offen, in welcher Form der Verbraucher über das Muster-Widerrufsformular zu informieren ist. Allerdings wird der Verbraucher in dem Muster-Widerrufsformular in Anhang I Teil B der Richtlinie mit "Sie" angesprochen und aufgefordert, das Formular zurückzusenden. Die Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I Teil A der Richtlinie 2001/83/EU verweist auf das "beigefügte Muster-Widerrufsformular". Das zeigt, dass dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular grundsätzlich zusammen mit der Widerrufsbelehrung zu übermitteln ist (zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB Heinig, MDR 2012, 323, 326; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 455; Klocke, VuR 2015, 293, 296; Schirmbacher in Spindler/Schuster aaO Art. 246a EGBGB Rn. 123; MünchKomm.BGB/Wendehorst aaO § 312d Anhang I Rn. 33).

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bb) Nur wenn der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, ist der Unternehmer nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht verpflichtet, dem Verbraucher zeitgleich mit dem Einsatz dieses Kommunikationsmittels das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B der Richtlinie 2011/83/EU zur Verfügung zu stellen, und reicht die Mitteilung dieses Musterformulars auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache aus (EuGH, GRUR 2019, 296 Rn. 31 und 46 - Walbusch/Zentrale). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. In dem Prospekt der Beklagten steht ausreichend Raum für die Darstellung der Informationen einschließlich des Muster-Widerrufsformulars zur Verfügung. Anderes würde nur gelten, wenn für die verpflichtenden Verbraucherinformationen nebst Muster-Widerrufsformular mehr als ein Fünftel des für die konkrete Printwerbung verfügbaren Raums benötigt wird (vgl. Rn. 33). In diesem - hier nicht vorliegenden - Fall müsste das Muster-Widerrufsformular nicht in der Werbung abgedruckt und könnte sein Inhalt auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache mitgeteilt werden. Sodann wäre zu prüfen, ob die übrigen Pflichtangaben nicht mehr als ein Fünftel des Raums der Printwerbung in Anspruch nehmen.

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9. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, führt auch die Neufassung des § 5a Abs. 5 UWG, dessen Entstehungsgeschichte und die dieser zugrundeliegende Richtlinie 2005/29/EG zu keiner abweichenden Beurteilung.

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Nach § 5a Abs. 5 UWG sind zwar bei der Beurteilung, ob Informationen vorenthalten wurden, räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmittels sowie alle Maßnahmen des Unternehmens, um dem Verbraucher die Informationen auf andere Weise als durch dieses Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, zu berücksichtigen. Diese Regelung setzt Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG um. Art. 3 Abs. 4 dieser Richtlinie bestimmt aber, dass andere Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, den Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/EG vorgehen. Eine solche vorrangige Bestimmung ist die Regelung in Art. 8 der Richtlinie 2011/83/EU, die besondere Vorschriften hinsichtlich der formalen Anforderungen bei Fernabsatzverträgen enthält (vgl. MünchKomm.UWG/Micklitz, 2. Aufl., EG D Art. 3 Rn. 33). Nach der Vorstellung des Richtliniengebers sind die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen wegen des vor Abgabe einer Vertragserklärung fehlenden Kontakts zum Unternehmer in besonderem Maße auf vollständige Informationen angewiesen. Die Informationspflichten beim Fernabsatz sind deshalb strenger als allgemein im Wettbewerbsrecht.

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III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Koch     

      

Schaffert     

      

Kirchhoff

      

Löffler     

      

Schwonke