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Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien (§ 1754 Abs 1, Abs 2 BGB; § 1755 Abs 1 S 1, Abs 2 BGB) verstößt gegen allgemeines Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) - Stabilität der Familienbeziehung als legitimes gesetzgeberisches Ziel für Beschränkungen der Stiefkindadoption - vollständiger Adoptionsausschluss angesichts verfügbarer milderer Mittel jedoch unverhältnismäßig ieS - Frist für Neuregelung bis 31.03.2020
1. § 1754 Absatz 1 und Absatz 2 und § 1755 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2949) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als danach ein Kind von seinem mit einem rechtlichen Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Stiefelternteil unter keinen Umständen adoptiert werden kann, ohne dass die verwandtschaftliche Beziehung zum rechtlichen Elternteil erlischt.
2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. März 2020 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Bis zur gesetzlichen Neuregelung ist das geltende Recht auf nichteheliche Stiefkindfamilien nicht anwendbar; Verfahren sind insoweit bis zu dieser Neuregelung auszusetzen.
3. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 2017 - XII ZB 586/15 -, der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 2015 - II-3 UF 9/14 - und der Beschluss des Amtsgerichts Ahaus vom 9. Dezember 2013 - 12 F 235/13 - verstoßen gegen Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Ahaus zurückverwiesen.
4. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen haben den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es verfassungsgemäß ist, die Möglichkeit einer zur gemeinsamen Elternschaft führenden Stiefkindadoption davon abhängig zu machen, dass der Stiefelternteil mit dem Elternteil verheiratet ist.
Nach derzeitiger Rechtslage ist eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, wohingegen der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des rechtlichen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt (§ 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind bestehen ohne Adoption keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen.
1. Die Regelung der Stiefkindadoption geht im Wesentlichen auf das Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz) vom 2. Juli 1976 zurück (BGBl I S. 1749), welches das Adoptionsrecht grundlegend neu geregelt hat. Im Mittelpunkt der Reform stand die Annahme Minderjähriger. Die Annahme eines Kindes sollte "nicht mehr den Fortbestand des Namens und des Vermögens sichern, sondern einem Kind, das ein gesundes Zuhause entbehren muss, eine Familie geben" (BTDrucks 7/3061, S. 1). Es wurde die sogenannte Volladoption eingeführt, die grundsätzlich zur völligen Trennung des adoptierten Kindes von seiner bisherigen rechtlichen Familie und zu seiner vollen Integration in die aufnehmende Familie führt.
2. Die Stiefkindadoption ist in nichtehelichen Familien nach geltendem Recht dadurch faktisch ausgeschlossen, dass mit der Adoption jedes bislang bestehende Elternverhältnis erlöschen würde, das Kind dann also nur noch den Stiefelternteil als rechtlichen Elternteil hätte, was typischerweise nicht im Interesse der Beteiligten liegt. Das Erlöschen der Elternschaft folgt in dieser Konstellation aus dem Zusammenspiel mehrerer einfachgesetzlicher Regelungen.
§ 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet an, dass mit der Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten erlöschen. Im Fall der Stiefkindadoption erlischt demnach nicht nur die Verwandtschaft zur Familie des (regelmäßig ohnehin sozial entfernteren) "außenstehenden" Elternteils, sondern auch zur Familie des "bleibenden" Elternteils. § 1755 Abs. 2 BGB macht hiervon zwar gerade für die Stiefkindadoption eine Ausnahme. Dort ist geregelt, dass im Fall der Stiefkindadoption das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem außenstehenden Elternteil und dessen Verwandten eintritt; die Verwandtschaft zum bleibenden Elternteil besteht also fort. Das gilt jedoch nur dann, wenn ein Stiefelternteil das Kind seines Ehegatten annimmt. Im Fall der ehelichen Stiefkindfamilie bleibt also der ursprüngliche Elternteil neben seinem annehmenden Ehegatten weiterhin Elternteil, wohingegen die Elternschaft des außenstehenden ursprünglichen Elternteils erlischt. Für die Annahme durch einen nicht verheirateten Stiefelternteil ist keine Ausnahme von der allgemeinen Erlöschensfolge des § 1755 Abs. 1 BGB vorgesehen:
§ 1755 BGB
(1) Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten. Ansprüche des Kindes, die bis zur Annahme entstanden sind, insbesondere auf Renten, Waisengeld und andere entsprechende wiederkehrende Leistungen, werden durch die Annahme nicht berührt; dies gilt nicht für Unterhaltsansprüche.
(2) Nimmt ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein.
Das Verwandtschaftsverhältnis erlischt im Verhältnis zu den Verwandten des außenstehenden Elternteils ausnahmsweise nicht, wenn dieser die elterliche Sorge hatte und verstorben ist (§ 1756 Abs. 2 BGB).
Der Erlöschensregelung entsprechend ist auch die Stellung des Kindes geregelt. Grundsätzlich erlangt das Kind durch Adoption die rechtliche Stellung eines Kindes allein des Annehmenden (§ 1754 Abs. 2 BGB). Nur im Fall der gemeinschaftlichen Adoption durch ein Ehepaar oder der Stiefkindadoption durch einen Ehepartner wird das Kind gemeinschaftliches Kind beider (§ 1754 Abs. 1 BGB). Wiederum besteht eine solche Ausnahme nicht für die Annahme durch einen nicht verheirateten Stiefelternteil:
§ 1754 BGB
(1) Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten.
(2) In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden.
[…]
Aus den Regelungen folgt, dass eine Person das rechtliche Kind ihres nicht mit ihr verheirateten Lebensgefährten de lege lata nur mit der Folge annehmen kann, dass dessen Verwandtschaftsverhältnis zum Kind erlischt. Damit ist die Adoption des Stiefkindes nicht - wie bei Ehepartnern - mit der Folge möglich, dass das Kind gemeinschaftliches Kind beider wird. Der Bundesgerichtshof geht in der angegriffenen Entscheidung (Beschluss vom 8. Februar 2017 - XII ZB 586/15 -, juris Rn. 15) nachvollziehbar davon aus, dass eine großzügigere Auslegung nicht möglich ist. Dies ist auch der verfassungsgerichtlichen Prüfung zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 135, 48 <60 f. Rn. 25 a.E.>).
3. Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind bestehen ohne Adoption keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Das gilt auch dann, wenn der Stiefelternteil mit dem anderen Elternteil und dem Kind in sozial-familiärer Beziehung lebt. Der nicht verheiratete Stiefelternteil ist weder sorgeberechtigt noch -verpflichtet. Seine rechtliche Situation unterscheidet sich von der des nicht verheirateten rechtlichen Elternteils, der nach § 1626a BGB auch ohne Ehe gemeinsam mit dem anderen Elternteil sorgeberechtigt sein kann. Der nicht verheiratete Stiefelternteil verfügt auch über kein sogenanntes "kleines Sorgerecht", das dem verheirateten Stiefelternteil gesetzlich zugewiesen ist (§ 1687b BGB). Auch nach dem Tod des rechtlichen Elternteils oder einer Trennung bestehen im Stiefeltern-Kind-Verhältnis, abgesehen von der nach § 1685 Abs. 2 BGB möglichen Umgangsregelung, keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Im Fall des Todes des rechtlichen Elternteils ist insbesondere die sogenannte Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB ausgeschlossen. Einzelne vertragliche Gestaltungen sind indessen möglich.
4. Eine Adoption unterliegt nach geltendem Recht strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen.
a) Wesentliche Voraussetzung der Adoption ist gemäß § 1741 BGB, dass die Annahme dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Die Annahme dient nur dann dem Wohl des Kindes, wenn sich hierdurch die Lebensbedingungen des Kindes so verändern, dass eine erheblich bessere Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes zu erwarten ist (vgl. Frank, in: Staudinger, BGB, 2007, § 1741 Rn. 15 ff.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl. 2010, § 68 Rn. 98; Maurer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1741 Rn. 73). Die Erwartung, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, spielt bei der Minderjährigenadoption praktisch keine eigenständige Rolle, was darauf zurückgeführt wird, dass eine Adoption, die dem nicht genügte, auch nicht dem Wohl des Kindes dienen könnte (vgl. Frank, in: Staudinger, BGB, 2007, § 1741 Rn. 26).
Zur Annahme eines Kindes sind gemäß §§ 1746 ff. BGB insbesondere die Einwilligungen des Kindes (§ 1746 BGB) und beider rechtlicher Eltern (§ 1747 BGB) erforderlich.
b) Über die Annahme des Kindes entscheidet das Familiengericht (§ 1752 BGB). Ob eine Adoption dem Wohl des Kindes dient, ist nach Prüfung des Einzelfalls im Wege einer Prognoseentscheidung zu beantworten. Das Familiengericht hat die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln (§ 26 FamFG). Bei Stiefkindadoptionen wird es hierbei nach Maßgabe von § 189 Satz 2, § 194 Abs. 1 FamFG durch Adoptionsvermittlungsstellen und durch das Jugendamt unterstützt. Das Jugendamt hat die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen sowie dem Familiengericht die ermittelten Tatsachen mitzuteilen und soll dem Gericht einen bestimmten Entscheidungsvorschlag unterbreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 1986 - IVb ZB 105/84 -, juris, Rn. 16; Krause, in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 194 Rn. 3 m.w.N.).
1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist die leibliche Mutter der zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde minderjährigen Beschwerdeführer zu 2) und 3). Der mit der Mutter verheiratete leibliche Vater der Kinder verstarb im Jahr 2006. Seit 2007 leben die Beschwerdeführerin zu 1) und der Beschwerdeführer zu 4) in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Sie haben nach eigenen Angaben davon abgesehen, die Ehe zu schließen, weil die Beschwerdeführerin zu 1) eine Witwenrente bezieht, die sie als einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage betrachtet und die sie durch die Wiederverheiratung verlöre. Die beiden haben einen gemeinsamen, im Jahr 2009 geborenen Sohn. Im Oktober 2013 wurde der Antrag der Beschwerdeführer zu 1) und 4) auf Ausspruch der Annahme der Beschwerdeführer zu 2) und 3) als gemeinschaftliche Kinder notariell beurkundet.
2. Das Amtsgericht wies den Antrag auf Ausspruch der Annahme zurück. Eine unverheiratete Person könne ein Kind nur allein annehmen. Eine Adoption dergestalt, dass die Anzunehmenden die Stellung gemeinschaftlicher Kinder der Beschwerdeführer zu 1) und 4) erlangten, sei nach derzeitiger Gesetzeslage nicht möglich. Diese gesetzliche Regelung sei auch nicht verfassungswidrig. Es solle sichergestellt sein, dass das Kind durch die Adoption in stabile Verhältnisse mit dauerhaften Bezugspersonen gelange.
3. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) und 4) gegen den Beschluss des Amtsgerichts zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu.
4. Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde zurück. Die beantragte Adoption sei nach geltendem Recht nicht möglich. Die eindeutigen Regelungen der § 1741 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, § 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB ließen eine teleologische Reduktion nicht zu.
§ 1741 Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 BGB seien auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere seien die Beschwerdeführer zu 1) und 4) auch unter Zugrundelegung eines strengen Prüfungsmaßstabs nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der erstrebte Zweck, den anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten, sei legitim. Wenn der Gesetzgeber hierfür maßgeblich auf eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft abstelle, liege das noch in seinem gesetzgeberischen Ermessen. Auch wenn sich ein gesellschaftlicher Wandel vollziehe, wonach immer mehr Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften hervorgingen, ändere das nichts daran, dass sich die Ehe von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich deutlich abhebe. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung zur Beschränkung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für künstliche Befruchtung auf Ehepaare ausgeführt, dass der Gesetzgeber auch in typisierender Betrachtung die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen dürfe, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage als eine nichteheliche Lebensgemeinschaft (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Die Beschwerdeführer zu 2) und 3) würden insbesondere nicht in ihrem Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, da die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums auch insoweit nicht überschritten seien. Die betroffenen Kinder seien nicht elternlos, sondern hätten mit der Beschwerdeführerin zu 1) einen Elternteil im Rechtssinne.
Die Beschwerdeführer rügen, durch die angegriffenen Entscheidungen und die zugrunde liegenden Normen in verschiedenen Grundrechten verletzt zu sein.
Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Adoption verletzten die Rechte der Beschwerdeführer zu 2) und 3) aus Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere würden sie gegenüber Kindern ungleich behandelt, deren Stiefeltern verheiratet sind, weil ihnen die Möglichkeit versagt werde, mit dem Beschwerdeführer zu 4), ihrem "gefühlten Vater", einen mit den Rechten und Pflichten eines rechtlichen Vaters ausgestatteten Vater zu erhalten. Im konkreten Fall entstehe auch ein Benachteiligungsgefühl gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Beschwerdeführer zu 1) und 4). Der als legitim anzusehende Zweck, adoptierten Kindern stabile Familienverhältnisse zu schaffen, erfordere es in Fällen wie ihrem nicht, die Adoption auszuschließen, da Jugendamt und Familiengericht ohnehin eine sorgfältige Prüfung des Adoptionsantrags durchführen müssten.
Durch die Entscheidungen der Zivilgerichte würden auch Grundrechte des Beschwerdeführers zu 4) aus Art. 6 GG verletzt, weil er trotz sozial-familiärer Beziehung zu den Kindern nicht deren rechtlicher Vater werden könne, ohne dass dabei die Elternstellung der Mutter verloren gehe.
Auch die Beschwerdeführerin zu 1) sei in ihrem Grundrecht auf Schutz der Familie verletzt, weil sie daran gehindert werde, im Interesse ihrer Kinder eine Situation zu schaffen, in der die Mitglieder der Familie jene wechselseitigen Rechte und Pflichten haben, wie sie zwischen Eltern und Kindern bestehen. Sie würde in erheblichem Umfang davon profitieren, wenn die elterlichen Pflichten nicht alleine auf ihren Schultern lasteten und für den Fall ihres frühzeitigen Ablebens durch rechtliche Verbindung zum Beschwerdeführer zu 4) für ihre Kinder gesorgt wäre.
Gelegenheit zur Stellungnahme haben unter anderem das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, die Regierungen der Bundesländer, der Bundesgerichtshof, die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Deutsche Caritasverband e.V., der Deutsche Familiengerichtstag e.V., die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht e.V., der Deutsche Juristinnenbunde.V., der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologene.V., der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten e.V., die Deutsche Gesellschaft für Psychologiee.V., der Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V., das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., die Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V., das Deutsche Jugendinstitut e.V. und die Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland e.V. erhalten.
1. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat namens der Bundesregierung Stellung genommen. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG oder gegen Art. 6 Abs. 1 GG liege nicht vor. Auch Art. 3 GG sei nicht verletzt. Hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) und 3) möge im Vergleich zu Kindern, die von Ehegatten adoptiert werden, eine Ungleichbehandlung vorliegen. Diese sei jedoch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Dem anzunehmenden Kind solle eine stabile Elternbeziehung gewährleistet werden. Das typisierende Anknüpfen an die Ehe als rechtlich verfestigte Lebensgemeinschaft sei ein legitimes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks. Zwar könnten auch lediglich tatsächliche Beziehungen im Einzelfall dauerhaft tragfähig sein. Die Ehe sei jedoch die einzige Beziehungsform, die diese Stabilität und Dauerhaftigkeit auch nach außen hin für Dritte erkennbar objektiviere und rechtlich verfestige, während dies bei einer nur tatsächlich bestehenden Lebensgemeinschaft deutlich schwerer feststellbar sei. Die Bedeutung der Ehe als Anknüpfungspunkt für eine verfestigte, stabile Beziehung betone auch das Bundesverfassungsgericht (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Darüber hinaus bestehe für den Fall des Scheiterns der Beziehung eine bessere Absicherung des Kindes, wenn die Partner verheiratet seien. Aus Art. 6 Abs. 1 GG lasse sich zudem eine Pflicht des Staates zum Schutz und zur Förderung der Ehe gegenüber anderen Lebensformen ableiten. Schließlich sei bereits die "echte" Stiefkindadoption durch den Ehegatten nicht frei von Schwierigkeiten; eine weitere Ausdehnung dieser Adoptionsform sei daher eher nicht angezeigt. Eine Problematik der Stiefkindadoption bestehe darin, dass der bisherige Vater infolge der Adoption nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich aus dem Leben des Kindes verdrängt werde, während grundsätzlich - und dieser Vorstellung folge auch die Ausgestaltung des Kindschaftsrechts bei Trennung und Scheidung - die Aufrechterhaltung der Beziehung zu beiden Elternteilen vorzugswürdig sei.
2.Die Bayerische Staatsregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Insbesondere hält sie die Ungleichbehandlung für gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe an Unterschiede von Verfassungsrang angeknüpft. Das Rechtsinstitut der Ehe genieße im Gegensatz zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften den besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Zudem sei die eheliche Verbindung der Eltern für die betroffenen Kinder vorteilhaft. Bei einer Ehe wirkten die Einstandspflichten deutlich über ein mögliches Scheitern hinaus, was auch Auswirkungen auf die aus der Ehe hervorgehenden Kinder habe.
3.Der Bundesgerichtshof weist auf seine Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung hin und ergänzt, soweit der Beschwerdeführer zu 4) seine Beziehung zur Kindesmutter als einer Ehe wesensgleich bezeichne, übersehe er § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet seien und füreinander Verantwortung trügen. Solche Verpflichtungen bestünden im Verhältnis des Beschwerdeführers zu 4) zur Kindesmutter nicht.
4.Die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter legt dar, dass die Stabilität der Elternbeziehung untereinander ein entscheidender Faktor für ein möglichst unbelastetes Aufwachsen eines Kindes sei. Dieses Bedürfnis sei grundsätzlich unabhängig von der jeweiligen Familienform. Da Kinder in Stiefkindfamilien bereits eine Trennung vom leiblichen Elternteil erlebt hätten, komme der Stabilität und Belastbarkeit der elterlichen Partnerschaft eine zentrale Bedeutung zu. Eine langjährige, stabile Partnerschaft zwischen Elternteil und Stiefelternteil könne zudem als Indiz für eine dauerhafte Bereitschaft zur Zusammengehörigkeit und Verantwortungsübernahme auch gegenüber dem Kind der Partnerin oder des Partners angesehen werden. Eine langjährige Partnerschaft eröffne überhaupt erst die Möglichkeit, auch krisenhafte Situationen gemeinsam zu durchleben und Belastungen des Alltags zu meistern. Die Fachkräfte in den Adoptionsvermittlungsstellen setzten oftmals eine Dauer der Beziehung von drei bis fünf Jahren voraus. Im Sinne der Kindeswohldienlichkeit spielten für die Stabilität der Elternbeziehung auch qualitative Aspekte eine Rolle. So könnten Paarbeziehungen durchaus dauerhaft sein, aber dennoch destruktiv auf die Entwicklung der Kinder wirken.
Im Sinne der Kindeswohldienlichkeit sei schließlich zu beachten, dass mit der Adoption durch den Stiefelternteil das Kind für sein ganzes weiteres Leben auch für diesen verantwortlich werde. Sei die Partnerschaft zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Annehmenden nicht von Dauer, so bleibe die Beziehung zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen unabhängig von der Trennung der Eltern mit gegenseitigen Pflichten weiterhin bestehen. Dies führe nicht selten zu erheblichen Spannungen im Familiensystem. Da durch eine Stiefkindadoption unumkehrbare, dauerhafte Fakten und Rechtsfolgen geschaffen würden, sollte dem auch eine auf Dauerhaftigkeit ausgelegte Paarbeziehung als Fundament zugrunde liegen.
Auf Nachfrage, welche Kriterien angewandt würden, um die Stabilität zu bestimmen, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft dar, es spielten Stärken und Schwächen einer Partnerschaft, deren Konfliktlösungspotentiale, die Zufriedenheit mit der Partnerschaft sowie das Bestehen möglicher Dauerkonflikte oder pathologischer Beziehungsmuster eine Rolle. Hingewiesen wird aber auch darauf, dass Prognosen zur Beurteilung der partnerschaftlichen Stabilität durchgängig einen gewissen Unsicherheitsfaktor aufwiesen. Hinzu komme eine starke Abhängigkeit von der Offenheit des Paares gegenüber dem Beurteilenden. Mit der Frage, welche Rolle die Ehe in diesem Zusammenhang spiele, hätten sich wegen der geltenden Gesetzeslage nur wenige Fachkräfte auseinandergesetzt. Mit einer rechtlich abgesicherten Partnerschaft verbinde die Mehrheit der Fachkräfte eine stabile Elternbeziehung, weil der Ehe durch das öffentliche Bekenntnis zueinander eine höhere Verbindlichkeit innewohne. Ein geringerer Teil der Fachkräfte halte den Fokus auf die Ehe zur Bestimmung von relativer Stabilität in Familien für nicht mehr zeitgemäß. Von einer qualitativen Beurteilung der Paarbeziehung entbinde der Umstand der Eheschließung nicht. Der überwiegende Teil schlage vor, dass die Ehe die gesetzliche Grundlage für die Annahme bleiben solle, weil deren gesetzliche Rahmenbedingungen am besten die finanzielle Versorgung der Kinder sicherten. Die Ehe strebe eine höhere Stabilität an. Dazu gehöre auch der gemeinsame Ehename als Zeichen der Gemeinschaft und Verbundenheit. Dieses höhere Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit unterstütze den Grundgedanken der Adoption. Die Ehe werde nicht als alleiniger Indikator und ausschlaggebender Punkt für die Bewertung angesehen, sei aber ein wichtiges Indiz für die Stabilität der Partnerschaft. Entfiele das Eheerfordernis, fehlte ein klares Kriterium, an dem die Stabilität der Partnerschaft und damit die Kindeswohldienlichkeit gemessen werden könne.
5.Nach Auffassung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sind unter Familie zwar auch nichteheliche Formen von verbindlich gelebter Partnerschaft zu verstehen. Jedoch genieße die Ehe besondere Wertschätzung, da sie einen besonders stabilen Rahmen für die Partnerschaft und die Entwicklung der Kinder biete. Insbesondere bringe die rechtliche Verbindlichkeit einer Ehe weitergehende Unterhaltspflichten unter den Eheleuten und für die Familie. Die rechtliche Differenzierung zwischen ehebasierten und nichtehelichen Familien liege im Ermessen des Gesetzgebers.
6.Der Deutsche Caritasverband ist der Ansicht, die Verweigerung der Adoption bedeute keine Verletzung von Grundrechten. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auf Gewährleistung elterlicher Erziehung und Pflege sei nicht verletzt. Eine Verletzung der Kinder im Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG wird in Betracht gezogen aber verneint, weil der Gesetzgeber nur für die Ehe, nicht aber für nichteheliche Gemeinschaften umfassende Regelungen für den Fall der Trennung oder des Versterbens eines Partners getroffen habe.
7. Die Kinderrechtekommission des Deutschen Familiengerichtstags ist mehrheitlich der Ansicht, der Gesetzgeber bewege sich im Rahmen seines Gestaltungsspielraums. Eine Ausweitung der Stiefkindadoption auf nichteheliche Partnerschaften sei verfassungsrechtlich möglich, jedoch nicht geboten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Verwehrung der Adoption einen Eingriff in Art. 6 Abs. 1 GG darstelle (was die Mehrheit der Kommission verneine), sei dieser gerechtfertigt. Das angestrebte Ziel der Typisierung, Kindern bei einer Adoption ein beständiges und ausgeglichenes Zuhause zu verschaffen, sei legitim. Die geltende Regelung sei auch geeignet, da sie die Stiefkindadoption auf rechtlich verbindliche Partnerschaften beschränke und damit auf solche, die bei typisierender Betrachtung ein mögliches Höchstmaß an Bestandskraft gewährleisteten. Sie sei trotz der gesetzlich vorgesehenen Einzelfallprüfung erforderlich im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Typisierungen erschienen beim Einrücken oder Ausscheiden aus der rechtlichen Elternstellung notwendig und angemessen, da die Entwicklungen in den familiären Beziehungen nur eingeschränkt vorhersehbar seien. Dass auch die einzelfallbezogene Kindeswohlprüfung der Stabilität der Beziehung in solchem Maße Rechnung trage, dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Stiefkindadoption wie Eheleuten zu ermöglichen, vermöge die Mehrheit der Kommission nicht zu bejahen. Auch die beschwerdeführenden Kinder würden nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Es falle in das allgemeine Lebensrisiko eines Kindes, wenn sein leiblicher Elternteil und dessen Partner keine rechtsverbindliche Ehe eingehen wollten und ihm deshalb eine Adoption in der erstrebten Form versagt bleibe.
8.Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat eine Stellungnahme übersandt. Danach verstößt das Verbot der Stiefkindadoption durch den mit der Mutter nicht verheirateten Lebensgefährten nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Typisierung beruhe auf sachgerechten Überlegungen. Im Fall der Adoption stabilisiere die vorherige Eheschließung die Verbindung der Eltern. Der Gesetzgeber komme bei nicht verheirateten Paaren - anders als bei verheirateten - schwerlich um eine inhaltliche Präzisierung der Verbindung herum, wodurch erneut die Gefahr einer Ungleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Lebensgemeinschaften heraufbeschworen werde. Das Kriterium der Dauer der Beziehung sei schwer kontrollierbar.
9.Der Deutsche Juristinnenbund hält die Regelung noch für verfassungsgemäß. Rechtlich nicht ganz unproblematisch sei allerdings die Vereinbarkeit des geltenden Rechts mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Anders als der Bundesgerichtshof sollte nicht nur auf die rechtlichen Unterschiede zwischen Ehe und faktischer Lebensgemeinschaft abgestellt werden. Die tatsächlichen Ähnlichkeiten seien ein entscheidender Faktor. Im Rahmen der einzelfallbezogenen Kindeswohlprüfung bei einer Adoption könne der Stabilität und dem inneren Zusammenhalt der Beziehung Rechnung getragen werden. Im Ergebnis sei die Auffassung des Bundesgerichtshofs zwar nicht zu beanstanden, da sich der Gesetzgeber im Rahmen seines Wertungsspielraums bewege. Gleichwohl bestehe gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Im Einzelfall könne es trotz der rechtlichen Unterschiede von Ehe und faktischer Lebensgemeinschaft durchaus dem Kindeswohl dienen, einem unverheirateten Lebensgefährten die Adoption der Stiefkinder zu gestatten. Hierfür stritten die Ähnlichkeiten zwischen Ehe und faktischer Lebensgemeinschaft im Hinblick auf Stabilität und Intensität der emotionalen Bindungen sowie die zahlenmäßige Zunahme faktischer Lebensgemeinschaften in den vergangenen Jahrzehnten. Dafür spreche schließlich auch die Möglichkeit, die Eignung des konkreten Lebensgefährten und bislang nur sozialen Elternteils im Rahmen der einzelfallorientierten Adoptionsentscheidung zu beurteilen. Es biete sich an, eine faktische Lebensgemeinschaft von gewisser Festigkeit und ein Zusammenleben der Partner für mindestens zwei bis drei zusammenhängende Jahre zu verlangen.
Der Deutsche Juristinnenbund bezweifelt, dass die geltende Rechtslage mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar sei.
10.Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen hält die typisierende Annahme, die Lebensbedingungen in einer rechtlich verbindlichen Lebensgemeinschaft böten grundsätzlich die bessere Gewähr für kindeswohlverträgliche Lebensverhältnisse, nicht für gerechtfertigt. Vielmehr sollte die Möglichkeit einer rechtlichen Absicherung, wie sie beispielsweise eine Adoption biete, auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften geschaffen werden, und zwar mit einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallprüfung. Stabilität und Sicherheit, gerade auch in einschneidenden Lebenssituationen, wie schwerer Erkrankung oder Tod eines Erziehungsberechtigten, seien besonders bedeutsame Faktoren für die kindliche Entwicklung. Hier könne eine rechtliche Regelung Sicherheit schaffen. Gerade bei jungen Kindern könne die Möglichkeit der Integration eines neuen Partners zur Verbesserung der Familienprozesse und damit der kindlichen Entwicklung beitragen. Dieser Effekt scheine zwar mit zunehmendem Alter der Kinder zu verpuffen, da der in das Familiensystem neu eintretende Partner nicht mehr diese Bedeutung für das System entwickele. Aber auch hier könne die Adoption zur Klarheit hinsichtlich der Rollenverteilung, des Rollenverständnisses und letztlich auch der Familienstruktur beitragen. Die rechtliche Absicherung sozialer Elternschaft durch Adoption fördere gerade in komplexen Stiefkindfamilien (Familien mit gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern) eine Nivellierung von Unterschieden zwischen gemeinsamen leiblichen Kindern und Stiefkindern und trage zu einer Harmonisierung innerhalb des Familiensystems bei.
11. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten weist auf generelle Bedenken gegen die Stiefkindadoption hin. Die Verbindung zum einen leiblichen Elternteil werde aufgelöst und das Kind in eine "Zwangsgemeinschaft" hinein adoptiert. Dadurch entstünden Loyalitätskonflikte. Zudem gebe es für die Stiefkindadoption häufig Motive, die nicht am Kindeswohl orientiert seien, sowie einen erheblichen Anteil "gescheiterter" Adoptionen mit Nachfolgeproblemen bei Trennung und Scheidung. Im konkreten Fall sei es dem Kindeswohl jedoch zuträglich, wenn die Kinder nach einer Stiefkindadoption mit beiden Eltern verwandt seien. Insbesondere stelle die Verlässlichkeit der väterlichen Beziehung, gerade auch wegen möglicher Ängste nach dem bereits erlebten Verlust, einen wichtigen Aspekt dar. Nachdem der Annehmende in den letzten zehn Jahren Verantwortung übernommen habe, sei die Sicherheit, dass dieser Vater auch über mögliche familiäre Krisen hinaus verantwortlich bleibe, für das Kindeswohl wichtig.
12. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie berichtet, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Familienklima und Familienstatus, der belegen könnte, dass Familien mit nicht verheirateten Paaren ein tendenziell schlechteres Familienklima als jene mit verheirateten Paaren aufwiesen, habe in keiner Familienstudie nachgewiesen werden können. Wahrscheinlich sei der Grund dafür insbesondere darin zu sehen, dass auch nicht verheiratete Paare zumeist stabile und auf Langfristigkeit angelegte Partnerschaften eingingen. Demnach sei der Rechtsrahmen einer Ehe für die Schaffung eines harmonischen Familienklimas nur eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung. Für Familien mit nicht verheirateten Paaren sei eine vergleichbare Regelung von Elternschaft und Adoption heute mehr denn je angezeigt. Gerade in den immer häufiger auftretenden Patchwork-Familien sei besonders relevant, dass alle Kinder, leibliche wie Stiefkinder, unter denselben rechtlichen Bedingungen lebten. Ein unklar strukturiertes Familiengefüge stelle insgesamt ein Risiko für die Schaffung eines harmonischen Familienklimas dar.
13. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Pflege- und Adoptivfamilien hat sich der Stellenwert der Ehe gravierend verändert. Die Zahl der Eheschließungen sei rückläufig und die Vision der Ehe als langanhaltender Partnerschaft entspreche nicht mehr der Realität. Die Bewertung einer Ehe als Basis für die Bildung einer Familie habe dem Zeitgeist und der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung vor vierzig Jahren entsprochen. Der Gesetzgeber sei gefordert, auch im Fall langjähriger Paarbeziehungen ohne Trauschein zu ermöglichen, dass adoptionsbedürftige Kinder zwei Erwachsene als Eltern bekommen.
14. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht ist der Ansicht, der allgemeine Gleichheitssatz gebiete, die Adoption auch durch Lebenspartner zuzulassen. Zwar sei das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Leistungen der Krankenversicherung für künstliche Befruchtung vom Erfordernis einer Verrechtlichung der Elternbeziehung ausgegangen und habe dargelegt, dass der Gesetzgeber zur Legitimation von Ungleichbehandlungen daran anknüpfen dürfe, dass das geltende Recht in Ausformung der besonderen Schutzgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG in Ehegatten Partner einer auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft sehe und sie gesetzlich anhalte, füreinander Verantwortung zu tragen (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Dies sei allerdings mit der hier anstehenden Frage nach der Ermöglichung einer Stiefkindadoption nur begrenzt vergleichbar, da es aus der Perspektive der betroffenen Kinder einen deutlichen Unterschied mache, ob es um eine Zeugung gehe oder um die Verrechtlichung einer bereits bestehenden faktischen Eltern-Kind-Beziehung. So möge bei der Frage, ob eine künstliche Befruchtung sozialleistungsrechtlich zu fördern sei, ein gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum dahin angenommen werden, nur (vermeintlich) ideale Elternkonstellationen fördern zu wollen. Die Frage, ob der Gesetzgeber diese Unterscheidung auch bei schon gewachsenen Eltern-Kind-Beziehungen treffen dürfe, lasse sich hiermit jedoch nicht vergleichen, da es sich in erster Konstellation um eine zukünftige, in letzterer jedoch um eine schon bestehende Eltern-Kind-Beziehung handele. Der Zweck, Adoptionen nur in stabilen Familienverhältnissen zuzulassen, könne auf andere Art als allein durch die Voraussetzung der Verrechtlichung der Elternbeziehung sichergestellt werden. Eine tragfähige Eltern-Kind-Beziehung festzustellen, sei ohnehin vom Einzelfall abhängig und somit nach der gesetzlichen Regelung anhand der Individualumstände zu überprüfen. Selbst wenn man diese Einzelfallüberprüfung zur Erreichung des legitimen Zwecks nicht als ausreichend erachte, könnten statt des Erfordernisses der Verrechtlichung der Elternbeziehung als milderes Mittel andere äußerlich nachweisbare Umstände, wie beispielsweise eine bestimmte Beziehungsdauer mit gemeinsamem Haushalt, gefordert werden.
Zu berücksichtigen sei auch, dass die Ehe zwar zweifellos rechtlich aufwendiger auflösbar sei als eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, dass jedoch rein tatsächlich die gleichen Auflösungsrisiken bestünden und die Ehe das angenommene Kind nicht vor einer Trennung der Eltern bewahren könne. Wie der Bundesgerichtshof selbst darlege, vollziehe sich ein gesellschaftlicher Wandel, nachdem immer mehr Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften hervorgingen. Lägen keine belastbaren Daten dazu vor, dass merklich mehr Kinder aus solchen Gemeinschaften mit einer Trennung ihrer Eltern zurechtkommen müssten als Kinder aus Ehen, sei die Verrechtlichung nicht erforderlich, um den zu adoptierenden Kindern ein stabiles Familienverhältnis zu gewährleisten.
15. Die Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft hebt in ihrer Stellungnahme hervor, die fehlende Möglichkeit zur Adoption bedeute vor allem, dass eine gemeinsame elterliche Sorge verwehrt bleibe. Das Kind, für das faktisch gemeinsam Sorge getragen werde, bleibe der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter unterstellt, was die tatsächlichen Verhältnisse nicht abbilde. Dies stelle für alle Beteiligten eine Schlechterstellung dar. Angesichts der hohen Scheidungsrate auch von Ehepaaren mit Kindern (jede dritte Ehe werde heute geschieden) könne in Zweifel gezogen werden, ob der rechtliche Rahmen der Ehe Kindern tatsächlich noch eine größere Stabilität und Sicherheit in der Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einem Aufwachsen von Kindern in nichtehelichen Lebensgemeinschaften biete. Aber selbst wenn man für eine Ehe eine größere Stabilität prognostiziere, stelle sich die Frage, ob der Gesetzgeber die Privilegierung von Ehegatten bei der Eröffnung der gemeinsamen Sorgetragung für Kinder angesichts des großen Anteils von Kindern, die nicht in einer ehelichen Beziehung aufwüchsen, noch rechtfertigen könne.
16. Das Deutsche Jugendinstitut kritisiert in seiner Stellungnahme, der Bundesgerichtshof nenne keine Gründe dafür, warum zur Bestimmung adoptionswürdiger Verhältnisse überhaupt eine typisierende Regelung erforderlich sei. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht seien aufgrund empirischer Forschung drei Argumente gegen die typisierende Regelung im Adoptionsrecht erkennbar. Erstens existiere bereits ein etabliertes System der einzelfallbezogenen Prüfung der Adoptionseignung durch Fachkräfte. Die einzelfallbezogene Prüfung der Adoptionseignung sei im Vergleich zu einem typisierenden Ansatz diagnostisch deutlich überlegen. Hier könnten mehrere Faktoren berücksichtigt und näher an der Lebenswirklichkeit angesiedelte Indikatoren einbezogen werden, wodurch eine Einschätzung in aller Regel aussagekräftiger werde. Auf gesellschaftliche Veränderungen könne im Vergleich zu einem typisierenden (in sich statischen) Ansatz schneller reagiert werden. Zweitens sei der typisierende Ansatz für bestimmte Gruppen von Kindern mit signifikanten Nachteilen verbunden, die sich durch einen flexibleren Ansatz jedenfalls teilweise vermeiden ließen. Die Befundlage zu komplexen Stiefkindfamilien (Familien mit gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern) zeige, dass ein fehlender Status als "gemeinsames Kind" mit Entwicklungsnachteilen verbunden sei. Drittens sei die der Typisierung zugrunde liegende Grundannahme nicht mehr zutreffend. Kinder in Ehen beziehungsweise Lebenspartnerschaften hätten keinen Vorteil gegenüber Kindern in nichtehelichen Lebensgemeinschaften, der über eine deutlich größere Beständigkeit des Verhältnisses der Bezugspersonen zueinander vermittelt wäre. Wenngleich Ehen insgesamt noch etwas stabiler sein möchten als nichteheliche Lebensgemeinschaften, zeigten sich hier in kindeswohlrelevanten Kriterien doch keine beziehungsweise keine substanziellen Unterschiede mehr.
17. Nach Einschätzung der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland sind möglichst klare, geordnete Familienverhältnisse für die kindliche Entwicklung grundsätzlich förderlich. Die Adoption durch den langjährigen Lebensgefährten der Mutter, der gleichzeitig auch leiblicher Vater des Halbbruders ist und den die Kinder als "sozialen Vater" erlebten, könne hier ein erhöhtes und entwicklungsförderndes Gefühl von Sicherheit und Eingebundensein vermitteln, auch ohne dass die Eltern verheiratet seien. Für die Kinder falle damit auch die Sorge weg, den Ersatzvater zu verlieren, falls die Beziehung zwischen der Mutter und dem sozialen Vater nicht halten sollte. Mögliche Fantasien im Sinne von "Du hast mir nichts zu sagen, Du bist ja gar nicht mein Vater!" oder "Wenn ich etwas tue, was dem sozialen Vater nicht gefällt, könnte er nicht mehr mein Vater sein wollen!", könnten in ihrer Bedrohlichkeit entschärft werden.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers zu 2) fort, obwohl er am 28. Dezember 2018 volljährig geworden ist. Die beantragte Minderjährigenadoption ist damit zwar nicht mehr möglich. In Betracht kommt jedoch eine Volljährigenadoption mit den Wirkungen der vom Beschwerdeführer zu 2) angestrebten Minderjährigenannahme (§§ 1767, 1772 BGB). Diese wird aber durch dieselben Vorschriften begrenzt wie die Adoption des minderjährigen Stiefkinds. Insbesondere würde auch dann die Verwandtschaft zur Mutter erlöschen (§ 1772 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Auch der Grundsatz der Subsidiarität steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Den Beschwerdeführern zu 2) und 3) kann nicht entgegengehalten werden, nicht alle verfügbaren prozessualen Möglichkeiten ergriffen zu haben, um die geltend gemachten Grundrechtsverletzungen zu verhindern oder zu beseitigen, weil sie nicht als (Rechts-)Beschwerdeführer am Beschwerdeverfahren beziehungsweise Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt waren. Als Anzunehmende sind die Kinder am Adoptionsverfahren zwar gemäß § 188 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FamFG formal beteiligt. Nach § 59 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 1752 Abs. 1 BGB sind sie bei Ablehnung des Adoptionsantrags jedoch nicht beschwerdeberechtigt.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Zwar sind weder das Elterngrundrecht (I) noch das Recht der anzunehmenden Kinder auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (II) noch das Familiengrundrecht (III) für sich genommen verletzt. Die maßgeblichen Bestimmungen verstoßen auch nicht gegen Art. 6 Abs. 5 GG (IV). Die derzeitige Rechtslage führt jedoch zu verfassungswidrigen Ungleichbehandlungen (Art. 3 Abs. 1 GG), weil vollständig ausgeschlossen ist, dass ein Kind von seinem mit einem Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Stiefelternteil adoptiert werden kann, ohne dass die verwandtschaftliche Beziehung zum Elternteil erlischt, wohingegen ein Kind durch den mit einem Elternteil verheirateten Stiefelternteil ohne Erlöschen der Verwandtschaft zum bleibenden Elternteil adoptiert und damit gemeinschaftliches Kind beider Eltern werden kann (V). Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dieser verfassungswidrigen Gesetzeslage und sind deshalb ebenfalls verfassungswidrig.
Die gesetzlichen Grenzen der Stiefkindadoption verletzen nicht das Elterngrundrecht (Art. 6 Abs. 2 GG).
1. Der Stiefelternteil kann sich vor der Adoption des Kindes nicht auf das Elterngrundrecht berufen. Insoweit ist bereits der Schutzbereich des Grundrechts nicht eröffnet. Der Stiefelternteil ist vor der Adoption selbst dann nicht Träger dieses Grundrechts, wenn er mit dem anderen Elternteil und dessen Kind in sozial-familiärer Gemeinschaft lebt. Soziale Elternschaft allein begründet grundsätzlich keine Elternposition im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und vermittelt damit auch kein Recht auf Adoption. Dem verfassungsrechtlichen Schutzbedarf der familiären Bindungen zwischen einem Kind und der Person, die ihm gegenüber eine soziale Elternrolle einnimmt, ohne rechtlich Elternteil zu sein, wird durch den Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen, der vom formalen Elternstatus unabhängig ist (vgl. BVerfGE 133, 59 <81 f. Rn. 59>).
2. Auch das Elterngrundrecht des anderen Elternteils, hier der Mutter, wird durch die beanstandeten Regelungen nicht verletzt. In das Elterngrundrecht dieses Elternteils wird weder dadurch eingegriffen, dass eine andere Person daran gehindert wird, durch Adoption die zweite rechtliche Elternstellung zu erlangen, noch wird in das Elterngrundrecht dadurch eingegriffen, dass nach den beanstandeten Regelungen die Verwandtschaft zum Kind erlöschen würde, wenn der Stiefelternteil das Kind adoptierte. Zur Adoption kommt es gemäß § 1747 BGB grundsätzlich nicht, wenn der rechtliche Elternteil dies nicht will; er läuft also nicht etwa Gefahr, die Elternposition ohne eigenes Zutun an den Stiefelternteil zu verlieren. Die als Beeinträchtigung empfundene Wirkung der angegriffenen Regelungen liegt nicht in einem zwangsweisen Verlust der Elternschaft des bisherigen rechtlichen Elternteils, sondern darin, dass der Stiefelternteil das Kind nicht ohne einen solchen Verlust adoptieren kann.
Auch das den Kindern nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zustehende Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ist durch die gesetzliche Begrenzung der Stiefkindadoption nicht verletzt.