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Der Kläger, nach eigenen Angaben eritreischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 20. Januar 2017 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 26. Januar 2017 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass er zuvor illegal nach Italien eingereist war. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 27. Januar 2017 ein Aufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 4. April 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).
Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 10. Mai 2017 den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab.
Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung trug er vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 10. Mai 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte des Klägers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu bestätigen, dass bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung des Klägers erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erklärung ab und setzte mit Bescheid vom 12. Juli 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 4. April 2017 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO aus.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Januar 2018 den Bescheid vom 4. April 2018 aufgehoben. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil durch die behördliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die Überstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grundsätzlich könne zwar eine behördliche Aussetzungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der Überstellungsfristen führen. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen hätten. Die Überstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.
Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine behördliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. Für eine Beschränkung der Vollzugsaussetzung auf die Fälle, in welchen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestünden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangehörigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer zügigen Bearbeitung von Asylanträgen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekundärmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verzögerung durch das rechtliche Vorgehen des Klägers verursacht worden sei.
Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung. Behördliche Aussetzungsentscheidungen hätten auf den Ablauf der Überstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schließe § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von § 80 Abs. 4 VwGO aus. § 34a Abs. 1 AsylG setze für den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Komme die Behörde zu der Überzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden könne, sei diese aufzuheben.
Nachdem der Kläger im Juni 2018 mitgeteilt hatte, das Verfassungsbeschwerdeverfahren sei mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2018 - 2 BvR 780/16 - beendet worden, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 28. Juni 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 4. April 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die behördliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach § 80 Abs. 4 VwGO habe die Überstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zuständiger Mitgliedstaat geworden sei, verstößt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzulässigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zurückverweisung hindert eine abschließende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr träfe, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gestützt. Ein Asylantrag ist hiernach unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (1.1). Diese Zuständigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen (1.2).
1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Prüfung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - für die Durchführung des Asylverfahrens die Republik Italien originär zuständig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zuständigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen ließ und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zuständig war, über den der Kläger ohne die erforderlichen Einreisepapiere und damit im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO illegal (s.a. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand Februar 2014, Art. 13 Anm. K6) in das Unionsgebiet eingereist ist und in dem er im Eurodac-System erfasst worden ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Aufnahme des Klägers ersucht (Art. 21 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Aufnahmegesuch gilt nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO als angenommen.
1.2 Diese Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich auf die Beklagte übergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zuständigkeitsübergang durch Ablauf der Überstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der Annahme des Aufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die behördliche Aussetzung der Vollziehung (§ 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgeführt:
"1.2.1 In Fällen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufhält, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalitäten und Fristen der Überstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verzögert sich die Überstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zuständige Mitgliedstaat hierüber unverzüglich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung <EG> Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung <EG> Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist <ABl. L 222 S. 3>). Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.
1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige Überstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die österreichischen Behörden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte Überstellungsfrist durch den fristgemäß gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein Überstellungsverbot auslöst (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), worüber das Bundesamt die österreichischen Behörden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige Überstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die Überstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden Überstellungsverbots (§ 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen Fällen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gründen seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) hält es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiterhin für geklärt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in Fällen, in denen eine Überstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten über eine zusammenhängende Frist von sechs Monaten verfügen müssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung sollen nutzen dürfen.
1.2.3 Die Überstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den österreichischen Behörden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.
a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO durch die Behörde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene Überstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständigen Behörden beschließen können, von Amts wegen tätig zu werden, um die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene Möglichkeit wird im nationalen Recht durch § 80 Abs. 4 VwGO eröffnet.
Nichts anderes folgt für die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine Überstellung nicht durchgeführt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, dass auch die zuständigen Behörden die Durchführung der Überstellungsentscheidung aussetzen können, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verlöre im Übrigen in weitem Maße seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden könnte, ohne dass die Gefahr bestünde, dass die Überstellungsfrist abläuft und ein Zuständigkeitsübergang die Folge wäre (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).
b) Die Wirkung, die Überstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entfällt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig wäre. Vielmehr hält sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.
aa) Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Behörden grundsätzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.
Regelungen des Asylgesetzes schließen eine behördliche Aussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. § 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (Abs. 1), und enthält Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die behördliche Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO weder ausdrücklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich können auch bei einer im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tatsächlich möglichen Abschiebung Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivität gerichtlichen Rechtsschutzes - vorübergehend bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung auszusetzen. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen Fällen - entgegen der Auffassung der Klägerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endgültige gerichtliche Klärung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgründen ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach § 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vorübergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorläufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des § 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; § 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Maßstab für die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schließt weitergehende behördliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.
§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschränkt das behördliche Aussetzungsermessen für das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Maßstab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, § 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).
bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine behördliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also § 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (§ 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) eröffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschränkungen ergeben sich daraus, dass die behördliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur begünstigt, indem aufenthaltsbeendende Maßnahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zunächst nicht mehr erfolgen können, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die Überstellungsfrist unterbricht und so dazu führen kann, dass ein vom Antragsteller möglicherweise erstrebter Zuständigkeitsübergang nicht erfolgt; zu berücksichtigen sind auch die Belange des zuständigen Mitgliedstaats.
Mindestvoraussetzung einer behördlichen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der Ermöglichung einer raschen Bestimmung des für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (vgl. Erwägungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den für die Prüfung ihres Asylbegehrens zuständigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekundärmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zuständigkeitsübergang nach Ablauf der Überstellungsfrist soll verhindern, dass Asylanträge monate- oder gar jahrelang nicht geprüft werden, zugleich soll das Ziel einer möglichst schnellen Prüfung nicht dazu führen, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenhängende Überstellungsfrist von sechs Monaten zur Verfügung steht, in der nur noch die Überstellungsmodalitäten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. § 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).
Eine behördliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes <ABl. L 180 S. 60>) erlaubt eine behördliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht missbräuchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschließenden Klärung dieser Willkür- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann überschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig eröffneter Überstellungsmöglichkeit die behördliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die Überstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund behördlicher Versäumnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden könnte.
cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grundsätzen beachtlich und hat die Überstellungsfrist neuerlich unterbrochen.
(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kläger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anhängigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kläger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen oder Überstellungsmaßnahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche Überprüfung der Überstellungsentscheidung nicht zur Gewährung aufschiebender Wirkung geführt hat, über den Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung aber noch nicht endgültig entschieden ist.
(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kläger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerklärung sachlich gerechtfertigt.
Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als außerordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsmaßnahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualität einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden behördlichen Erklärung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdeführer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivität auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorgänge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass für eine behördliche Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegenüber einer behördlichen Aussetzungsanordnung nach § 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.
Die behördliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willkür und nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie die Berücksichtigung der Effektivität verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endgültige Veränderung der Rechtslage durch einen Zuständigkeitsübergang infolge Ablaufs der Überstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht führen die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - behördlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Klägers - erst mit der behördlichen Aussetzungsentscheidung stand für diesen fest, dass während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen sei - dient die behördliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verhältnis zu dem zuständigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der Überstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.
Dem Interesse des Klägers an einer zeitnahen Klärung der internationalen Zuständigkeit für die Sachentscheidung über seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der behördlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorläufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endgültigen Klärung der internationalen Zuständigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zunächst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das mögliche Ziel, damit auch einen Zuständigkeitsübergang zu erwirken, wäre weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzwürdig.
1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der Überstellungsfrist während des Revisionsverfahrens berücksichtigen könnte, weil auch während des Revisionsverfahrens die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die Überstellung lediglich bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der Rücknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kläger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch Rücknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte Überstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach § 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung genügt angesichts der im Revisionsverfahren zu klärenden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begründet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willkürfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."
Diese Erwägungen, an denen der Senat festhält, gelten auch im vorliegenden Verfahren.
2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzulässig erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gemäß Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Betätigung des durch Art. 17 Dublin III-VO eingeräumten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Reduktion des den nationalen Behörden in Art. 17 Dublin III-VO eingeräumten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 <noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist - Dublin II-VO ->) nicht erfüllt.
2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zuständigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zuständigkeit wegen sog. systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR <GK>, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist.
2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Prüfung der internationalen Zuständigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die Überstellung in den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat als unmöglich erweist, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 <1040>).
2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zuständigkeit bereits durch Fristablauf übergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Verhältnissen getroffen, welche für die Beurteilung eines Zuständigkeitsübergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO maßgeblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 10. Mai 2017 einen Zuständigkeitsübergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien geprüft und verneint hatte, hat es sich diese Ausführungen in seinem Urteil nicht ausdrücklich zu eigen gemacht und auch nicht geprüft, ob sich die Verhältnisse in der Republik Italien bis zu dem für seine Entscheidung im Klageverfahren maßgeblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise verändert hatten.
Unabhängig von der Frage, ob die Beteiligten Umstände vorgetragen haben, welche die Vermutung für eine ordnungsgemäße Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell erschüttern könnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der veröffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien überwiegend - jedenfalls für gesunde, alleinstehende junge Männer - verneint worden (statt vieler OVG Münster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG Köln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erwägungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer Mängel verneint haben, belegen indes, dass Anlass für eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - für die Rückführung junger Volljähriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; für anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran ändert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn für das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tatsächliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist.
3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtmäßig ist, lässt auch keine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, nämlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).
4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.