BVerwG 1. Senat, Urteil vom 15.01.2019, 1 C 29/18

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 1 C 29/18 (BVerwG)

vom 15. Januar 2019 (Dienstag)


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Der Kläger begehrt die Einbeziehung seiner Enkelin in den ihm erteilten Aufnahmebescheid.

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Der 1935 geborene Kläger und seine 1984 geborene Enkelin stammen aus der Ukraine. Der Kläger reiste im November 1998 auf der Grundlage eines ihm erteilten Aufnahmebescheides nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) nach Deutschland ein und beantragte im November 1998 die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Diese wurde ihm im April 1999 erteilt.

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Im April 2014 beantragte der Kläger beim Bundesverwaltungsamt die nachträgliche Einbeziehung unter anderem seiner Enkelin in den ihm erteilten Aufnahmebescheid. Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG seien nicht erfüllt, weil die Enkelin des Klägers nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei. Seit 2008 habe sie ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der Ukraine. Von 2008 bis 2014 habe sie in Shanghai (China) gelebt und seit Februar 2014 lebe sie in Singapur.

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Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage des Klägers wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 14. Mai 2018 die Beklagte unter Änderung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides und Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, die Enkelin des Klägers in den ihm erteilten Aufnahmebescheid nachträglich einzubeziehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für eine nachträgliche Einbeziehung lägen vor. Die Enkelin des Klägers sei ein im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling, weil sie ihren Wohnsitz seit der Aussiedlung des Klägers ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet gehabt habe. Sie habe einen Wohnsitz weder in China noch in Singapur begründet. In China sei der Aufenthalt von vornherein - wie bei einem Studium - auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt gewesen. Der Aufenthalt in Singapur sei zwar angesichts der unbefristeten Anstellung nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt gewesen; jedoch habe Singapur der Enkelin des Klägers ersichtlich nur als Stützpunkt für ihre mehr als zwölfmal jährlich stattfindenden - bisweilen über mehrere Wochen dauernden - Dienstreisen gedient, was gegen eine Niederlassung spreche. Die Enkelin des Klägers habe zudem weder in China noch in Singapur den Willen zur dortigen Niederlassung gehabt. Vielmehr habe sie ihren Wohnsitz in der Ukraine nie aufgegeben. Sie sei seit ihrem 17. Lebensjahr an unveränderter Adresse in Kiew gemeldet. Dort verfüge sie weiterhin über eine familiäre Anbindung. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles stehe fest, dass sie in subjektiver Hinsicht ihren Wohnsitz in der Ukraine nicht aufgegeben habe. Die sonstigen Voraussetzungen für eine nachträgliche Einbeziehung seien gegeben.

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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 27 Abs. 2 BVFG und macht insbesondere geltend, ein Anspruch des Klägers auf Einbeziehung seiner Enkelin in seinen Aufnahmebescheid komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei. Dieses Tatbestandsmerkmal sei nicht gleichbedeutend mit einem "Wohnsitz" im Sinne des § 7 BGB auszulegen. § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG bezwecke die Beseitigung von Familientrennungen, die durch die Aussiedlung des Spätaussiedlers - und nicht aus sonstigen, beliebigen Gründen - eingetreten seien. Ein Verbleib im Aussiedlungsgebiet fordere einen kontinuierlichen, ununterbrochenen Aufenthalt. Wer weitere Wohnsitze außerhalb des Aussiedlungsgebiets begründe, sei nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben, weil keine aussiedlungsbedingte Familientrennung vorliege.

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Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.

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Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren und schließt sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten an.

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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Enkelin des Klägers sei im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG "im Aussiedlungsgebiet verblieben", ist mit Bundesrecht unvereinbar (§ 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Da sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist das angefochtene Urteil zu ändern und die Berufung zurückzuweisen (2.).

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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des von dem Kläger mit der Verpflichtungsklage verfolgten Anspruchs auf nachträgliche Einbeziehung seiner Enkelin in den ihm 1998 erteilten Aufnahmebescheid ist § 27 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554). Die nachfolgenden Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes (zuletzt durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20. November 2015 <BGBl. I S. 2010>) haben diese Regelung unverändert gelassen. Für die Sachlage ist aus Gründen des materiellen Rechts ebenfalls auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung abzustellen, hier also den des Berufungsurteils (Mai 2018) (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 17.15 - BVerwGE 156, 164 Rn. 10). § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG stellt für die Fortdauer des Verbleibs im Aussiedlungsgebiet erkennbar auf den Zeitpunkt der (positiven) Einbeziehungsentscheidung ab und lässt - entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Rechtsauffassung - keinen Raum für eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunktes auf jenen der Antragstellung oder einen Zeitpunkt, zu dem ein Einbeziehungsantrag positiv hätte beschieden werden können oder müssen.

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1. Nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG kann abweichend von § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind hier nicht erfüllt. Die Enkelin des Klägers ist kein "im Aussiedlungsgebiet verbliebener" Abkömmling des Klägers, weil sie sich seit 2008 - jedenfalls aber seit 2014 - nicht überwiegend im Aussiedlungsgebiet aufhält.

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1.1 Ein Verbleiben im Aussiedlungsgebiet erfordert ein - seit der Ausreise der Bezugsperson - ununterbrochenes, d.h. kontinuierliches Verbleiben; dies setzt zumindest voraus, dass der einzubeziehende Familienangehörige eines Spätaussiedlers auch seinen Wohnsitz seit der Aussiedlung des Spätaussiedlers ununterbrochen im Aussiedlungsgebiet gehabt haben muss (BVerwG, Urteile vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 11 ff., - 1 C 20.15 - juris Rn. 18 ff. und - 1 C 21.15 - juris Rn. 15 f.). Für die Anwendung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG reicht allein ein durchgängiger - gegebenenfalls zweiter - Wohnsitz allerdings nicht aus. Der einzubeziehende Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers muss sich im Regelfall vielmehr auch tatsächlich durchgängig (deutlich) überwiegend im Aussiedlungsgebiet aufgehalten haben.

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a) § 27 Abs. 2 Satz 1 und 3 BVFG stellen für die Einbeziehung darauf ab, ob der Ehegatte oder Abkömmling des Aussiedlers im Aussiedlungsgebiet lebt bzw. dort verblieben ist. Dies ist bei Personen mit nur einem Wohnsitz und ohne längere Auslandsaufenthalte regelmäßig der Fall, wenn dort der Wohnsitz (fort)besteht. Entscheidend ist aber bereits nach dem insoweit klaren Wortlaut der durchgängig auch tatsächliche Aufenthalt bzw. Verbleib im Aussiedlungsgebiet.

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Der Begriff des "Verbleibens" lässt sich am ehesten als an einem Ort zurückbleiben und dort ausharren verstehen (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 12). Dies setzt sprachlich neben einem kontinuierlichen auch einen tatsächlichen (deutlich überwiegenden) Aufenthalt im Aussiedlungsgebiet voraus. Dem genügt nicht ein nur gelegentlicher, zeitlich begrenzter Aufenthalt in den Aussiedlungsgebieten, etwa zu Besuchszwecken oder zur Pflege familiärer Beziehungen.

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Mit diesem grammatischen Verständnis nicht vereinbar ist, dass das Berufungsgericht tragend auf den Fortbestand allein eines Wohnsitzes abgestellt und auf der Grundlage des Wohnsitzbegriffs des § 7 BGB, dem der Begriff "Wohnsitz" im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes entspricht (BVerwG, Urteile vom 29. Mai 1957 - 5 C 407.56 - BVerwGE 5, 110 <112>, vom 29. August 1967 - 3 C 158.64 - Buchholz 427.3 § 11 LAG Nr. 39 S. 108 und vom 27. Juni 1989 - 9 C 6.89 - BVerwGE 82, 177 <179>; Beschluss vom 19. Juni 2013 - 5 B 87.12 - juris Rn. 4), dessen Fortbestand bejaht hat. Das in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG geforderte Verbleiben in den Aussiedlungsgebieten ist gerade nicht gleichbedeutend mit einem fortdauernden Wohnsitz.

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b) Ein systematischer Vergleich von § 27 Abs. 2 BVFG mit § 27 Abs. 1 BVFG bestätigt, dass der Begriff des Verbleibens in § 27 Abs. 2 BVFG nicht mit dem u.a. in § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG geforderten "Wohnsitz" in den Aussiedlungsgebieten gleichbedeutend ist. Durch die Verwendung unterschiedlicher Begriffe hat der Gesetzgeber unterstrichen, dass für die Anwendung des § 27 Abs. 2 BVFG gerade nicht auf den Wohnsitz, sondern auf den tatsächlichen Aufenthalt abzustellen ist.

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Die Richtigkeit einer vom Wohnsitzbegriff abweichenden Auslegung des Begriffs des "Verbleibens", die maßgeblich auf den tatsächlichen Aufenthalt abstellt, belegt auch der systematische Vergleich mit § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG. Nach dieser Vorschrift kann der "im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte" oder der "im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling" in den Aufnahmebescheid einbezogen werden. In einem Gebiet "leben" bedeutet weit mehr als nur gelegentliche Aufenthalte, etwa im Rahmen von Besuchen (s.a. Herzog/Westphal, Bundesvertriebenengesetz, 2. Aufl. 2014, § 27 BVFG Rn. 14). Erforderlich ist regelmäßig eine durch deutlich überwiegende Ortsanwesenheit nach außen dokumentierte und in diesem Sinne "gelebte" Verbindung mit dem Aussiedlungsgebiet, die jedenfalls einem (durchgängigen) gewöhnlichen Aufenthalt entspricht. Nach dem systematischen Zusammenhang und der identischen Zielrichtung beider Normen ist "Verbleib" im Aussiedlungsgebiet die Fortsetzung des "Lebens" dort (nur eben ohne den bereits übergesiedelten Spätaussiedler); das Verbleibenserfordernis, das zudem die Übersiedlung als Trennungsgrund betont, ändert aber nichts an der erforderlichen Intensität der Bindungen an das Aussiedlungsgebiet und unterstreicht, dass neben der gemeinsamen Aussiedlung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG) auch die nachträgliche Aussiedlung zur Bezugsperson möglich sein soll. Diese - seit dem 10. BVFG-Änderungsgesetz von einer Härte unabhängige - Erweiterung der Einbeziehungsmöglichkeit in zeitlicher Hinsicht senkt aber nicht im Verhältnis zu § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG die sachlichen Anforderungen an das "Leben" im Aussiedlungsgebiet als Einbeziehungsvoraussetzung ab. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers, dem Ehegatten oder Abkömmling "für die Zukunft keine Nachteile" (BT-Drs. 17/13937 S. 7) aufzubürden, bezweckte ersichtlich keine Besserstellung gegenüber der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Ausreise.

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c) Soweit die Entstehungsgeschichte der Regelung über die (nachträgliche) Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen Rückschlüsse zulässt, weist auch sie darauf, dass für die Einbeziehung regelmäßig neben dem durchgängigen auch ein deutlich überwiegender tatsächlicher Aufenthalt erforderlich ist.

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(a) Der Gesetzgeber hat den Begriff des "Verbleibens" vorausgesetzt, ohne ihn legal zu definieren oder seine Bedeutung in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich näher zu bestimmen. Nach dem Verwendungszusammenhang ist er zu beziehen auf den Zweck, Familientrennungen zu beseitigen, die durch die Aussiedlung des Spätaussiedlers - und nicht aus sonstigen, beliebigen Gründen - eingetreten sind (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 20). Bereits die im geltenden Recht nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG getroffene Regelung zielte auf die Sicherung der Familieneinheit auch im Falle der Aussiedlung - durch gemeinsame Aussiedlung -, um so möglichen Härten durch die Aussiedlung zu begegnen. Mit der Einfügung des heutigen § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG wollte der Gesetzgeber denjenigen, denen eine gemeinsame Ausreise nicht möglich war, "für die Zukunft keine Nachteile mehr" (BT-Drs. 17/13937 S. 7) aufbürden. Dem Gesetzgeber, der auch sonst der familiären Anbindung besonderes Gewicht beimisst (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BVFG), ging es auch hierbei allein um die Beseitigung aussiedlungsbedingter Familientrennungen. Für die Schaffung eines umfassenden vertriebenenrechtlichen Familiennachzugsregimes neben den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zum Familiennachzug zu Deutschen (§ 28 AufenthG) fehlt jeder Anhalt. Ist das gemeinsame Familienleben (auch oder vorrangig) aus anderen, von der Aussiedlung unabhängigen Gründen (nachträglich) tatsächlich entfallen, so entfällt auch ungeachtet fortbestehender familienrechtlicher Bindungen der rechtfertigende Grund für eine Einbeziehung des Ehegatten oder der Abkömmlinge. Dies bestätigt, dass - selbst bei unterstellt rechtlich fortbestehendem Wohnsitz - eine nachträgliche Aufnahme in den Aufnahmebescheid in aller Regel auszuscheiden hat, wenn ein Abkömmling nicht mehr im Aussiedlungsgebiet "lebt", sich also nicht (deutlich überwiegend) dort, sondern - aus welchen Gründen auch immer - tatsächlich außerhalb dieser Gebiete aufhält. Dabei kann für den vorliegenden Fall offen bleiben, in welchem Umfange kurzfristige Aufenthalte außerhalb des Aufnahmegebiets, etwa zu Besuchs- oder Urlaubszwecken bzw. für Saison- oder Montagearbeiten, für einen Verbleib unerheblich sind. Jedenfalls bedarf es nicht eines Willens, auch einen etwa fortbestehenden (weiteren) Wohnsitz aufzugeben.

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(b) Diese Zwecksetzung bestätigt auch die Entwicklung der Regelungen zur Einbeziehung von Familienangehörigen.

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Die mit dem Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094) erstmals eingeführte Möglichkeit, Ehegatten und Abkömmlinge in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbeziehen zu lassen, war zunächst auf die Fälle einer beabsichtigten gemeinsamen Ausreise beschränkt. Dieser Grundfall ist heute - inhaltlich unverändert - in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG geregelt. Sinn und Zweck dieser Einbeziehung von Familienangehörigen ist es, dem Spätaussiedler die Entscheidung zur Aussiedlung zu erleichtern, indem er nicht vor die Wahl gestellt wird, entweder auszusiedeln und damit die Aufrechterhaltung seiner Familie zu gefährden oder auf die Aussiedlung zu verzichten (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 17). Auch wenn dies nicht auf die Kernfamilie und minderjährige Abkömmlinge beschränkt war und auch nicht eine Lebens- oder Haushaltsgemeinschaft voraussetzte, war Ziel nicht die Berücksichtigung rein familienrechtlicher Beziehungen.

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Die Möglichkeit einer nachträglichen Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers, dessen Aussiedlung bereits vollständig abgeschlossen ist, wurde erstmals mit dem 9. BVFG-Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2426) geschaffen (§ 27 Abs. 3 i.d.F. des 9. BVFG-ÄndG). Sie war vom Vorliegen einer Härte abhängig und sollte der Vermeidung von Härtefällen dienen, die durch dauerhafte Familientrennungen entstehen (BT-Drs. 17/5515 S. 1, 6 f.). Am Erfordernis, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, wie dies auch bei der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Ausreise der Fall ist, sollte nichts geändert werden (BT-Drs. 17/5515 S. 7). Ein dies in Frage stellender Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Innenausschuss (Ausschussdrucksache 17(4)339 S. 2 f.; vgl. auch MdB Volker Beck, BT-Plenarprotokoll 17/130 S. 15368) fand gerade keine Mehrheit.

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Mit dem 10. BVFG-Änderungsgesetz vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554) verzichtete der Gesetzgeber schließlich auf Empfehlung des Innenausschusses auf das Härteerfordernis und erhielt die Regelung - nunmehr als § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG - ihre heutige Fassung. An der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Regelungsidee, wonach die Aussiedlung grundsätzlich gemeinsam zu erfolgen hatte, sollte nicht weiter festgehalten werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Praxis habe gezeigt, dass die durch die Aussiedlung verursachten Trennungen der Familien der Spätaussiedler nicht ausreichend zu beseitigen seien. Selbst die Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes habe nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik und die Verbände in sie gesetzt hätten. Eine praktikable Regelung, die es ermögliche, die Einheit von Spätaussiedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wiederherzustellen, müsse daher die grundsätzlich jederzeitige Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben (BT-Drs. 17/13937 S. 6 f.). Die nachträgliche Einbeziehung wurde so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG treten sollte (BT-Drs. 17/13937 S. 7). Die nachträgliche Einbeziehung war aber weiterhin bezogen und beschränkt auf "de[n] im Aussiedlungsgebiet verbliebene[n] Ehegatte[n] oder Abkömmling eines Spätaussiedlers"; dies impliziert, dass der Angehörige bei der Aussiedlung der Bezugsperson zusammen mit dieser im Aussiedlungsgebiet aufhältig war und es durch diese Aussiedlung zu einer Trennung der Familie gekommen ist, es dem Gesetzgeber mithin um die Beseitigung von Familientrennungen ging, die durch die Aussiedlung des Spätaussiedlers - und nicht aus sonstigen, beliebigen Gründen - eingetreten sind (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 20).

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(c) Nur eine Auslegung, die auf den tatsächlich (deutlich überwiegenden) durchgängigen Aufenthalt im Aussiedlungsgebiet abstellt, entspricht auch dem Sinn und Zweck der durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz neugefassten Regelung des Anspruchs auf nachträgliche Einbeziehung von Familienangehörigen. Beabsichtigt war die - möglichst umfangreiche - Beseitigung von heute noch fortdauernden aussiedlungsbedingten Familientrennungen im Rahmen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 24). Damit unvereinbar ist eine Erstreckung auch auf Fälle, in denen die Familientrennung nicht nur in der Aussiedlung der Bezugsperson ihre Grundlage findet, sondern im Wegzug des Ehegatten oder Angehörigen. Das Vertriebenenrecht mit seinen weitreichenden, auch staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtsfolgen (s. § 15 Abs. 2 i.V.m. § 7 BVFG) erfasst erkennbar nur den direkten Zuzug aus den Aussiedlungsgebieten. Weitere Fälle des Nachzuges zu Familienangehörigen sind nach allgemeinem Aufenthaltsrecht (§ 27 AufenthG) zu beurteilen.

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1.2 Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, die Enkelin des Klägers nachträglich in den ihm 1998 erteilten Aufnahmebescheid einzubeziehen. Das Berufungsgericht ist für seine Bewertung, ob die Enkelin des Klägers im Aussiedlungsgebiet "verblieben" ist, von einem bundesrechtlich unzutreffenden Ansatzpunkt ausgegangen. Seine Erwägungen zum Fortbestand eines Wohnsitzes in der Ukraine tragen jedenfalls nicht die Bewertung, die Enkelin des Klägers sei im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG "im Aussiedlungsgebiet verblieben". Es fehlt damit an dem erforderlichen (deutlich) überwiegenden Aufenthalt im Aussiedlungsgebiet.

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1.3 Bei dieser Sachlage ist nicht zu vertiefen, ob die - allerdings nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen - tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts geeignet waren, die berufungsgerichtliche Bewertung zu tragen, die Enkelin des Klägers habe weiterhin im Sinne des § 7 BGB über einen Wohnsitz in der Ukraine verfügt, oder ob diese Bewertung auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage getroffen worden ist. Nicht zu vertiefen ist auch, ob an der bisherigen vertriebenenrechtlichen Rechtsprechung zum Wohnsitzbegriff für Fallkonstellationen eines nachhaltigen Auseinanderfallens von tatsächlichem Aufenthalt und fortbestehendem Domizilwillen für einen Wohnsitz an einem anderen Ort uneingeschränkt festzuhalten oder diese für grenzüberschreitende Sachverhalte, welche die bisherige Rechtsprechung nicht systematisch im Blick hatte, fortzuentwickeln ist.

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2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

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Nach den tatsächlichen Feststellungen lebte und arbeitete die Enkelin des Klägers zwischen 2008 und 2014 in China und seit 2014 in Singapur. In der Ukraine hält sie sich nur wenige Tage im Jahr auf. Diese bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen tragen vielmehr die revisionsgerichtliche Bewertung, dass die Enkelin des Klägers gerade nicht "im Aussiedlungsgebiet verblieben" ist, weil sie sich (weit überwiegend) außerhalb der Aussiedlungsgebiete aufgehalten hat. Die Feststellung, die Enkelin des Klägers halte sich "nur wenige Tage eines jeden Jahres in der Ukraine auf", ist zwar hinsichtlich der genauen Dauer nicht spezifiziert; sie schließt aber einen (weit überwiegenden) fortbestehenden Aufenthalt eindeutig aus. Für einen möglichen Ausnahmefall geben die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nichts her. Die vom Berufungsgericht festgestellten kürzeren Besuchsaufenthalte im Aussiedlungsgebiet begründen einen Ausnahmefall bei dem volljährigen Enkelkind auch dann nicht, wenn der Fortbestand eines dortigen Wohnsitzes sowie dortiger familiärer Bindungen unterstellt werden.

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§ 27 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG scheidet als Rechtsgrundlage für eine Einbeziehung ebenfalls aus, nachdem der Kläger bereits im November 1998 ausgesiedelt und seine Aussiedlung bereits bei Antragstellung vollständig abgeschlossen war. Weitere Anspruchsgrundlagen für die begehrte Einbeziehung bestehen nicht.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.