BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 17.04.2019, 1 WB 3/19

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 1 WB 3/19 (BVerwG)

vom 17. April 2019 (Mittwoch)


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Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2).

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... Aufgrund der hier strittigen Feststellung eines Sicherheitsrisikos wurde er von sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten entbunden.

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Für den Antragsteller war zuletzt am ... eine Aktualisierung seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ohne Einschränkungen abgeschlossen worden. Nach Bekanntwerden sicherheitserheblicher Erkenntnisse leitete das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst eine Prüfung nach § 16 Abs. 2 SÜG ein, nach deren Abschluss es dem Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vorschlug, ein Sicherheitsrisiko in der Person des Antragstellers festzustellen.

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Mit Schreiben vom ... hörte der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt den Antragsteller zu den sicherheitserheblichen Erkenntnissen an. Er hielt dem Antragsteller vor, dass dieser am ... um ... Uhr in alkoholisiertem Zustand mit einem Dienst-Kfz einen Verkehrsunfall verursacht habe. Eine um ... Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration in Höhe von 1,46 ‰ ergeben. Bei dem Unfall sei der Antragsteller von der Fahrbahn abgekommen, habe sich mit dem Fahrzeug überschlagen und an diesem einen Schaden in Höhe von ca. 17 000 € verursacht. Er sei deswegen mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom ... zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt worden; die Fahrerlaubnis sei mit der Maßgabe entzogen worden, dass eine neue nach Ablauf von sechs Monaten erteilt werden könne. Im sachgleichen Disziplinarverfahren habe das Truppendienstgericht Nord mit Disziplinargerichtsbescheid vom ... festgestellt, dass der Antragsteller eines Dienstvergehens schuldig sei, und gegen ihn ein Beförderungsverbot für die Dauer von drei Jahren verhängt.

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Der Antragsteller äußerte sich hierzu mit Schreiben vom ... sowie in einer persönlichen Anhörung am ... Er trug vor, dass die begangene Tat eine erst- und einmalige Verfehlung darstelle. An der Aufklärung des Sachverhalts habe er durch vollumfängliche Einräumung des Vorwurfs mitgewirkt. Zu der Trunkenheitsfahrt sei es nur deshalb gekommen, weil er wegen eines Besuchs des Kommandeurs noch einmal schnell zur Kontrolle zum Gefechtsstand habe fahren wollen; er sei sich bewusst, dass er dies bei seiner Alkoholisierung nicht hätte tun dürfen. Seit dem Vorfall konsumiere er bei dienstlichen Veranstaltungen geselliger Art überhaupt keinen Alkohol mehr und ansonsten nur, wenn erforderlicher Rücktransport durch Dritte sichergestellt sei. Er habe nach Ablauf der behördlichen Frist verzugslos und ohne weitere Auflagen eine neue Fahrerlaubnis erteilt bekommen.

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Mit formularmäßigen Bescheid vom 18. Dezember 2017, eröffnet am 4. Januar 2018, stellte der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt fest, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung Umstände ergeben habe, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach Ü 2 ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung umfasse auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz). Nach Ablauf von zwei Jahren könne bei Bedarf eine Wiederholungsüberprüfung beauftragt werden, in der für den Antragsteller gegebenenfalls eine günstigere Entscheidung in Frage komme. Zur Begründung der Entscheidung führt der Geheimschutzbeauftragte unter anderem Folgendes aus:

"Das strafrechtlich relevante Fehlverhalten des Betroffenen begründet erhebliche Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und stellt ein schwerwiegendes außerdienstliches Fehlverhalten dar. Die Zuverlässigkeit einer Person spiegelt sich nämlich auch in ihrem Verhältnis zu Recht und Gesetz. Für die hier im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung zu beurteilende Frage der Zuverlässigkeit einer Person spielt dabei die Anzahl der tatsächlichen Verurteilungen nur eine nachgeordnete Bedeutung. Auch gilt hier nicht der Grundsatz des Strafverfahrens 'im Zweifel für den Angeklagten', sondern der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung für den Grundsatz 'im Zweifel für die Sicherheit' entschieden.

Vorliegend begründet die Trunkenheitsfahrt des Betroffenen am ... Zweifel daran, dass dieser jederzeit bereit ist, für Recht und Gesetz einzustehen. Durch sein höchst verantwortungsloses Verhalten angesichts des erheblichen Restalkohols, der einer BAK von 1,46 Promille entsprach, schaffte er nicht nur eine Gefahr für sich, sondern auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer. Dieses Verhalten lässt auf mangelndes Verantwortungsbewusstsein und auf erhebliche Rücksichtslosigkeit schließen.

Für den Einsatz in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit sind jedoch solche Personen nicht geeignet, die im Einzelfall auch dazu bereit sind, ihre privaten Interessen in den Vordergrund zu stellen und rechtliche Vorgaben nicht einzuhalten. Der Dienstherr muss sich jedoch jederzeit auf die volle Integrität und Verantwortungsbereitschaft einer in sicherheitsempfindlicher Stellung eingesetzten Person verlassen können. Es genügt daher nicht, wenn sich der Betroffene bloß zumeist an die Vorgaben der Rechtsordnung und seine Dienstpflichten hält. Der Einsatz von Personen in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit ist schließlich im Interesse des präventiven Schutzes der militärischen Sicherheit nur solchen Personen erlaubt, die insgesamt kein gestörtes Verhältnis zu unserer Rechtsordnung erkennen lassen. Das Ausmaß der einzelnen Verfehlungen ist hierbei nicht von primärer Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betroffene durch sein Fehlverhalten gezeigt hat, nicht bereit zu sein, jederzeit für Recht und Gesetz einzustehen. Dies begründet bereits durchgreifende Zweifel an der ständigen Bereitschaft zur Erfüllung von Dienstpflichten im Hinblick auf den Schutz der militärischen Sicherheit.

Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass der Betroffene zur Tatzeit Soldat bei der Bundeswehr war. Er wurde als Reaktion auf den Vorfall als Kontingentführer ... herausgelöst und sein Dienstführerschein eingezogen. Das Truppendienstgericht NORD stellte fest, dass er ein Dienstvergehen begangen hat, welches mit einem Beförderungsverbot von 3 Jahren geahndet wurde. Außerdem verletzte der Betroffene die Vorschrift der Zentralen Dienstvorschrift A-1050/11 sowie die Pflicht, treu zu dienen. Auch verletzte er seine Vermögensbewahrungspflicht, indem er das Vermögen seines Dienstherrn erheblich schädigte.

All dies wiegt angesichts seiner Eigenschaft als Vorgesetzter im Offiziersrang besonders schwer.

Zugunsten des Betroffenen ist zu berücksichtigen, dass er vor und nach dem o.g. Vorfall nicht straf- oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Darüber hinaus ist die ausgesprochen positive Stellungnahme seines Disziplinarvorgesetzten zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Auch spricht für den Betroffenen sein offener Umgang mit dem Vorfall.

Dennoch kommt eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung als die Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht in Betracht. Die ggf. für den Betroffenen eintretenden persönlichen Nachteile dürfen vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der militärischen Sicherheit nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Es ist nach Abwägung aller Umstände angemessen, eine Wiederholungsüberprüfung bereits nach Ablauf von zwei Jahren vorzeitig zuzulassen."

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Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 5. Februar 2018, am selben Tage per Fax eingegangen beim Bundesministerium der Verteidigung, Beschwerde. Zur Begründung verwies er erneut darauf, dass es sich um ein einmaliges Augenblicksversagen gehandelt habe, für das er bereits straf- und disziplinarrechtlich sanktioniert worden sei. Die nunmehrige Feststellung eines Sicherheitsrisikos sei rechtswidrig, unzweckmäßig und unverhältnismäßig.

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Mit Bescheid vom 16. Oktober 2018 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde als unzulässig, weil verspätet eingelegt, zurück. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids wurde ausgeführt, dass die Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht zu beanstanden sei. Dies entspreche auch nach nochmaliger Bewertung der Sach- und Rechtslage sowohl der Auffassung des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt als auch der des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung. Zudem sei zugunsten des Antragstellers die Wirkungsdauer der Feststellung des Sicherheitsrisikos deutlich unter dem gesetzlichen Rahmen von fünf Jahren auf zwei Jahre beschränkt worden.

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Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. November 2018 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2018 dem Senat vorgelegt.

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Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:

Die Beschwerde sei nicht verspätet, weil die Frist erst am 5. Februar 2018 geendet habe. Sein Augenblicksversagen liege nunmehr drei Jahre zurück. Er habe sich davor und danach nichts zuschulden kommen lassen. So habe er seine Zuverlässigkeit nicht nur im Grundbetrieb im Heimatland, sondern zuletzt auch in zwei Auslandseinsätzen als Stellvertretender Kommandoführer (...) und Kommandoführer mit Disziplinargewalt (...) nachdrücklich unter Beweis gestellt. Auch die Stellungnahmen seiner Disziplinarvorgesetzten sprächen in jeder Hinsicht für ihn. Nach Ablauf der Frist sei ihm unverzüglich eine neue Fahrerlaubnis erteilt worden. Die Feststellung des Sicherheitsrisikos sei hingegen schablonenhaft und in Form einer Aneinanderreihung von Textbausteinen erfolgt. Der Geheimschutzbeauftragte habe sich neben der Strafjustiz (Ahndung eines strafrechtlichen Verhaltens), dem Truppendienstgericht (Erziehung nach Dienstvergehen) und den personalbearbeitenden Stellen (Steuerung der dienstlichen Verwendung) als viertes Regulativ positioniert. Zweifel an seiner, des Antragstellers, Zuverlässigkeit lägen jedoch nicht vor. Er habe sich sowohl der strafrechtlichen als auch der disziplinarrechtlichen Ahndung unmittelbar gestellt und durch seinen offenen Umgang mit seinem Fehltritt die Ermittlungen deutlich beschleunigt. Auch habe er alle Sanktionen akzeptiert und Einsicht und Reue gezeigt. Für die Feststellung des Sicherheitsrisikos habe er jedoch trotz der Beschränkung der Wirkungsdauer auf zwei Jahre kein Verständnis.

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Der Antragsteller beantragt,

die Entscheidungen des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 14. Dezember 2017 und des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. Oktober 2018 aufzuheben.

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Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

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Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten sei rechtmäßig und halte sich innerhalb des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums. Beim Antragsteller bestünden wegen der Trunkenheitsfahrt ernsthafte Zweifel an seiner uneingeschränkten Zuverlässigkeit und Integrität. Die im Jahr ... begangene Straftat wiege schwer. Strafrechtlich sei der Antragsteller mit einer Geldstrafe in Höhe von 2 400 € zur Verantwortung gezogen worden. Des Weiteren habe das Truppendienstgericht trotz des Vorliegens einer einmaligen Verfehlung festgestellt, dass das Dienstvergehen nicht leicht wiege. Maßnahmeschärfend sei gewertet worden, dass er durch seine Verfehlung den Dienstbetrieb deutlich gestört habe und sein Handeln in der Öffentlichkeit bekannt geworden sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass der Antragsteller die Tat als Vorgesetzter im höheren Dienstgrad begangen und einen erheblichen Vermögensschaden für den Dienstherrn verursacht habe. Auch nach nochmaliger Bewertung der Sach- und Rechtslage seien deshalb keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine fehlerhafte Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten schließen ließen. Das bisherige tadellose dienstliche Verhalten des Antragstellers sei gesehen und deutlich zu seinen Gunsten berücksichtigt worden. Dasselbe gelte für die positiven Stellungnahmen der Disziplinarvorgesetzten. Aus sicherheitsmäßiger Bewertung stellten sich die Verfehlungen und das Verhalten des Antragstellers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung jedoch als noch nicht ausreichend kalkulierbar dar; eine verlässliche positive Prognose hinsichtlich seines zukünftigen Verhaltens könne noch nicht gestellt werden. Der Geheimschutzbeauftragte sei deshalb rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Verhalten des Antragstellers dazu führen könne, dass er schutzwürdige Interessen des Dienstherrn nicht wahren und sich bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit über seine Pflichten hinwegsetzen könne.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.

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1. Der Antrag ist zulässig.

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Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 1 WB 21.12 und 1 WB 22.12 - juris Rn. 24 m.w.N.).

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2. Der Antrag ist auch begründet.

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Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 18. Dezember 2017 in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. Dezember 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten.

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Die dem Antragsteller am 4. Januar 2018 eröffnete Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist nicht in Bestandskraft erwachsen, weil die Monatsfrist für die Beschwerde (§ 6 Abs. 1 WBO) nicht am Sonntag, den 4. Februar 2018, sondern am Montag, den 5. Februar 2018, endete (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 57 Abs. 2 VwGO und § 222 Abs. 2 ZPO) und deshalb die an diesem Tag beim Bundesministerium der Verteidigung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 WBO) eingegangene Beschwerde innerhalb der Frist eingelegt wurde.

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Die nachträgliche Überprüfung (§ 16 Abs. 2 SÜG) der erweiterten Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers (§ 7 Abs. 1 Nr. 2, § 9 SÜG) wurde zu Unrecht mit der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgeschlossen.

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a) Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesministerium der Verteidigung beim Senat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 35). Bis zu diesem Zeitpunkt - und damit auch durch das Vorlageschreiben - können in Ergänzung der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten und mit dessen Zustimmung tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos, einschließlich der dabei zu treffenden Prognose, in das Verfahren eingeführt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2007 - 1 WDS-VR 7.07 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 13 Rn. 23 und vom 30. Januar 2014 - 1 WB 47.13 - juris Rn. 29).

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Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 23 m.w.N.). Dabei obliegt es der zuständigen Stelle, aufgrund einer an diesem Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalls die ihr übermittelten Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit zu bewerten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG).

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Dem zuständigen Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemein-gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. m.w.N.).

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Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen der Tatbestände des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG bestehen. Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich jedoch nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2012 - 1 WB 58.11 - juris Rn. 30; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).

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b) Nach diesen Maßstäben ist die Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht rechtmäßig erfolgt.

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aa) Der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt war für die Entscheidung zuständig, weil es sich um eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) handelt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SÜG, Nr. 2418 ZDv A-1130/3).

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bb) Bei der Sicherheitsüberprüfung wurde nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Insbesondere hatte der Antragsteller Gelegenheit, sich in einer persönlichen Anhörung zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 14 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 SÜG; vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 57.12 - BVerwGE 148, 267 Rn. 54 ff.). Davon hat er auch Gebrauch gemacht.

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cc) Der Geheimschutzbeauftragte ist ferner nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Das der Feststellung des Sicherheitsrisikos zugrunde liegende Trunkenheitsdelikt, die dafür verhängte Geldstrafe und die daraufhin ergangene Disziplinarmaßnahme sind zwischen den Beteiligten nicht strittig.

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dd) Dem Geheimschutzbeauftragten ist schließlich darin zu folgen, dass sich aus dem vorstehenden Sachverhalt grundsätzlich sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die die Feststellung eines Sicherheitsrisikos rechtfertigen, ergeben können.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Senats können sich tatsächliche Anhaltspunkte, die Zweifel an der Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG begründen, unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene eine Straftat oder ein Dienstvergehen begangen hat, die - ggf. auch ohne speziellen Bezug zu Geheimhaltungsvorschriften oder zur dienstlichen Tätigkeit - ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung erkennen lassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 26, vom 30. Mai 2012 - 1 WB 58.11 - juris Rn. 35 und vom 21. Juli 2016 - 1 WB 35.15 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 30 Rn. 42). Es ist demgemäß im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass der Geheimschutzbeauftragte das durch den Strafbefehl des Amtsgerichts und den Disziplinargerichtsbescheid des Truppendienstgerichts sanktionierte Fehlverhalten des Antragstellers aufgegriffen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine erst- oder einmalige Verfehlung handelt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 1 WB 68.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 23 Rn. 30).

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ee) Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten genügt jedoch, auch unter Berücksichtigung seines Beurteilungsspielraums, nicht den Anforderungen an die prognostische Einschätzung, die auf der Grundlage der sicherheitserheblichen Erkenntnisse zu treffen ist. Denn hierbei wurden sachfremd allein repressive Erwägungen angestellt.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die Feststellung eines Sicherheitsrisikos keine zusätzliche Ebene der repressiven Reaktion auf ein Fehlverhalten des Betroffenen - gegebenenfalls, wie hier, nach dessen strafrechtlicher und/oder disziplinarrechtlicher Ahndung - dar, sondern eine Maßnahme der vorbeugenden Gefahrenabwehr (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 2009 - 1 WB 58.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 22 Rn. 29, vom 24. April 2012 - 1 WB 62.11 - juris Rn. 31 und vom 21. Mai 2015 - 1 WB 54.14 - BVerwGE 152, 152 Rn. 40). Der Geheimschutzbeauftragte hat sich deshalb bei der Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, prognostisch zur künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Betroffenen und seiner Verhältnisse zu äußern und dabei im Falle des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG darzulegen, warum die vorliegenden sicherheitserheblichen Erkenntnisse für die Zukunft Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung seiner sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen. Daran fehlt es hier.

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Sowohl der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt als auch das Bundesministerium der Verteidigung (in dem Vorlageschreiben, das insoweit mit den dienstaufsichtlichen Ausführungen im Beschwerdebescheid im Wesentlichen übereinstimmt) würdigen zwar ausführlich das Delikt des Antragstellers: Dessen Straftat wiege schwer und habe eine erhebliche Geldstrafe nach sich gezogen; das Truppendienstgericht habe trotz des Vorliegens einer einmaligen Verfehlung festgestellt, dass das Dienstvergehen nicht leicht wiege; maßnahmeschärfend habe zu Buche geschlagen, dass der Antragsteller durch die Verfehlung den Dienstbetrieb deutlich gestört habe und sein Verhalten in der Öffentlichkeit bekannt geworden sei; erschwerend sei hinzugekommen, dass der Antragsteller als Vorgesetzter im höheren Dienstgrad (Offiziersrang) gehandelt und er einen erheblichen Vermögensschaden verursacht habe; seine erhebliche Alkoholisierung verstärke den Verschuldensvorwurf. Alle diese Ausführungen entsprechen indes in Duktus und Inhalt den Gründen einer straf- oder disziplinargerichtlichen Entscheidung, also der (repressiven) Ahndung einer Straftat oder eines Dienstvergehens; sie finden sich demgemäß wörtlich oder sinngemäß auch in den Zumessungserwägungen des gegen den Antragsteller ergangenen Disziplinargerichtsbescheids.

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Noch offen ist damit jedoch die im Rahmen der präventiven Sicherheitsüberprüfung - prognostisch - zu beantwortende Frage, ob von dem Antragsteller künftig ein zuverlässiges Verhalten in sicherheitsempfindlichen Angelegenheiten, insbesondere beim Umgang mit Verschlusssachen, zu erwarten ist. Hierzu enthält die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt keine begründete Aussage. Auch in den dienstaufsichtlichen Feststellungen und dem Vorlageschreiben des Bundesministeriums der Verteidigung findet sich jeweils lediglich nur der apodiktische Satz, dass sich aus sicherheitsmäßiger Bewertung die Verfehlungen und das Verhalten des Antragstellers im Rahmen der persönlichen Anhörung als noch nicht ausreichend kalkulierbar darstellen würden und eine verlässliche positive Prognose hinsichtlich seines zukünftigen Verhaltens noch nicht gestellt werden könne. Dieser formelhaften Behauptung lässt sich nicht entnehmen, welcher Charaktermangel oder welche Zuverlässigkeitsbedenken dem Antragsteller, jenseits der begangenen und von ihm auch unumwunden eingeräumten Trunkenheitsfahrt, für die Zukunft genau vorgehalten werden.

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Die angefochtenen Entscheidungen berücksichtigen zudem nicht die vom Antragsteller bereits bei der ersten Anhörung vorgetragene Tatsache, dass ihm die vom Amtsgericht entzogene Fahrerlaubnis nach Ablauf der sechsmonatigen Sperrfrist verzugslos und ohne weitere Auflagen (...) wiedererteilt worden sei. Dies ist insofern von Bedeutung, als sowohl die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) als auch deren Neuerteilung durch die Fahrerlaubnisbehörde (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FeV, insb. i.V.m. §§ 11 und 13 FeV) präventiv ausgerichtet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 3 C 13.16 - BVerwGE 158, 335 Rn. 23). Der Neuerteilung der Fahrerlaubnis liegt damit die prognostische Einschätzung zugrunde, dass der Antragsteller künftig wieder geeignet für die Teilnahme am Straßenverkehr ist; das mit der strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis verbundene Negativurteil ist damit überholt. Die Einschätzung der Fahrerlaubnisbehörde ist zwar für den Geheimschutzbeauftragten schon wegen des anderen Schutzzwecks des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes nicht bindend. Sie kann aber indizielle Bedeutung haben und besonders, wenn sie auf einer - hier nicht vorliegenden - positiv verlaufenen medizinisch-psychologischen Untersuchung beruht, auch für die sicherheitsrechtliche Prognose von Bedeutung sein.