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Das Beschwerdeverfahren betrifft die Anordnung einer Sonderbeurteilung.
Der Antragsteller ist Zeitsoldat im Dienstgrad eines Hauptmanns. Im Zusammenhang mit seiner Ausbildung zum Offizier des Truppendienstes erhielt er eine erste bestandskräftige Sonderbeurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2016. In diesem Zeitraum war er als Zugführer in der ... Kompanie in H. eingesetzt. Mit Wirkung ab 1. April 2017 wurde er in die Teileinheit "Training, Exercises" beim ... in M. versetzt. Im Hinblick auf die anstehende 2. Sonderbeurteilung kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und seinem Personalführer beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr. Am 23. November 2017 eröffnete ihm der Personalführer, dass die 2. Sonderbeurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2017 erfolgen und den gesamten zurückliegenden Zeitraum seit Januar 2015 erfassen solle. Ein Beurteilungsbeitrag durch seinen jetzigen Vorgesetzten werde nicht eingeholt. Eine entsprechende 2. Sonderbeurteilung wurde dem Antragsteller am 21. Dezember 2017 von seinem früheren Vorgesetzten eröffnet.
Mit Schreiben vom 15. Januar 2018, eingegangen am 19. Januar 2018, erhob der Antragsteller Beschwerde "gegen" das Bundesamt für das Personalmanagement ("Abt. III ..."). Darin beschwert er sich im Einzelnen gegen die festgelegte Zuständigkeit des ehemaligen Disziplinarvorgesetzten, gegen den festgelegten Beurteilungszeitraum, gegen die dadurch verfallene Gelegenheit zur Bewerbung zum Berufssoldaten in 2017 und die damit verbundene zukünftige, faktische Verwehrung einer Bewerbung zur Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Weiterhin beantragt er das Aufzeigen einer möglichen Schadlosstellung. Diese Beschwerde wurde vom Bundesministerium der Verteidigung mit Entscheidung vom 16. April 2018 als unzulässig zurückgewiesen. Zum einen sei die Anweisung des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 19. Oktober 2017 an das ..., eine dienstliche Beurteilung zu erstellen, keine isoliert anfechtbare dienstliche Maßnahme. Zum anderen sei die Monatsfrist nicht gewahrt. Die Anweisung sei dem Antragsteller bereits am 23. November 2017 bekannt gegeben worden. Seine Beschwerde sei aber erst am 19. Januar 2018 beim Disziplinarvorgesetzten eingegangen. Im Rahmen der dienstaufsichtlichen Prüfung des Vorgangs wies das Bundesministerium der Verteidigung allerdings das Bundesamt für das Personalmanagement an, die 2. Sonderbeurteilung aufzuheben und durch den derzeitigen Dienstvorgesetzten mit einjährigem Beurteilungszeitraum zum Vorlagetermin September 2017 erstellen zu lassen. Diese Entscheidung wurde dem Antragsteller am 20. April 2018 ausgehändigt.
Mit Telefax vom 18. Mai 2018 stellte der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Seine Beschwerde habe sich nicht gegen die Anordnung des Bundesamtes gerichtet, sondern gegen die dienstliche Beurteilung vom 21. Dezember 2017. Sie sei fristgerecht eingelegt worden und hätte daher nicht nur im Rahmen der Dienstaufsicht aufgehoben werden dürfen; vielmehr hätte das Bundesministerium der Verteidigung der Beschwerde stattgegeben und die Verfahrenskosten dem Bund auferlegen müssen. Die mit der Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung verbundene Beschwer habe sich auch nicht erledigt. Falls dies anders beurteilt werde, bestehe jedenfalls ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche und eine fortwirkende Beeinträchtigung des grundrechtlich geschützten Bewerbungsverfahrensanspruches des Antragstellers.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. April 2018 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. April 2018 rechtswidrig war und dass die Antragsgegnerin verpflichtet war, dem Antragsteller eine 2. Anlassbeurteilung nachträglich mit Vorlagedatum 30. September 2017 zu erstellen.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei bereits unzulässig, weil dem Begehren durch eine neue 2. Sonderbeurteilung seitens der aktuellen Dienststelle Rechnung getragen worden sei. Insofern sei Erledigung eingetreten. Einem Fortsetzungsfeststellungsantrag fehle das erforderliche berechtigte Interesse. Ein Schadensersatzanspruch wegen erlittener Laufbahnnachteile sei schon deswegen aussichtslos, weil der Antragsteller für das Auswahljahr 2017 keinen Antrag auf Übernahme als Berufssoldat gestellt habe. Daran habe ihn nichts und niemand gehindert. Außerdem sei die Erledigung schon vor Rechtshängigkeit des Antrages auf gerichtliche Entscheidung eingetreten, weil das Bundesministerium der Verteidigung dem Begehren des Antragstellers im Wege der Dienstaufsicht entsprochen habe.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 WBO hat keinen Erfolg.
1. Der Hauptantrag auf Aufhebung des Beschwerdebescheids vom 16. April 2018 hat sich nicht zwischenzeitlich erledigt. Die damit verbundene Feststellung, dass der Antragsteller sich nicht gegen die Beurteilung vom 21. Dezember 2017 gewendet hat und mangels fristgerechter Beschwerdeerhebung keine Kostenerstattung erhält, wirkt fort. Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Beschwerde in dem angegriffen Bescheid jedoch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
a) Das Bundesministerium der Verteidigung hat das Schreiben des Antragstellers vom 15. Januar 2018 zutreffend als Beschwerde über die vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr getroffene Anweisung zur Erstellung der 2. Sonderbeurteilung ausgelegt. Aus der entsprechend §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers hat der Antragsteller sich über die von seinem Personalführer getroffene Grundsatzentscheidung für die dienstliche Beurteilung beschwert. Dies geht schon daraus hervor, dass er im Betreff seines Schreibens von einer "Beschwerde gegen BAPersBW Abt. III ..." spricht. Dies folgt aber auch aus der Beschwerdebegründung. Darin wird nach der "Sachverhaltsdarstellung bis zum Beschwerdeanlass" (S. 2/3 des Schreibens) das "Gespräch vom 23.11.2017" mit dem Personalführer vom Bundesamt als Streitgegenstand geschildert. Anschließend werden in der Gliederung des Schreibens dessen "Folgen" erörtert (S. 4-6 des Schreibens). Schließlich wird in der abschließenden Darstellung des "Beschwerdeanlasses" ausgeführt, dass der Antragsteller sich gerade gegen die vom Bundesamt für das Personalmanagement "festgelegten Zuständigkeit" für die 2. Sonderbeurteilung, den "festgelegten Beurteilungszeitraum" und die aufgrund dessen verlorengegangene Gelegenheit zur Bewerbung als Berufssoldat wendet. Hingegen wird in der Beschwerdebegründung die 2. Sonderbeurteilung vom 21. Dezember 2017 nicht erwähnt und angegriffen. Sie erscheint (ohne Datum) lediglich im "Bezug" als eine von 18 Anlagen. Daher durfte das Bundesministerium der Verteidigung davon ausgehen, dass die Beschwerde sich allein gegen die vom Bundesamt für das Personalmanagement am 19. Oktober 2017 getroffene organisatorische Anordnung für die Erstellung der 2. Sonderbeurteilung richtete.
b) Die Beschwerde gegen diese Anordnungen war - entgegen der Auffassung des Bundesministeriums der Verteidigung - statthaft. Zwar handelt es sich dabei nur um eine vorbereitende Maßnahme für die dienstliche Beurteilung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen reine Vorbereitungsmaßnahmen zwar regelmäßig keine dienstlichen Maßnahmen im Sinne von § 17 Abs. 3 und § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO dar (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. März 2006 - 1 WB 61.05 - Rn. 24 und vom 31. August 2017 - 1 WRB 1.17 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 97 Rn. 24 f.). Sie können daher nicht isoliert zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung gemacht werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Beschwerde an die nächsthöhere militärische Stelle unstatthaft wäre. Vielmehr ist eine Beschwerde gemäß § 1 Abs. 1 WBO unabhängig vom Vorliegen einer dienstlichen Maßnahme oder eines Befehls schon dann zulässig, wenn der Soldat glaubt, "von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt" worden zu sein. Während ein Soldat also vor einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung abwarten muss, bis die endgültige dienstliche Maßnahme erlassen ist, kann er sich mit einer Beschwerde schon bereits gegenüber bloßen Vorbereitungshandlungen an seine militärischen Vorgesetzten wenden. Seine Vorgesetzten können und dürfen bereits im Vorbereitungsstadium möglicherweise unrichtigen Entscheidungen entgegentreten.
c) Zutreffend weist das Bundesministerium der Verteidigung allerdings darauf hin, dass der Antragsteller seine Beschwerde gegen die Anordnung des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 19. Oktober 2017 zu spät erhoben hat. Nach § 6 Abs. 1 WBO muss die Beschwerde innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Ausweislich seines eigenen Vorbringens hat der Personalführer dem Antragsteller die organisatorische Anordnung in Bezug auf die 2. Sonderbeurteilung in einem persönlichen Gespräch am 23. November 2017 eröffnet. Daher wahrt eine dagegen am 19. Januar 2018 eingelegte Beschwerde die Monatsfrist nicht. Dieser Fristmangel ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beschwerdestelle dessen ungeachtet in der Sache entschieden hätte. Denn das Bundesministerium für Verteidigung hat lediglich im Rahmen der Dienstaufsicht dem Begehren des Antragstellers abgeholfen und die Beschwerde ausdrücklich wegen Fristversäumnis zurückgewiesen, sodass eine rein prozessuale Beschwerdeentscheidung vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 41).
2. Für den Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschwerdebescheides ist kein Raum. Der Hauptantrag ist nicht wegen Erledigung zurückgewiesen worden, sodass die innerprozessuale Bedingung des Hilfsantrags nicht eingetreten ist. Dies gilt auch für den weiteren Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Antragsgegnerin zur erneuten Erstellung einer 2. Sonderbeurteilung verpflichtet war. Für diesen Feststellungsantrag fehlt auch das Rechtsschutzinteresse.