BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 14.12.2018, 1 WB 49/17

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 1 WB 49/17 (BVerwG)

vom 14. Dezember 2018 (Freitag)


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Der Rechtsstreit betrifft eine bereits aufgehobene Referenzgruppenbildung für ein freigestelltes Personalratsmitglied.

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Der Antragsteller, ein Offizier des militärfachlichen Dienstes im Sanitätsdienst, ist für seine Tätigkeit als Wahlvorstand und später als Vorsitzender eines Bezirkspersonalrats seit 1. Juli 2015 vollständig freigestellt. Der Hauptmann (Besoldungsgruppe A 11) wurde letztmalig am 20. Juni 2016 planmäßig mit einem Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von "6,5" und der Entwicklungsprognose "oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive" beurteilt. Auf dieser Grundlage wurde am 13. April 2017 vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr eine Referenzgruppe gebildet, die vom zuständigen Abteilungsleiter Personal am 24. April 2017 genehmigt wurde. Darin nimmt der Antragsteller den achten von neun Rangplätzen ein.

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Der Antragsteller erhob zunächst Beschwerde gegen die dienstliche Beurteilung und mit Schreiben vom 31. Mai 2017 auch gegen die Referenzgruppenbildung. Nachdem seine dienstliche Beurteilung mit Beschwerdebescheid des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 24. April 2017 aufgehoben worden war, hob das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die darauf aufbauende Referenzgruppenbildung mit Schreiben vom 26. Juni 2017 ebenfalls auf. Das Bundesministerium der Verteidigung forderte den Antragsteller daraufhin auf, seinen Rechtsbehelf gegen die Referenzgruppenbildung zurückzunehmen, da er nun nicht mehr beschwert sei. Dem widersprach der Antragsteller, weswegen das Bundesministerium der Verteidigung mit Entscheidung vom 15. August 2017 die Beschwerde zurückwies. Zugleich ordnete es an, dem Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten. Der Beschwerdebescheid ging dem Antragsteller am 22. August 2017 zu.

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Mit seinem am 21. September 2017 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass der Eingriff in seinen Rechtskreis ungeachtet der Aufhebung der Referenzgruppenbildung andauere. Die Vergleichsgruppenbildung vom 24. April 2017 sei schon mangels ausreichender Größe rechtswidrig. Er sei zu Unrecht auf den vorletzten Rang gesetzt worden. Die ganze Behandlung seiner Angelegenheit sei ärgerlich und dauere zu lange. Schon durch die beträchtliche Zeitdauer der Entscheidungsfindung habe er Laufbahnnachteile erlitten.

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Der Antragsteller beantragt:

1. Unter Abänderung des Tenors zu 1. des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung, Gz R II 2 Az ..., wird nach Aufhebung der angefochtenen Referenzgruppe der Dienstherr verpflichtet, für den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut eine Referenzgruppe zu bilden.

Hilfsweise wird beantragt: Unter Abänderung des Tenors zu 1. des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung, Gz R II 2 Az ..., wird nach Aufhebung der angefochtenen Referenzgruppe und deren Neuerstellung das Beschwerdeverfahren eingestellt.

2. Dem Antragsteller wird als dienst- und besoldungsrechtliche Schadlosstellung ein Nachteilsausgleich im Rahmen der Nachzeichnung durch Einweisung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe A 12 mit Rückwirkung zum 1. Juli 2015 gewährt.

3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Bund auferlegt.

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Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

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Dem Antragsteller fehle für den ersten Antrag die erforderliche Beschwer, da die angefochtene Referenzgruppenbildung aufgehoben sei und damit jede belastende Wirkung verloren habe. Der zweite Antrag sei unzulässig, weil er nicht Gegenstand des vorangegangenen Beschwerdeverfahrens gewesen sei und weil es sich bei Entschädigungsforderungen nicht um eine truppendienstliche Angelegenheit handele.

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Im Nachgang hat das Bundesministerium der Verteidigung mitgeteilt, dass auch die nachfolgende zweite Referenzgruppenbildung vom 24. Mai 2017 mit Bescheid vom 3. Mai 2018 aufgehoben worden ist. Gegen die dritte Referenzgruppenbildung vom 8. Juni 2018 (gebilligt am 29. Juni 2018) ist nach erfolgloser Beschwerde der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt worden; dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 1 WB 32.18 geführt.

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat nur zum geringen Teil Erfolg. Der Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 15. August 2017 ist in Ziffer 1 abzuändern. Im Übrigen ist der Antrag abzuweisen.

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1. Das Bundesministerium der Verteidigung durfte das Wehrbeschwerdeverfahren nicht dadurch abschließen, dass es die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zurückwies. Es musste das Verfahren vielmehr einstellen.

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a) Die Beschwerde vom 31. Mai 2017 ist nicht deshalb unzulässig geworden, weil das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die angegriffene Referenzgruppenbildung mit Bescheid vom 26. Juni 2017 aufgehoben hat. Dies führt nur dazu, dass das Anfechtungsbegehren gegenstandslos geworden ist. Ist eine Beschwerde allein auf die Aufhebung einer dienstlichen Maßnahme gerichtet, bewirkt deren vollständiger Wegfall, dass sich das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2018 - 1 WB 22.17 -juris Rn. 24).

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b) So liegen die Dinge hier. Die Beschwerde des Antragstellers vom 31. Mai 2017 war nach der gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers nur auf die Aufhebung der Referenzgruppenbildung gerichtet. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der Beschwerdeantrag sich ausschließlich auf die "Mitteilung des BAPersBW Abt. ... vom 26.4.2017 - ... - über die Bildung eine Referenzgruppe" bezieht. Ferner wird in der Beschwerdebegründung diese Entscheidung als "sachlich/inhaltlich unrichtig" bezeichnet und auf die Aufhebung der ihr zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilung durch den Generalinspekteur der Bundeswehr im Beschwerdebescheid vom 24. April 2017 verwiesen. Ein darüber hinausgehender Verpflichtungsantrag ist dem Beschwerdeschreiben nicht zu entnehmen. Es beanstandet zwar, dass das Bundesamt für das Personalmanagement schon vor der angegriffenen Entscheidung die zeit- und termingerechte Bildung einer Referenzgruppenbildung unterlassen habe, fordert aber nicht explizit oder sinngemäß eine neue Entscheidung im Beschwerdeverfahren oder eine neue Referenzgruppenbildung mit einem bestimmten Inhalt. Liegt damit eine reine Anfechtungsbeschwerde vor, führt die vollständige Aufhebung des Anfechtungsgegenstandes zu deren Erledigung.

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c) Soweit der Antragsteller nach Eintritt der Erledigung mit Schreiben vom 1. August 2017 seine Beschwerde nicht zurückgenommen und einen "justiziablen Bescheid" begehrt hat, war eine Erweiterung seiner Beschwerde um einen Verpflichtungsantrag nicht mehr möglich. Aufgrund der objektiv eingetretenen Erledigung konnte das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde auch nicht mehr zurückweisen, sodass die entsprechende Tenorierung im Beschwerdebescheid vom 15. August 2017 zu korrigieren ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2018 - 1 WB 22.17 - juris Rn. 23 und Tenor).

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2. Im Übrigen ist der Antragsteller durch den Beschwerdebescheid nicht in seinen prozessualen Rechten verletzt.

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a) Insbesondere war das Bundesministerium der Verteidigung nicht - wie der Antragsteller in seinem ersten Hauptantrag fordert - verpflichtet, im Beschwerdeverfahren eine neue Referenzgruppe zu bilden. Denn dies war im Beschwerdeverfahren nicht beantragt. Auch hat es - wie bei einer auf einer vorangegangenen Abhilfe beruhenden Einstellung des Verfahrens geboten - über die Kosten gemäß § 16a Abs. 4 WBO unter sinngemäßer Anwendung des § 16a Abs. 1 bis 3 WBO entschieden und ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen ersetzt.

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b) Der Antrag, eine Schadlosstellung durch rückwirkende Einweisung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe A 12 zu gewähren, ist als unzulässig zurückzuweisen. Dieser Antrag kann schon deswegen nicht gerichtlich überprüft werden, weil er nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO Gegenstand des vorangegangenen und vom Wehrdienstgericht zu überprüfenden Beschwerdeverfahrens gewesen ist. Es fehlt an der erforderlichen Identität von Beschwerdegegenstand und Antragsgegenstand (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 36). Im Übrigen handelt es sich bei der begehrten Schadlosstellung nicht um eine truppendienstliche Angelegenheit. Die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte ist dafür nicht eröffnet, weil sie nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nicht zur Entscheidung über Streitigkeiten um Geld- und Sachbezüge im Sinne des § 30 SG berufen sind (BVerwG, Beschluss vom 28. September 2016 - 1 WB 43.15 - juris Rn. 41).

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3. Die dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen waren dem Bund nicht nach § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 WBO teilweise aufzuerlegen. Denn der Antragsteller hatte in der Sache keinen Erfolg. Soweit der Tenor der Beschwerdeentscheidung korrigiert werden musste, ist der damit verbundene prozessuale Teilerfolg so geringfügig, dass er nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO außer Betracht bleiben kann.