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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Vorvertrag - Auslegung - Unverbindlichkeit eines Vorvertrags
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2018 - 7 Sa 185/17 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über eine Karenzentschädigung.
Der Kläger war vom 15. Juli 2014 bis 15. April 2016 als Mitarbeiter im Vertrieb in einer neu gegründeten Niederlassung der Beklagten mit einer monatlichen Bruttovergütung von 2.800,00 Euro beschäftigt. § 20 des Arbeitsvertrags vom 11. Juni 2014 lautet:
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„§ 20 |
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag |
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Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht. Das Verlangen kann gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Vertragspartei gekündigt wurde.“ |
Der Arbeitsvertrag und dessen Anlage 1 sind durchgehend paginiert und tragen auf jeder Seite einheitlich die Kopfzeile „Arbeitsvertrag der b GmbH mit Herrn T“. Die Anlage lautet auszugsweise:
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„Anlage 1 zum Arbeitsvertrag der Parteien: |
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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot |
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zwischen der b GmbH (im Folgenden: Firma) |
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und |
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Herrn T (im Folgenden: Mitarbeiter) |
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wird folgendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart: |
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1. |
Dem Mitarbeiter ist es untersagt, auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. … |
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2. |
Während der Dauer des Wettbewerbsverbots erhält der Mitarbeiter eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Mitarbeiter zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen beträgt.“ |
Beide Parteien haben sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag unterschrieben. Zwei weitere zugleich mit dem Kläger eingestellte Arbeitnehmer erhielten gleichlautende Verträge.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. März 2016 zum 15. April 2016. Der Kläger signalisierte anlässlich des Gesprächs bei Übergabe der Kündigung, „dass er gegebenenfalls auf der Karenzentschädigung bestehen müsse“.
Mit E-Mail vom 14. April 2016 schrieb der Kläger an den Geschäftsführer der Beklagten:
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„Hallo P, |
mir fällt gerade ein, dass wir vorhin in unserem Telefonat noch einen offenen Punkt vergessen haben, nämlich das Thema Wettbewerb/Karenzentschädigung. |
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In unserem Kündigungsgespräch habe ich Dir schon gesagt, dass ich aufgrund der kurzfristigen Kündigung unter Umständen von der Karenzentschädigung Gebrauch machen muss. Was ich hiermit tue. Nach Prüfung des Arbeitsvertrages und der rechtlichen Folgen bei ordentlicher Kündigung durch den Arbeitgeber liegt das Wahlrecht, ob man Wettbewerb machen darf oder die Karenzentschädigung vorzieht, beim Arbeitnehmer. Ich bitte dich, dies bei den nächsten Abrechnungen zu berücksichtigen. |
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Es laufen momentan einige Bewerbungen, so dass ich sowieso fest davon ausgehe, kurzfristig einen neuen Job zu finden, so dass das Thema Karenzentschädigung wohl nur von kurzer Dauer ist. |
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Danke und bis bald“ |
Der Kläger hat angenommen, er habe Anspruch auf eine Karenzentschädigung. Zwischen den Parteien sei nicht lediglich ein Vorvertrag, sondern bereits ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Selbst wenn es sich bei der Anlage um einen Vorvertrag handle, sei er unverbindlich. Daraus folge, dass ihm wie bei einem bedingten Wettbewerbsverbot ein Wahlrecht zustehe. Dieses habe er im Gespräch anlässlich der Übergabe der Kündigung sowie in seiner E-Mail vom 14. April 2016 zugunsten einer Karenzentschädigung ausgeübt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. |
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.220,00 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in gestaffelter Höhe zu zahlen; |
2. |
festzustellen, dass die Beklagte darüber hinaus unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Klägers nach § 74c HGB verpflichtet ist, ihm über den 1. September 2017 hinaus bis zum 31. März 2018 jeweils zum Monatsende eine Karenzentschädigung in Höhe von 1.400,00 Euro sowie für die Zeit vom 1. April bis zum 15. April 2018 eine solche in Höhe von 700,00 Euro zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, zwischen den Parteien sei lediglich ein Vorvertrag und noch kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Der Vorvertrag erschwere das Fortkommen des Klägers nicht unbillig und sei daher nicht unverbindlich. Der Kläger habe nicht befürchten müssen, nach Erklärung einer Kündigung von der Beklagten für eine Konkurrenztätigkeit gesperrt zu werden. Selbst wenn jedoch eine unverbindliche Abrede vorliege, stehe dem Kläger kein Anspruch auf Karenzentschädigung zu, weil er keine endgültige Erklärung abgegeben habe, sich während des gesamten Karenzzeitraums des Wettbewerbs zu enthalten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Der Kläger konnte seinen auf Zahlung gerichteten Klageantrag zu 1. in der Berufungsinstanz hinsichtlich der zwischenzeitlich fällig gewordenen Ansprüche auf Karenzentschädigung erweitern. Dies stellt eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung dar. Eine Änderung des Klagegrundes liegt nicht vor (vgl. BAG 15. September 2011 - 8 AZR 846/09 - Rn. 61).
2. Der auf Feststellung gerichtete Klageantrag zu 2. ist zulässig.
a) Der Kläger begehrt die Feststellung der Zahlungspflicht für die restliche Dauer des Wettbewerbsverbots und damit die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Zahlung ablehnt. Der Kläger kann im Hinblick auf die von ihm beantragte Feststellung auch nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden, weil die geltend gemachten Ansprüche auf Karenzentschädigung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht teilweise noch nicht fällig waren (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 39, BAGE 135, 116).
b) Der Feststellungsantrag zu 2. ist auch hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. An die Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die eines Leistungsantrags. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 520/15 - Rn. 18; 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 21, BAGE 154, 337). Der Feststellungsantrag bestimmt hier eindeutig, für welchen Zeitraum in welcher Höhe ein Anspruch auf Karenzentschädigung festgestellt werden soll. Damit ist zuverlässig erkennbar, worüber das Gericht entscheiden soll.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Karenzentschädigung. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus. Zwischen den Parteien ist zu Beginn des Arbeitsverhältnisses kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, sondern lediglich ein hierauf bezogener Vorvertrag vereinbart worden. Dieser Vorvertrag ist wirksam und eröffnet dem Kläger nicht die Wahlmöglichkeit, sich für Wettbewerbsenthaltung zugunsten einer Karenzentschädigung zu entscheiden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarung der Parteien in § 20 des Arbeitsvertrags iVm. Anlage 1 zum Arbeitsvertrag rechtsfehlerfrei als Vorvertrag und nicht bereits als Hauptvertrag über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ausgelegt.
aa) Bei den Regelungen in § 20 des Arbeitsvertrags sowie in Anlage 1 zum Arbeitsvertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Dies ergibt sich aus dem äußeren Erscheinungsbild der formularmäßigen Vertragsgestaltung sowie dem Umstand, dass neben dem Kläger zwei weitere Arbeitnehmer gleichlautende Verträge von der Beklagten vorgelegt bekommen und unterzeichnet haben.
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (st. Rspr., zB BAG 20. Juni 2018 - 7 AZR 690/16 - Rn. 20; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 19, BAGE 135, 239).
Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht (st. Rspr., zB BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 26, BAGE 160, 296; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23).
cc) Die Auslegung von § 20 des Arbeitsvertrags iVm. Anlage 1 zum Arbeitsvertrag durch das Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung an diesem Maßstab stand.
(1) Eine am Wortlaut der Vereinbarung orientierte Auslegung ergibt, dass die Parteien einen Vorvertrag abgeschlossen haben.
(a) Dabei sind die Regelungen in § 20 des Arbeitsvertrags und in der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag zusammen zu betrachten. Dafür spricht bereits das äußere Erscheinungsbild. So sind der Arbeitsvertrag und dessen Anlage 1 durchgehend paginiert und tragen eine nach Wortlaut und Schriftbild einheitliche Kopfzeile, die „Arbeitsvertrag der b GmbH mit Herrn T“ lautet. Darüber hinaus nehmen die Regelungen in § 20 des Arbeitsvertrags und in der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag ausdrücklich aufeinander Bezug. In § 20 des Arbeitsvertrags lautet es, dass auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot abzuschließen ist, „das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht“ (Hervorhebung durch Fettdruck im Original). Passend dazu trägt die Anlage die in Fettdruck gehaltene Überschrift „Anlage 1 zum Arbeitsvertrag der Parteien“.
(b) Der Wortlaut der einheitlich auszulegenden Regelungen in § 20 des Arbeitsvertrags und der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Parteien einen Vorvertrag abgeschlossen haben.
(aa) Vorverträge sind schuldrechtliche Vereinbarungen, durch die die Verpflichtung begründet wird, demnächst einen anderen schuldrechtlichen Vertrag, den Hauptvertrag, zu schließen. Die Verpflichtung kann im Vorvertrag von beiden Teilen oder nur von einem Teil eingegangen werden und entsprechend dem Zweck des Vorvertrags von bestimmten Voraussetzungen abhängen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 13, BAGE 135, 116; BGH 30. April 1992 - VII ZR 159/91 - zu II 2 a der Gründe; 17. Dezember 1987 - VII ZR 307/86 - zu 2 c der Gründe, BGHZ 102, 384; LAG Rheinland-Pfalz 16. Februar 2017 - 5 Sa 425/16 - zu II 1 der Gründe).
(bb) Auf eine solche Vereinbarung zielt der Wortlaut von § 20 des Arbeitsvertrags ab. Die Formulierung, dass sich der Mitarbeiter bereit erklärt, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuschließen, kann nur dahin gehend verstanden werden, dass ein Vorvertrag begründet und noch nicht ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot selbst abgeschlossen werden soll. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Wortlaut der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag. Zwar ist die Anlage 1 ausdrücklich als „Nachvertragliches Wettbewerbsverbot“ und gerade nicht als „Vorvertrag“ bezeichnet. Auch enthält sie ein bereits vollständig ausformuliertes Wettbewerbsverbot. Dies ist jedoch dem Umstand geschuldet, dass - wie aus der Verweisung in § 20 des Arbeitsvertrags ersichtlich - bereits die auf Verlangen abzuschließende Vereinbarung inhaltlich fixiert werden sollte.
(2) Der Umstand, dass neben dem Arbeitsvertrag auch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag von beiden Vertragspartnern unterzeichnet worden ist, spricht nicht gegen einen Vorvertrag und für ein bereits begründetes nachvertragliches Wettbewerbsverbot.
Zwar bedarf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 Abs. 1 HGB iVm. § 126 Abs. 2 BGB der Schriftform. Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform vereinbartes Wettbewerbsverbot ist nach § 125 BGB nichtig (BAG 15. Januar 2014 - 10 AZR 243/13 - Rn. 19 mwN, BAGE 147, 128). Auch der auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerichtete Vorvertrag muss aber schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vorvertrag kann allerdings auch dann formlos wirksam sein, wenn der Hauptvertrag der Schriftform bedarf. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Schriftformerfordernis keine Warnfunktion, sondern lediglich Klarstellungs- und Beweisfunktion zukommt (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 29, BAGE 135, 116; 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 25). Durch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für nachvertragliche Wettbewerbsverbote sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr kommt dem Formzwang vor allem Warnfunktion zu. Der Arbeitnehmer soll vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 29, aaO). Nachdem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und ein hierauf bezogener Vorvertrag denselben Formvorschriften unterliegen, kann aus der gewählten Form kein Anhaltspunkt für die eine oder die andere Auslegung abgeleitet werden.
(3) Schließlich kann § 20 des Arbeitsvertrags iVm. Anlage 1 zum Arbeitsvertrag auch nicht dahin gehend verstanden werden, dass die Beklagte den Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bereits verlangt hätte und Anlage 1 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in Erfüllung des Vorvertrags aus § 20 des Arbeitsvertrags begründet. Der Kläger behauptet selbst nicht, die Beklagte habe den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verlangt und damit ihr Recht aus dem Vorvertrag ausgeübt. Gegen ein solches Verständnis spricht auch, dass der Arbeitsvertrag und die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag vom selben Tag datieren. Es liegt fern, dass die Parteien in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang zunächst einen Vorvertrag begründet und sogleich den Hauptvertrag abgeschlossen haben. Eines Vorvertrags hätte es nicht bedurft, wenn die Parteien das Wettbewerbsverbot im betreffenden Zeitpunkt bereits endgültig hätten abschließen wollen.
b) Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien einen wirksamen Vorvertrag abgeschlossen haben. Der Vorvertrag begründet keine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB für den Kläger. Ihm steht kein Wahlrecht zu, in dessen Ausübung er sich dafür hätte entscheiden können, zugunsten einer Karenzentschädigung auf Wettbewerb zu verzichten.
Nach § 110 Satz 1 GewO können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f HGB sind nach § 110 Satz 2 GewO entsprechend anzuwenden (BAG 22. März 2017 - 10 AZR 448/15 - Rn. 20, BAGE 158, 329).
aa) Auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerichtete Vorverträge sind aufgrund der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 14, BAGE 135, 116; vgl. auch bereits 18. April 1969 - 3 AZR 154/68 - zu 1 und 2 der Gründe; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 8. Aufl. Rn. 488; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 55 Rn. 29; BeckOGK/Fehrenbach Stand 1. Dezember 2018 § 307 BGB Wettbewerbsverbotsklausel Rn. 78 ). Dafür kann ein berechtigtes Interesse bestehen, wenn die künftige Entwicklung des Arbeitnehmers, die Weiterentwicklung der schützenswerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht hinreichend absehbar sind(vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - aaO ; Bauer/Diller aaO; Buchner Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2. Aufl. C215).
bb) Je nach ihrer Ausgestaltung im Einzelfall können auf den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorverträge jedoch eine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB für den betroffenen Arbeitnehmer darstellen und deswegen unverbindlich sein ( BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 116 ). Die Rechtsfolge eines unverbindlichen Vorvertrags entspricht derjenigen eines unzulässig bedingten Wettbewerbsverbots. Die nachträgliche Wettbewerbsbeschränkung und der Anspruch auf die Zahlung einer Karenzentschädigung sollen in beiden Fällen von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängig gemacht werden. Besteht dafür kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers, gebietet es der Schutz des Arbeitnehmers, ihm ein Wahlrecht einzuräumen. Nur so kann die eintretende Ungewissheit beendet und der Arbeitgeber entsprechend § 74a HGB an der dem Arbeitnehmer auferlegten Bindung seinerseits festgehalten werden (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 18 mwN, aaO).
Die Frage einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens ist im Rahmen einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu prüfen. Eine großzügige Entschädigung wird eine weiter gehende örtliche, zeitliche und gegenständliche Einschränkung der Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers rechtfertigen können (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - Rn. 17, BAGE 134, 147; 16. Februar 1967 - 3 AZR 290/66 - zu IV 1 der Gründe, BAGE 19, 267).
(1) Eine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Arbeitgeber auch noch nach Erklärung einer Kündigung des Arbeitsvertrags durch eine Partei oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verlangen kann (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 14 f., BAGE 135, 116; 18. April 1969 - 3 AZR 154/68 - zu 2 der Gründe). Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum verbreitet Zustimmung gefunden (Baeck/Winzer NZG 2010, 1420; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 8. Aufl. Rn. 490; BeckOGK/Fehrenbach Stand 1. Dezember 2018 § 307 BGB Wettbewerbsverbotsklausel Rn. 79; Küttner/Poeche Personalbuch 2018 Wettbewerbsverbot Rn. 19 ; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 55 Rn. 29 ). Die Sach- und Interessenlage stellt sich ohne zeitliche Begrenzung der Verpflichtung für den Arbeitnehmer ebenso wie bei einem unzulässig bedingten Wettbewerbsverbot dar. Weil die Verpflichtung zur Wettbewerbsenthaltung gegen Zahlung der Entschädigung von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängen soll, diese aber ungewiss ist, könnte der Arbeitnehmer bei seiner Planung weder von einem Wettbewerbsverbot mit Entschädigung noch von der Zulässigkeit eines Wettbewerbs ausgehen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 15, aaO; ErfK/Oetker 19. Aufl. § 74 HGB Rn. 12). Würde sich der betroffene Arbeitnehmer entscheiden, zu seinem bisherigen Arbeitgeber in Konkurrenz zu treten, müsste er damit rechnen, dass der alte Arbeitgeber unter Berufung auf den Vorvertrag von ihm den Abschluss eines Wettbewerbsverbots verlangt (BAG 18. April 1969 - 3 AZR 154/68 - zu 2 der Gründe; Bauer/Diller aaO; Buchner Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2. Aufl. C213; Laskawy NZA 2012, 1011, 1016). Daher wird sich der Arbeitnehmer regelmäßig gehalten sehen, eine konkurrenzfreie Anschlussbeschäftigung zu wählen. In diesem Fall könnte der alte Arbeitgeber auf sein Recht aus dem Vorvertrag verzichten und nicht den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verlangen. In seiner praktischen Wirkung käme dies einem entschädigungslosen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nahe ( vgl. Bauer/Diller aaO ).
(2) Nach dem vorliegenden Vorvertrag kann das Verlangen auf Abschluss eines Wettbewerbsverbots nur gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Partei gekündigt wurde. Damit ist die äußerste zeitliche Grenze eingehalten, bis zu der das Recht aus dem Vorvertrag zur Begründung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots höchstens vorbehalten werden darf. Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass der Vorvertrag lediglich die Fälle einer arbeitgeber- oder arbeitnehmerseitigen Kündigung regelt, nicht jedoch die Konstellationen eines Aufhebungsvertrags oder sonstiger Beendigungsgründe. Nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist das Wettbewerbsverbot - bzw. hier der darauf bezogene Vorvertrag - nur „so weit“ unverbindlich, als in ihm eine unbillige Erschwerung des Fortkommens enthalten ist. Danach ist ein zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot nicht insgesamt, sondern nur teilweise unwirksam. Es wird aufgrund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das erlaubte Maß zurückgeführt (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - Rn. 22, BAGE 134, 147; ErfK/Oetker 19. Aufl. § 74a HGB Rn. 5). Es kommt daher nicht darauf an, ob ein Vorvertrag unwirksam ist, soweit der Arbeitgeber auch nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags noch berechtigt wäre, ein Wettbewerbsverbot zu verlangen. Diese Konstellation ist hier nicht gegeben.
(3) Ob und unter welchen Voraussetzungen eine unbillige Erschwerung des Fortkommens iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB auch dann vorliegen kann, wenn der Arbeitgeber ab der Kündigung des Arbeitsvertrags sein Recht aus dem Vorvertrag nicht mehr ausüben kann, hat der Senat bisher ausdrücklich offengelassen (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 14, BAGE 135, 116). Die Frage muss auch hier nicht abschließend geklärt werden. Jedenfalls in der gegebenen Fallgestaltung handelt es sich nicht um eine unbillige Erschwerung des Fortkommens.
(a) In der Literatur werden Vorverträge, deren Ausübung zeitlich bis zur Erklärung einer Kündigung oder bis zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags begrenzt ist, überwiegend als zulässig angesehen (Baeck/Winzer NZG 2010, 1420; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 8. Aufl. Rn. 490; Hunold NZA-RR 2013, 174, 175; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 55 Rn. 29). In Formulierungsvorschlägen werden auf diesen Zeitraum beschränkte Vorverträge empfohlen (vgl. Laskawy NZA 2012, 1011, 1016; Lücke in Hümmerich/Lücke/Mauer Arbeitsrecht 9. Aufl. § 2 Rn. 132).
Andere Stimmen im Schrifttum fordern, teilweise unter Hinweis auf § 75a HGB, eine weiter gehende zeitliche Beschränkung (Buchner Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2. Aufl. C216; BeckOGK/Fehrenbach Stand 1. Dezember 2018 § 307 BGB Wettbewerbsverbotsklausel Rn. 80; Küttner/Poeche Personalbuch 2018 Wettbewerbsverbot Rn. 19).
(b) Aus der Wertung des § 75a HGB ergibt sich jedoch nicht, dass Vorverträge, die auf den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtet sind, auf einen bestimmten Zeitpunkt bereits vor Erklärung einer Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrags begrenzt werden müssen. Nach § 75a HGB kann der Arbeitgeber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass er nach Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. In diesem Fall wird der Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung vom Wettbewerbsverbot entbunden (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 2 a der Gründe , BAGE 102, 103; 17. Februar 1987 - 3 AZR 59/86 - zu 2 der Gründe). Der Verzicht kann bis zur wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt werden. Der Arbeitgeber kann auch noch während des Laufs der Kündigungsfrist verzichten (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01 - zu II 2 a aa der Gründe, aaO; ErfK/Oetker 19. Aufl. § 75a HGB Rn. 3). Damit erfasst § 75a HGB auch die - hier nicht gegebene - Konstellation, dass sich der Arbeitgeber erst nach Erklärung einer Kündigung entscheidet, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam werden soll. Aus diesem Grund kann auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 75a HGB abgeleitet werden, der Vorvertrag könne nur bis zu einem Jahr vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden (so im Ergebnis auch Brune Bedingte Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer Diss. 1989 S. 73 f. zum suspensiv bedingten Wettbewerbsverbot). Es fehlt insoweit an einer vergleichbaren Interessenlage.
cc) Unabhängig von der nicht übertragbaren zeitlichen Begrenzung des § 75a HGB beeinträchtigt ein auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerichteter Vorvertrag auch dann die Interessen des betroffenen Arbeitnehmers, wenn er nach Erklärung der Kündigung nicht mehr ausgeübt werden kann. Der Arbeitnehmer kann sich während der Dauer des ungekündigten Arbeitsverhältnisses nicht darauf einstellen, ob er zukünftig ein Wettbewerbsverbot wird abschließen müssen oder nicht. Die Beeinträchtigung wiegt jedoch weniger schwer, als könnte der Vorvertrag noch nach Erklärung einer Kündigung ausgeübt werden. Solange der Arbeitgeber sein Recht aus dem Vorvertrag nicht ausgeübt hat, kann sich der Arbeitnehmer zu einer Konkurrenztätigkeit verpflichten und durch eine in zeitlichem Zusammenhang ausgesprochene Eigenkündigung ein Wettbewerbsverbot ausschließen.
dd) Jedenfalls für die vorliegende Konstellation ergibt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen, dass das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschwert ist iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB. Das Arbeitsverhältnis bestand zum Zeitpunkt seiner Beendigung erst kürzer als zwei Jahre, sodass der Kläger noch keinem besonders langen Zeitraum einer möglichen Inanspruchnahme aus dem Vorvertrag ausgesetzt war. Zudem war die Filiale des Klägers erst in zeitlichem Zusammenhang mit seiner Einstellung gegründet worden. Die Beklagte hatte daher ein gesteigertes Interesse, den späteren Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von deren geschäftlicher Entwicklung und den sich daraus ergebenden schützenswerten wettbewerblichen Interessen abhängig zu machen.
c) Nachdem der zwischen den Parteien geschlossene Vorvertrag wirksam ist, kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer im Fall eines unverbindlichen Vorvertrags das ihm zukommende Wahlrecht durch eine besondere Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber ausüben muss und ob der Kläger sich hierzu eindeutig erklärt hat (vgl. zum Erfordernis einer besonderen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 116).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gallner |
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