BVerwG 2. Senat, Beschluss vom 12.02.2019, 2 B 6/19

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 2 B 6/19 (BVerwG)

vom 12. Februar 2019 (Dienstag)


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1. Der Beklagte, ein Polizeioberkommissar im Dienst des klagenden Landes, wurde aufgrund Disziplinarklage vom 12. Mai 2015 vom Verwaltungsgericht aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem gegen ihn im Jahr 2013 ein Strafbefehl rechtskräftig geworden war, mit dem er wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden war. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe in den Jahren 2008 bis 2010 in 41 Fällen im polizeiinternen Zeiterfassungssystem nachträglich unter Ausnutzung ihm übertragener Administrator-Rechte für sich selbst zielgerichtet Zeitgutschriften als Dienst verbucht, obwohl er in diesen Zeiten tatsächlich keinen Dienst geleistet hatte, und sich dadurch unberechtigt ein zusätzliches Zeitguthaben im Umfang von 450:30 Stunden erschlichen. Des Weiteren habe der Beklagte in den Jahren 2010 und 2011 Mehrarbeitsvergütung auf der Grundlage des unberechtigt gebuchten Zeitguthabens beantragt, wobei ein Betrag von 1 140,58 € unmittelbar auf den beschriebenen Arbeitszeitmanipulationen beruht habe. Mit diesem betrügerischen Vorgehen habe der Beklagte ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen und gegen seine Pflicht zu uneigennützigem und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen (§ 34 Satz 2 BeamtStG, § 69 Satz 2 HBG a.F.), ebenso gegen seine Pflicht, mit seinem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern (§ 34 Satz 3 BeamtStG, § 69 Satz 3 HBG a.F.). Die angemessene Disziplinarmaßnahme gemäß den Kriterien des § 16 Abs. 2 Satz 1 HDG sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

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2. Die Beschwerde des Beklagten ist bereits unzulässig. Sie legt keinen Grund dar, die Revision zuzulassen. Vielmehr wendet sie sich in der Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels gegen das Berufungsurteil und erschöpft sich darin, ihre abweichende Rechtsansicht gegen die des Berufungsgerichts zu setzen. Dies genügt nicht den von § 73 HDG i.V.m. § 132 Abs. 2 und § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO aufgestellten Darlegungsanforderungen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f., vom 4. Januar 2017 - 2 B 23.16 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 91 Rn. 8 und vom 12. September 2017 - 2 B 39.17 - Buchholz 235.1 § 64 BDG Nr. 4 Rn. 4). Weder bezeichnet die Beschwerde eine fallübergreifende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch formuliert sie einen entscheidungstragenden Rechtssatz des Berufungsgerichts, mit dem dieses von einem gegenteiligen (ebenfalls von der Beschwerde zu benennenden) Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen divergenzfähigen Gerichts abgewichen wäre (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), noch bezeichnet die Beschwerde in der gebotenen Weise einen Verfahrensmangel, auf dem das Berufungsurteil beruhen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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Die Beschwerdebegründung vom 18. Januar 2019 führt zwar eingangs an, sie stütze sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sodann folgen jedoch keine Ausführungen zu einer - nach dem Vorstehenden erforderlichen - fallübergreifenden Rechtsfrage, sondern lediglich kritische Aussagen zu tatsächlichen Umständen des konkreten Streitfalls: Der Beklagte sei zunächst nicht vom Dienst suspendiert worden, sondern habe diesen mit guten Ergebnissen fortgeführt; die Bewertung der Dienstpflichtverletzungen des Beklagten durch das Berufungsgericht als schweres Dienstvergehens begegne "schwerwiegenden Bedenken", weil der Beklagte im Strafverfahren "nur" zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden sei, was im unteren Bereich des von sechs Monaten bis fünf Jahren reichenden Strafrahmens liege; hieran habe sich auch das Disziplinargericht zu orientieren.

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Diese Kritik rechtfertigt - ungeachtet ihrer Einzelfallbezogenheit - auch deshalb keine Zulassung der Revision, weil sie den Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung verfehlt. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Entscheidung des Dienstherrn, den Beamten nach Aufdeckung seines Fehlverhaltens unverändert oder anderweitig weiter zu beschäftigen, für die von den Gerichten aufgrund ihrer eigenständigen Disziplinarbefugnis zu treffende Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 148, 98 Rn. 42 f. und Beschluss vom 27. Mai 2015 - 2 B 16.15 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 32 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Dabei sind auch eine pflichtgemäße Dienstausübung und gute Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtenverstöße in einem mildernden Licht erscheinen zu lassen, und zwar auch dann nicht, wenn dies nach Einleitung des Disziplinarverfahrens geschieht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 43; Beschlüsse vom 17. Juli 2013 - 2 B 27.12 - DokBer 2014, 39 Rn. 11 und vom 28. August 2018 - 2 B 4.18 - DVBl. 2018, 1556 Rn. 48, jeweils m.w.N.). Schließlich ist geklärt, dass - anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen - bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen dem in einem Strafverfahren wegen desselben Tatvorwurfs gegen den Beamten konkret ausgeurteiltem Strafmaß für das Disziplinargericht keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16; Beschlüsse vom 5. Juli 2016 - 2 B 24.16 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 38 Rn. 15, vom 21. Juni 2017 - 2 B 50.16 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 44 Rn. 10 f., vom 27. Dezember 2017 - 2 B 18.17 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 54 Rn. 18 ff. und vom 28. August 2018 - 2 B 5.18 - Rn. 18).

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1 HDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtskosten streitwertunabhängig aus dem Gesetz ergibt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 HDG i.V.m. Nr. 10 und 62 der Anlage zu § 82 Abs. 1 Satz 1 HDG).