Datenquelle: www.rechtsprechung-im-internet.de (Direktlink)
Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Beiordnung einer weiteren Verteidigerin in einem Staatsschutzverfahren - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung bzw mangels hinreichender Begründung
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Eines Zuwartens der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die (einfache) Beschwerde gegen den angegriffenen Beschluss des Vorsitzenden des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart bedarf es daher nicht.
Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind beantwortet (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist unabhängig davon unzulässig, ob die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15. Januar 2019 statthaft ist (2.) oder nicht (3.); (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).
2. Ist die einfache Beschwerde gegen die Versagung der Beiordnung einer weiteren Verteidigerin durch den Beschluss vom 15. Januar 2019 ausnahmsweise statthaft, so fehlt es an der gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG erforderlichen Rechtswegerschöpfung.
a) Der Beschwerdeführer kann die Versagung der Beiordnung einer weiteren Verteidigerin noch im weiteren fachgerichtlichen Verfahren zur Nachprüfung stellen, und sie im Falle seiner Verurteilung insbesondere dem Revisionsgericht unterbreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2000 - 5 StR 408/00 -, NJW 2001, S. 237; Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 781/96 -, NJW 1997, S. 3385). Das hat zur Folge, dass der angegriffene Beschluss vom 15. Januar 2019 als strafprozessuale Zwischenentscheidung der unmittelbaren Anfechtung mit der Verfassungsbeschwerde entzogen ist (vgl. BVerfGE 1, 322 <324 f.>; 6, 12 <14>; 6, 45 <50>; 8, 253 <254 f.>; 12, 113 <124>; 14, 8 <10>; 16, 283 <285>; 20, 336 <342>; 58, 1 <23>). Auf der Grundlage dieser Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen von Vorsitzenden erstinstanzlich zuständiger Strafkammern als unzulässig angesehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. April 2018 - 2 BvR 2039/17 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Februar 2006 - 2 BvR 178/06 -, juris, Rn. 7; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Dezember 2003 - 2 BvR 2000/03 -, juris, Rn. 2 f. m.w.N.). Dass sich die Verfassungsbeschwerde davon abweichend hier gegen eine dem (späteren) Urteil vorausgehende Entscheidung eines im ersten Rechtszug zuständigen Oberlandesgerichts richtet, stünde der revisionsgerichtlichen Überprüfbarkeit für den Fall der ausnahmsweisen Statthaftigkeit der einfachen Beschwerde nicht entgegen. § 336 Satz 2 StPO entzieht nur solche Entscheidungen der revisionsgerichtlichen Beurteilung, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind. Dies träfe auf eine analog § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO mit der einfachen Beschwerde anfechtbare Entscheidung nicht zu.
b) Gründe für eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG sind nicht ersichtlich. Durch die Versagung des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes bis zum Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens droht dem Beschwerdeführer kein schwerer und unabwendbarer Nachteil. Es ist nicht ersichtlich, dass ihm bei einer Verweisung auf den ausnahmsweise eröffneten Rechtsweg ein Schaden entstünde, der sich auch im Falle eines späteren Erfolgs der Verfassungsbeschwerde nicht mehr adäquat ausgleichen ließe (vgl. zu diesem Kriterium BVerfGE 69, 233 <241>). Eine nach Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde würde zur Aufhebung etwaiger fachgerichtlicher Verurteilungen führen, wenn der Anspruch des Beschwerdeführers auf ordnungsgemäße Verteidigung verletzt worden sein sollte. Damit entfiele die rechtliche Beschwer für den Angeklagten und die Strafgerichte hätten erneut über die Rechtmäßigkeit der Verteidigerbestellung zu befinden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Februar 2006 - 2 BvR 178/06 -, juris, Rn. 4). Dem Beschwerdeführer ist das Beschreiten des fachgerichtlichen Rechtswegs auch zuzumuten. Insbesondere reicht die abstrakte Gefahr einer Wiederholung der Hauptverhandlung wegen eines Verfahrensfehlers nicht aus, um eine Unzumutbarkeit des fachgerichtlichen Verfahrens zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Februar 2006 - 2 BvR 178/06 -, juris, Rn. 7; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Dezember 2003 - 2 BvR 2000/03 -, juris, Rn. 4). Der Verweis auf den fachgerichtlichen Rechtsschutz ist auch nicht deshalb unzumutbar, weil sich der Beschwerdeführer zurzeit in Untersuchungshaft befindet. Aus der Struktur des deutschen Strafprozesses folgt, dass auch der in Haft befindliche Angeklagte trotz des für ihn streitenden Freiheitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG Korrekturen etwaiger Verfahrensfehler vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts dem fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren zu überlassen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2006 - 2 BvR 1054/06 -, juris, Rn. 3 ff.). Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. September 2001 - 2 BvR 1152/01 -, juris, Rn. 27 ff.), sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
3. Wäre die einfachrechtliche Beschwerde gegen die Versagung der Beiordnung einer weiteren Verteidigerin hingegen nicht statthaft (vgl. BVerfGE 45, 363 <374>; BGH, Beschluss vom 19. Januar 2015 - StB 27/14 -, juris, Rn. 3 m.w.N.), wäre die Entscheidung gemäß § 336 Satz 2 StPO zwar im weiteren Fortgang des fachgerichtlichen Verfahrens auch der Beurteilung durch das Revisionsgericht entzogen (vgl. BGHSt 27, 96; BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 4 StR 485/01 -, juris, Rn. 9; a.A. BGH, Urteil vom 30. April 1999 - 3 StR 215/98 -, juris, Rn. 23 [insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 45, 65]). Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stünde aber die mangelnde Substantiierung (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) entgegen.
a) Die unzureichende Substantiierung folgt bereits daraus, dass die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung nicht durch die Vorlage von Anlagen oder auch deren Hineinkopieren in den Text der Verfassungsbeschwerde ersetzt werden kann, weil es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, sich das Relevante aus den maßgeblichen Unterlagen herauszusuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>; 131, 66 <82>). Auch lässt sich dem Beschwerdevorbringen eine eigenständige, hinreichend substantiierte verfassungsrechtliche Einordnung des konkreten Einzelfalls nicht entnehmen.
b) Im Übrigen vermag das Beschwerdevorbringen eine Beeinträchtigung des geltend gemachten Rechts auf effektive Verteidigung und eine Missachtung der Grundsätze eines fairen Verfahrens durch die Versagung der Beiordnung einer weiteren Verteidigerin nicht aufzuzeigen.
Aufgrund des der Verteidigung zustehenden umfassenden Akteneinsichtsrechts hätte es dem Beschwerdeführer oblegen, den der Kenntnis des Bundesverfassungsgerichts entzogenen Umfang und Inhalt der Verfahrensakten näher darzulegen. Er hätte anhand dessen die Behauptung, es sei mit einer über die bisherige Planung des Senats erheblich hinausgehenden Beweisaufnahme zu rechnen, näher begründen, insbesondere vermeintliche Lücken, die das Beweisprogramm des Senats aufweisen soll, nachvollziehbar darlegen und mit Blick auf die geltend gemachte Notwendigkeit arbeitsteiliger Verteidigung darstellen müssen, für welche für die Verteidigung wesentlichen Aspekte die zusätzlich beizuordnen gewünschte Wahlverteidigerin die Vorbereitung übernommen hat.
c) Da die Frist zur Begründung der Verfassungsbeschwerde in diesem Fall mit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung am 15. Januar 2019 zu laufen begonnen hätte, könnte der Begründungsmangel auch nicht mehr nachträglich geheilt werden.
4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Aufgrund der ablehnenden Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.