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Nichtannahmebeschluss: Keine Vorlagepflicht nach Art 100 Abs 2 GG zur Frage der Existenz eines Erfüllungsverweigerungsrechts wegen Staatsnotstandes hinsichtlich Staatsschulden gegenüber privaten Gläubigern - keine Heranziehung einzelner insolvenzrechtlicher Grundsätze gem Art 38 Abs 1 Buchst c IGH-Statut (juris: IGHSta) auf völkerrechtlicher Ebene
Die Verfahren 2 BvR 824/15 und 2 BvR 825/15 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Republik Argentinien. In ihren Verfassungsbeschwerden rügt sie insbesondere eine nicht erfolgte Vorlage durch den Bundesgerichtshof gemäß Art. 100 Abs. 2 GG. Hierbei geht es ihr um die Frage, ob es einen allgemeinen völkerrechtlichen Rechtsgrundsatz gibt, wonach sich Staaten gegenüber privaten Gläubigern auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht berufen können, wenn diese ihre Forderungen in voller Höhe geltend machen, obwohl die weit überwiegende Mehrheit der Gläubiger aufgrund einer Staatsfinanzkrise ein Umschuldungsangebot akzeptiert hat.
1. In den neunziger Jahren emittierte die Beschwerdeführerin Inhaberschuldverschreibungen unterschiedlicher Stückelung samt entsprechenden Zinsscheinen. In den Anleihebedingungen verpflichtete sich die Beschwerdeführerin gegenüber den Anleiheerwerbern zur Rückzahlung der jährlich zu verzinsenden Schuldverschreibungen zum Nennbetrag an einem bestimmten Stichtag. Aufgrund volkswirtschaftlicher Probleme seit dem Jahr 1999 erklärten der Senat und die Abgeordnetenkammer der Beschwerdeführerin durch Gesetz vom 6. Januar 2002 den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet" und übertrugen der Exekutive Befugnisse zur Umstrukturierung der Staatsschulden. Das Gesetz wurde auf Grundlage einer Verordnung vom 6. Februar 2002 dergestalt umgesetzt, dass die Beschwerdeführerin unter anderem die Zahlungen gegenüber privaten Gläubigern einstellte, um in Verhandlungen eine Umschuldung zu erreichen. In den Jahren 2005 und 2010 erfolgten seitens der Beschwerdeführerin zwei Umschuldungsangebote gegenüber ihren Anleihegläubigern. Hierauf gingen etwas mehr als 92 % der ursprünglichen Anleihegläubiger ein und tauschten ihre alten Anleihen gegen einen erheblichen Abschlag in Schuldverschreibungen mit neuen Konditionen um. Über 7 % der Gläubiger, darunter auch die beiden Kläger der fachgerichtlichen Ausgangsverfahren, schlossen sich diesen Umschuldungsvereinbarungen nicht an und machten ihre Forderungen schließlich gerichtlich geltend. Die Beschwerdeführerin berief sich in den fachgerichtlichen Verfahren darauf, dass ihr als Schuldnerstaat, der sich in einer Staatsfinanzkrise befunden und mit einer Mehrheit von Gläubigern die Umstrukturierung seiner Schulden vereinbart habe, ein völkerrechtlich begründetes Leistungsverweigerungsrecht gegenüber den sogenannten Holdout-Gläubigern zustehe. Bei diesen handelt es sich um nicht-kooperative Gläubiger, die an einer Umschuldung von Staatsschulden nicht teilnehmen und stattdessen auf der Befriedigung ihrer ungekürzten Forderungen bestehen (vgl. zum Begriff Paulus/van den Busch, WM 2014, S. 2025 <2026>).
2. Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte die Beschwerdeführerin durch Urteil vom 9. April 2013 zur Zahlung der begehrten Zinsen sowie Schadensersatz (2 BvR 825/15) und durch Urteil vom 2. Juli 2013 zur Zahlung des Nominalbetrages und Zinsen (2 BvR 824/15) aus den von der Beschwerdeführerin jeweils ausgegebenen Inhaberschuldverschreibungen an die klagenden Privatpersonen. In beiden Verfahren handelte es sich um Beträge von jeweils etwas mehr als 3.000 Euro.
3. Auf die Berufung der Beschwerdeführerin, mit der diese ein Privatgutachten der Professoren Dr. Christian Tietje und Dr. Matthias Lehmann vorlegte, änderte das Landgericht Frankfurt am Main am 13. Januar 2014 das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 9. April 2013 (2 BvR 825/15) teilweise ab und fasste es zur Klarstellung im Leistungsausspruch neu; an der Verurteilung der Beschwerdeführerin zur Zahlung der begehrten Zinsen sowie des Schadensersatzes hielt es in voller Höhe fest. Am 21. März 2014 wies das Landgericht Frankfurt am Main durch Urteil die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die amtsgerichtliche Entscheidung vom 2. Juli 2013 (2 BvR 824/15) zurück. In beiden Verfahren ließ das Gericht die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zu.
4. Gegen die Berufungsurteile legte die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Privatgutachtens des Juniorprofessors Dr. Matthias Goldmann Revision ein. Dem Anspruch sogenannter Holdout-Gläubiger stehe die Einrede des Rechtsmissbrauchs entgegen. Diese Einrede beruhe auf dem universal anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben, der situationsbedingt durch die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens - zwei tragende Prinzipien der Rechtsordnungen der Kulturvölker - geprägt sei. Diese Prinzipien seien auf die völkerrechtliche Bewältigung von Staatsschuldenkrisen übertragbar, da sich auf völkerrechtlicher Ebene in den letzten Jahrzehnten eine dezentral organisierte, von den Staaten anerkannte Ordnung für die Bewältigung von Staatsschuldenkrisen herausgebildet habe. Schließlich werde die Existenz der Einrede auch aufgrund der heute gängigen Verwendung von Kollektivklauseln (sogenannte Collective Action Clauses) in Staatsanleihebedingungen belegt, wodurch sogenannte Holdout-Gläubiger an die durch die Gläubigermehrheit eingegangene Umschuldungsvereinbarung gebunden seien. Auf eine vertragliche (und hier fehlende) Vereinbarung komme es nicht an, da in der Verwendung von Collective Action Clauses eine bereits zuvor gültige allgemeine Rechtsregel lediglich manifestiert werde.
5. Mit Urteilen vom 24. Februar 2015 wies der Bundesgerichtshof die Revisionen jeweils zurück.
a) Es bestehe kein auf Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht.
aa) Nach der sogenannten Notstandsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124 ff.) kenne das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten. Vielmehr seien die Rechtsfolgenregelungen einer staatlichen Zahlungsunfähigkeit lediglich fragmentarischer Natur. Nur wenn sich eine entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, könnten die Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein. Im Völkergewohnheitsrecht sei die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt, die ausschließlich dem Völkerrecht unterlägen. Für eine Erstreckung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio iuris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis. Weder aus existierenden Rechtsquellen, noch aus einschlägiger Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder aus Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums ergebe sich etwas anderes.
bb) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts beanspruchten weiterhin Gültigkeit. Der Ansatz der Beschwerdeführerin bedeute in der Sache, dass das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstandes für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in seinen Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert werde. Im Kern behaupte sie damit das Bestehen eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches habe jedoch nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden. An diesem Befund habe sich seitdem nichts geändert.
Diese Auffassung werde durch eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 und einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte im Zeitraum zwischen 2011 und 2014 bestätigt. Auch das völkerrechtliche Schrifttum habe bisher das verbindliche Vorhandensein eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen verneint. Das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Prinzip Nr. 7 der "Principles on promoting responsible sovereign lending and borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development (im Folgenden: UNCTAD) sei keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen, die man dahingehend verstehen könne, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung aller Gläubiger unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots kommen solle. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien sei vielmehr die Schaffung neuen Rechts, nicht die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Auch inhaltlich ergebe sich aus Prinzip Nr. 7 lediglich, dass ein Schuldnerstaat in finanziellen Schwierigkeiten an die Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" herantreten und diese bereit sein "sollten", in Verhandlungen zu treten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner sei dort ausgeführt, dass rechtsmissbräuchlich handele, wer in der Absicht Schuldverschreibungen eines in finanzieller Notlage befindlichen Staates erwerbe, außerhalb des Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen.
Schließlich räume auch die Beschwerdeführerin durch das von ihr vorgelegte Privatgutachten Goldmann ein, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen sogenannte Holdout-Gläubiger wegen Rechtsmissbrauchs zugestanden habe und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde. Das Privatgutachten Goldmann verkenne auch, dass die Staaten mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen, das heißt "öffentlich-rechtlichen" Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens, sondern vielmehr einen privatrechtlichen Ansatz durch die Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgten.
Auch aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von Collective Action Clauses ergebe sich nichts anderes. Obwohl diese Entwicklung bereits vor der sogenannten Notstandsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingesetzt habe, habe dies dem Gericht keinen Anlass gegeben, die Collective Action Clauses in der Senatsentscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern. Daraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint habe, wenn solche Klauseln nicht in den Anleihebedingungen vereinbart worden seien. Dies entspreche auch dem gegenwärtigen nationalen und internationalen Rechtszustand, denn es gebe keine Rechtsprechung internationaler oder nationaler Gerichte sowie keine bedeutsamen Stimmen aus dem Völkerrecht, die für eine ausschließlich völkerrechtlich begründete (rückwirkende) Geltung von Collective Action Clauses ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen plädierten.
cc) Da das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gelte, auf keine ernstzunehmenden Zweifel gestoßen sei, bedürfe es der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 GG nicht. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 8. Mai 2007 sei die erste Umschuldungsmaßnahme durch die Beschwerdeführerin bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht dies zum Anlass genommen habe, den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern. Bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig, wäre die Vorlagefrage des damaligen Senatsverfahrens nicht entscheidungserheblich gewesen. Deshalb spreche nichts dafür, dass vor Mai 2007 die von der Beschwerdeführerin behauptete Regel des Völkerrechts bestanden habe. Auch bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt habe. Dies lasse sich vielmehr eindeutig verneinen.
b) Davon abgesehen stehe der Beschwerdeführerin auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handele es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren, sondern um einseitige Maßnahmen der Beschwerdeführerin. Mangels eines einheitlichen oder kodifizierten Konkursrechts der Staaten sei es den Klägern nicht zuzumuten gewesen, sich an dem von der Beschwerdeführerin durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen, noch müssten sie sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen.
6. Die hiergegen jeweils erhobenen Anhörungsrügen (§ 321a ZPO) wies der Bundesgerichtshof mit Beschlüssen vom 22. April 2015 zurück.
II.
Die Beschwerdeführerin rügt mit ihren beiden Verfassungsbeschwerden eine Verletzung ihrer grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG sowie des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 Satz 1 GG.
1. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt, da der Bundesgerichtshof die Rechtssache trotz bestehender Zweifel über die Existenz und Tragweite des völkerrechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben nicht dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG vorgelegt habe.
Der Bundesgerichtshof hätte dem Bundesverfassungsgericht die statthafte Frage vorlegen müssen, ob es eine allgemeine Regel des Völkerrechts, insbesondere in der Form eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Buchstabe c des Statuts des Internationalen Gerichthofs (im Folgenden: IGH-Statut), gebe, wonach Forderungen aus Staatsanleihen der Einwand des Rechtsmissbrauchs oder der Treuwidrigkeit als Leistungsverweigerungsrecht entgegengehalten werden könne, wenn sogenannte Holdout-Gläubiger ihre Forderungen in voller Höhe geltend machten und sich somit auf Kosten der Gläubigermehrheit, die im Rahmen einer Umschuldung infolge einer Staatsfinanzkrise einen Schuldenschnitt akzeptiert habe, einen Vorteil verschafften.
Objektiv ernstzunehmende Zweifel im Sinne von Art. 100 Abs. 2 GG hätten bestanden, da es Belege dafür gebe, dass die internationale Staatengemeinschaft von einer entsprechenden völkerrechtlichen Regel ausgehe. Es genüge, wenn internationale Organisationen im Grenzbereich von "Soft Law" und bereits anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen von bestimmten internationalen Prinzipien ausgingen. Denn auch in diesen Fällen sei zumindest nicht eindeutig, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gelte. Die Entstehungsvoraussetzungen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Völkerrechts lägen vor. So gebe es in quasi allen nationalen Rechtsordnungen allgemeine Rechtsprinzipien für den Fall von insolvenznahen Situationen. Hierzu zählten insbesondere die Gleichbehandlung der Gläubiger (par conditio creditorum) sowie die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens.
Der Bundesgerichtshof habe die Existenz dieser universell geltenden allgemeinen Prinzipien und damit die Grundlage für die Existenz des von der Beschwerdeführerin vorgetragenen allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Völkerrechts bejaht. Er habe jedoch nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Übertragbarkeit dieser Prinzipien auf die völkerrechtliche Ebene vorlägen, sondern habe sich darauf beschränkt zu prüfen, ob eine umfassende völkerrechtliche Regelung eines Insolvenzrechts für Staaten bestehe.
Der Gedanke, dass die Durchsetzung von Gläubigerforderungen außerhalb eines Insolvenzregimes rechtsmissbräuchlich sei, sei auf die völkerrechtliche Bewältigung von Staatsschuldenkrisen übertragbar, denn auf völkerrechtlicher Ebene habe sich in den letzten Jahrzehnten eine dezentral organisierte, von den Staaten anerkannte Ordnung für die Bewältigung von Staatsschuldenkrisen herausgebildet. Die internationale Staatengemeinschaft sei nicht bereit, die Strategie sogenannter Holdout-Gläubiger im Kontext von Staateninsolvenzen als rechtskonform hinzunehmen. Eine solche, auf völkerrechtlicher Ebene offensichtlich bestehende Lücke widerspreche fundamentalen Gerechtigkeitsanforderungen und könne daher im Hinblick auf die Regelungsprinzipien in nationalen Rechtsordnungen nicht hingenommen werden. Hierfür sprächen das UNCTAD-Prinzip Nr. 7, die Veröffentlichung der UNCTAD "Sovereign Debt Workouts: Going Forward. Roadmap and Guide" sowie Resolutionen der UN-Generalversammlung und des UN-Menschenrechtsrats. Die Benennung einschlägiger Rechtsprechung internationaler oder nationaler Gerichte und bedeutsamer Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum sei entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs keine notwendige Voraussetzung für die Existenz allgemeiner Rechtsgrundsätze des Völkerrechts im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Buchstabe c IGH-Statut.
Es bestehe auch keine Eindeutigkeit im Sinne einer Evidenz aufgrund der Senatsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124 ff.). Das Gericht habe sich dort ausschließlich mit Völkergewohnheitsrecht befasst, während es hier um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gehe. Überdies stehe vorliegend nicht der Staatsnotstand als staatliches Sonderrecht in einer Privatrechtsbeziehung in Rede, sondern Pflichten eines Privatrechtssubjekts kraft Völkerrechts. Im Übrigen zeige sich in jüngerer Zeit auch eine Entwicklung einer Staatenpraxis hin zu einem geordneten Umschuldungsverfahren.
Die formulierte Vorlagefrage (siehe Rn. 18) sei auch entscheidungserheblich für das Ausgangsverfahren, denn die dortigen Entscheidungen hingen davon ab, ob der in der Vorlagefrage identifizierte Rechtssatz - die Konkretisierung der insolvenzrechtlichen Ausprägungen des Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben - Bestandteil des Völkerrechts sei. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage entfalle nicht deshalb, weil der Bundesgerichtshof - im Sinne einer selbstständig tragenden zweiten Erwägung - angenommen habe, auch unter der Prämisse, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Regel des Völkerrechts existierte, stehe ihr kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die vom Bundesgerichtshof dafür geprüften Voraussetzungen seien nicht Gegenstand der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Regel, sondern vom Bundesgerichtshof eigenständig nach Maßgabe des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben aufgestellt worden. Schließlich beruhten die angegriffenen Entscheidungen auch auf der unterbliebenen Vorlage, da das Bundesverfassungsgericht in einem Vorlageverfahren zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die in Frage stehende allgemeine Regel des Völkerrechts bestehe.
2. Für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht nicht von objektiven Zweifeln im Sinne von Art. 100 Abs. 2 GG ausgehen sollte, weil es die Existenz des in der (unterlassenen) Vorlagefrage bezeichneten völkerrechtlichen Rechtssatzes bereits für eindeutig halte, liege hilfsweise eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 GG vor. Denn in diesem Fall missachte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs die tatbestandlichen Voraussetzungen der völkerrechtlichen Regelung. Der in Art. 25 GG enthaltene generelle Rechtsanwendungsbefehl verpflichte die Gerichte, die allgemeinen Regeln des Völkerrechts in der Rechtsprechung als Entscheidungsmaßstab im Einzelfall zu beachten. Die Verfassungsbeschwerden könnten zwar nicht unmittelbar auf die Verletzung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts gestützt werden, allerdings stelle ein derartiger Völkerrechtsverstoß eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG dar. Demnach könne jedermann - auch eine ausländische juristische Person des öffentlichen Rechts - gegen eine gerichtliche Entscheidung Verfassungsbeschwerde mit der Rüge erheben, sie beruhe auf einer mit dem allgemeinen Völkerrecht unvereinbaren Auslegung und Anwendung einer Vorschrift des innerstaatlichen Rechts.
3. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, da der Bundesgerichtshof die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Ausführungen nicht hinreichend berücksichtigt beziehungsweise nicht sachgerecht in seine rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen einbezogen habe. So habe er ihren Vortrag fälschlicherweise als "Notstandseinrede" eingeordnet, obwohl sich die Beschwerdeführerin auf eine fragmentarische Regelung im Bereich der Staatsinsolvenzen durch allgemeine Rechtsgrundsätze des Völkerrechts berufen habe. Zudem habe er Voraussetzungen eines völkerrechtlich begründeten Leistungsverweigerungsrechts geprüft, die nicht Gegenstand der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen allgemeinen Regel des Völkerrechts seien.
III.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), da die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt sind. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Verfassungsbeschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben (vgl. BVerfGE 90, 22, <25 f.>; 96, 245 <248 ff.>; 108, 129 <136>; stRspr). Sie sind jedenfalls unbegründet.
1. Eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht vor.
a) Das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter kann auch durch eine unterlassene Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG verletzt werden (vgl. BVerfGE 18, 441 <447 f.>; 64, 1 <12 f.>; 96, 68 <77>; BVerfGK 9, 211 <213>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG bereits dann geboten, wenn das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf objektiv ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288 <316>; 64, 1 <14 ff.>; 75, 1 <11>; 96, 68 <77>), die völkerrechtliche Zweifelsfrage für den Ausgangsrechtsstreit entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 4, 319 <321>; 15, 25 <30>) und die angegriffene Entscheidung auf der unterbliebenen Vorlage beruht (vgl. nur BVerfGE 109, 13 <21 f.>). Die Klärung derartiger Zweifel ist dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Die Subsumtion des Einzelfalls unter eine solche allgemeine Regel des Völkerrechts, deren Existenz und Tragweite geklärt ist, ist hingegen Aufgabe der Fachgerichte.
Objektiv ernstzunehmende Zweifel bestehen schon dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288 <319>; 64, 1 <15>; 96, 68 <77>). Weiterhin können objektiv ernstzunehmende Zweifel vorliegen, wenn das Bundesverfassungsgericht diesbezügliche Fragen in einer früheren Entscheidung ausdrücklich offen gelassen hat (vgl. BVerfGE 64, 1 <15 ff.>). Schließlich können sich objektiv ernstzunehmende Zweifel daraus ergeben, dass es keine einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zu den vorgelegten Fragen gibt und die Judikatur internationaler Gerichte nicht in für die Vorlagefragen entscheidender Weise Stellung nimmt (vgl. BVerfGE 118, 124 <133>).
b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dass es der Bundesgerichtshof trotz objektiv ernstzunehmender Zweifel daran, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Regel des Völkerrechts nicht existiert, unterlassen hat, die Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, ist nicht ersichtlich.
aa) Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze. Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht. An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124 <134 f. m.w.N.>).
Eine allgemeine Regel des Völkergewohnheitsrechts im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Buchstabe b IGH-Statut ist eine Regel, die von einer gefestigten Praxis zahlreicher, aber nicht notwendigerweise aller Staaten ("consuetudo" oder "usus") in der Überzeugung einer völkerrechtlichen Verpflichtung ("opinio iuris sive necessitatis") getragen wird (vgl. BVerfGE 46, 342 <367>; 66, 39 <64 f.>; 92, 277 <320>; 96, 68 <86 f.>; 117, 141 <150>; Cremer, in: HStR XI, 3. Aufl. 2013, § 235 Rn. 11).
Allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Buchstabe c des IGH-Statuts entstammen den nationalen Rechtsordnungen und sind auf die Ebene des Völkerrechts übertragbar. Dabei handelt es sich um allgemeine Rechtsprinzipien, die als leitende Grundentscheidungen übereinstimmend in den nationalen Rechtsordnungen anerkannt sind und diesen zugrunde liegen (vgl. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, § 601 ff.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/1, 2. Aufl. 1989, S. 64 f.; Weiß, Allgemeine Rechtsgrundsätze des Völkerrechts, AVR 2001, S. 394 ff.; Pellet, in: Zimmermann u. a. <Hrsg.>, The Statute of the International Court of Justice, 2. Aufl. 2012, Art. 38 Rn. 250 ff.; Cremer, a.a.O., § 235 Rn. 15 m.w.N.). Sie haben in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 42 [Aug. 2018]).
bb) Gemessen daran hat der Bundesgerichtshof im Ergebnis zu Recht angenommen, dass eine allgemeine Regel des Völkerrechts in dem von der Beschwerdeführerin behaupteten Sinn nicht besteht. Ebenso hat er in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Entwicklungen auf völkerrechtlicher Ebene seit 2007 für nicht geeignet gehalten, Zweifel hieran zu begründen.
(1) Aufgrund des Beschlusses des Zweiten Senats vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124 ff.) durfte der Bundesgerichtshof zu Recht davon ausgehen, dass keine ernstzunehmenden Zweifel daran bestehen, dass die behauptete allgemeine Regel des Völkerrechts zur Zeit dieses Beschlusses nicht existierte.
(a) Dabei kann hier offen bleiben, ob - wie der Zweite Senat 2007 ausgeführt hat - der Staatsbankrott im Wege der völkergewohnheitsrechtlichen Notstandseinrede oder als allgemeiner Rechtsgrundsatz gegenüber Privaten grundsätzlich nicht eingewandt werden kann, um die Leistung auf den Zahlungsanspruch eines Privaten zu verweigern (vgl. insoweit mit Kritik an der sogenannten Notstandsentscheidung des Zweiten Senats aus dem Jahr 2007: Schill, ZaöRV 2008, S. 45 ff.; Müller, RIW 2015, S. 717 <723 f.>). Ebenso kann dahinstehen, ob - wie der Bundesgerichtshof meint - die hier von der Beschwerdeführerin bemühte Einrede des Rechtsmissbrauchs lediglich eine Konkretisierung des völkergewohnheitsrechtlichen Instituts des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit darstellt. Einerseits kann zwar nicht negiert werden, dass die Einrede des Rechtsmissbrauchs, die die Beschwerdeführerin nunmehr für sich in Anspruch nehmen möchte, in enger Verbindung mit ihrem in der Vergangenheit aufgetretenen, finanziellen Staatsnotstand steht. Andererseits berechtigt die Notstandseinrede nur zu einer vorübergehenden Leistungsverweigerung, da es sich um eine dilatorische Einrede handelt (vgl. von Lewinski, Öffentlichrechtliche Insolvenz und Staatsbankrott, 2011, S. 499), während die hier erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs peremptorischer Natur ist (vgl. Müller, RIW 2015, S. 717 <719>). So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner sogenannten Notstandsentscheidung von 2007 entschieden, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gebe, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtige, die Erfüllung unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand "zeitweise" zu verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124 <125, 134>).
(b) Zu Recht verweist der Bundesgerichtshof jedoch darauf, dass sich der Zweite Senat in dieser Entscheidung im Zusammenhang mit der Prüfung, ob sich allgemeine Notstandsbestimmungen auch auf den wirtschaftlichen Notstand anwenden ließen und ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Staat auf den Notstand im Fall der Zahlungsunfähigkeit berufen könne, auch mit der Frage nach der Existenz eines Konkursrechts auf völkerrechtlicher Ebene befasst hat. Hierbei ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kenne. Die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates seien nur fragmentarischer Natur. (Erst) wenn sich eine entsprechende Verfestigung anhand völkerrechtlicher Kriterien nachweisen lasse, könnten sie dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (vgl. BVerfGE 118, 124 <135>).
Der nunmehr von der Beschwerdeführerin geltend gemachte allgemeine Rechtsgrundsatz setzt aber gerade die Existenz eines solchen Konkursrechts auf völkerrechtlicher Ebene voraus. Denn die Beschwerdeführerin beruft sich hiermit auf den Grundsatz von Treu und Glauben im Fall der Insolvenz oder insolvenznahen Situation eines Staates. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin angeführten Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben - der Gläubigergleichbehandlung und der Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens - um einen in nationalen Rechtsordnungen übereinstimmend anerkannten Grundsatz handelte und zugrunde legte, dass diese Ausprägungen in den großen Rechtskreisen anerkannt wären (vgl. Weiß, a.a.O., S. 394 <408>), setzte die Übertragbarkeit auf völkerrechtliche Sachverhalte jedenfalls die Existenz eines Konkursrechts auf völkerrechtlicher Ebene voraus, welche der Zweite Senat 2007 verneint hat. Denn die von der Beschwerdeführerin angeführten insolvenzrechtlichen Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben ließen sich auf die völkerrechtliche Ebene nur übertragen, wenn es auf dieser Ebene eine unabhängige Aufsichts- oder Kontrollinstanz gäbe, die die Einhaltung der Verfahrensregeln überwachte und einen schonenden Ausgleich der Interessen sämtlicher Beteiligter gewährleistete (vgl. Müller, RIW 2015, S. 717 <721>).
Die von der Beschwerdeführerin angeführten insolvenzrechtlichen Grund-sätze sind in nationalen Insolvenzrechtsordnungen eingebettet in das dortige, detailliert ausgestaltete Insolvenzregime, das Verfahrensregeln, auch zum Schutz der Minderheitsgläubiger, bereit hält, deren Einhaltung von einer neutralen Instanz überwacht wird, in der Regel durch ein Insolvenzgericht. Ohne einen rechtsstaatlichen Verfahrensrahmen, innerhalb dessen Beschlüsse zu Lasten der Minderheit kontrolliert werden können, fehlt es an wesentlichen Bedingungen für eine Übertragbarkeit auf die völkerrechtliche Ebene. Einzelne insolvenzrechtliche Grundsätze können daher nicht gemäß Art. 38 Abs. 1 Buchstabe c IGH-Statut herangezogen werden (vgl. Müller, RIW 2015, S. 717 <721>; ders., Staatsbankrott und private Gläubiger, 2015, S. 146 ff.; Szodruch, Staateninsolvenz und private Gläubiger, 2008, S. 329 ff.; Stadler, IPRax 2008, S. 405 <410 f.>; zum fehlenden Insolvenzmechanismus für Souveräne, vgl. auch Paulus/van den Busch, a.a.O., S. 2025 <2026>; Eichberger, Bucerius Law Journal 2016, S. 10 <13, 15>; von Lewinski, a.a.O., S. 480 ff., 495 f.; zum Fehlen einer überstaatlichen Stelle als Voraussetzung internationaler Insolvenzverfahren: Schill, a.a.O., S. 45 <65>). Zu Recht verweist der Bundesgerichtshof in der angegriffenen Revisionsentscheidung darauf, dass der Ansatz der Beschwerdeführerin im Kern die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten umfasse, welches unzweifelhaft nicht bestehe. Die Beschwerdeführerin vermag dem nicht entgegen zu treten, sondern trägt ihrerseits in dem von ihr vorgelegten Gutachten Goldmann vor, dass ein allgemeines Rechtsprinzip, um auf völkerrechtliche Sachverhalte übertragbar zu sein, voraussetze, dass es nicht spezifisch auf Bedingungen ausgerichtet sein dürfe, die auf völkerrechtlicher Ebene nicht existierten. Setze eine Regel etwa Institutionen oder Verfahren voraus, welche auf internationaler Ebene kein Äquivalent hätten, komme sie nicht als allgemeines Rechtsprinzip in Betracht. Dass es aber ein Insolvenz(verfahrens)recht auf völkerrechtlicher Ebene nicht gibt, stellt auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede.
(2) Hinreichende Anhaltspunkte für eine Fortentwicklung des Völkerrechts seit dem Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Mai 2007, die geeignet wären, ernstzunehmende Zweifel daran zu begründen, dass der von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Rechtsgrundsatz nicht existiert, hat der Bundesgerichtshof in nicht zu beanstandender Weise verneint. Auch insoweit bestand daher keine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG.
Wie der Bundesgerichtshof zu Recht festgestellt hat, sind die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente verschiedener Gremien der Vereinten Nationen nicht geeignet, einen allgemeinen Rechtsgrundsatz nachzuweisen. Abgesehen davon, dass ihnen selbst keine Rechtsverbindlichkeit zukommt, enthalten sie insbesondere den behaupteten Rechtsgrundsatz nicht. Objektive Zweifel an der Nichtexistenz einer Einrede des Rechtsmissbrauchs gegenüber Holdout-Gläubigern als allgemeiner Regel des Völkerrechts vermögen sie bezogen auf die hiesigen Ausgangsverfahren daher nicht zu begründen. Sämtliche von der Beschwerdeführerin angeführten Dokumente (Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing, UNCTAD, 10. Januar 2012; Sovereign Debt Workouts: Going Forward. Roadmap and Guide, UNCTAD, April 2015; Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes, UN General Assembly Resolution A/RES 68/304, 9. September 2014; Report of the independent expert on the effects of foreign debt and other related international financial obligations of States on the full enjoyment of all human rights, particularly economic, social and cultural rights, UN General Assembly, Human Rights Council, A/HRC/25/50/Add. 3, 7. März 2014; Effects of foreign debt and other related international financial obligations of States on the full enjoyment of all human rights, particularly economic, social and cultural rights: the activities of vulture funds, UN General Assembly, Human Rights Council, A/HRC/27/L.26, 23. September 2014) machen allenfalls deutlich, dass es Bestrebungen und Zustimmung gibt, Regelungen für Staaten in Zahlungsschwierigkeiten zu entwickeln, bringen aber zugleich zum Ausdruck, dass solche bislang noch nicht existieren. Darüber hinaus behandeln die UNCTAD-Prinzipien unter dem Prinzip Nr. 7 Gläubiger, die Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerben, außerhalb eines einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung ihrer Forderungen zu erzwingen. Die Generalversammlung äußert sich in der angeführten Resolution vom 9. September 2014 besorgt über das Vorgehen kommerzieller Gläubiger wie Hedgefonds, die mit notleidenden und daher zu stark reduzierten Preisen erworbenen Schuldverschreibungen spekulierten (vgl. Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes, UN General Assembly Resolution A/RES 68/304, 9. September 2014, 16. Erwägungsgrund). Ausschließlich auf dergleichen kommerzielle, spekulativ vorgehende Gläubiger stellt auch der Menschenrechtsrat ab, der ebenfalls betont, dass das internationale Finanzsystem über keinen soliden rechtlichen Rahmen für die geordnete und vorhersehbare Umstrukturierung von Staatsschulden verfüge (vgl. Effects of foreign debt and other related international financial obligations of States on the full enjoyment of all human rights, particularly economic, social and cultural rights: the activities of vulture funds, UN General Assembly, Human Rights Council, A/HRC/27/L.26, 23. September 2014). Private Anleger, die - wie die Kläger der hiesigen Ausgangsverfahren - Schuldverschreibungen unmittelbar vom Emittenten, zum Ausgabepreis und vor Eintritt einer Schuldenkrise erworben haben, heben sich davon aber deutlich ab (vgl. zu den unterschiedlichen Gläubigertypen auch Paulus/van den Busch, a.a.O., S. 2025 <2026 f.>). Weshalb die Ratio dieser Dokumente sich verallgemeinern lasse und daher auch private Gläubiger wie die Kläger der Ausgangsverfahren umfasse, ist nicht ersichtlich. Für den von ihr behaupteten Rechtssatz ergibt sich somit aus den vorgelegten Dokumenten nichts.
Auf einschlägige Rechtsprechung internationaler oder nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geeignet wären, ernstzunehmende Zweifel an der nicht vorhandenen Existenz des behaupteten Grundsatzes zu wecken, beruft sich die Beschwerdeführerin auch in ihrer Verfassungsbeschwerde nicht. Ob die beiden von ihr eingeholten und vor den Fachgerichten vorgelegten Privatgutachten allein grundsätzlich ausreichen könnten, um als bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ernstzunehmende Zweifel hervorzurufen, bedarf keiner Entscheidung. Auch in den Gutachten wird die Existenz des geltend gemachten allgemeinen Rechtsgrundsatzes lediglich behauptet, ohne dass dies durch einen Vergleich der nationalen Rechtsordnungen hinreichend belegt wird. Die vielfache Bezugnahme beider Privatgutachten auf die Dokumente der Vereinten Nationen vermag aus den dargestellten Gründen nicht aufzuzeigen, dass es den von der Beschwerdeführerin behaupteten allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt. Schließlich fehlt es auch in den Gutachten an Rechtsprechung internationaler oder nationaler Gerichte, die von dessen Existenz ausgingen. Im Gegenteil räumt das aktuellere der beiden Gutachten sogar offen ein, dass kein Gericht eine Einrede des Rechtsmissbrauchs gegen sogenannte Holdout-Gläubiger bisher anerkannt habe. Des Weiteren konstatiert Goldmann, dass sich das Völkerrecht bezüglich der behaupteten Einrede des Rechtsmissbrauchs gegenüber sogenannten Holdout-Gläubigern erst in der Phase der Anpassung befinde. Im Übrigen hätte nach den in den beiden Gutachten vertretenen Ansätzen - beide verorten die unterschiedlich begründete Entstehung der konkreten Einrede des Rechtsmissbrauchs jedenfalls vor 2007 - ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 bereits bestanden, ohne dass dies den Zweiten Senat zu einer anderen Würdigung veranlasst hätte.
Schließlich hat der Bundesgerichtshof auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf die sukzessive Verbreitung sogenannter Collective Action Clauses zu Recht nicht als geeignet angesehen, Zweifel an dem Nichtbestehen des von ihr behaupteten allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu begründen. Kollektivklauseln in den Anleihebedingungen bewirken, dass die dissentierende Minderheit der Gläubiger an das Abstimmungsergebnis einer qualifizierten Gläubigermehrheit im Rahmen der Schuldenumstrukturierung gebunden wird. Sie wurden bereits vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 verstärkt verwendet (vgl. Paulus/van den Busch, a.a.O., S. 2025 <2026>), ohne dass dies das Gericht zu der Annahme eines dahinter stehenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes bewogen hätte. Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Einführung dieses privatrechtlichen Ansatzes sei Beleg dafür, dass der von ihr behauptete allgemeine Rechtsgrundsatz vorher bereits bestanden habe und es daher auf eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen nicht angekommen sei, belegt die Rechtsentwicklung hin zu diesem privatrechtlichen Ansatz nach Auffassung der Kammer gerade das Gegenteil, nämlich, dass diese Klauseln als Alternative zu einem Konkursrecht für Staaten und damit als vertragsrechtliche Lösung, um die Gläubiger zu koordinieren und die Geltendmachung (und Vollstreckung) einzelner Ansprüche zu vermeiden, eingeführt wurden (so auch Müller, RIW 2015, S. 717 <718>; Hofmann/Keller, ZHR 2011, S. 684 <696 ff.>; Sester, WM 2011, S. 1057 ff.; Schill, a.a.O., S. 45 <65>). Gäbe es den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dessen Existenz die Beschwerdeführerin behauptet, hätte es der Einführung der Kollektivklauseln nicht bedurft, da dem notleidenden Staat ohnehin ein Leistungsverweigerungsrecht gegen die sogenannten Holdout-Gläubiger zugestanden hätte (vgl. Müller, RIW 2015, S. 717 <721 f.>; Sester, a.a.O., S. 1057 f.; Paulus/van den Busch, a.a.O., S. 2025 <2026>). Auch die UNCTAD-Prinzipien gehen im Übrigen nicht von einer Bindung der Gläubigerminderheit an das von der Gläubigermehrheit ausgehandelte Umschuldungsergebnis ohne eine entsprechende Vereinbarung von Collective Action Clauses aus, sondern erläutern zu Prinzip Nr. 15 ("Restructuring") vielmehr, dass solche Klauseln die Restrukturierung von Staatsschulden vereinfachen könnten und ihre Einbeziehung in von mehreren Parteien gehaltene Schuldverschreibungen daher zu empfehlen sei.
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.