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1. Das Verfahren ist nach Anhörung des Soldaten im August 2015 eingeleitet worden. Nach Gewährung des Schlussgehörs hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 22. Dezember 2016 ein Dienstvergehen zur Last gelegt. Nach Bestellung eines Pflichtverteidigers stellte das Truppendienstgericht eine Entscheidung durch Disziplinargerichtsbescheid in Aussicht, der die Wehrdisziplinaranwaltschaft aber widersprach. Daraufhin setzte der Vorsitzende der Truppendienstgerichtskammer das Verfahren zur Beseitigung von Verfahrensmängeln der Anschuldigungsschrift aus. Nach einer erneuten Anhörung des Soldaten wurde unter dem 3. Januar 2018 eine Nachtragsanschuldigung vorgelegt.
2. Die 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat mit Urteil vom 28. Mai 2018 gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 12 Monaten verhängt. Die Verfahrenskosten habe der Soldat zu tragen. Die durch die Hauptverhandlung entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Soldaten wurden dem Bund auferlegt.
Der Entscheidung liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
"Am 12. Oktober 2012 fand im Lokal ... eine Hochzeitsfeier der Tante des Soldaten und ihres Ehemannes, dem Zeugen A., statt. Zugegen waren dort u.a. der Zeuge B., der Halbbruder des Soldaten sowie der Zeuge C., der jüngere Bruder des Soldaten.
Während der Feier gerieten der Zeuge B. und der Zeuge C. alkoholbedingt in einen handfesten Streit. Die Streitenden mussten durch die Zeugen D., den Bruder des Bräutigams sowie den Zeugen A. getrennt werden. Infolge des Streites, bei dem auch Gläser zu Bruch gingen, sahen sich Teile der Gäste veranlasst, die Feier vorzeitig zu verlassen. Der Zeuge C. verließ nach dem Streit das Lokal und traf draußen vor dem Eingang auf den Soldaten, der erst zu diesem Zeitpunkt auf der Feier erschien. Der Soldat, der neben seinem Bruder, dem Zeugen C., auch auf seine Mutter, die Zeugin Frau ..., traf, die weinend vor dem Lokal stand, erkundigte sich was los sei. Daraufhin erläuterte ihm der Zeuge C., dass es zwischen ihm und seinem Halbbruder im Lokal zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen sei und die Mutter wegen dieser Auseinandersetzung der Brüder auf der Hochzeitsfeier weine. Der Soldat begab sich daraufhin gegen 23:30 Uhr in das Lokal, um die Sache mit seinem Halbbruder, dem Zeugen B., zu klären und für Frieden in der Familie zu sorgen. Beim Betreten des Lokals sah der Soldat die Zeugen A. und D. zusammen mit seinem Halbbruder, dem Zeugen B., der zu diesem Zeitpunkt am Boden lag. Die Situation interpretierte der Soldat dahingehend, dass es zwischen seinem Halbbruder, dem Zeugen B. und den Brüdern A. und D. eine handgreifliche Auseinandersetzung gab. Aus diesem Grund begab sich der Soldat zu der Gruppe, um seinem Halbbruder, dem Zeugen B., Beistand zu leisten. Hierbei kam es zu einer nicht mehr näher aufklärbaren Rangelei zwischen den Brüdern A. und D. und dem Soldaten, in deren Verlauf der Soldat dem D. einen Schlag gegen den Hals versetzte, wobei sich nicht mehr restlos aufklären ließ, ob es sich hierbei um einen Handkantenschlag oder einen Faustschlag handelte. Durch diesen Schlag fiel der Zeuge D. zu Boden und war geraume Zeit bewusstlos. Dem am Boden liegenden bewusstlosen Zeugen D. versetzte der Soldat sodann noch mindestens einen Fußtritt in den Bereich des Oberkörpers. Der Zeuge D. war mehrere Minuten bewusstlos und musste anschließend notärztlich versorgt werden. Er befand sich insgesamt drei Tage in stationärer Krankenhausbehandlung."
Als der Soldat den Zeugen D. geschlagen habe, habe zwar objektiv keine Nothilfesituation vorgelegen. Der Soldat habe dies aber geglaubt und sich daher in einem den Vorsatz ausschließenden Erlaubnistatbestandsirrtum befunden. Er habe fahrlässig gehandelt. Sein Bestreiten, den am Boden liegenden Zeugen D. getreten zu haben, sei durch Zeugenaussagen widerlegt. Der Soldat habe den Geschädigten aber nicht gegen den Kopf, sondern gegen den Oberkörper getreten. Der Tritt stelle einen Nothilfeexzess dar und sei vorsätzlich erfolgt. Der Soldat habe durch sein Verhalten gegen die Pflicht zu außerdienstlichem Wohlverhalten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SG (a.F.) verstoßen. Durch den Schlag habe er ein fahrlässiges und durch den Tritt ein vorsätzliches Dienstvergehen begangen.
Das Dienstvergehen wiege nicht leicht. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei im Regelfall eine laufbahnhemmende Maßnahme gegebenenfalls verbunden mit einer Bezügekürzung. Bei Erschwerungsgründen komme eine reinigende Maßnahme in Betracht. Dies gelte bei der Erfüllung eines Qualifikationstatbestandes der §§ 224 f. StGB oder bei brutalen einfachen Körperverletzungen. Hier sei noch nicht von einem brutalen Vorgehen auszugehen, da einerseits eine fahrlässige Körperverletzung und andererseits lediglich ein Fußtritt gegen den am Boden liegenden Geschädigten in Rede stünden. Verletzungsfolgen gerade des Trittes gegen den Oberkörper, etwa Prellungen, seien nicht feststellbar. Der Tritt sei damit eher leicht gewesen. Es habe sich zudem um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und bewährten Soldaten gehandelt. Mildernd seien die tadellosen dienstlichen Leistungen, die fehlende Vorbelastung sowie Einsicht und Reue zu berücksichtigen. Insgesamt sei ein Beförderungsverbot im untersten Bereich des gesetzlich Möglichen angemessen. Die Tat liege sechs Jahre zurück. Eine zusätzliche Bezügekürzung sei nicht geboten.
Die Kosten der Hauptverhandlung trage der Bund, weil der Soldat eine Körperverletzung eingeräumt und dem Disziplinargerichtsbescheid zugestimmt habe, die Wehrdisziplinaranwaltschaft aber ihr Ziel, ihm eine qualifizierte Körperverletzung nachzuweisen, nicht erreicht habe.
3. Gegen das ihr am 12. Juni 2018 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am 10. Juli 2018 Berufung eingelegt, mit der sie allein die Bemessung und die Kostenentscheidung angreift. Es liege eine brutale Körperverletzung vor, bei der Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung sei. Denn die Art und Weise der Begehung sei mit einem hinterlistigen Überfall im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB vergleichbar. Ein Beförderungsverbot dürfe jedenfalls seiner Dauer nach nicht im unteren Bereich liegen und solle nach § 58 Abs. 4 WDO mit einer Bezügekürzung verbunden werden, da sich der Soldat im Enddienstgrad seiner Laufbahn befinde. Das Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat sei fragwürdig. Für den Soldaten sprächen Reue, Einsicht und die guten Leistungen trotz der Belastungen des Verfahrens. Dass die Tat länger zurück liege, hänge mit der Schwierigkeit der Sachverhaltsaufklärung zusammen. Die Kostenentscheidung sei rechtswidrig. Es sei das Recht der Beteiligten, auf eine Hauptverhandlung zu bestehen. Dies dürfe nicht zu einer Kostenbelastung führen.
Die zulässige Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft führt zu einer Aufhebung der verhängten Disziplinarmaßnahme und einer Einstellung des Verfahrens nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1, § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO. Dies ist auch auf eine beschränkte Berufung hin möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - juris Rn. 13 f.). Die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft wirkt nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 301 StPO auch zugunsten des Soldaten.
Das von der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der Soldat am 12. Oktober 2012 dem Zeugen D. in der irrigen Annahme, Nothilfe zugunsten seines Bruders leisten zu dürfen, einen Schlag gegen den Hals und dem bewusstlos am Boden liegenden Zeugen dann einen leichten Tritt gegen den Oberkörper versetzte. Es hat den Schlag als fahrlässigen und den Tritt als vorsätzlichen Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht gewertet. Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend. Ob sie vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.
2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin der Bundeswehr", vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 Rn. 23 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Im Einzelnen geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
a) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Vorliegend ist das Beförderungsverbot Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
aa) Eine Herabsetzung im Dienstgrad ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei außerdienstlichen Tätlichkeiten, wenn eine brutale körperliche Misshandlung vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2013 - 2 WD 36.12 - juris Rn. 57 m.w.N.). Sie ist anzunehmen, wenn die qualifizierenden Tatbestandsmerkmale nach den §§ 224 bis 227 StGB erfüllt sind (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 2 WD 18.11 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 37 Rn. 32) oder in der Verletzungshandlung in der Intensität der Schutzgutverletzung eine kriminelle Energie zum Ausdruck kommt, die mit derjenigen einer gefährlichen Körperverletzung vergleichbar ist und die wegen des Maßes an Disziplinlosigkeit in vergleichbarer Weise Zweifel an der Integrität eines Soldaten weckt (BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2013 - 2 WD 21.12 - jurion Rn. 43 und vom 14. März 2019 - 2 WD 22.18 - Rn. 34). Eine Dienstgradherabsetzung ist auch bei mehrfachen Wiederholungen von Körperverletzungen im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB tat- und schuldangemessen (BVerwG, Urteil vom 3. August 2016 - 2 WD 20.15 - juris Rn. 47).
bb) Hiernach liegt keine brutale körperliche Misshandlung vor.
Ein Qualifikationstatbestand der §§ 224 ff. StGB ist nicht erfüllt. Es ist nicht festgestellt, dass der Soldat mit einem festen schweren Schuh oder mit einem normalen Straßenschuh mit Wucht oder zumindest heftig in das Gesicht oder einen besonders empfindlichen Körperteil des Geschädigten getreten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 - 4 StR 347/09 - NStZ 2010, 151 <151>). Daher ist kein Handeln mittels eines gefährlichen Werkzeuges im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB feststellbar. Da der Soldat die Absicht, seinem Bruder auch durch Einsatz körperlicher Gewalt zur Hilfe zu kommen, nicht verborgen hatte, lag auch kein hinterlistiger Überfall im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor. Auch ein gemeinschaftliches Handeln des Soldaten mit seinem Bruder während der Verletzungshandlungen im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, weil dieser hiernach während der Tat am Boden lag und in das Geschehen selbst nicht eingriff.
Ein der Erfüllung des Qualifikationstatbestandes gleichstehender Wiederholungsfall liegt nicht schon dann vor, wenn es - wie hier - innerhalb eines einheitlichen Lebenssachverhaltes zu mehreren Körperverletzungshandlungen kommt. Die eine Dienstgradherabsetzung fordernde Schwere des Dienstvergehens in Form wiederholter außerdienstlicher Tätlichkeiten verlangt vielmehr, dass ein Soldat bei in unterschiedlichen Lebenssachverhalten jeweils in das "Verhaltensmuster", Gewalt zur Lösung von Konflikten einzusetzen, zurückfällt und dadurch eine Persönlichkeitsstruktur dokumentiert, die ein nachdrücklicheres disziplinarisches Gegenwirken erforderlich macht. Dem stehen mehrere Verletzungshandlungen in ein und demselben Lebenssachverhalt nicht gleich.
Das Verhalten des Soldaten war auch nicht nach den Umständen der Tatbegehung brutal. Zwar ist der Schlag gegen den Hals des Geschädigten mit Wucht geführt worden, da er nach den Feststellungen der Vorinstanz zur (kurzzeitigen) Bewusstlosigkeit führte. Allerdings handelte der Soldat insoweit fahrlässig. Brutalität setzt Vorsatz voraus. Fahrlässige Pflichtverletzungen sind grundsätzlich milder zu ahnden als vorsätzliche (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 46 Rn. 34). Der Tritt gegen einen am Boden Liegenden ist dann kein brutaler Akt, wenn er - wie hier - nur in leichter Form gegen den Brustkorb erfolgt und nicht zu körperlichen Verletzungen wie Prellungen führt.
b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme gebieten. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht hinsichtlich des Disziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 WD 11.14 - juris Rn. 52 m.w.N.).
Hiernach überwiegen die für den Soldaten sprechenden mildernden Aspekte die erschwerenden und noch nicht bei der Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägung berücksichtigten Gesichtspunkte so deutlich, dass zu der milderen Maßnahmeart einer Bezügekürzung überzugehen wäre.
aa) Für den Soldaten spricht zwar kein Milderungsgrund in den Umständen der Tat. Insbesondere handelt es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Denn eine Augenblickstat liegt nicht vor, wenn das Dienstvergehen sich als mehraktiges Verhalten darstellt, das immer wieder neue, wenn auch kurze Überlegungen erfordert (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2010 - 2 WD 5.09 - NZWehrr 2012, 256 <258 f.>). Dies war hier der Fall, weil der Soldat durch die tätliche Auseinandersetzung mit dem Geschädigten durch mehrere Teilakte, die je für sich den Tatbestand einer (fahrlässigen oder vorsätzlichen) Körperverletzung erfüllten, in gleicher Weise versagt hat.
bb) Allerdings ist dem Soldaten die Persönlichkeitsfremdheit des Geschehens mildernd zugute zu halten (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 WD 14.13 - juris Rn. 28 und vom 3. Dezember 2015 - 2 WD 2.15 - juris Rn. 36). Nach den übereinstimmenden Charakterisierungen durch die Leumundszeugen ist der Soldat ruhig und zurückhaltend und neigt nicht zu impulsiven oder aggressiven Reaktionen.
cc) Mit hohem Gewicht zugunsten des Soldaten sprechen zudem die Milderungsgründe in seiner Person. Er hat sich nach dem Dienstvergehen über den langen Zeitraum von sieben Jahren und in einem Auslandseinsatz durch kontinuierliche Spitzenleistungen und tadelfreie Führung nachbewährt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2017 - 2 WD 14.16 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 53 LS und Rn. 40). Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben aller Leumundszeugen und den förmlichen Anerkennungen. Er war seit Aufnahme der Vorermittlungen 2014 den nachteiligen Auswirkungen des Verfahrens auf sein berufliches Fortkommen ausgesetzt. Nach den glaubhaften Angaben der Leumundszeugen stand einer Förderung des Soldaten in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee das laufende Ermittlungs- bzw. anhängige gerichtliche Disziplinarverfahren entgegen. Damit hat das Verfahren selbst unmittelbar pflichtenmahnende Wirkung auf den Soldaten gehabt. Dieser hat in der Berufungshauptverhandlung zudem glaubhaft Einsicht und Reue bekundet. Dass er den Tritt nach wie vor bestreitet, kann nicht zu seinen Lasten eingestellt werden, weil er insofern von einem prozessualen Recht Gebrauch macht.
dd) Erschwerend sind - neben den in der Regelmaßnahme bereits berücksichtigten Aspekten von Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bzw. Maß der Schuld - zusätzlich noch die vom Truppendienstgericht festgestellten Auswirkungen auf den Geschädigten in die Gesamtabwägung einzustellen. Diese mindern das Gewicht der positiven Aspekte aber deshalb nicht erheblich, weil der Soldat Schmerzensgeld und finanziellen Ausgleich für die Behandlungskosten geleistet hat. Außerdem hat er sich nach seinem glaubhaften Bekunden in der Berufungshauptverhandlung bei dem Geschädigten entschuldigt und pflegt mit diesem wieder bereits seit Jahren normalen, familiären Umgang.
ee) Nachteilige Auswirkungen des Dienstvergehens auf den Dienstbetrieb sind nach den Bekundungen der Leumundszeugen nicht feststellbar und erschweren das Gewicht des Dienstvergehens daher nicht.
ff) Auf das Ergebnis der Gesamtabwägung hat das Kriterium der Beweggründe des Soldaten keine erhebliche Bedeutung, weil sich insofern die gegen den Soldaten sprechende mangelnde Gewaltkontrolle und die für ihn sprechende Absicht, seinem Bruder beizustehen, die Waage halten.
c) Die hier tat- und schuldangemessene Bezügekürzung darf aber im Hinblick auf die Einstellung des sachgleichen Strafverfahrens gegen eine Geldauflage nach § 153a StPO gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO nicht mehr verhängt werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO darf neben der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO eine Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr verhängt werden, weil dies für die Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung nicht erforderlich ist und das Ansehen der Bundeswehr durch das Fehlverhalten auch nicht ernsthaft beeinträchtigt wurde.
Eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr, also ihres "guten Rufs" bei Außenstehenden, liegt dann vor, wenn der betreffende Soldat als "Repräsentant" der Bundeswehr oder eines bestimmten Truppenteils anzusehen ist und sein Verhalten negative Rückschlüsse auf die Streitkräfte als Angehörige eines - an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) gebundenen - Organs des sozialen und demokratischen Rechtsstaats Bundesrepublik Deutschland zulässt; hierbei muss die Ansehensschädigung im konkreten Fall tatsächlich eingetreten sein (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2008 - 2 WD 5.07 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 3 Rn. 74 m.w.N.). Es gibt vorliegend keinen Hinweis darauf, dass über die Pflichtverletzung in den Medien unter Hinweis auf den Beruf des Täters berichtet worden ist. Eine Ansehensschädigung tritt durch ein Bekanntwerden allein bei den Strafverfolgungsorganen nicht ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2013 - 2 WD 36.12 - juris Rn. 43).
Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Senates zur disziplinarischen Relevanz außerdienstlicher Tätlichkeiten ist nicht zu befürchten, dass das Absehen von einer Maßnahme in diesem speziell gelagerten Einzelfall eine negative Beispielswirkung auslösen könnte. Daher kommt generalpräventiven Aspekten keine Bedeutung zu. Da der Soldat sich viele Jahre lang nach dem Dienstvergehen überzeugend nachbewährt hat, sich insbesondere auch außerdienstlich keine weiteren Tätlichkeiten zuschulden hat kommen lassen, besteht keine Wiederholungsgefahr. Auch spezialpräventive Aspekte fordern keine Disziplinarmaßnahme mehr.
Dass der Soldat ein Dienstvergehen begangen hat, ist infolge der Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß nicht durch den Senat festzustellen. Vielmehr ist dies - verbindlich auch für den Senat - bereits durch das truppendienstgerichtliche Urteil festgestellt worden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 138 Abs. 3 und 4, § 140 Abs. 1 WDO.