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Vorlagebeschluss zur freiwilligen Aufnahme einer Dosierungsempfehlung bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28. November 2001 S. 67, letzte Berichtigung in ABl. L 239 vom 12. August 2014 S. 81) in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 299 vom 27. Oktober 2012 S. 1) geänderten Fassung vorgelegt:
1. Enthält Art. 69 der Richtlinie 2001/83/EG abschließende Vorgaben zum zulässigen Inhalt der Packungsbeilage der in Art. 14 Abs. 1 genannten Arzneimittel oder dürfen weitere Informationen im Sinne des Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG aufgenommen werden?
2. Können Angaben zur Dosierung für die in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel Informationen sein, die für den Patienten wichtig im Sinne des Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG sind?
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Angabe über die Dosierung in den Bescheid zur Registrierung eines homöopathischen Arzneimittels aufzunehmen ist und/oder als Angabe zur Gebrauchsinformation auf der Packungsbeilage verwendet werden darf.
Die Klägerin beantragte am 8. Juni 2009 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Registrierung des homöopathischen Fertigarzneimittels "Silicea Lotio Biochemisches Funktionsmittel Nr. 11". Nach den Angaben im Registrierungsantrag enthält das Arzneimittel als Wirkstoff Silicea Trit. in der Potenzierung D4 als Creme zur Anwendung auf der Haut. In 10 g Creme sind 0,1 g des Wirkstoffs sowie u.a. 0,22 g Benzylalkohol enthalten. Als Gebrauchsinformation für den Anwender sah der vorgelegte Wortlaut der Packungsbeilage zur Dosierung unter Nr. 3 vor: "Falls nicht anders verordnet, ist die übliche Anwendung: Silicea Lotio Biochemisches Funktionsmittel Nr. 11 sollte 1- bis 2-mal täglich aufgetragen werden. Sie sollten die Creme dünn auftragen und leicht einmassieren. Auch homöopathische Arzneimittel sollten ohne ärztlichen Rat nicht über längere Zeit angewendet werden".
Mit Mängelschreiben vom 2. März 2010 kündigte das BfArM eine Teilversagung für die Dosierung sowie für die Anwendung bei Kindern unter zwei Jahren an. Die Menge des als Konservierungsmittel enthaltenen Benzylalkohols erscheine zu hoch. Bei Dosierungen über 10 g Creme pro Tag bestehe ein begründeter Verdacht auf schädliche Wirkungen. Die lokale Verträglichkeit des Arzneimittels sei überdies nur an erwachsenen Probanden geprüft. Schließlich sei bei Arzneimitteln, die in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind, eine Dosierungsangabe nicht vorgesehen. Die Klägerin widersprach der Auffassung, eine Dosierungsangabe dürfe bei der Registrierung homöopathischer Arzneimittel auf der Packungsbeilage nicht gemacht werden, und reichte hierzu ein in ihrem Auftrag erstelltes Rechtsgutachten ein. Unabhängig hiervon legte die Klägerin entsprechend dem Mängelschreiben überarbeitete Unterlagen vor, in denen u.a. auch die Einschränkung für Kinder unter zwei Jahren berücksichtigt war. Zur Unbedenklichkeit der Salbengrundlage legte sie weitere Fachgutachten vor.
Mit Datum vom 23. Dezember 2011 erließ das BfArM den beantragten Registrierungsbescheid, der mit Auflagen versehen war. In Auflage M2 waren Formulierungen für die Angabe der Vorsichtsmaßnahmen in der Packungsbeilage vorgeschrieben. In Absatz 4 der Auflage hieß es: "Zur Dosierung, Dauer und Art der Anwendung befragen Sie Ihren homöopathisch erfahrenen Therapeuten. Die Einzelgabe eines homöopathischen Arzneimittels sollte möglichst klein sein. Nach jeder Gabe ist die Wirkung abzuwarten. Erstverschlimmerung und Arzneimittelprüfsymptomatik sind zu berücksichtigen." In Auflage M4 wurde der Klägerin aufgegeben, die Angaben zur Dosierung in der Packungsbeilage zu streichen.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch begehrte die Klägerin, die Registrierung mit der beantragten Dosierungsangabe zu erteilen sowie den 4. Absatz der Auflage M2 und die Auflage M4 aufzuheben. Das BfArM wies den Widerspruch mit Bescheid vom 5. Juli 2013 als unbegründet zurück.
In der mündlichen Verhandlung der hiergegen erhobenen Klage hat die Beklagte den 4. Absatz der Auflage M2 und die damit verbundenen Formulierungen zu Vorsichtsmaßnahmen im verfügenden Teil des Registrierungsbescheids aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit daraufhin insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen ist die Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Dosierungsangabe gehöre weder zu den das Arzneimittel identifizierenden Pflichtangaben noch zu seinen wesentlichen Merkmalen. Ein Anspruch auf Aufnahme einer Dosierungsangabe in den Registrierungsbescheid folge auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Registrierungsverfahren Angaben über die Dosierung machen müsse. Eine Dosierungsangabe könne schließlich nicht als weitere Angabe zugelassen werden, weil sie nicht wichtig für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten sei. Vielmehr habe der Gesetzgeber eine Dosierungsangabe bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln nicht vorgesehen. Diese enge Auslegung der Zulässigkeit freiwilliger Angaben werde im Übrigen durch Unionsrecht geboten.
Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
II
Das Verfahren ist auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28. November 2001 S. 67, letzte Berichtigung in ABl. L 239 vom 12. August 2014 S. 81) in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 299 vom 27. Oktober 2012 S. 1) geänderten Fassung einzuholen. Von der Beantwortung der Fragen, ob Art. 69 der Richtlinie 2001/83/EG abschließende Vorgaben zum zulässigen Inhalt der Packungsbeilage der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel enthält oder weitere Informationen im Sinne des Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG aufgenommen werden dürfen sowie ob Angaben zur Dosierung für die in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel Informationen sein können, die für den Patienten wichtig im Sinne des Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG sind, hängt der Erfolg der Klage ab.
1. Angaben zur Dosierung eines homöopathischen Arzneimittels, das in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen werden soll, sind nach den Vorgaben des deutschen Arzneimittelrechts (a) grundsätzlich nicht in den Registrierungsbescheid aufzunehmen (b), sie dürfen unter bestimmten Voraussetzungen aber als freiwillige Angabe in die Packungsbeilage aufgenommen werden (c).
a) Nationale Regelungen
Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757), dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind, als homöopathische Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie in ein bei der zuständigen Bundesoberbehörde zu führendes Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind. Dem Antrag auf Registrierung müssen auch Angaben über die Dosierung beigefügt werden (§ 38 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 10 AMG). Die zuständige Bundesoberbehörde hat die Registrierung u.a. zu versagen, wenn die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AMG) oder wenn bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (§ 39 Abs. 2 Nr. 4 AMG).
Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 AMG zählen Angaben zur Dosierungsanleitung nicht zu den Angaben, die in der Packungsbeilage enthalten sein müssen. Zu den Pflichtangaben gehören aber Warnhinweise einschließlich weiterer Angaben, soweit diese für eine sichere Anwendung erforderlich sind (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 AMG).
Freiwillige Angaben in der Packungsbeilage sind nach § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 7 AMG zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG (Fachinformationen) nicht widersprechen.
Gemäß § 5 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens - Heilmittelwerbegesetz - in der Neufassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3048), darf für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht geworben werden.
b) Die Klägerin hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihre Angaben zur Dosierung in den Registrierungsbescheid aufgenommen werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulassung eines Arzneimittels (§§ 21 ff. AMG) müssen die wesentlichen Merkmale des zuzulassenden Arzneimittels in der Zulassungsentscheidung enthalten sein. Die Zulassungsentscheidung (§ 25 Abs. 1 AMG) muss eindeutig erkennen lassen, unter welchen materiellen Voraussetzungen das Arzneimittel zugelassen ist. Die Zulassung wird auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen und Angaben des Antragstellers erteilt, sofern in der Zulassungsentscheidung keine abweichenden Regelungen getroffen sind (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 55 Rn. 14). Für eine Registrierungsentscheidung, mit der ebenfalls die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Marktzugang geschaffen werden (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1, § 96 Nr. 9 AMG), gilt grundsätzlich nichts anderes (Art. 14 Abs. 2 i.V.m. Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG). Dementsprechend ist auch der streitgegenständliche Bescheid "auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen und der Angaben des Antragstellers" erteilt worden.
Die Dosierungsangabe ist kein wesentliches Merkmal für ein registriertes homöopathisches Arzneimittel. Nach Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG sind auf das Registrierungsverfahren für homöopathische Arzneimittel die Kriterien und Verfahrensvorschriften des Genehmigungsverfahrens mit Ausnahme des Nachweises der therapeutischen Wirksamkeit entsprechend anzuwenden. Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 AMG sind daher dem Registrierungsantrag u.a. keine Angaben über die Wirkungen und Anwendungsgebiete beizufügen. Damit entfällt die Bedeutung der Dosierung für die Bestimmung der Wirksamkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 55 Rn. 17).
Die Dosierung eines registrierten homöopathischen Arzneimittels ist auch keine wesentliche Angabe zur Prüfung seiner Unbedenklichkeit. Diese wird vielmehr durch den Verdünnungsgrad des Arzneimittels garantiert (vgl. Art. 14 Abs. 1 Spiegelstrich 3 Satz 1 der Richtlinie 2001/83/EG sowie § 38 Abs. 2 Satz 3 AMG). Schädliche Wirkungen, die sich aus den weiteren Zusatzstoffen des Arzneimittels ergeben können - wie hier etwa durch den als Konservierungsmittel enthaltenen Benzylalkohol - sind durch Warnhinweise auszuschließen (vgl. Art. 69 Abs. 1 Spiegelstrich 8 der Richtlinie 2001/83/EG sowie § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 AMG). Dementsprechend ist hier von der Beklagten als Vorsichtsmaßnahme der Hinweis auf eine Obergrenze von 10 g pro Tag verfügt worden, der von der Klägerin auch nicht angegriffen worden ist. Zur Ermittlung dieser Grenzwerte sind Dosierungsangaben des Antragstellers nicht erforderlich.
Folgerichtig gehört die Dosierungsangabe bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln auch nicht zu den Pflichtangaben für die Packungsbeilage und die Kennzeichnung der Behältnisse und Umverpackungen (vgl. § 10 Abs. 4, § 11 Abs. 3 Satz 1 AMG). Dass im Registrierungsantrag auch Angaben zur Dosierung zu machen sind, ändert hieran nichts.
c) Die Aufnahme einer Dosierungsempfehlung in die Packungsbeilage kommt daher nur als freiwillige Angabe in Betracht.
Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 7 AMG sind weitere Angaben zu registrierten homöopathischen Arzneimitteln in der Packungsbeilage (neben weiteren, hier erfüllten Anforderungen) zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind.
Bei der Auslegung dieser Voraussetzungen ist zu berücksichtigen, dass weitere Angaben stets solche sein müssen, die nicht bereits als Pflichtangabe vorgeschrieben sind. Angaben, die für eine sichere Anwendung des Arzneimittels erforderlich sind, gehören aber bereits zu den Pflichtangaben (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 AMG). "Wichtig" im Sinne dieser Vorschrift sind daher nicht nur unverzichtbare Informationen. Ausreichend ist vielmehr, dass die Angaben zur sachgerechten Anwendung des Arzneimittels förderlich sind (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: März 2018, Band II, § 10 Rn. 74). Dies wird umso eher anzunehmen sein, je dichter der Zusammenhang der freiwilligen Angabe mit den gesetzlich angeordneten Pflichtinformationen ist. Mit der restriktiven Zulassung weiterer Angaben soll verhindert werden, dass die Verwender von den Pflichtinformationen abgelenkt werden (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 161/11 - PharmR 2013, 491 <492 f.> = juris Rn. 15). Erläuterungen zu den Wirkungszusammenhängen sowie Anwendungshinweise zur Herbeiführung des gewünschten Behandlungserfolgs sind daher grundsätzlich zulässig (vgl. Rehmann, AMG, 4. Aufl. 2014, § 11 Rn. 14; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: März 2018, Band II, § 11 Rn. 82).
Dosierungsempfehlungen können den sachgemäßen Gebrauch von Arzneimitteln in der bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln zulässigen (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 6 AMG) Selbstmedikation erleichtern, durch sie kann eine angemessene und schädliche Wirkungen vermeidende Anwendung befördert werden. Derartige Angaben stehen folglich mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang und sind durch ihre "gebrauchssichernde Funktion" auch wichtig für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 7 AMG (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14. Januar 2016 - 13 A 2552/13 - juris Rn. 21). Die Angabe einer Dosierungsempfehlung widerspricht auch nicht den sonstigen gesetzlichen Vorgaben: Sie hat ausschließlich informierenden und nicht werbenden Charakter (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 26. Oktober 2015 - 13 A 2599/14 - juris Rn. 13).
Ob die Dosierungsempfehlung der Klägerin zur sachgerechten Anwendung des Arzneimittels förderlich ist, weil ihre Befolgung nach dem Therapieverständnis der Homöopathie der Herbeiführung eines Behandlungserfolgs dient, ist vom Berufungsgericht - aufgrund seines rechtlichen Standpunkts - nicht aufgeklärt worden. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die Dosierungsempfehlungen der gemäß § 25 Abs. 7 AMG zuständigen Fachkommission für die Therapierichtung der Homöopathie (Kommission D) von der Beklagten über Jahrzehnte hinweg auch für registrierte Arzneimittel herangezogen worden sind. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unter Beweis gestellt, dass die Dosierungsempfehlungen der Kommission D für homöopathische Arzneimittel unabhängig von der Art ihres Marktzugangs (Zulassung oder Registrierung) gelten und dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis für das streitgegenständliche Arzneimittel entsprechen. Bei Anwendung des nationalen Arzneimittelrechts wäre die Berufungsentscheidung daher aufzuheben und die Sache zur Aufklärung der Frage zurückzuverweisen (vgl. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), ob eine generelle Dosierungsanleitung ohne Angabe eines Anwendungsgebiets für homöopathische Salben nach fachwissenschaftlichem Stand möglich und zur sachgerechten Anwendung des streitgegenständlichen Arzneimittels förderlich ist.
2. Es bestehen aber Zweifel, ob diese Auslegung des nationalen Rechts mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang steht.
a) Nach Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG sind das Etikett und ggf. die Packungsbeilage der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel außer mit dem deutlich erkennbaren Vermerk "Homöopathische Arzneimittel" ausschließlich mit den aufgeführten Hinweisen zu versehen. Angaben zur Dosierung sind dort nicht genannt.
Die systematische Betrachtung des in der Richtlinie 2001/83/EG verwendeten Wortlauts deutet darauf hin, dass die Dosierung auch nicht von den Hinweisen des dritten Spiegelstrichs zu "Art und gegebenenfalls Weg der Verabreichung" umfasst ist. Denn in Art. 8 Abs. 3 Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG ist die Dosierung zusätzlich zu den Merkmalen "Darreichungsform, Art und Form der Anwendung" aufgeführt. Das Gleiche gilt für die in die Packungsbeilage aufzunehmenden Angaben nach Art. 59 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2001/83/EG. Dies spricht dagegen, die Dosierung als ein Element der in Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG benannten Merkmale "Art und gegebenenfalls Weg der Verabreichung" zu betrachten.
Allerdings weist das Arzneimittelrecht der Union insoweit keine einheitliche Begriffsbildung auf; auch eine Legaldefinition zu diesen Begriffen enthalten die maßgeblichen Richtlinien nicht. In Art. 6 Buchst. d der Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (ABl. L 147 vom 9. Juni 1975 S. 13) war die Dosierung im Wege des Klammerzusatzes noch ausdrücklich als Unterfall der "Anwendung" aufgeführt worden.
b) Unsicher erscheint auch, ob und welche weiteren Angaben auf der Packungsbeilage der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel zugelassen werden können.
Der Wortlaut des Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG deutet auf ein abschließendes Verständnis der Regelung zum zulässigen Inhalt der Packungsbeilage hin. Dies folgt nicht nur aus der deutschen Fassung der Bestimmung ("ausschließlich"); auch die Formulierungen der englischen ("shall bear the following, and no other, information") und französischen ("portent de manière obligatoire et exclusivement les mentions suivantes") Fassungen sprechen für eine abschließende, weitere Angaben ausschließende Regelungsabsicht.
Ein Hinweis auf eine abschließende Regelung könnte sich auch aus der Entstehungsgeschichte ergeben: Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/73/EWG des Rates vom 22. September 1992 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel und zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften für homöopathische Arzneimittel (ABl. L 297 vom 13. Oktober 1992 S. 8) waren nur die nicht unter das Registrierungsverfahren des Art. 7 dieser Richtlinie fallenden homöopathischen Arzneimittel entsprechend der Richtlinie 75/319/EWG zu etikettieren. Auch dieser entstehungsgeschichtliche Verweis erscheint indes nicht eindeutig, weil Art. 6 der Richtlinie 75/319/EWG ausdrücklich nur Mindestangaben für die Packungsbeilage statuiert hatte.
Gegen ein strikt abschließendes Verständnis der in Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG benannten Hinweise spricht, dass Angaben zur Einschränkung der Verfügbarkeit - wie etwa eine Rezeptpflicht oder der in Deutschland zu den Pflichtangaben gehörende Hinweis auf die Apothekenpflicht (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 11 AMG) - dort nicht aufgeführt sind. Nach Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG legen aber die Mitgliedstaaten bei der Registrierung die Einstufung des Arzneimittels hinsichtlich der Abgabe fest. Dass ein Hinweis auf diesen Abgabestatus bewusst ausgeschlossen worden sein sollte, liegt nicht nahe.
Insbesondere aber ist nicht erkennbar, aus welchem Grund für die in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel Informationen, die für den Patienten wichtig sind, nicht zulässig sein sollten. Derartige weitere Angaben erlaubt Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG auch für zugelassene Arzneimittel. Warum dies bei den im Registrierungsverfahren nach Art. 14 der Richtlinie 2001/83/EG in den Verkehr gebrachten homöopathischen Arzneimitteln nicht gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr gebieten die Zielstellungen des hohen Verbraucherschutzniveaus (Art. 114 Abs. 3 AEUV) und der Gesundheitsvorsorge (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie 2001/83/EG) auch hier die Möglichkeit weiterer Angaben, sofern diese für die Aufklärung des Patienten wichtig sind. Sinn und Zweck der Regelung zur Zulässigkeit weiterer Angaben sprechen daher dafür, die auch bei zugelassenen Arzneimitteln eingeräumte Möglichkeit weiterer freiwilliger Angaben auf die in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel zu übertragen.
Die Annahme strengerer unionsrechtlicher Vorgaben gerade für den Bereich des vereinfachten Registrierungsverfahrens passt auch nicht zur Regelungssystematik der Richtlinie 2001/83/EG, die hinsichtlich dieses Verfahrens und dessen "übliche Regeln" (Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 2001/83/EG) ein Wahlrecht der einzelnen Mitgliedstaaten vorsieht (vgl. zum Hinweis auf die nationalen Vorschriften auch Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2001/83/EG).
Trotz des Wortlauts der Bestimmung in Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG spricht daher einiges dafür, dass durch die für registrierte homöopathische Arzneimittel im Sinne des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG geltende Sondervorschrift des Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG nur die ansonsten umfangreicheren Pflichtangaben aus Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG abgemildert werden sollen. Einer solchen Beschränkung auf die Vorgabe von Pflichtangaben entspricht auch die Formulierung in Absatz 2 der Regelung, nach der die Mitgliedstaaten weitere, dort bezeichnete Angaben "verlangen" können.
c) Fraglich erscheint schließlich, ob Dosierungsempfehlungen für registrierte homöopathische Arzneimittel im Sinne von Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG für den Patienten wichtig sein können.
Hierauf deutet zum einen hin, dass Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2001/83/EG ausdrücklich auf die Bedeutung der Dosierung von registrierten homöopathischen Arzneimitteln verweist. Dies spricht gegen die Auffassung, Dosierungsangaben könnten bei diesen Arzneimitteln niemals wichtig für den Patienten sein.
Zum anderen sehen Art. 8 Abs. 3 Buchst. f und Art. 59 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2001/83/EG für homöopathische Arzneimittel, die dem regulären Genehmigungsverfahren unterliegen, Dosierungsangaben vor. Dies spricht jedenfalls dagegen, dass ein Absehen von Dosierungsempfehlungen auf den besonderen Therapieansatz der Homöopathie gestützt werden kann.
Ob aus den Besonderheiten der in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Arzneimittel folgt, dass Dosierungsangaben stets zu unterbleiben hätten, erscheint aber fraglich. Jedenfalls in der Praxis hat die Beklagte in der Vergangenheit über Jahrzehnte hinweg auch für registrierte homöopathische Arzneimittel auf die Dosierungsempfehlungen der Kommission D zurückgegriffen. Bis zum Inkrafttreten des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005 (BGBl. I S. 2570) war die Dosierungsanleitung in Deutschland auch für registrierte homöopathische Arzneimittel sogar eine Pflichtangabe in der Packungsbeilage (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 AMG in der Fassung vom 11. Dezember 1998, BGBl. I S. 3586).
Die Angabe einer Dosierung erscheint nach dem Therapieansatz der Homöopathie auch möglich, obwohl für registrierte homöopathische Arzneimittel eine Heilanzeige für ein vorgegebenes Anwendungsgebiet nicht besteht. Das Therapieprinzip der Homöopathie folgt eigenständigen Grundsätzen. Zu den wesentlichen Grundlagen gehört die Vorstellung, dass Gleiches durch Gleiches geheilt werden soll. Dementsprechend ist nach homöopathischer Auffassung dasjenige homöopathische Arzneimittel am besten für die Behandlung eines bestimmten Krankheitszustands geeignet, das beim Gesunden Symptome hervorruft, die möglichst weitgehend mit denen des zu behandelnden Patienten übereinstimmen. Mit dem besten Therapieerfolg wird demnach gerechnet, wenn das durch das Arzneimittel hervorgerufene Symptomenspektrum, das Arzneimittelbild, dem Krankheitsbild möglichst vollständig entspricht (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl. 2006, Bd. 12, Stichwort: Homöopathie).
Wegen dieses unterschiedlichen Ansatzes erscheint es nicht ausgeschlossen, dass für registrierte homöopathische Arzneimittel allgemeine Dosierungsempfehlungen auch ohne Bezugnahme auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet gemacht werden können. Die Dosierungsempfehlungen der Kommission D für homöopathische Arzneimittel (einsehbar auf der Homepage der Beklagten unter https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/Zulassungsarten/BesondereTherapierichtungen/homoeopathische_und_anthroposophische_Arzneimittel/neufass-dos-empfehlung.html) sehen nur eine Differenzierung nach den Verdünnungsgraden vor, ohne nach Anwendungsgebieten oder sonstigen Kriterien zu unterscheiden. Dieselbe Systematik findet sich auch in den auf der Homepage der Klägerin eingestellten Dosierungsempfehlungen. Die Besonderheiten registrierter homöopathischer Arzneimittel machen damit den Verzicht auf die Angabe eines Anwendungsgebiets nötig. Sie führen aus fachlicher Sicht aber offenbar nicht zur Unmöglichkeit allgemeiner Dosierungsempfehlungen durch den Hersteller.
d) Die benannten, im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG können anhand der maßgeblichen Bestimmungen und der bislang ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht hinreichend sicher beantwortet werden. Sie sind daher im Wege der Vorabentscheidung dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335], C.I.L.F.I.T. - Rn. 21; BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 2 BvR 424/17 - BVerfGE 147, 364 Rn. 37 ff.).