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Der Rechtsstreit betrifft Voraussetzung und Reichweite des "Ärzteprivilegs" zur erlaubnisfreien Führung einer Gewebebank nach § 20d AMG.
Der Kläger ist Leiter der Abteilung für Orthopädische Chirurgie im Klinikum des Landkreises N. Er beantragte im Januar 2008 die Erteilung einer Erlaubnis zur Fortführung der bestehenden klinikeigenen Knochenbank, in der bei Operationen anfallende Oberschenkelknochenköpfe (Femurköpfe) als Spendermaterial zur Verwendung bei anderen Patienten aufbereitet und vorgehalten wurden. Er führte aus, die Laboruntersuchungen würden grundsätzlich im klinikeigenen Labor durchgeführt, der vorgeschriebene Test von Spendern auf Syphilis sowie die Überprüfung der Keimsituation erfolgten durch externe, hierfür zertifizierte Einrichtungen.
Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die Übertragung allogener Femurköpfe von Lebendspendern auf andere Patienten eine Erlaubnis erfordere und erläuterte die hierfür noch erforderlichen Unterlagen. Ohne Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis könne die Knochenbank nur fortgeführt werden, wenn der verantwortliche Arzt persönlich die Anwendung des gewonnenen Gewebes beim Patienten durchführe. Mit Schriftsatz vom 11. November 2013 zeigte der Kläger daraufhin eine Fortführung der von ihm persönlich verantworteten Knochenbank an. Der Aufforderung, aktuelle Unterlagen zur Beschreibung der in der Gewebebank durchgeführten Tätigkeiten, zu den Räumlichkeiten, der Ausrüstung und dem mitwirkenden Personal sowie zur Ermöglichung einer Qualitätsprüfung vorzulegen, leistete der Kläger auch nach mehrfacher Fristverlängerung keine Folge. Nach Auffassung seiner Rechtsanwältin und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen sei er hierzu nicht verpflichtet.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2014 untersagte die Regierung von Oberfranken dem Kläger die Weiterführung der lokalen Knochenbank. Die Voraussetzungen einer erlaubnisfreien Fortführung der Gewebebank lägen nicht vor, weil die hierfür erforderliche unmittelbare fachliche Verantwortung des Klägers im Falle der Weitergabe von Tätigkeiten an ein externes Labor nicht sichergestellt sei. Im Übrigen sei auch innerhalb des Klinikums eine persönliche Ausführung durch den Kläger nicht gewährleistet. Da eine sachgerechte Prüfung der Tätigkeit des Klägers anhand der vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 2008 nicht möglich und eine Gefährdung von Patienten nicht auszuschließen sei, werde die Weiterführung der Gewebebank untersagt.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Untersagungsverfügung durch Urteil vom 30. Oktober 2014 aufgehoben. Die Knochenbank könne erlaubnisfrei fortgeführt werden, weil hierfür die persönliche Durchführung der serologischen Tests durch den verantwortlichen Arzt nicht erforderlich sei. Der Arzt müsse zwar das Gewebe selbst entnehmen und selbst bei seinen eigenen Patienten anwenden. Tätigkeiten, auf die sich auch eine Erlaubnis nicht beziehen würde - wie hier die fragliche Laboruntersuchung -, müsse der Arzt aber nicht selbst durchführen.
Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 19. Januar 2017 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers und des Verwaltungsgerichts sei für eine erlaubnisfreie Gewebebank erforderlich, dass der Arzt alle Tätigkeiten in der Hand behalte und damit auch die notwendigen Untersuchungen nach dem Transplantationsgesetz selbst durchführe.
Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2017 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Oktober 2014 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Erlaubnisfreiheit für den anwendenden Arzt setze eine persönliche Ausführung aller Tätigkeiten im unmittelbaren Arzt-Patienten-Verhältnis voraus. Dass in der gegenwärtigen Praxis damit nur die homologe Insemination in Frage komme, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung des Beklagten.
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die angegriffene Untersagungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die vom Kläger in Anspruch genommene Ausnahmevorschrift des § 20d AMG kann nur Anwendung finden, wenn der das Gewebe oder die Gewebezubereitung bei seinen Patienten anwendende Arzt alle hierfür anfallenden Tätigkeiten selbst fachlich verantwortet und nicht an externe Stellen überträgt.
1. Rechtsgrundlage für die dauerhaft wirkende Untersagungsverfügung des Beklagten ist § 69 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 47 Rn. 19 und vom 18. Oktober 2012 - 3 C 25.11 - BVerwGE 144, 355 Rn. 10) gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757).
Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.
a) Die untersagte Tätigkeit liegt im Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes.
Der Kläger betreibt eine "Knochenbank", bei der von lebenden Menschen entnommene Knochen und Knochenteile zur Anwendung bei anderen Patienten aufbereitet und gelagert werden. Er entnimmt und bearbeitet damit Gewebe im Sinne des § 1a Nr. 4 des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz - TPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2007 (BGBl. I S. 2206), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757) sowie Art. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 102 S. 48) in der Fassung der Verordnung (EG) 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 (ABl. L 188 S. 14).
Diese Stoffe sind vom Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes erfasst (§ 3 Nr. 3, § 4 Abs. 30 Satz 1 AMG), weil sie nicht als sogenannte autologe Transplantate innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen werden, um auf diese ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit rückübertragen zu werden (§ 4a Satz 1 Nr. 3 AMG; vgl. zur entsprechenden unionsrechtlichen Einordnung Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Buchst. q der Richtlinie 2004/23/EG).
b) Für die Tätigkeit ist grundsätzlich eine Erlaubnis erforderlich, die der Kläger nicht besitzt.
Nach § 20b Abs. 1 Satz 1 AMG bedarf eine Einrichtung, die zur Verwendung bei Menschen bestimmte Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 TPG gewinnen oder die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen durchführen will, einer Erlaubnis. Entsprechendes gilt gemäß § 20c Abs. 1 Satz 1 AMG für das Be- oder Verarbeiten, Konservieren, Prüfen, Lagern oder Inverkehrbringen von Gewebe oder Gewebezubereitungen.
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es insbesondere um die Durchführung der für die Gewinnung der Gewebe erforderlichen Laboruntersuchungen nach § 20b Abs. 1 Satz 1 AMG. Mit diesen werden die Gewebespender (mindestens) auf HIV 1 und 2, Hepatitis B und C sowie Syphilis getestet (vgl. § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 TPG i.V.m. § 4 und Anlage 3 der Verordnung über die Anforderungen an Qualität und Sicherheit der Entnahme von Geweben und deren Übertragung nach dem Transplantationsgesetz - TPG-Gewebeverordnung - vom 26. März 2008 <BGBl. I S. 512>, zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Juli 2017 <BGBl. I S. 2842>).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erlaubnispflicht sind nicht ersichtlich; auch der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen. Die Gewinnung und Bearbeitung von menschlichem Gewebe ist zwar begrifflich dem Arzneimittelrecht zugeordnet. Im Umgang mit humanbiologischen Materialien bedarf es aber bereichsspezifischer Vorkehrungen zur Verhütung der Übertragung von Krankheiten. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit müssen bei der Entnahme, Gewinnung, Untersuchung, Be- und Verarbeitung, Aufbewahrung und Konservierung von Geweben hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden (vgl. BT-Drs. 16/3146 S. 21 sowie BT-Drs. 16/5443 S. 57). Die Regelung dient damit der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit (vgl. § 1 AMG) und dem Schutz der Patienten vor Gesundheitsgefahren. Der Schutz dieser Rechtsgüter rechtfertigt einen Erlaubnisvorbehalt, weil nur so "ex ante" die Einhaltung der Entnahme- und Bearbeitungsstandards gewährleistet werden kann.
2. Der Kläger kann sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 20d Satz 1 AMG berufen.
Nach dieser Vorschrift bedarf einer Erlaubnis nach § 20b Abs. 1 und § 20c Abs. 1 AMG nicht eine Person, die Arzt ist oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt ist und die dort genannten Tätigkeiten mit Ausnahme des Inverkehrbringens ausübt, um das Gewebe oder die Gewebezubereitung persönlich bei ihren Patienten anzuwenden.
Die Inanspruchnahme dieses Ärzteprivilegs setzt voraus, dass der das Gewebe bei seinen Patienten anwendende Arzt alle hierfür anfallenden, an sich erlaubnispflichtigen Tätigkeiten selbst fachlich verantwortet und nicht auf externe Stellen überträgt.
a) Bereits die sprachliche Fassung der Vorschrift deutet daraufhin, dass diese Privilegierung von vornherein nur den Arzt erfasst, der alle in § 20b Abs. 1 und § 20c Abs. 1 AMG genannten Tätigkeiten mit Ausnahme des Inverkehrbringens ausübt.
Gegen das mit der Revision vertretene Verständnis, nach dem sich die Ausnahme nur auf die jeweils vom anwendenden Arzt selbst ausgeübte Tätigkeit erstreckt, spricht insbesondere, dass der Satzteil "und die dort genannten Tätigkeiten mit Ausnahme des Inverkehrbringens ausübt" bei dieser Interpretation überflüssig wäre. Es verbliebe als Regelung, dass ein Arzt, der Gewebe oder Gewebematerial persönlich bei seinem Patienten anwendet, keiner Erlaubnis nach § 20b Abs. 1 und § 20c Abs. 1 AMG bedarf. Dies ist genau der Inhalt der vom Kläger vertretenen Auslegungsvariante; der Satzteil hätte bei diesem Verständnis keine die Erlaubnisfreiheit eingrenzende Wirkung. Geht man dagegen davon aus, dass mit dem Satzteil eine inhaltliche Aussage verbunden sein sollte, muss er im Sinne einer Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs verstanden werden.
Für eine personenbezogene Auslegung spricht überdies, dass die in § 20d Satz 1 AMG vorgesehene Ausnahme nicht auf die Einrichtung, sondern auf den Arzt bezogen ist, der das Gewebe oder die Gewebezubereitung selbst anwendet. Jedenfalls diese Tätigkeit darf der Arzt nicht übertragen und sich nur von Personen assistieren lassen, denen gegenüber er weisungsbefugt ist (vgl. Rehmann, AMG, 4. Aufl. 2014, § 20d Rn. 1; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann <Hrsg.>, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 20d Rn. 4).
b) Auch die Entstehungsgeschichte belegt, dass mit der Norm der Therapiefreiheit im unmittelbaren Arzt-Patienten-Verhältnis Rechnung getragen und nur derjenige Arzt privilegiert werden sollte, der alle anfallenden Tätigkeiten in eigener Hand behält.
§ 20d AMG ist durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung sollte damit klargestellt werden, dass die Gewinnung von Gewebe nur dann erlaubnisrelevant ist, wenn das Gewebe zur Abgabe an Andere bestimmt ist. Soll das Gewebe durch denselben Arzt verwendet werden, der es gewinnt, entfällt eine Erlaubnispflicht danach auch dann nicht, wenn das Gewebe be- oder verarbeitet worden ist. Wörtlich heißt es hierzu: "Es ist vertretbar, dass die Ärztin oder der Arzt, die oder der in dem festgelegten eng begrenzten Rahmen Gewebe be- oder verarbeitet, prüft und anwendet, von der Erlaubnispflicht frei gestellt wird. Sie oder er darf sich bei der Be- oder Verarbeitung und Prüfung von seinem Personal helfen lassen, muss aber die Anwendung des gewonnenen Gewebes persönlich durchführen" (BR-Drs. 171/09 S. 76). Diese Ausführungen sprechen dafür, dass die Bundesregierung als Verfasserin des Gesetzentwurfs von einer Gestaltung ausgegangen ist, bei der ein Arzt das gesamte Geschehen in den Händen behält. Der Arzt darf sich zwar teilweise von "seinem" Personal helfen lassen, er bleibt aber der allein verantwortliche Akteur für alle an dem Gewebe durchgeführten Tätigkeiten.
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) sind keine Änderungen an § 20d AMG vorgenommen worden. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung hatte der Bundesrat aber vorgeschlagen, nach dem Wort "Tätigkeit" die Worte "am Gewebe oder an der Gewebezubereitung" einzufügen. Mit der Änderung solle klargestellt werden, dass mit der Durchführung der serologischen Untersuchungen durch ein externes Gewebelabor nicht die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des § 20d AMG verwirkt werde (vgl. BT-Drs. 17/9341 S. 80 f.). Die Bundesregierung hatte dem widersprochen und die Auffassung geäußert, eine derartige Praxis entspräche nicht den arzneimittelrechtlichen Vorgaben. Wörtlich heißt es: "Grund für die Privilegierung in § 20d AMG ist gerade, dass die in § 20b und § 20c AMG genannten Tätigkeiten von der zur Ausübung der Heilkunde befugten Person selbst, ggf. auch mit Unterstützung ihres Personals, ausgeübt werden. Werden diese Tätigkeiten hingegen teilweise durch einen externen Anbieter durchgeführt, weil die zur Ausübung der Heilkunde befugte Person aus persönlichen oder räumlichen Gründen dazu nicht in der Lage ist, liegen die Voraussetzungen für diese Privilegierung nach § 20d AMG nicht vor. Für die in § 20b und § 20c AMG genannten Tätigkeiten ist dann eine Erlaubnis der zuständigen Behörde erforderlich" (BT-Drs. 17/9341 S. 102). Zu einer Änderung des § 20d AMG kam es daraufhin nicht.
Der Gesetzgeber ging damit davon aus, dass der personelle Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestands nur dann eröffnet ist, wenn der anwendende Arzt alle anfallenden Tätigkeiten (mit Ausnahme des Inverkehrbringens), die in § 20b und § 20c AMG genannt sind, selbst ausübt - wenn auch gegebenenfalls mit Hilfe seines Personals.
c) Die systematische Betrachtung bestätigt dieses Auslegungsergebnis. Eine Delegationsbefugnis lässt sich den der Norm vergleichbaren Ausnahmevorschriften im Arzneimittelgesetz nicht entnehmen.
§ 20d AMG ist eine Parallelvorschrift zu § 13 Abs. 2b AMG, auf den in der Begründung des Gesetzentwurfs zur Einführung des § 20d AMG auch verwiesen worden ist (BR-Drs. 171/09 S. 76). Die Herstellungserlaubnis des § 13 AMG und die dort in Absatz 2b geregelte Ausnahme finden gemäß § 13 Abs. 1a Nr. 1 AMG auf den von § 20d AMG geregelten Fall keine Anwendung. Sie betreffen mit der Verwendung bestimmter Stoffe menschlicher Herkunft zur Arzneimittelherstellung aber eine strukturell ähnlich gelagerte Konstellation. Nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG bedarf keiner Herstellungserlaubnis eine Person, die Arzt oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt ist, soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zweck der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden.
Zwar ist die Frage, wie weit die erforderliche "unmittelbare fachliche Verantwortung" des Arztes nach § 13 Abs. 2b AMG reichen muss, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden. Eine Übertragung auf externe Stellen jedenfalls dürfte dem Kriterium aber nicht mehr genügen (vgl. etwa Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: März 2018, § 13 Rn. 72; Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann <Hrsg.>, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 69; Rehmann, AMG, 4. Aufl. 2014, § 13 Rn. 13). Dementsprechend findet sich auch in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung der Hinweis, der Arzt dürfe sich bei der Herstellung "von eigenem" oder ihm "unterstellten" Personal unterstützen lassen (BR-Drs. 171/09 S. 73, BT-Drs. 16/13428 S. 84).
d) Sinn und Zweck des § 20d Satz 1 AMG stehen einer engen, nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik naheliegenden Auslegung nicht entgegen.
aa) Zuzugeben ist der Revision allerdings, dass hinsichtlich der konkret streitigen Laboruntersuchung für die Spendertestung Qualitätsrisiken aufgrund der Durchführung in einem externen Untersuchungslabor schwer vorstellbar und weder vom Beklagten noch vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht dargetan worden sind. Zwar können sich aus einer Aufspaltung der Tätigkeiten bei der Be- und Verarbeitung der Gewebezubereitung - schon im Hinblick auf Hygienefragen - Risiken durchaus ergeben. Bei der Spendertestung ist das Gewebe oder die Gewebezubereitung aber nicht unmittelbar betroffen. Untersucht und an das externe Labor versendet wird vielmehr nur das Blut des spendenden Patienten. Warum hierdurch besondere Risiken für die Gewebezubereitung oder den Patienten begründet werden könnten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es gerade im Hinblick auf Qualitätsstandards wenig naheliegend, den das Gewebe anwendenden Arzt persönlich zur Spendertestung zu verpflichten, obwohl er regelmäßig weder über eine vergleichbare Sachkunde noch eine entsprechende Ausstattung wie ein Untersuchungslabor verfügen wird.
Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist im Übrigen auch der Inhaber einer Erlaubnis nach § 20b Abs. 1 Satz 1 AMG nicht verpflichtet, diese Untersuchungen selbst durchzuführen. Aus § 20b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AMG ergibt sich nur, dass der Erlaubnisinhaber zu gewährleisten hat, dass die Laboruntersuchungen nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie nach den Vorschriften des Transplantationsgesetzes vorgenommen werden. Nach § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TPG hat die Gewebeeinrichtung sicherzustellen, dass die für Gewebespender nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erforderlichen Laboruntersuchungen in einem Untersuchungslabor nach § 8e TPG durchgeführt werden. Gemäß § 8e Satz 1 TPG dürfen diese Tätigkeiten nur von einem Untersuchungslabor vorgenommen werden, für das eine Erlaubnis nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes erteilt worden ist. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass gerade die für die Sicherheit und Qualität von Geweben entscheidenden Laboruntersuchungen entsprechend qualifiziert erfolgen (vgl. BT-Drs. 16/3146 S. 32). Eine Entnahmeeinrichtung, die über eine Erlaubnis nach § 20b Abs. 1 Satz 1 AMG verfügt, muss die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen daher nicht selbst durchführen. Die Entnahmeeinrichtung ist lediglich dafür verantwortlich, dass eine entsprechende Laboruntersuchung tatsächlich durchgeführt wird (vgl. BR-Drs. 939/07 S. 21). Aus Qualitätssicherungsgründen ist folglich kein Sachgrund dafür erkennbar, warum ein anwendender Arzt diese Untersuchungen selbst durchführen müsste (vgl. Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann <Hrsg.>, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. 2016, § 20d Rn. 5).
bb) Entsprechendes kann für die ebenfalls von der Erlaubnisfreiheit aus § 20d Satz 1 AMG erfassten Tätigkeiten nach § 20c Abs. 1 AMG indes nicht festgestellt werden. Denn hier geht es unmittelbar um Tätigkeiten am oder jedenfalls im Zusammenhang mit dem Gewebe oder der Gewebezubereitung. Erhöhte Anforderungen zur Verhütung möglicher Gewebekontaminationen u.ä. sind daher fachlich geboten. Die Aufspaltung einzelner Verfahrensschritte und die damit verbundene Trennung in unterschiedliche Verantwortungsbereiche begründen hier zusätzliche Gefahrenquellen für die Arzneimittelsicherheit (vgl. § 1 AMG). Mit der in § 20d Satz 1 AMG in Bezug genommenen Anwendung des bearbeiteten Gewebes bei einem Patienten sind aber zwingend Tätigkeiten verbunden, die gemäß § 20c Abs. 1 Satz 1 AMG grundsätzlich einer Erlaubnis bedürfen.
Die mit § 20d Satz 1 AMG getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, nur eine eng begrenzte Ausnahme vom Grundsatz der Erlaubnispflicht für die Gewinnung und Verarbeitung von menschlichem Gewebe zuzulassen, bei der alle Verfahrensschritte "in einer Hand" verbleiben, findet im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen und mögliche Gefahren bei der Behandlung von menschlichem Gewebe daher eine sachliche Rechtfertigung.
e) Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Ausnahmevorschrift für den das Gewebe anwendenden Arzt bewusst eng gehalten und auf diejenigen Ärzte begrenzt hat, die alle insoweit anfallenden Tätigkeiten in eigener fachlicher Verantwortung ausüben können.
Diese Einschränkung entspricht dem die Ausnahme tragenden Gedanken der Zurückhaltung bei Eingriffen in die Therapiefreiheit im unmittelbaren Arzt-Patienten-Verhältnis. Die Therapiefreiheit eines Arztes (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TPG) bei der Rückübertragung von unverändertem Gewebe innerhalb eines Behandlungsvorgangs ist vom Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes ohnehin nicht erfasst (vgl. § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG).
Eine Beschränkung der Ausnahmevorschrift auf einfache Anwendungsfälle, bei denen - wie bei der im Gesetzgebungsverfahren primär in den Blick genommenen künstlichen Insemination (vgl. BT-Drs. 16/13428 S. 84) - keine komplexen oder mehrstufigen Verfahrensgestaltungen anfallen, die die Einschaltung eines externen Untersuchungslabors erfordern, begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Der Norm verbleibt auch damit ein sinnvoller Anwendungsbereich. Entsprechendes gilt für Fälle, in denen das Gewebe nach einer Änderung seiner stofflichen Beschaffenheit innerhalb eines Behandlungsvorgangs auf die Spenderperson zurückübertragen wird. Eine weitergehende Ausnahme von der generell angeordneten Erlaubnispflicht ist auch durch Art. 12 Abs. 1 GG nicht geboten.
3. Gegen eine Anwendung der in § 20d Satz 1 AMG enthaltenen Ausnahmevorschrift auf den vorliegenden Fall einer Knochenbank bestehen überdies unionsrechtliche Bedenken.
a) Die "Gewebe"-Richtlinie 2004/23/EG kennt ein Arztprivileg nur insoweit, als sie Gewebe, das innerhalb ein und desselben chirurgischen Eingriffs als autologes Transplantat verwendet wird - also zur Rückübertragung auf ein und dieselbe Person -, von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt (vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 3 Buchst. q der Richtlinie 2004/23/EG).
Für Tätigkeiten im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/23/EG - und damit insbesondere auch für die Führung einer Gewebebank (vgl. Art. 3 Buchst o der Richtlinie 2004/23/EG) - ist eine Privilegierung für den das Gewebe anwendenden Arzt nicht vorgesehen (vgl. hierzu auch bereits BT-Drs. 16/3146 S. 37). Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2004/23/EG bestimmt vielmehr, dass die für Spender vorgeschriebenen Untersuchungen von einem qualifizierten, von der zuständigen Behörde zugelassenen Labor ausgeführt werden müssen. Diese Anforderungen setzt § 20b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AMG i.V.m. § 8e TPG grundsätzlich um. Die erlaubnisfreie Ausführung des anwendenden Arztes nach § 20d Satz 1 i.V.m. § 20b Abs. 1 Satz 1 AMG dagegen wirft Zweifel im Hinblick auf die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben auf.
Darüber hinaus sieht Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2004/23/EG vor, dass die zuständige Behörde vor der Genehmigung zu überprüfen hat, ob die Gewebeeinrichtung den Anforderungen des Art. 28 Buchst. a und g sowie ggf. Art. 24 entspricht. Die erlaubnisfreie Zulassung aus § 20d Satz 1 AMG i.V.m. § 20c Abs. 1 Satz 1 AMG wirft auch insoweit Bedenken auf.
b) Ob und inwieweit für die künstliche Insemination Sonderregelungen bestehen, kann offen bleiben.
Die auf Art. 28 der Richtlinie 2004/23/EG gestützte Durchführungs-Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 (ABl. L 38 S. 40) in der Fassung der Richtlinie 2012/39/EU der Kommission vom 26. November 2012 (ABl. L 327 S. 24) enthält abweichende Vorgaben für die künstliche Insemination. Für die Spende von Keimzellen zwischen Partnern, die eine Intimbeziehung führen, ist es nach Auffassung der Kommission gerechtfertigt, weniger strenge biologische Tests zu verlangen; in diesem Fall könne das Risiko für den Empfänger als geringer betrachtet werden als bei der Spende von Dritten (vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2006/17/EG). Nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Buchst. b sowie Art. 4 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Nr. 1 des Anhangs III der Richtlinie 2006/17/EG ist die Partnerspende von Keimzellen für die Direktverwendung von den benannten Anforderungen an die Gewebeeinrichtungen und Labortests daher ausgenommen.
Für die vom Kläger betriebene "Knochenbank" ergibt sich hieraus indes nichts. Reichweite und Einzelheiten der in der Richtlinie 2006/17/EG getroffenen Bestimmungen sind damit nicht entscheidungserheblich.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.