BVerwG 5. Senat, Urteil vom 28.03.2019, 5 CN 1/18

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 5 CN 1/18 (BVerwG)

vom 28. März 2019 (Donnerstag)


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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsteller als Eltern eines in der Kindertagesstätte eines Trägers der freien Jugendhilfe betreuten Kindes im Normenkontrollverfahren gegen die kommunale Kindertagesstättengebührensatzung antragsbefugt sind.

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Der Sohn der Antragsteller besucht seit Anfang September 2015 die im Gemeindegebiet gelegene Kindertagesstätte der evangelisch-lutherischen St.-Petri-Kirchengemeinde O. Träger dieser Kindertagesstätte ist der evangelisch-lutherische Kindertagesstättenverband R.-V. Dieser Verband ist mit Wirkung vom 1. Juni 2012 anstelle der Kirchengemeinde in die Rechte und Pflichten aus dem von der Kirchengemeinde mit der Antragsgegnerin im Jahre 1995 geschlossenen Betriebsführungsvertrag eingetreten. In § 6 dieses Vertrages ist vereinbart:

"Für die Betreuung der Kinder wird von den Eltern ein monatliches Entgelt erhoben. Gestaltung und Höhe des Entgeltes sowie die Umsetzung der Staffelung (§ 20 KiTaG) bedürfen der Vereinbarung zwischen Kirche und Gemeinde, sofern die entsprechenden Beträge von den Regelungen für kommunale Kindertagesstätten abweichen. Es soll darauf hingewirkt werden, dass einheitliche Benutzungsentgelte für die Betreuung in den Kindertagesstätten in der Gemeinde O. gelten."

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Die Antragsteller werden von dem Kindertagesstättenverband auf der Grundlage des zwischen ihnen geschlossenen Betreuungsvertrages zu einem Entgelt für die Betreuung und Verpflegung ihres Sohnes herangezogen. Das Entgelt wird in Anwendung der von der Antragsgegnerin in ihrer Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Kindertagesstätten - Gebührensatzung - vom 27. Februar 2012 festgesetzten Sozialstaffeln erhoben. Es betrug bis Ende Juli 2015 monatlich 292 € zuzüglich einer Verpflegungspauschale von 30 €.

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Mit Wirkung zum 1. August 2015 änderte die Antragsgegnerin ihre Gebührensatzung und erweiterte die in § 6 über die Gebührenhöhe enthaltenen Sozialstaffeln für die Festsetzung der Kindertagesstättengebühren um die Stufe 6 mit einem anrechenbaren Einkommen ab 68 000,01 €. Außerdem erhöhte sie die einkommensabhängigen Gebühren. Die 1. Änderungssatzung vom 28. April 2015 wurde ordnungsgemäß ausgefertigt und bekanntgemacht. Die Antragsteller, die nach ihren Angaben mit einem Bruttojahreseinkommen von 120 000 € in die höchste Einkommensstufe 6 einzuordnen sind, hatten seither für die Betreuung und Verpflegung ihres Sohnes ein monatliches Entgelt von 394 €, zuzüglich einer Verpflegungspauschale von 30 €, zu entrichten.

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Mit ihrem im Februar 2016 gestellten Normenkontrollantrag haben die Antragsteller geltend gemacht, die Satzungsänderung verstoße gegen die aus § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 und 4 SGB VIII folgenden höherrangigen Strukturprinzipien. Die Neufassung des § 6 der Gebührensatzung führe in ihrem Fall zu einer Erhöhung des Entgelts um 35 v.H., was nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur Einkommensentwicklung stehe. Der für die Antragsbefugnis erforderlichen Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten stehe nicht entgegen, dass ihr Sohn keine Kindertagesstätte der Antragsgegnerin besuche. Zwar sei das konkrete Benutzungsverhältnis zwischen ihnen und dem evangelisch-lutherischen Kindertagesstättenverband privatrechtlicher Natur. Der privatrechtliche Betreuungsvertrag sei aber insbesondere wegen § 6 Satz 2 des Betriebsführungsvertrages, wonach ein Abweichen von den Regelungen für kommunale Kindertagesstätten die Ausnahme sein solle, öffentlich-rechtlich gebunden.

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Das Oberverwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Zwischenurteil die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages festgestellt. Die Antragsteller seien antragsbefugt. Sie seien zwar nicht unmittelbare Adressaten des geänderten § 6 der kommunalen Gebührensatzung, weil ihr Sohn keine gemeindliche Kindertagesstätte besuche und sie demzufolge nicht nach dieser Vorschrift von der Antragsgegnerin zu Gebühren herangezogen würden. Sie würden durch diese Regelung aber mittelbar betroffen. Denn ihre Belange seien in den Schutzbereich des § 6 der 1. Änderungssatzung einbezogen. Der kirchliche Träger wende diese Vorschrift bei der Entgelterhebung tatsächlich an. Er sei hierzu auch öffentlich-rechtlich verpflichtet. Diese Verpflichtung ergebe sich zwar weder aus einer Vorschrift des niedersächsischen Landesrechts noch aus dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin. Sie werde aber durch § 6 Satz 2 des Betriebsführungsvertrages begründet. Danach sei eine abweichende Entgeltgestaltung und -höhe von einer entsprechenden Vereinbarung mit der Antragsgegnerin abhängig, die hier nicht vorliege. Auch eine nach § 10 des Betriebsführungsvertrages mögliche Kündigung sei bislang nicht erfolgt. Infolgedessen sei der kirchliche Träger verpflichtet, die Gebührensatzung der Antragsgegnerin in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die Satzungsänderung wirke sich damit auch auf die Antragsteller aus.

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Mit ihrer Revision verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren auf Verwerfung des Normenkontrollantrags weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

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Die Antragsteller verteidigen das angefochtene Zwischenurteil.

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Die zulässige Revision der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das angefochtene Zwischenurteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Antragsteller seien antragsbefugt, steht im Einklang mit § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

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1. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag auf Entscheidung über die Gültigkeit einer untergesetzlichen Rechtsvorschrift - soweit hier von Interesse - jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Beteiligten streiten zu Recht nicht darüber, dass der beanstandete § 6 der 1. Änderungssatzung der Antragsgegnerin vom 28. April 2015 zur Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Kindertagesstätten der Antragsgegnerin - Gebührensatzung - vom 27. Februar 2012 eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist. Die Antragsteller haben - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - auch geltend gemacht, durch diese Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein.

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An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Deshalb genügt es, wenn ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 2018 - 4 BN 33.17 - juris Rn. 4 m.w.N.). Die Antragsbefugnis fehlt daher - negativ formuliert - nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 CN 1.12 - BVerwGE 146, 217 Rn. 16 m.w.N.). Zwischen der angegriffenen Rechtsvorschrift und der behaupteten Rechtsverletzung muss ein Zurechnungszusammenhang bestehen ("durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung"). Die behauptete Rechtsverletzung muss also auf die angegriffene Rechtsvorschrift zurückgehen. Das gilt nicht nur bei unmittelbarer, sondern gegebenenfalls auch bei einer nur mittelbaren Betroffenheit des Antragstellers (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 2013 - 9 BN 2.13 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 189 Rn. 4 f. m.w.N.). Die Antragsbefugnis ist zu bejahen, wenn die Entwicklung von der angegriffenen Norm zu der geltend gemachten Betroffenheit eine konkrete Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 <184>). Bei Anträgen von Personen, die nicht Normadressaten sind, ist das der Fall, wenn die Belange Dritter in einer von den Interessen der Allgemeinheit abgehobenen Weise in den Schutzbereich der angegriffenen Norm einbezogen sind und daraus auf ein subjektives Recht dieser Personen auf Berücksichtigung bei der Normgebung zu schließen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 2013 - 9 BN 2.13 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 189 Rn. 5 m.w.N.).

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Das Oberverwaltungsgericht hat diese rechtlichen Maßstäbe angewandt und auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen die Antragsbefugnis der Antragsteller zu Recht bejaht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller - anders als die Eltern bzw. Sorgeberechtigten, deren Kind in einer der gemeindlichen Kindertagesstätten untergebracht ist - nicht zu dem unmittelbaren Adressatenkreis der angegriffenen Rechtsvorschrift des § 6 der 1. Änderungssatzung gehören, sondern durch die satzungsrechtliche Regelung über die Gebührenhöhe mittelbar betroffen werden, da diese ihnen gegenüber vermittels des zwischen ihnen und dem evangelisch-lutherischen Kindertagesstättenverband geschlossenen Betreuungsvertrages in rechtserheblicher Weise Wirkung entfaltet. Die in einem solchen Fall für die Annahme der Antragsbefugnis erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Denn die Antragsteller sind hier als Dritte in den Schutz- bzw. Anwendungsbereich des angegriffenen § 6 der 1. Änderungssatzung einbezogen (a). Hieraus folgt, dass ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Berücksichtigung ihrer Belange bei dem Erlass dieser Satzungsregelung zusteht (b).

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a) Die Antragsteller gehören zu den vom persönlichen Anwendungsbereich des § 6 der 1. Änderungssatzung erfassten Personen.

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Der kirchliche Träger wird zwar nicht durch einen ausdrücklichen Gesetzesbefehl in dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG NI - in der Fassung vom 7. Februar 2002 (Nds. GVBl. S. 57), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (Nds. GVBl. S. 317), verpflichtet, seine Entgelte an den Kostenbeiträgen der Eltern auszurichten, die für die Betreuung von Kindern in den kommunalen Kindertagesstätten in der Gebührensatzung der Antragsgegnerin festgelegt sind (anders verhält sich dies etwa im Stadtstaat Bremen; vgl. insoweit den bis zum 31. März 2019 geltenden § 19 Abs. 5 Satz 1 des Bremischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege - Bremisches Tageseinrichtungs- und Kindertagespflegegesetz - BremKTG - vom 19. Dezember 2000 <Brem. GBl. S. 491> in der Fassung vom 28. März 2006 <Brem. GBl. S. 159> und den ab dem 1. April 2019 geltenden § 19b Abs. 2 Satz 1 BremKTG in der Fassung des Gesetzes vom 5. März 2019 <Brem. GBl. S. 76>; s.a. OVG Bremen, Urteile vom 6. Juni 1997 - 1 N 5.96 - NordÖR 1998, 200 <201> und vom 22. Oktober 2014 - 2 D 106/13 - juris Rn. 41). Ebenso wenig findet sich in der streitgegenständlichen Gebührensatzung der Antragsgegnerin eine derartige ausdrückliche Anordnung. Für die Einbeziehung von Eltern eines in der Kindertagesstätte eines Trägers der freien Jugendhilfe betreuten Kindes in den Anwendungsbereich der angegriffenen satzungsrechtlichen Regelung reicht es aber aus, dass der Einrichtungsträger jedenfalls aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Satzungsgeber an die kommunalen Regelungen zur Bemessung und Höhe der elterlichen Kostenbeiträge gebunden wird. Das begegnet zumindest dann keinen Bedenken, wenn die vertragliche Einbeziehung der Eltern vor dem Erlass der Rechtsvorschrift erfolgt ist, über deren Gültigkeit im Normenkontrollverfahren zu entscheiden ist. So verhält es sich hier.

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Soweit es in diesem Zusammenhang auf den Inhalt des Betriebsführungsvertrages ankommt, kann dahinstehen, ob und inwieweit das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist oder darauf Zugriff hat, weil es sich dabei um Prozesstatsachen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2018 - 6 C 2.17 - WM 2019, 397 Rn. 12 m.w.N.) oder eine von § 137 Abs. 2 VwGO nicht erfasste rechtliche Schlussfolgerung handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2015 - 5 C 13.14 - BVerwGE 153, 63 Rn. 35 m.w.N.) mit der Folge, dass es insbesondere § 6 selbst auszulegen und nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB den Sinn dieser vertraglichen Regelung unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu erforschen hat (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 1. September 2004 - 10 C 1.04 - Buchholz 424.02 § 63 LwAnpG Nr. 3 S. 15). Denn die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, dass der von der Antragsgegnerin mit der evangelisch-lutherischen St.-Petri-Kirchengemeinde O. am 14. November 1995 geschlossene Betriebsführungsvertrag, in den der evangelisch-lutherische Kindertagesstättenverband R.-V. durch den Überleitungsvertrag vom 10. Oktober 2012 mit Wirkung zum 1. Juni 2012 eingetreten ist, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54 VwVfG ist, dessen § 6 Satz 2 zu einer rechtlichen Bindung des kirchlichen Trägers an die Gebührensatzung der Antragsgegnerin führt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 VwVfG ist gegeben, wenn der Vertragsgegenstand dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (stRspr, vgl. etwa Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - BVerwGE 74, 368 <370>; BVerwG, Urteil vom 20. März 2003 - 2 C 23.02 - Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 14 S. 2 f. m.w.N.). Das trifft auf den Betriebsführungsvertrag zu. Dieser befasst sich mit dem Betrieb der Kindertagesstätte des kirchlichen Trägers und steht damit im Zusammenhang mit der Erledigung einer Aufgabe der öffentlichen Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, die auch die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs nach § 24 Abs. 1 und 2 SGB VIII umfasst.

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Ebenso ist mit dem Oberverwaltungsgericht davon auszugehen, dass die in § 6 Satz 2 des Betriebsführungsvertrages vereinbarte Notwendigkeit, sich mit der Antragsgegnerin über die Gestaltung und Höhe des Entgelts zu einigen, sofern der für die Betreuung in der Kindertagesstätte der evangelisch-lutherischen St.-Petri-Kirchengemeinde O. zu entrichtende Betrag von den für kommunale Kindertagesstätten geltenden Regelungen abweicht, impliziert, dass der Träger der kirchlichen Kindertagesstätte verpflichtet ist, die kommunale Gebührensatzung in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden. Der Kindertagesstättenverband kann also - entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin - das von ihm zu erhebende Entgelt nicht frei und nach Belieben festsetzen. Dafür spricht auch das in § 6 Satz 3 des Betriebsführungsvertrages zum Ausdruck kommende Interesse der Antragsgegnerin an der Sicherstellung, dass für die Betreuung der Kinder in den in ihrem Gebiet gelegenen Kindertagesstätten einheitliche Benutzungsgebühren bzw. -entgelte gelten. Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts fehlt es sowohl an einer Vereinbarung im Sinne des § 6 Satz 2 des Betriebsführungsvertrages als auch an einer Kündigung nach § 10 des Betriebsführungsvertrages. Das hat zur Folge, dass sich § 6 der 1. Änderungssatzung auf den evangelisch-lutherischen Kindertagesstättenverband und dessen Rechtsverhältnis zu den Antragstellern erstreckt, die auf diese Weise auch in rechtlicher Hinsicht nicht anders da stehen, als wenn sie unmittelbare Adressaten der angegriffenen Satzungsregelung wären. Dies wird auch durch den Umstand bestätigt, dass der Verband das von den Antragstellern erhobene monatliche Entgelt auch tatsächlich in Anwendung der angegriffenen Satzungsregelung berechnet.

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b) Aufgrund dessen können die Antragsteller geltend machen, durch die ihrer Ansicht nach rechtswidrige Erhöhung der Gebühren in § 6 der 1. Änderungssatzung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus § 90 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Achtes Buch - SGB VIII - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2696), und § 20 Abs. 1 KiTaG NI verletzt zu sein. Denn sie nehmen infolge der Einbeziehung in den Anwendungsbereich der angegriffenen Rechtsvorschrift an der drittschützenden Wirkung der vorgenannten, bei dem Erlass des § 6 der 1. Änderungssatzung zu berücksichtigenden Vorschriften teil.

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Nach der sogenannten Schutznormtheorie vermitteln nur solche Rechtsvorschriften subjektive Rechte, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Normen, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 - 2 C 11.15 - BVerwGE 156, 180 Rn. 27 m.w.N.). Ob eine Norm drittschützend in diesem Sinne ist oder allein im öffentlichen Interesse besteht, muss durch Auslegung ermittelt werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 - 3 C 24.00 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 37 S. 41 m.w.N. und Beschluss vom 5. Januar 2005 - 7 B 135.04 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 3 S. 4). Gemessen daran entfalten § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII und § 20 Abs. 1 KiTaG NI drittschützende Wirkung auch zugunsten von Eltern bzw. Sorgeberechtigten wie den Antragstellern, deren Kind die Kindertagesstätte der evangelisch-lutherischen St.-Petri-Kirchengemeinde O. besucht.

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Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind, soweit Landesrecht - wie in Niedersachsen - nichts anderes bestimmt, die Kostenbeiträge, die gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und von Kindertagespflege zu entrichten sind, zu staffeln. Die bei der Staffelung zu berücksichtigenden Kriterien ergeben sich hier u.a. aus § 20 Abs. 1 KiTaG NI. Danach sind Gebühren und Entgelte für den Besuch u.a. von Kindertagesstätten so zu bemessen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar ist (Satz 1). Die Sätze der Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder richten und gestaffelt werden (Satz 2). Sowohl das bundesgesetzlich geregelte Staffelungsgebot als solches als auch die mit § 90 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII im Einklang stehenden landesgesetzlich festgelegten Staffelungskriterien dienen nicht allein dem öffentlichen Interesse, sondern sollen die Beitragserhebung auch im Interesse der Kostenschuldner begrenzen und binden damit das Ermessen des kommunalen Satzungsgebers dahin, dass er für die Angemessenheit der Kostenbeteiligung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten Sorge zu tragen hat. Das ist bereits dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 KiTaG NI mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Der Senat ist insoweit zur Auslegung und Anwendung von irrevisiblem Landesrecht befugt, weil das Oberverwaltungsgericht sich hierzu nicht geäußert hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2018 - 5 C 9.17 - NVwZ-RR 2019, 324 Rn. 17 m.w.N.). Dementsprechend vermitteln die genannten Rechtsvorschriften subjektiv-öffentliche Rechte, deren Beachtung bei dem Erlass bzw. der Änderung der Gebührensatzung von den betroffenen Eltern bzw. Sorgeberechtigten, zu denen - wie bereits erwähnt - auch die Antragsteller gehören, grundsätzlich verlangt werden kann.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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3. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO. Die Regelung erfasst auch Streitigkeiten über Elternbeiträge für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - 5 C 8.15 - juris Rn. 34; Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 B 2.17 -; s.a. OVG Magdeburg, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 3 M 269/03 - LKV 2005, 456 <459>; VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 19. August 2013 - 6 K 627/13 - juris Rn. 4 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juni 2015 - 3 K 32.14 - NVwZ-RR 2015, 800; OVG Münster, Beschlüsse vom 21. Februar 2017 - 12 A 931/16 - juris Rn. 7 und vom 5. September 2018 - 12 A 840/17 - juris Rn. 133; a.A. noch OVG Münster, Beschluss vom 16. Oktober 2015 - 12 E 157/15 - juris Rn. 5 ff. m.w.N.).