BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 05.02.2019, 6 B 1/19

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 6 B 1/19 (BVerwG)

vom 5. Februar 2019 (Dienstag)


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Der Kläger war bis zum 30. September 2017 Student an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Er beantragte Anfang Dezember 2013 die Beurlaubung vom Studium wegen Krankheit für das Wintersemester 2013/2014. Diesen Antrag lehnte die Hochschule als nicht fristgemäß gestellt ab.

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Die hiergegen gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses zwischenzeitlich unzulässig geworden. Die Hochschule habe den Kläger mit Ablauf des Sommersemesters 2017 exmatrikuliert, sodass sich der die Beurlaubung betreffende Rechtsstreit erledigt habe. Sie habe mit Bescheid vom 4. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 festgestellt, dass der Kläger bei den Prüfungsleistungen aus dem Sommersemester 2017 in insgesamt sechs Modulen die Endnote "nicht ausreichend" habe und die Bachelor- bzw. Masterprüfung nicht mehr bestehen könne. Hiergegen habe der Kläger nicht innerhalb der Monatsfrist, sondern erst im Juni 2018 Klage erhoben, sodass die Bescheide bestandskräftig seien. Die für die Einlegung des Rechtsbehelfs einzuhaltende Monatsfrist habe zu laufen begonnen, weil die dem Ausgangsbescheid beigefügte Belehrung über die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung oder Klageerhebung zutreffend gewesen sei. Denn bei der Feststellung des Nichtbestehens der Prüfung handele es sich um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO BY, wonach entweder Widerspruch eingelegt oder unmittelbar Klage erhoben werden könne. Unter personenbezogene Prüfungsentscheidungen fielen nicht nur Examina im herkömmlichen Sinne, sondern auch strikt gebundenes Verwaltungshandeln, bei dem der Behörde kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zustehe. Auch liege eine solche Entscheidung vor, wenn sich eine Behörde allein anhand der Aktenlage (etwa auf Basis von Zeugnissen über durchlaufene Ausbildungen) über die Eigenschaften einer Person unterrichte oder ihre Entscheidung gleichsam "arbeitsteilig", d.h. anhand oder aufgrund der Einschätzung anderer eingeschalteter Personen treffe. Demgegenüber fielen Akte reiner Rechtsanwendung oder Entscheidungen, die zwar im Zusammenhang mit Prüfungsverfahren ergingen, aber nicht die eigentliche personenbezogene Beurteilung von Leistungen, Fähigkeiten, Wissen, Können oder Dispositionen auf der Grundlage einer Prüfung zum Gegenstand hätten, nicht unter diesen Begriff. Hier habe die Hochschule eine abschließende und selbständige Gesamteinschätzung der Leistungen, Kenntnisse und Fähigkeit des Klägers vorgenommen, die den Charakter einer personenbezogenen Prüfungsentscheidung aufweise.

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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

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Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2013 - 6 B 3.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 55 Rn. 4).

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Der Kläger führt zur Begründung seiner Beschwerde an, dass der Begriff der personenbezogenen Prüfungsentscheidung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO BY noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, insbesondere im Hinblick darauf, ob er Examina oder auch Entscheidungen nach Aktenlage im Rahmen strikt gebundenen Verwaltungshandelns erfasse. Eine revisionsgerichtliche Klärung sei geboten, da die Rechtsbehelfsbelehrungen bei Prüfungsbescheiden von zahlreichen Prüfungsbehörden uneinheitlich gehandhabt würden.

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Mit diesem Vorbringen genügt die Beschwerde des Klägers bereits nicht den Darlegungsanforderungen, die an die Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu stellen sind.

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Der Kläger bezeichnet schon keine Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO), die er für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet. Denn die von ihm mit seinem Vorbringen aufgeworfene Frage nach dem Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO BY betrifft irrevisibles Landesrecht. Der Senat ist an die Auslegung dieser Norm durch den Verwaltungsgerichtshof in einem Revisionsverfahren nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden. Er kann in einem Revisionsverfahren die Auslegung nur beschränkt darauf nachprüfen, ob das Normverständnis der Vorinstanz mit Bundesrecht, insbesondere Bundesverfassungsrecht vereinbar ist (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2017 - 6 C 4.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:210617U6C4.16.0] - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 195 Rn. 8 m.w.N.). Insoweit zeigt die Beschwerde jedoch keinen bundesrechtlichen Verstoß auf.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.