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Die Klägerin, eine Zahnärztin, wendet sich gegen eine datenschutzrechtliche Anordnung zur Videoüberwachung in ihrer Praxis. Ihre Praxis befindet sich in einem Gebäude, in dem mehrere Arztpraxen und eine Tagesklinik für Psychiatrie untergebracht sind. Die Eingangstür der Praxis ist während der Öffnungszeiten nicht verschlossen; der Empfangstresen ist nicht besetzt. Oberhalb des Tresens befindet sich eine Digitalkamera, die laufende Bilder in Echtzeit herstellt. Die Bilder können auf Monitoren angesehen werden, die die Klägerin in den Behandlungszimmern aufgestellt hat (sog. Kamera-Monitor-System). Die Klägerin hat angegeben, dass sie die Möglichkeit, die Bildaufnahmen zu speichern, nicht nutzt. Durch die Kamera werden der Bereich hinter dem Empfangstresen sowie diejenigen Bereiche überwacht, in denen sich Besucher nach dem ungehinderten Betreten der Praxis aufhalten (Bereich vor dem Empfangstresen, Flur zwischen Eingangstür und Tresen und ein Teil des vom Flur abgehenden Wartebereichs). An der Außenseite der Eingangstür und am Tresen hat die Klägerin jeweils ein Schild mit der Aufschrift "Videogesichert" angebracht.
Die beklagte Landesdatenschutzbeauftragte gab der Klägerin im Jahr 2012 neben anderen Anordnungen auf, die Kamera so auszurichten, dass die Bereiche, die Besuchern offenstehen, während der Öffnungszeiten der Praxis nicht mehr erfasst werden. In Bezug auf diese Anordnung ist die Anfechtungsklage, die die Klägerin nach Zurückweisung ihres Widerspruchs im Januar 2013 erhoben hat, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der von der Beklagten beanstandete Einsatz des Kamera-Monitor-Systems stelle eine unzulässige Videoüberwachung dar. Eine solche Maßnahme sei Privatpersonen nur gestattet, wenn die Betroffenen zustimmten oder die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Die Hinweisschilder berechtigten nicht zu der Annahme, die Besucher der Praxis seien damit einverstanden, mit Hilfe einer Digitalkamera beobachtet zu werden. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass die Videoüberwachung erforderlich sei, um schutzwürdige Interessen zu wahren. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Praxis einem erhöhten Risiko ausgesetzt sei, Ort von Straftaten zu werden. Die Klägerin könne Diebstähle verhindern, indem sie dafür Sorge trage, dass sich keine Wertgegenstände im Bereich des Empfangstresens befänden und die Patienten ihre Wertsachen in das Behandlungszimmer mitnähmen. Die Klägerin habe den Vortrag, ohne die Videoüberwachung entstünden erheblich höhere Kosten für den Betrieb der Praxis, in keiner Weise konkretisiert. Es sei ihr zumutbar, den Empfangstresen mit einer bereits in der Praxis tätigen Mitarbeiterin zu besetzen. Diese könne sich auch um "eingespritzte" Patienten im Wartebereich kümmern. Nach alledem überwögen die Interessen der Besucher, nicht durch eine Digitalkamera beobachtet zu werden, die gegenläufigen Interessen der Klägerin.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter, die Aufhebung der Anordnung der Beklagten über die Ausrichtung der Digitalkamera zu erreichen, um die Videoüberwachung nach ihren Vorstellungen fortführen zu können. Sie hält daran fest, dass die Maßnahme aus Sicherheits- und Kostengründen erforderlich sei. Demgegenüber fielen die Beeinträchtigungen für die Besucher nicht übermäßig ins Gewicht.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil. Auch könne die Klägerin die Überwachung vermeiden, indem sie die Eingangstür ihrer Praxis verschlossen halte und bei einem Klingelzeichen öffne.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die selbständig anfechtbare Anordnung der Beklagten, den für Besucher zugänglichen Bereich der Zahnarztpraxis durch eine entsprechende Ausrichtung der Digitalkamera von der Beobachtung durch ein Kamera-Monitor-System auszunehmen, von § 38 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), hier anwendbar in der Fassung von Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) - BDSG a.F. -, gedeckt ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung ist der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids; damit hängt die Entscheidung über die Revision von dem damals geltenden Datenschutzrecht ab (1.). Die Beobachtung des Besuchern zugänglichen Bereichs der Zahnarztpraxis stellt eine Videoüberwachung im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. dar (2.). Nach dieser Bestimmung ist die Beobachtung unzulässig, weil sie nicht erforderlich ist, um berechtigte Interessen der Klägerin zu wahren. Daran anknüpfend hat die Beklagte der Klägerin ermessensfehlerfrei eine andere Ausrichtung der Kamera aufgegeben (3.). Aufgrund des Beurteilungszeitpunkts ist die streitbefangene Anordnung nicht an der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 S. 1) - DSGVO - zu messen, die während des Revisionsverfahrens Geltung erlangt hat (4.). Ungeachtet dessen wäre die Videoüberwachung auch nach dieser Verordnung unzulässig (5.).
1.a) Die Beklagte hat die streitbefangene Anordnung auf § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. gestützt; dieses Gesetz war bis zum 24. Mai 2018 in Kraft (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung <EU> 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie <EU> 2016/680 <Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU - DSAnpUG-EU> vom 30. Juni 2017 <BGBl. I S. 2097>). Nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. konnte die Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten anordnen. Die Bestimmung setzte die Aufsichtsbehörde in den Stand, jeden rechtswidrigen Umgang mit personenbezogenen Daten zu beenden. Zu diesem Zweck ermächtigte sie die Aufsichtsbehörde, gegen jede Verhaltensweise und jeden Zustand vorzugehen, bei denen die Vorkehrungen des Datenschutzrechts zum Schutz personenbezogener Daten nicht beachtet wurden. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 BDSG a.F. waren dies Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Aus den Angaben musste sich deren Identität jedenfalls feststellen lassen.
Nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. hatte die Aufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen sie ergriff, um den datenschutzrechtlich gebotenen Schutz personenbezogener Daten sicherzustellen. Hierfür konnte sie derjenigen Person oder Stelle, die nach § 3 Abs. 7 BDSG a.F. für eine rechtswidrige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung solcher Daten verantwortlich war, Handlungs- oder Unterlassungspflichten auferlegen. Das Vorgehen hatte sich daran zu orientieren, auf welche Weise den Belangen des Datenschutzes künftig am besten Rechnung getragen werden konnte (BT-Drs. 16/12011 S. 44). Auch musste die Aufsichtsbehörde bei der Bestimmung des konkreten Inhalts einer Maßnahme das Gebot der Verhältnismäßigkeit wahren. So konnte sie davon absehen, dem Verantwortlichen eine konkrete Handlungspflicht zur Beseitigung des Rechtsverstoßes aufzuerlegen, wenn es erfolgversprechend erschien, ihm die Art der Beseitigung zu überlassen (Plath, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 38 BDSG Rn. 62; von Lewinski, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, § 38 BDSG Rn. 75).
b) Ungeachtet des Umstands, dass sich Handlungsgebote wie die der Klägerin aufgegebene Änderung der Ausrichtung der Digitalkamera ständig aktualisieren, weil damit die Verpflichtung einhergeht, den neu geschaffenen Zustand auf Dauer beizubehalten, sind derartige Maßnahmen nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. nach demjenigen Recht zu beurteilen, das zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung galt. Dies folgt daraus, dass diese Bestimmung der Aufsichtsbehörde bei Feststellung eines Verstoßes gegen Datenschutzrecht einen Ermessensspielraum für das daran anknüpfende Vorgehen eröffnet. Die gerichtliche Nachprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung bezieht sich auf den Zeitpunkt der Ausübung des Ermessens, wenn sich aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergibt (vgl. zu einer solchen Ausnahme: BVerwG, Urteil vom 15. November 2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 14 ff.). Für eine Ermessensentscheidung ist kennzeichnend, dass die Behörde zwischen mehreren rechtlich zulässigen, weil von der Bandbreite des Ermessensspielraums gedeckten Handlungsalternativen wählen kann. Die Verwaltungsgerichte prüfen diese Auswahlentscheidungen nur eingeschränkt nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO nach. Insbesondere sind sie daran gehindert, ihre eigenen Auswahlerwägungen an die Stelle derjenigen der Behörde zu setzen. Dies schließt es grundsätzlich aus, Ermessensentscheidungen anhand von tatsächlichen und rechtlichen Erkenntnissen nachzuprüfen, die die Behörde nicht in ihre Erwägungen einbeziehen konnte, weil sie zum Zeitpunkt der Ermessensausübung noch nicht vorlagen (BVerwG, Urteile vom 20. Mai 1980 - 1 C 82.76 - BVerwGE 60, 133 <136> und vom 6. April 1989 - 1 C 70.86 - BVerwGE 81, 356 <358>; BFH, Urteil vom 26. März 1991 - VII R 66/90 - BFHE 164, 7 <9>).
Nach dem Regelungsgehalt des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. ist kein anderer Beurteilungszeitpunkt geboten. Vielmehr hat sich die Ermessensausübung zur Bestimmung der dem Verantwortlichen als Beseitigungsmaßnahme aufzuerlegenden Handlungs- oder Unterlassungspflichten an der Art des datenschutzrechtlichen Verstoßes zu orientieren. Ob ein Verstoß vorliegt, ist wiederum nach demjenigen Recht zu beurteilen, das zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gilt.
Danach kommt es für die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Anordnung auf die Rechtslage an, die zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Beklagten im Januar 2013 galt. Denn die Beklagte hatte als Widerspruchsbehörde nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Recht- und Zweckmäßigkeit ihrer Anordnung nachzuprüfen, d.h. nochmals eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Dies bedeutet, dass danach eingetretene Rechtsänderungen für die Entscheidung über die Anfechtungsklage und damit über die Revision ohne Bedeutung sind. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufhebung der Anordnung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn diese bei Erlass des Widerspruchsbescheids rechtswidrig war.
2. Die Beobachtung des Besuchern zugänglichen Bereichs der Zahnarztpraxis durch ein Kamera-Monitor-System ist an den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. zu messen, weil es sich um eine Videoüberwachung handelt. Die Bestimmung traf zwei abschließende Regelungen: Zum einen definierte sie den Begriff der Videoüberwachung. Hierfür müssen öffentlich zugängliche Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen beobachtet werden. Zum anderen legte § 6b Abs. 1 BDSG a.F. die Anforderungen für deren Zulässigkeit fest. Videoüberwachungen, die nicht durch § 6b Abs. 1 BDSG a.F. gedeckt sind, waren verboten.
a) Nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung kann eine Videoüberwachung nur in öffentlich zugänglichen Räumen stattfinden. Der Berechtigte, d.h. der Inhaber des Hausrechts, muss den Raum für eine unbestimmte Anzahl von Personen geöffnet haben. Die Widmung kann sich darauf beschränken, den Aufenthalt in dem Raum nur zu einem bestimmten Zweck zu gestatten. Entscheidend ist, dass der Berechtigte ihm unbekannten Personen die Möglichkeit eröffnet hat, den Raum ungehindert, insbesondere ohne vorherige Einlasskontrolle, zu betreten und sich darin aufzuhalten. Dies ist typischerweise bei Geschäftsräumen mit Publikumsverkehr der Fall (Onstein, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, § 6b BDSG Rn. 12 ff.; Becker, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG Rn. 9 f.). Danach ist jedenfalls der Besucherbereich der Praxis der Klägerin, d.h. der Bereich vor dem Empfangstresen, der Flur zwischen Eingangstür und Empfangstresen und der vom Flur abgehende Wartebereich, öffentlich zugänglich. Die Klägerin hat sich dafür entschieden, dass jede Person diesen Bereich ihrer Praxis während der faktischen Besuchszeiten ungehindert durch Öffnen der unverschlossenen Eingangstür betreten kann.
b) Eine Videoüberwachung setzt weiterhin voraus, dass der öffentlich zugängliche Raum mit einer optisch-elektronischen Einrichtung beobachtet wird. Der Verantwortliche muss technische Mittel einsetzen, die dazu bestimmt sind, bewegte Bilder herzustellen und wahrnehmbar zu machen (Onstein, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, § 6b BDSG Rn. 17; Becker, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG Rn. 12). Ein Kamera-Monitor-System ist eine derartige Einrichtung. Unter Beobachtung im Sinne von § 6b Abs. 1 BDSG a.F. ist jede gewollte, auf einige Zeit angelegte Wahrnehmung äußerer Vorgänge zu verstehen. Die durch die Kamera aufgenommenen Bilder müssen nicht aufgezeichnet werden. Es reicht aus, dass die Bewegtbilder in Echtzeit auf einem Bildschirm betrachtet werden können. Allerdings muss der Verantwortliche durch die Beobachtung personenbezogene Daten erheben, d.h. sich beschaffen (vgl. § 3 Abs. 1 und 3 BDSG a.F.). Hierfür müssen auf den Bildern Personen so zu erkennen sein, dass sie identifiziert werden können. Dies ist bei den Bildaufnahmen, die das Kamera-Monitor-System der Klägerin liefert, der Fall, weil die Gesichter der beobachteten Personen erkennbar sind.
Dass eine Beobachtung keine Aufzeichnung der Bildaufnahmen voraussetzt, folgt zum einen daraus, dass die Zulässigkeit der Verarbeitung oder Nutzung der durch die Beobachtung gewonnenen Daten in § 6b Abs. 3 BDSG a.F. gesondert geregelt ist. Zum anderen belegen der Regelungsgehalt des § 6b Abs. 1 BDSG a.F., der die Zulässigkeit der Beobachtung letztlich von dem Ergebnis einer Abwägung der Interessen des Verantwortlichen und der Betroffenen abhängig macht, aber auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, dass der Bundesgesetzgeber den Einsatz einer optisch-elektronischen Einrichtung auch ohne Aufzeichnung des Bildmaterials als Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen angesehen hat (BT-Drs. 14/4329 S. 38; BR-Drs. 461/00 S. 92).
Damit hat der Bundesgesetzgeber den potenziell verhaltenslenkenden Wirkungen der Videotechnik für die Betroffenen Rechnung getragen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - BVerfGK 10, 330 <336>). Diese Wirkungen treten erfahrungsgemäß auch ohne Aufzeichnung der Bilder ein, zumal die Betroffenen häufig nicht wissen, ob aufgezeichnet wird (Onstein, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, § 6b BDSG Rn. 19; Becker, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG Rn. 13). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) betont, dass die Richtlinie 95/46/EG, deren Vorgaben der Bundesgesetzgeber in dem bis 24. Mai 2018 geltenden Bundesdatenschutzgesetz umgesetzt hat, wegen des spezifischen Eingriffsgehalts der Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten so auszulegen ist, dass zugunsten der Betroffenen ein hohes Schutzniveau gewährleistet wird (EuGH, Urteile vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 [ECLI:EU:C:2014:2428] - Rn. 27 f. und vom 5. Juni 2018 - C-210/16 [ECLI:EU:C:2018:388] - Rn. 26).
c) Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. gelten für Videoüberwachungen durch nicht-öffentliche Stellen im Sinne von § 2 Abs. 4 BDSG a.F., d.h. durch Privatpersonen wie die Klägerin, auch dann, wenn diese keine Datenverarbeitungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a.F. einsetzen. Nach dieser Bestimmung war ein solcher Einsatz Voraussetzung dafür, dass das Bundesdatenschutzgesetz für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch diese Stellen galt. Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch zutreffend angenommen, dass diese Einschränkung für Videoüberwachungen wegen der speziellen Regelung des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. keine Anwendung fand. Aus Normzweck und Systematik dieser Bestimmung folgt, dass der Bundesgesetzgeber in Bezug auf Videoüberwachungen ein generelles Schutzbedürfnis der Betroffenen anerkannt hat. Um diesen Schutz auch gegenüber privaten Verantwortlichen zu gewährleisten, hat er den Begriff der Videoüberwachung in § 6b Abs. 1 BDSG a.F. abschließend definiert und dadurch die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a.F. ausgeschlossen (Bericht und Beschlussempfehlung, BT-Drs. 14/5793 S. 61 f.). Dementsprechend betrifft die Zulässigkeitsvoraussetzung der Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a.F. Videoüberwachungen zu privaten Zwecken (vgl. unter 3.b)). Videoüberwachungen im öffentlichen Interesse, nämlich zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen im Sinne von § 2 Abs. 1 bis 3 BDSG a.F. (Nr. 1) werden bereits durch § 6b Abs. 1 Nr. 1 BDSG a.F. erfasst.
Ungeachtet dessen handelt es sich bei einem Kamera-Monitor-System um eine Datenverarbeitungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a.F. Darunter fallen technische Vorrichtungen aller Art, wenn sie Daten in einem automatisierten Prozess erfassen oder nutzen. Dies ist insbesondere beim Einsatz digitaler Kameratechnik für Beobachtungen regelmäßig der Fall (BT-Drs. 14/5793 S. 62).
d) Nach alledem sind Videoüberwachungen auch dann nicht von der Geltung des § 6b BDSG a.F. ausgenommen, wenn sie ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a.F. erfolgen. Im Übrigen geht eine solche Beobachtung in aller Regel über die persönliche oder familiäre Sphäre des Verantwortlichen hinaus, weil sie begriffsnotwendig in öffentlich zugänglichen Räumen stattfindet.
3. Die Videoüberwachung des Besuchern zugänglichen Bereichs der Zahnarztpraxis der Klägerin stellt einen Verstoß gegen Vorschriften des Datenschutzes bei der Erhebung personenbezogener Daten im Sinne von § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. dar, weil die Betroffenen nicht eingewilligt haben und die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. nicht vorliegen (§ 4 Abs. 1 BDSG a.F.).
a) Eine rechtswirksame Einwilligung muss auf einer freien Entscheidung beruhen. Die Betroffenen müssen auf den vorgesehenen Zweck der Maßnahme hingewiesen werden. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist (§ 4a Abs. 1 Satz 1 bis 3 BDSG a.F.).
Danach liegt auf der Hand, dass auch deutlich sichtbar angebrachte Hinweise auf die Beobachtung nicht zu dem Schluss berechtigen, dass Personen durch das Betreten des überwachten Raums rechtswirksam ihr Einverständnis mit der Beobachtung zum Ausdruck bringen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - BVerfGK 10, 330 <336>; BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 Rn. 25). Die Hinweisschilder mit der Aufschrift "Videogesichert" an der Außenseite der Eingangstür und am Tresen der Praxis der Klägerin sind für die Zulässigkeit der Videoüberwachung ohne Bedeutung.
b) Nach § 6b Abs. 1 BDSG a.F. sind Privatpersonen wie die Klägerin unter zwei Voraussetzungen berechtigt, in ihren Räumen, zu denen sie öffentlichen Zugang gewähren, Videoüberwachungen durchzuführen: Zunächst muss die Maßnahme zur Wahrnehmung des Hausrechts (Nr. 2) oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke (Nr. 3) erforderlich sein. Ist dies der Fall, müssen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen die Interessen der Betroffenen, von der Beobachtung verschont zu werden, überwiegen. Eine nicht erforderliche Videoüberwachung ist immer unzulässig. Eine Interessenabwägung erübrigt sich, weil der Verantwortliche keine Gründe in die Waagschale legen kann, die zu einer Einschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen berechtigen.
Die Rechtfertigungsgründe "Hausrecht" und "berechtigte Interessen" lassen sich nicht strikt abgrenzen, sondern überschneiden sich inhaltlich. Das Hausrecht ist das Mittel, das den an einem Raum Berechtigten in die Lage versetzt, darüber zu bestimmen, ob und zu welchem Zweck andere Personen den Raum betreten und sich darin aufhalten dürfen (OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3375/07 - juris Rn. 44; OVG Saarlouis, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 2 A 662/17 - CR 2018, 505 <507>; Onstein, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, § 6b BDSG Rn. 28; Becker, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG Rn. 16; Scholz, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 6b Rn. 73). Der Berechtigte kann zwar aufgrund seines Hausrechts missliebiges Verhalten zum Anlass nehmen, Besuchern "die Tür zu weisen". Allerdings zeigt die Regelungssystematik des § 6b Abs. 1 BDSG a.F., dass er sich nicht beliebig auf das Hausrecht berufen kann, um eine Videoüberwachung durchzuführen. Vielmehr muss er sich auf ein berechtigtes Interesse, d.h. auf einen "guten Grund" stützen können. Dies kann jedes subjektive Interesse sein, wenn es grundsätzlich schutzwürdig und objektiv begründbar ist (vgl. BT-Drs. 14/5793 S. 61).
Es ist Sache des Berechtigten darzulegen, aus welchen Gründen er eine Videoüberwachung seiner Räume für angezeigt hält. Anhand seiner Angaben ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang die Maßnahme erforderlich im Sinne von § 6 Abs. 1 BDSG a.F. ist. Behörden und Gerichte müssen im Rahmen ihrer Pflicht zur Sachaufklärung darauf hinwirken, dass der Berechtigte die angeführten Gründe erläutert oder ergänzt. Nach dem allgemein anerkannten Begriffsverständnis ist Erforderlichkeit anzunehmen, wenn ein Grund, etwa eine Gefährdungslage, hinreichend durch Tatsachen oder die allgemeine Lebenserfahrung belegt ist, und ihm nicht ebenso gut durch eine andere gleich wirksame, aber schonendere Maßnahme Rechnung getragen werden kann. Schonender als die Videoüberwachung sind insbesondere Maßnahmen, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Besucher der öffentlich zugänglichen Räume nicht berühren.
Nach diesem Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des von ihm nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend festgestellten Sachverhalts zu Recht angenommen, dass die von der Klägerin angeführten Gründe die Erforderlichkeit der Videoüberwachung des Besucherbereichs ihrer Zahnarztpraxis während der Öffnungszeiten nicht begründen können. Daher kann dahingestellt bleiben, ob sich die Videoüberwachung auch deshalb nicht als erforderlich erweist, weil die Klägerin darauf verwiesen werden kann, die Eingangstür ihrer Praxis verschlossen zu halten, d.h. die Widmung des Besucherbereichs als öffentlich zugänglich aufzuheben. Die Angaben der Klägerin sind wie folgt zu würdigen:
Die Klägerin hat geltend gemacht, der ungehinderte Zugang zu ihrer Praxis könne ausgenutzt werden, um dort unerkannt Straftaten zu begehen. Die Gesichtspunkte der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten stellen grundsätzlich berechtigte Interessen im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a.F. dar. Sie können eine Videoüberwachung jedoch nur dann als objektiv begründbar rechtfertigen, wenn eine Gefährdungslage besteht, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht. Eine solche Gefährdung kann sich nur aus tatsächlichen Erkenntnissen ergeben; subjektive Befürchtungen oder ein Gefühl der Unsicherheit reichen nicht aus (vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 2 A 662/17 - CR 2018, 505 <507>; Scholz, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 6b Rn. 78 und 79).
Das Oberverwaltungsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, die die Annahme stützen, in Bezug auf die Zahnarztpraxis der Klägerin bestehe eine erhöhte, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdungslage. Danach gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, die Praxis könne während der Öffnungszeiten Tatort für Einbrüche, Überfälle und Gewalttaten werden. Das Gebäude, in dem sich die Praxis befindet, liegt nicht in einem Gebiet mit erhöhtem Gefahrenpotenzial. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, in ihrer eigenen oder einer anderen in demselben Gebäude untergebrachten Arztpraxis habe sich eine Straftat ereignet. Die Patienten der Tagesklinik für Psychiatrie haben sich unauffällig verhalten.
Der Umstand, dass in der Praxis Betäubungsmittel und Wertsachen wie etwa Zahngold aufbewahrt werden, ist für sich genommen nicht geeignet, eine besondere Gefährdung in Bezug auf Diebstähle während der Öffnungszeiten zu begründen. Diebstähle von Betäubungsmitteln und Wertsachen, die sich nach dem Vortrag der Klägerin im Bereich des unbesetzten Empfangstresens befinden, kann die Klägerin dadurch verhindern, dass sie für deren Aufbewahrung in verschließbaren Schränken oder Behältern, vorzugsweise in anderen Bereichen der Praxis, sorgt. Der Gefahr, dass Wertsachen von Patienten während der Behandlung aus dem Wartebereich gestohlen werden, kann die Klägerin dadurch begegnen, dass sie die Patienten dazu anhält, ihre Wertsachen in das Behandlungszimmer mitzunehmen. Auch kann sie Behälter zur Verfügung stellen, die nach Einwurf einer Münze oder eines Chips verschlossen werden können.
Schließlich muss der Wartebereich der Praxis nicht überwacht werden, um dort sitzenden Patienten, insbesondere nach der Behandlung, rasch zu Hilfe kommen zu können. So kann diesen Patienten beispielsweise ein Druckknopf in die Hand gegeben werden, den sie im Notfall betätigen können, um Hilfe herbeizurufen. Dies ist auch deshalb vorzugswürdig, weil die Videoüberwachung nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nur einen Teil des Wartebereichs erfasst.
Auch hat die Klägerin nicht ansatzweise dargelegt, dass sie auf die Videoüberwachung angewiesen ist, um die Betriebskosten ihrer Praxis zu senken. Bei dem Bestreben, Kosten einzusparen, handelt es sich grundsätzlich um ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG a.F. Dies gilt für das Interesse, Personalkosten zu vermeiden, die durch die Einstellung von Beschäftigten anfallen. Allerdings muss der Verantwortliche darlegen, dass er diese Kosten auch durch andere Vorkehrungen, insbesondere durch organisatorische Veränderungen anstelle der Videoüberwachung nicht vermeiden oder in einer hinnehmbaren Größenordnung halten kann. Die Kostenersparnis kann die Erforderlichkeit der Videoüberwachung jedenfalls nur dann begründen, wenn die ansonsten entstehenden Kosten im Verhältnis zu dem Umfang der geschäftlichen Tätigkeit ins Gewicht fallen oder gar deren Wirtschaftlichkeit in Frage stellten (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 16 C 427/02 - NJW-RR 2004, 531 <532 f.>; Becker, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG Rn. 21).
Diese Erwägungen müssen im vorliegenden Fall nicht näher konkretisiert werden. Die Klägerin kann sich bereits deshalb nicht auf eine Kostenersparnis durch die Videoüberwachung berufen, weil sie insoweit bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens keine nachprüfbaren Angaben gemacht hat. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich ihr Vortrag auf die pauschale Behauptung beschränkt, ohne die Videoüberwachung würden ihr "um ein Vielfaches höhere Kosten" entstehen. Es fehlt jeder Hinweis darauf, welche Kosten in welcher Größenordnung sie durch die Videoüberwachung einsparen kann. Die Klägerin hätte sich zumindest dazu äußern müssen, welche Mehrkosten anfielen, wenn sie den Empfangstresen mit einer bereits angestellten Mitarbeiterin besetzen und dort mit Verwaltungsarbeiten (Abrechnungen u.a.) beschäftigen würde.
c) Die Behörde hat das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, das ihr durch § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. eröffnet war, um eine konkrete Maßnahme zur Beseitigung des Verstoßes gegen § 6b Abs. 1 BDSG a.F. festzulegen (§ 114 Satz 1 VwGO). Die der Klägerin auferlegte Handlungspflicht war geeignet und erforderlich, um die Beobachtung der Praxisräume zu beenden, soweit es sich um eine nach § 6b Abs. 1 BDSG a.F. unzulässige Videoüberwachung handelt.
Die Anordnung, die im Bereich des Empfangstresens angebrachte Digitalkamera auf eine bestimmte Weise auszurichten, betrifft nur denjenigen Bereich der Praxis, der während der Öffnungszeiten öffentlich zugänglich ist. Damit wurde die Klägerin zugleich rechtsverbindlich verpflichtet, den durch die geänderte Ausrichtung geschaffenen Zustand auf Dauer beizubehalten, d.h. die Kamera nicht erneut in die frühere Position zu bringen. Dieses Vorgehen der Beklagten war verhältnismäßig, insbesondere geeignet und erforderlich. Die Verpflichtung zu einer dauerhaft anderen Ausrichtung der Kamera war das mildere Mittel gegenüber einem Abdecken oder Abbau der Kamera. Dadurch wurde es der Klägerin ermöglicht, die Kamera weiterhin zur rechtlich zulässigen Beobachtung des Bereichs hinter dem Empfangstresen einzusetzen. Für eine Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Unzumutbarkeit) ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin keine Anhaltspunkte (vgl. zum Gesichtspunkt des Kostenaufwands unter 3.b)).
4. Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Art. 99 Abs. 2 DSGVO; Art. 288 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Fassung <ABl. 2007 C 306 S. 1; 2009 C 290 S. 1> - AEUV). Zugleich trat das Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66) außer Kraft (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 DSAnpUG-EU).
Diese Rechtsänderung hat keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Anordnung und damit auf die Entscheidung über die Revision. Die Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung folgt nicht aus dem nationalen Datenschutzrecht, weil dieses den Erlass des Widerspruchsbescheids der Beklagten im Januar 2013 als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bestimmt (vgl. unter 1.b)). Auch der Datenschutz-Grundverordnung lässt sich nicht entnehmen, dass ihre Regelungen einen Geltungsanspruch für Sachverhalte erheben, die die Behörden der Mitgliedstaaten vor dem 25. Mai 2018 auf der Grundlage des damals geltenden nationalen Rechts verbindlich geregelt haben. Die Verordnung stellt ein neuartiges Regelwerk dar, das darauf abzielt, das Datenschutzrecht innerhalb der Europäischen Union zu vereinheitlichen. Dies bringt es mit sich, dass die Regelungskonzepte der Verordnung grundlegend von den bisherigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten abweichen können. Dies sei anhand eines Vergleichs der Bestimmungen des Art. 58 Abs. 1 und 2 DSGVO über die Untersuchungs- und Abhilfebefugnisse der Aufsichtsbehörden mit dem abgelösten nationalen Datenschutzrecht dargestellt:
Das nationale Recht stellte es weitgehend in das Ermessen der Aufsichtsbehörden, welche Aufklärungsmaßnahmen sie trafen, um datenschutzrechtliche Verstöße festzustellen. Demgegenüber enthält Art. 58 Abs. 1 DSGVO einen abschließenden Maßnahmenkatalog. Behördliche Maßnahmen der Sachaufklärung müssen sich einem Tatbestand des Art. 58 Abs. 1 DSGVO zuordnen lassen. Die Vorschrift belässt den Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Zugangs zu Geschäftsräumen nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. f DSGVO keinen Regelungsspielraum (vgl. Erwägungsgrund 129 zur Datenschutz-Grundverordnung; Boehm, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 58 DS-GVO Rn. 9; Kugelmann/Buchmann, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, Art. 58 DS-GVO Rn. 27).
Entsprechendes gilt für die Befugnisse der Aufsichtsbehörden zur Beseitigung festgestellter Rechtsverstöße. Während die datenschutzrechtliche Generalklausel des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. den Aufsichtsbehörden keine konkreten Abhilfemaßnahmen vorgab, ihnen vielmehr für die Bestimmung des konkreten Inhalts einen Spielraum eröffnete, enthält Art. 58 Abs. 2 DSGVO auch insoweit einen abgestuften Maßnahmenkatalog. Das Vorgehen der Aufsichtsbehörden gegen datenschutzrechtliche Verstöße muss durch einen Abhilfetatbestand des Art. 58 Abs. 2 DSGVO gedeckt sein.
Aufgrund solcher Unterschiede hätte es deutlicher Hinweise in der Datenschutz-Grundverordnung für die Annahme bedurft, dass der Normgeber der Europäischen Union nicht nur ein einheitliches unionsrechtliches Datenschutzrecht für die Zukunft geschaffen, sondern darüber hinaus bestimmt hat, dass datenschutzrechtliche Entscheidungen, die die Aufsichtsbehörden noch nach dem nationalen Datenschutzrecht getroffen haben, rückwirkend an den anderen Strukturen der Datenschutz-Grundverordnung zu messen sind. Derartige Hinweise enthalten weder der Text der Datenschutz-Grundverordnung noch die Erwägungsgründe. Vielmehr bestimmt Art. 96 DSGVO die Fortgeltung der vor dem 24. Mai 2016 geschlossenen Übereinkünfte der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten und internationalen Organisationen über die Übermittlung personenbezogener Daten.
5. Ungeachtet dessen fände die streitbefangene Anordnung ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 58 Abs. 2 Buchst. d i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO. Die Beklagte hat daher keinen Anlass nach Maßgabe der §§ 49 ff. VwVfG zu prüfen, ob sie die Anordnung für die Zukunft aufrechterhält.
a) Die Anordnung, die Digitalkamera so auszurichten, dass sie den öffentlich zugänglichen Bereich der Zahnarztpraxis der Klägerin nicht erfasst, kann der Abhilfebefugnis nach Art. 58 Abs. 2 Buchst. d DSGVO zugeordnet werden. Danach kann die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen anweisen, Verarbeitungsvorgänge auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums in Einklang mit der Verordnung zu bringen. Diese Befugnis soll als Auffangtatbestand grundsätzlich jeden Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung, d.h. jede unionsrechtswidrige Verarbeitung von personenbezogenen Daten erfassen (Weichert, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-Datenschutz-Grundverordnung und BDSG-neu, 2018, DSGVO Art. 58 Rn. 33 f.; Kugelmann/Buchmann, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, Art. 58 DS-GVO Rn. 91).
Die Bilder, die das von der Klägerin eingesetzte Kamera-Monitor-System herstellt, enthalten aufgrund der Erkennbarkeit der abgebildeten Personen personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO (vgl. unter 2.b)). Bei den Bildaufnahmen handelt es sich um eine Verarbeitung dieser Daten. Nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO ist darunter jeder Vorgang zu verstehen, der mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten ausgeführt wird. Die sich an diese Begriffsbestimmung anschließende, ersichtlich umfassende Aufzählung von Vorgängen in Art. 4 Nr. 2 DSGVO zeigt, dass der Begriff der Verarbeitung jeglichen Umgang mit personenbezogenen Daten erfasst.
b) Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verarbeitung sind in Art. 6 Abs. 1 DSGVO abschließend geregelt, wobei die Absätze 2 und 3 begrenzte Öffnungsklauseln zugunsten der Mitgliedstaaten enthalten. Haben die Betroffenen wie im vorliegenden Fall nicht rechtswirksam in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 4 Nr. 11 DSGVO), sind Verarbeitungsvorgänge nur rechtmäßig, wenn sie auf mindestens einen Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 DSGVO gestützt werden können.
Datenverarbeitungen durch Privatpersonen wie die Videoüberwachung der Klägerin können von vornherein nicht auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO gestützt werden. Danach muss die Datenverarbeitung erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe sein, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Eine zusätzliche Abwägung mit den Interessen der Betroffenen ist nicht vorgesehen. Dies lässt sich in Anbetracht des hohen Stellenwerts des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen nur rechtfertigen, wenn der Anwendungsbereich des Tatbestands entsprechend seinem Wortlaut auf behördliche oder staatlich veranlasste Verarbeitungsvorgänge beschränkt wird. Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterfällt dem Schutzbereich der Grundrechte auf Privatleben nach Art. 7 und auf Schutz der eigenen Daten nach Art. 8 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - Rn. 28).
Dementsprechend erfasst Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO Datenverarbeitungen durch Behörden, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben vornehmen. Privatpersonen können sich darauf nur berufen, wenn ihnen die Befugnis, auf personenbezogene Daten zuzugreifen, im öffentlichen Interesse oder als Ausübung öffentlicher Gewalt übertragen ist. Sie müssen anstelle einer Behörde tätig werden. Dies setzt einen wie auch immer gestalteten staatlichen Übertragungsakt voraus. Eine Privatperson kann sich nicht selbst zum Sachwalter des öffentlichen Interesses erklären. Insbesondere ist sie nicht neben oder gar anstelle der Ordnungsbehörden zum Schutz der öffentlichen Sicherheit berufen. Beim Schutz individueller Rechtsgüter, seien es ihre eigenen oder diejenigen Dritter, verfolgt sie keine öffentlichen, sondern private Interessen (Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 6 DS-GVO Rn. 111 ff.; Kramer, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 5. Aufl. 2017, Art. 6 Rn. 24 f.; Pabst, in: Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2018, Art. 6 DS-GVO Rn. 95; Wedde, in: Däubler/Wedde/Weichert/Sommer, EU-Datenschutz-Grundverordnung und BDSG-neu, 2018, DSGVO Art. 6 Rn. 87 und 89). Somit kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO um einen eigenständigen Erlaubnistatbestand handelt oder die Bestimmung durch unionsrechtliche oder nationale Bestimmungen über behördliche Datenverarbeitungen im öffentlichen Interesse ausgefüllt werden muss (vgl. Schulz, in: Gola, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 48 und 197).
Daraus folgt, dass die Öffnungsklauseln des Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO für Verarbeitungen nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO Videoüberwachungen privater Verantwortlicher nicht erfassen. Aufgrund dessen ist kein Raum für eine künftige Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 1 des seit 25. Mai 2018 geltenden Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097) - BDSG n.F. - als wortgleicher Nachfolgeregelung des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. auf Videoüberwachungen privater Verantwortlicher. Diese sind an Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO zu messen. Danach muss die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sein, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Das zweistufige Prüfprogramm dieser Bestimmung entspricht demjenigen des § 6b Abs. 1 BDSG a.F. Die Verarbeitung ist erforderlich, wenn der Verantwortliche zur Wahrung berechtigter, d.h. schutzwürdiger und objektiv begründbarer Interessen darauf angewiesen ist. Eine nach diesem Maßstab erforderliche Verarbeitung ist zulässig, wenn die Abwägung in dem jeweiligen Einzelfall ergibt, dass berechtigte Interessen des Verantwortlichen höher zu veranschlagen sind als das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Hierfür ist nach Erwägungsgrund 47 zur Datenschutz-Grundverordnung unter anderem bedeutsam, ob die Datenverarbeitung für die Verhinderung von Straftaten unbedingt erforderlich ist, ob sie absehbar, d.h. branchenüblich ist, oder ob die Betroffenen in der konkreten Situation vernünftigerweise damit rechnen müssen, dass ihre Daten verarbeitet werden.
Danach wäre die Videoüberwachung des öffentlich zugänglichen Bereichs der Zahnarztpraxis der Klägerin auch nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO unzulässig, weil sie nicht erforderlich ist, um berechtigte Interessen der Klägerin zu wahren. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Erforderlichkeit nach § 6b Abs. 1 BDSG a.F. unter 3.b) verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.