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Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des für das beklagte Land Nordrhein-Westfalen handelnden Justizprüfungsamtes bei dem Oberlandesgericht Hamm (Justizprüfungsamt), wonach sie die staatliche Pflichtfachprüfung, die selbständiger Bestandteil der ersten juristischen Prüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG, § 2 Abs. 1 JAG NRW ist, als Wiederholerin nicht bestanden hat.
Nachdem die Klägerin - seinerzeit türkische Staatsangehörige - die Aufsichtsarbeiten nach § 10 Abs. 2 und § 13 JAG NRW absolviert hatte, lud sie das Justizprüfungsamt unter dem 22. Dezember 2014 zur mündlichen Prüfung gemäß § 10 Abs. 3 und § 15 JAG NRW am 21. Januar 2015 in dem Landgericht Bielefeld. Die Klägerin erschien pünktlich zu der in dem Ladungsschreiben angegebenen Uhrzeit zu dem Vorstellungsgespräch bei dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses. Dieser unterrichtete sie über die zeitliche Abfolge der Vorträge und des Prüfungsgesprächs als den nach § 10 Abs. 3 Satz 1 JAG NRW in der mündlichen Prüfung zu erbringenden Prüfungsleistungen. Hiernach sollte die Prüfung, nachdem alle geladenen Prüfungskandidatinnen ihre Vorträge gehalten haben würden, um 11:30 Uhr mit dem Prüfungsgespräch fortgesetzt werden. Die Klägerin absolvierte ihren Vortrag als Erste. Um die für die Vorträge der anderen Kandidatinnen benötigte Zeit zu überbrücken, verließ sie kurz nach 10:30 Uhr das Landgerichtsgebäude und besuchte eine Bekannte in deren nahe gelegener Wohnung. Sie fand sich erst um 11:50 Uhr wieder vor dem Prüfungsraum ein, in dem das Prüfungsgespräch bereits seit 11:45 Uhr lief. Die Aufsicht führende Wachtmeisterin verweigerte ihr den Einlass. In der Pause des Prüfungsgesprächs versagte ihr der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Teilnahme an dem restlichen Prüfungsgespräch.
Das Justizprüfungsamt erklärte nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 9. März 2015 die staatliche Pflichtfachprüfung unter Verweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW für nicht bestanden. Die Klägerin habe im Sinne dieser Vorschrift den Termin für die mündliche Prüfung nicht bis zum Ende der Prüfung wahrgenommen. Sie habe das Landgericht Bielefeld nach ihrem Vortrag verlassen und sei nicht rechtzeitig zum Beginn des Prüfungsgesprächs zurückgekehrt, so dass die mündliche Prüfung ohne sie habe fortgesetzt werden müssen. Die Klägerin habe dieses Versäumnis nicht genügend entschuldigt.
Die von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 20. Juni 2017 - 14 A 2441/16 - (NWVBl. 2017, 484) zurückgewiesen: Die staatliche Pflichtfachprüfung sei nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW für nicht bestanden zu erklären gewesen, weil die Klägerin zwar den Vortrag als ersten Teil der mündlichen Prüfung absolviert, den restlichen Termin aber ohne genügende Entschuldigung nicht bis zum Ende wahrgenommen habe. Sie sei der Prüfung ab deren Fortsetzung mit dem Prüfungsgespräch um 11:45 Uhr unentschuldigt ferngeblieben. Da sie ihr verspätetes Erscheinen zu dem Prüfungsgespräch nicht entschuldigt habe, habe sie es auch zu vertreten, dass sie nach ihrem Erscheinen nicht an der weiteren Prüfung habe teilnehmen dürfen. Zunächst habe ihr die Aufsicht führende Wachtmeisterin den Zutritt zu dem Prüfungsraum und zu der bereits seit fünf Minuten laufenden Prüfung zu Recht verweigert. Es sei davon auszugehen gewesen, dass zumindest der dem ersten Teil des Prüfungsgesprächs zu Grunde liegende Sachverhalt bereits geschildert und eine erste Prüfungsfrage dazu gestellt gewesen sei. Der Zutritt der Klägerin und die Klärung seiner Berechtigung hätten eine Unterbrechung und einen Neubeginn der Prüfung erfordert. Die damit verbundene Störung der anderen Prüflinge habe im Interesse der Chancengleichheit der Prüflinge verhindert werden müssen. Sodann habe in der Pause des Prüfungsgesprächs der Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Klägerin die Teilnahme an dem restlichen Prüfungsgespräch in rechtmäßiger Weise versagt. Obwohl es üblich sei, das Prüfungsgespräch in drei Abschnitte (bürgerliches Recht, öffentliches Recht und Strafrecht) zu unterteilen, habe der Prüfungsausschuss das Prüfungsgespräch als Prüfungsleistung nach § 18 Abs. 3 Satz 2 JAG NRW einheitlich zu bewerten und nicht aus einzeln bewerteten Prüfungsabschnitten einen rechnerischen Gesamtwert zu bilden. Der Bewertung müsse ein vollständiges Prüfungsgespräch zu Grunde liegen. Das Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung wegen nicht genügend entschuldigter geringer Verspätung sei trotz der schwerwiegenden Auswirkungen auf die Berufsfreiheit der Klägerin nicht unverhältnismäßig. Die Erklärung des Nichtbestehens sei generell geeignet, einen Abbruch der staatlichen Pflichtfachprüfung zu unterbinden, den ein Prüfling missbräuchlich vornehme, um einen späteren Termin zur mündlichen Prüfung und damit mehr Vorbereitungszeit, einen anderen Prüfungsausschuss oder einen anderen Vortrag zu erhalten. Ein milderes Mittel zur Erreichung dieses Ziels sei zwar trotz der in § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW vorgesehenen gebundenen Nichtbestehensentscheidung grundsätzlich in Betracht zu ziehen, aber hier nicht gegeben. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin, der nach § 18 Abs. 3 Satz 2 JAG NRW eine eigenständige Prüfungsleistung darstelle, mit der Höchstpunktzahl von 18 Punkten bewertet worden wäre, hätte die Klägerin nicht die nach § 18 Abs. 2 JAG NRW für das Bestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung erforderliche Gesamtnote von 4 Punkten, sondern lediglich 3,9 Punkte erreicht. Einer Bewertung des versäumten ersten Abschnitts des Prüfungsgesprächs mit 0 Punkten bei gleichzeitiger Zulassung der Klägerin zu dem Rest des Gesprächs habe entgegengestanden, dass nach § 18 Abs. 3 Satz 2 JAG NRW nicht ein solcher Abschnitt, sondern nur das Prüfungsgespräch als Ganzes als eigenständige Prüfungsleistung ausgestaltet sei. Eine Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne sei nicht gegeben, weil geringfügige Verspätungen auch sonst weitreichende Folgen haben könnten und die Möglichkeit zur Entschuldigung der Verspätung bestehe.
Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, die Erklärung ihrer staatlichen Pflichtfachprüfung für nicht bestanden aufzuheben. Sie macht geltend, die landesrechtliche Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW sei wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungswidrig, wenn sie in der von dem Justizprüfungsamt und den Vorinstanzen befürworteten Weise angewandt werde.
Das beklagte Land verteidigt das Berufungsurteil und begehrt die Zurückweisung der Revision.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil steht nur insoweit im Einklang mit Bundesrecht nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, als das Oberverwaltungsgericht das mit der Klage verfolgte Begehren der Klägerin im Anschluss an die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts als statthafte und auch sonst zulässige Anfechtung des Bescheids des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 behandelt hat (1.). Bundesrecht verletzt das Oberverwaltungsgericht mit der sein Urteil tragenden Annahme, der Bescheid könne auf § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen - JAG NRW) vom 11. März 2003 (GV.NRW. S. 135), in der hier anwendbaren, zuletzt durch Art. 8 des Gesetzes vom 4. Februar 2014 (GV.NRW. S. 104) geänderten Fassung gestützt werden. Diese landesrechtliche Vorschrift verstößt in der für den Senat bindenden Auslegung, die sie durch das Oberverwaltungsgericht erfahren hat (2.), gegen die strengen Anforderungen, denen Sanktionsnormen im Rahmen berufsbezogener Prüfungen nach dem bundesverfassungsrechtlichen Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG in Bezug auf ihre Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit unterliegen (3.). Von dem bundesverfassungsrechtlich unbedenklichen Regelungsgehalt, auf den die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW in verfassungskonformer Auslegung zu reduzieren ist, wird der Fall der Klägerin nicht erfasst (4.). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar (5.). Der Senat kann nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO durch Aufhebung des Bescheids des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 in der Sache selbst entscheiden (6.).
1. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 ist nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klägerin ist für ihr Begehren, mit der staatlichen Pflichtfachprüfung nach Absolvierung der Aufsichtsarbeiten gemäß § 10 Abs. 2 und § 13 JAG NRW mit der - erneuten - Ableistung der mündlichen Prüfung im Sinne von § 10 Abs. 3 und § 15 JAG NRW fortfahren zu dürfen, nicht auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO verwiesen. Einem Prüfling erwächst im Rahmen des durch die Zulassung zu einer Prüfung begründeten Prüfungsrechtsverhältnisses zwischen ihm und der Prüfungsbehörde ein Anspruch auf Durchführung des Prüfungsverfahrens. Das Prüfungsrechtsverhältnis und der Prüfungsanspruch erlöschen mit dem Abschluss der Prüfung. Wird indes eine negative Prüfungsentscheidung - hier der Bescheid des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 - durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage beseitigt, leben das Prüfungsrechtsverhältnis und der Prüfungsanspruch wieder auf. Die Prüfung ist in dem Stand, in dem sie sich vor dem Ergehen des Verwaltungsakts befand, fortzusetzen (vgl. hierzu allgemein: BVerwG, Urteile vom 14. Juli 1982 - 7 C 74.78 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 162 S. 92 und vom 6. September 1995 - 6 C 2.94 - BVerwGE 99, 208 <213> sowie Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 13 ff., 166 ff., 813, 821, 824).
Die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ist für die Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 GG herzuleiten. Zwar ergeben sich die im vorliegenden Fall relevanten bundesrechtlichen Maßgaben für Entscheidungen in berufsbezogenen Prüfungen, zu denen die staatliche Pflichtfachprüfung im Rahmen der ersten juristischen Prüfung gehört (entsprechend für das Pendant der universitären Schwerpunktbereichsprüfung: BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2013 - 6 C 18.12 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 418 Rn. 18), aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Dem Kreis der Träger dieses Grundrechts gehörte die Klägerin nach dem eindeutigen, nur auf Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG bezogenen Normwortlaut zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Nichtbestehensentscheidung als türkische Staatsangehörige nicht an. Jedoch genießen Ausländer für ihre berufliche Betätigung und deren Vorwirkungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundrechtlichen Schutz jedenfalls über das allgemeine Freiheitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. hierzu zuletzt: BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. November 2015 - 2 BvR 282/13 u.a. - NJW 2016, 1436 Rn. 10 f. m.w.N.).
2. Bei der landesrechtlichen Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW, auf die der angefochtene Bescheid vom 9. März 2015 gestützt ist, handelt es sich um eine prüfungsrechtliche Sanktionsnorm. Sie bestimmt, dass die staatliche Pflichtfachprüfung für nicht bestanden zu erklären ist, sobald ein Prüfling ohne genügende Entschuldigung den Termin für die mündliche Prüfung nicht bis zum Ende der Prüfung wahrnimmt.
Nach der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts kann der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW nicht nur dadurch verwirklicht werden, dass ein Prüfling den Termin für die mündliche Prüfung ohne genügende Entschuldigung aus eigenem Entschluss endgültig verlässt. Erfasst werden darüber hinaus alle Fälle, in denen einem Prüfling die (weitere) Teilnahme an dem Termin wegen eines auf diesen bezogenen vorwerfbaren Verhaltens verweigert wird. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war die Klägerin - wenn auch verspätet - aus der Pause, die sich nach der Absolvierung ihres Vortrags für sie ergeben hatte, in den Termin zurückgekehrt und hatte zunächst gegenüber der Aufsicht führenden Wachtmeisterin und später gegenüber dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nachdrücklich darum nachgesucht, sie an der mit dem Prüfungsgespräch fortgesetzten Prüfung teilnehmen zu lassen. Damit hatte sie kundgetan, dass sie den Termin bis zum Ende der Prüfung wahrnehmen wollte. Das Oberverwaltungsgericht hat den Tatbestand der Norm dadurch erfüllt gesehen, dass der Klägerin nach ihrer verspäteten Pausenrückkehr die Teilnahme an dem bereits begonnenen Prüfungsgespräch wegen des Anspruchs der übrigen Prüflinge auf ein ungestörtes Prüfungsgespräch bzw. wegen dessen normativer Ausgestaltung als einer Einheit zu Recht verweigert worden sei. Diesen Ausschluss von der weiteren Prüfungsteilnahme habe die Klägerin wegen ihrer unentschuldigten Verspätung in Bezug auf die ihr mitgeteilte Zeit für den Beginn des Prüfungsgesprächs zu vertreten. Anhaltspunkte dafür, dass der Normtatbestand nach dem Verständnis des Oberverwaltungsgerichts auf bestimmte Gründe für den Teilnahmeausschluss oder auf bestimmte Arten des dem jeweiligen Prüfling vorwerfbaren Verhaltens beschränkt sein könnte, finden sich in dem Berufungsurteil nicht.
Die Rechtsfolge eines hiernach tatbestandlichen Verhaltens besteht nach dem Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts nur im Regelfall in dem nach dem Wortlaut der Vorschrift bindend vorgeschriebenen Nichtbestehen der gesamten staatlichen Pflichtfachprüfung. Denn das Oberverwaltungsgericht hat es für möglich gehalten, dass im Einzelfall aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der Vortrag oder das gesamte Prüfungsgespräch mit 0 Punkten bewertet werden, wenn ein Prüfling diese nach § 18 Abs. 3 Satz 2 JAG NRW eigenständigen Prüfungsleistungen ganz oder teilweise versäumt hat. Dies ergibt sich daraus, dass das Oberverwaltungsgericht eine Bewertung des gehaltenen, aber nicht mehr benoteten Vortrags der Klägerin mit 18 Punkten unterstellt und in Bezug auf das Prüfungsgespräch nur ausgeschlossen hat, den versäumten Abschnitt desselben isoliert mit 0 Punkten zu bewerten.
3. Ob das Oberverwaltungsgericht § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW als Landesrecht zutreffend ausgelegt hat, ist der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Der Senat ist gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 1 und § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an den berufungsgerichtlich festgestellten Bedeutungsgehalt der irrevisiblen Vorschrift gebunden. Der Senat hat jedoch nachzuprüfen, ob das Ergebnis der Auslegung und Anwendung des Landesrechts mit Bundesrecht im Einklang steht, was insbesondere dann nicht der Fall ist, wenn sich das Normverständnis des Berufungsgerichts als unvereinbar mit Bundesverfassungsrecht erweist (vgl. allgemein nur: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 6 C 19.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:141216U6C19.15.0] - BVerwGE 157, 46 Rn. 6). Eine solche Unvereinbarkeit ist hier gegeben.
Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW steht mit dem Inhalt, den ihr das Oberverwaltungsgericht durch seine Auslegung beigemessen und auf den es für seine Entscheidung abgestellt hat, nicht im Einklang mit den Maßgaben, denen Sanktionsnormen im Rahmen berufsbezogener Prüfungen als Ermächtigungen für Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl im Hinblick auf ihre Bestimmtheit (a.) und ihre Verhältnismäßigkeit (b.) genügen müssen. Diese Maßgaben sind auf die Klägerin, die sich - wie erwähnt - als türkische Staatsangehörige zu dem Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung des Justizprüfungsamtes nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen konnte, über Art. 2 Abs. 1 GG entsprechend anwendbar. Mit dieser veränderten grundrechtlichen Anknüpfung ist eine Absenkung des Schutzniveaus (vgl. zu dieser in anderem Zusammenhang: BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 u.a. - BVerfGE 78, 179 <196 f.>; Urteil vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 <346>) schon wegen des in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnden Grundsatzes der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit und darüber hinaus im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht verbunden (in diesem Sinne ohne Beschränkung auf Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union: BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. November 2010 - 1 BvR 3389/08 - NVwZ 2011, 486 <488>).
a. Berufsbezogene Prüfungen sollen Aufschluss darüber geben, ob die Prüflinge über diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die einen Erfolg der Berufsausbildung und eine einwandfreie Berufsausübung erwarten lassen. Auf Grund des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG obliegt es dem zuständigen Normgeber, den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem, das Prüfungsverfahren sowie die Bestehensvoraussetzungen festzulegen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 <45> und - 1 BvR 1529/84 u.a. - BVerfGE 84, 59 <72> sowie näher: BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2013 - 6 C 18.12 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 418 Rn. 19 ff.; Beschluss vom 22. Juni 2016 - 6 B 21.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:220616B6B21.16.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 424 Rn. 10 und Urteil vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 [ECLI:DE:BVerwG:2017:150317U6C46.15.0] - Buchholz 451.33 SprG Nr. 4 Rn. 11, 14). Dem Gesetzesvorbehalt unterfällt insbesondere auch jede Form der Sanktionierung des Fehlverhaltens eines Prüflings (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1979 - 1 BvR 1022/78 - BVerfGE 52, 380 <388>; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 - 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 59; Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 21 sowie Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 30, 221, 228). Dieser Gesetzesvorbehalt wird konkretisiert durch das prüfungsspezifische Bestimmtheitsgebot. Danach muss vor allem die Grenze zwischen dem Bestehen und dem Nichtbestehen einer Prüfung von dem Normgeber eindeutig gezogen sein (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Juni 1993 - 6 B 35.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 315 S. 286, vom 9. Juni 1995 - 6 B 100.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 350 S. 79 f. und vom 13. Mai 2004 - 6 B 25.04 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406 S. 66). Dementsprechend unterliegen die Rechtsgrundlagen für die Verhängung von Sanktionen, die sich auf das Bestehen einer Prüfung auswirken, besonders strengen Bestimmtheitsanforderungen. Sowohl das zu sanktionierende Verhalten als auch die an dieses geknüpfte Sanktionsfolge müssen so klar ersichtlich sein, dass jeder Prüfling sein Verhalten problemlos danach ausrichten und jede Gefahr des Eingriffs in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG vermeiden kann (BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 - 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 59 f.; Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 21, 25 a.E.).
Diesen Anforderungen an die normative Bestimmtheit von Sanktionsnormen im Rahmen berufsbezogener Prüfungen wird die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht nicht gerecht. Vielmehr verschwimmt als Folge dieser Auslegung die Grenze zwischen dem Bestehen und dem Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung in nicht hinnehmbarer Weise. Die Anwendung der Sanktionsnorm ist danach für die Prüflinge in keiner Weise vorhersehbar.
Nach der Interpretation des Normtatbestands durch das Oberverwaltungsgericht kann jedwedes auf den Termin für die mündliche Prüfung bezogene vorwerfbare Verhalten eines Prüflings dazu führen, dass ihm seine (weitere) Prüfungsteilnahme unter Berufung auf allgemeine prüfungsrechtliche Grundsätze verweigert und er mit einer Sanktion belegt wird. Dies führt nicht nur zu einer Überschneidung mit dem Anwendungsbereich der Sanktionsvorschrift des § 22 Abs. 1 und 3 JAG NRW für ordnungswidriges Verhalten. Die Norm gewinnt darüber hinaus ganz allgemein den Charakter einer sanktionsrechtlichen Generalklausel. Hinzu kommt, dass die Modifikationen der als zwingend vorgesehenen Rechtsfolge des Nichtbestehens der staatlichen Pflichtfachprüfung, die das Oberverwaltungsgericht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in Einzelfällen für möglich erachtet, als solche und in Bezug auf ihre Voraussetzungen im Wortlaut der Vorschrift in keiner Weise aufscheinen. Hierdurch wird nicht nur das Eingreifen der nach dem Normwortlaut zwingenden Rechtsfolge unkalkulierbar. Die Modifikationen stellen, weil sie zu der Bewertung des Vortrags bzw. des Prüfungsgesprächs mit 0 Punkten führen können, ihrerseits Grundrechtseingriffe von beträchtlichem Gewicht dar, die nach dem prüfungsspezifischen Bestimmtheitsgebot in der Ermächtigungsgrundlage ausdrücklich benannt sein müssten.
b. Normative Regelungen von berufsbezogenen Prüfungen müssen, um als Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl gerechtfertigt zu sein, ferner dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, das heißt einem legitimen Zweck dienen und als Mittel zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dabei haben Sanktionsvorschriften als besonders sensibel zu gelten, wenngleich der zuständige Normgeber bei ihrer Ausgestaltung auch dem Gesichtspunkt der Generalprävention Rechnung tragen und in deren Sinne einen gewissen Abschreckungseffekt erzeugen darf (BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 - 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 59 ff.; Urteile vom 13. Mai 1998 - 6 C 12.98 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 388 S. 212 f., vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 21 ff. und vom 21. Juni 2017 - 6 C 3.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:210617U6C3.16.0] - BVerwGE 159, 148 Rn. 26). Auch zu diesen Maßgaben steht die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW mit dem Inhalt, den ihr das Oberverwaltungsgericht beigemessen hat, in Widerspruch.
Allerdings bestehen keine Bedenken gegen die Legitimität der gesetzgeberischen Zwecksetzung, die der Norm nach der für den Senat verbindlichen Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zu Grunde liegt. Hiernach will der Landesgesetzgeber mit der Vorschrift unterbinden, dass ein Prüfling die mündliche Prüfung abbricht, um einen späteren Prüfungstermin und damit mehr Vorbereitungszeit oder einen anderen Prüfungsausschuss bzw. einen anderen Vortrag zu erhalten, und damit ein als missbräuchlich anzusehendes Verhalten an den Tag legt. Das gesetzgeberische Ziel, ein beliebiges Aussteigen eines Prüflings aus der Prüfung und eine damit verbundene einseitige Veränderung der Prüfungsbedingungen zu seinen Gunsten zu verhindern, ist vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG schon deshalb nicht zu beanstanden, weil es der Wahrung des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit dient (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1982 - 7 C 74.78 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 162 S. 90 f.; Beschluss vom 16. Februar 2017 - 6 B 58.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:160217B6B58.16.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 428 Rn. 8 ff.). Dass § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW in seiner weiten Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht - auch - zur Erreichung dieses Gesetzeszwecks geeignet ist, steht ebenfalls nicht in Frage.
Indes erfasst die Vorschrift mit dem ihr von dem Oberverwaltungsgericht beigemessenen weiten Anwendungsbereich auch Fallgestaltungen, in denen eine Sanktionierung weder mit dem nach dem Normwortlaut vorgesehenen Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung noch mit der von dem Oberverwaltungsgericht für möglich erachteten Bewertung des Vortrags bzw. des gesamten Prüfungsgesprächs mit 0 Punkten erforderlich bzw. angemessen ist. Dies sind diejenigen Konstellationen, in denen es dem betroffenen Prüfling - wie hier der Klägerin - nicht um einen missbräuchlichen Ausstieg aus der mündlichen Prüfung geht, sondern in denen ein Fehlverhalten - wie hier eine verspätete Rückkehr aus einer Pause - in Rede steht, das den Normzweck des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW nicht berührt und das auch nicht dazu führt, dass die mündliche Prüfung in ihrer Gesamtheit oder im Hinblick auf die in ihr zu erbringenden Leistungen des Vortrags bzw. des Prüfungsgesprächs ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann.
Für die Sanktionierung derartiger Pflichtverstöße, die allein im Interesse eines störungsfreien Prüfungsverlaufs unterbunden werden müssen, ist der Landesgesetzgeber auf den Einsatz milderer und in ihrer grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkung dem verfolgten Zweck angepasster Mittel verwiesen, etwa in Anlehnung an die differenzierten Regelungen des § 22 Abs. 1 JAG NRW. Was speziell Pflichtverstöße in Bezug auf das Prüfungsgespräch anbelangt, hält sich zwar die grundsätzliche Entscheidung des Landesgesetzgebers, dieses in Abkehr von der in der vormaligen ersten juristischen Staatsprüfung bewährten Aufteilung der mündlichen Prüfung in einzeln zu bewertende Teile bzw. Abschnitte als Einheit auszugestalten (LT-Drs. 13/3197 S. 74 f., 81 f.) - obwohl für die Transparenz der Leistungsbewertung nicht förderlich - im Rahmen des Einschätzungsspielraums, der dem zuständigen Normgeber im Prüfungsrecht zukommt (vgl. dazu: BVerwG, Urteile vom 29. Mai 2013 - 6 C 18.12 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 418 Rn. 29 und vom 15. März 2017 - 6 C 46.15 - Buchholz 451.33 SprG Nr. 4 Rn. 12). Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch auf der Sanktionsebene eine separate Bewertung nur eines Abschnitts des Prüfungsgesprächs mit 0 Punkten als ein im Vergleich mit einer solchen Bewertung des gesamten Gesprächs milderes Mittel auszuscheiden hätte. Dem stehen beachtliche Umsetzungsschwierigkeiten schon deshalb nicht entgegen, weil das Prüfungsgespräch, wie von dem Oberverwaltungsgericht festgestellt sowie von dem Landesgesetzgeber vorausgesehen und toleriert (LT-Drs. 13/3197 a.a.O.), in der Praxis ohnehin üblicherweise für die Prüfung der drei großen Rechtsgebiete des Zivilrechts, des Strafrechts und des öffentlichen Rechts in drei Abschnitte aufgeteilt wird.
4. Verstößt eine Norm des Landesrechts in der Auslegung durch das angefochtene Urteil gegen Bundesverfassungsrecht, ist das Revisionsgericht nicht an die Auslegung gebunden, sondern zur eigenen Auslegung berechtigt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 - 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 31 m.w.N.). Die in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht bundesverfassungswidrige Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW kann und muss verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass tatbestandlich nur diejenigen Fallgestaltungen erfasst werden, in denen ein Prüfling aus der begonnenen mündlichen Prüfung aus eigenem Entschluss ohne genügende Entschuldigung endgültig aussteigt, und hieran die Rechtsfolge des Nichtbestehens der staatlichen Pflichtfachprüfung geknüpft wird.
In dieser Auslegung weist die Norm weder in ihrem Tatbestand noch im Hinblick auf die vorgesehene Rechtsfolge eine Undeutlichkeit auf und genügt damit dem prüfungsspezifischen Bestimmtheitsgebot. Ebenso wenig verstößt sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist insbesondere nicht unangemessen, dass der nicht genügend entschuldigte einseitige und endgültige Ausstieg eines Prüflings aus der mündlichen Prüfung nicht nur das Nichtbestehen dieses Prüfungsteils, sondern das Nichtbestehen der gesamten staatlichen Pflichtfachprüfung zur zwingenden Folge hat. Insoweit trägt die Regelung dem verfassungsrechtlich fundierten prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit Rechnung und ist ferner deshalb hinnehmbar, weil Sanktionen im Prüfungsrecht - wie erwähnt - auch generalpräventiv wirken und einen Abschreckungseffekt erzeugen dürfen.
Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Lassen die anerkannten Auslegungsmethoden mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, ist diese geboten. Die verfassungskonforme Auslegung muss insbesondere von dem Wortlaut des Gesetzes gedeckt sein und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahren. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <358>, vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274> und vom 16. Dezember 2014 - 1 BvR 2142/11 - BVerfGE 138, 64 Rn. 86). Diese Voraussetzungen sind für die hier gebotene einschränkende Norminterpretation erfüllt.
Die restriktive Deutung entspricht dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW sowohl im Hinblick auf den Tatbestand der Norm als auch hinsichtlich der vorgesehenen Rechtsfolge ohne weiteres und viel deutlicher als die weite Auslegung des Oberverwaltungsgerichts. Sie befindet sich darüber hinaus im Einklang mit der Gesetzessystematik, da - anders als dies bei der weiten Auslegung der Fall ist - eine Überschneidung mit dem Anwendungsbereich der Sanktionsvorschrift des § 22 Abs. 1 und 3 JAG NRW vermieden wird. Sie steht ferner in weitestgehender Übereinstimmung mit dem der Norm seitens des Landesgesetzgebers beigemessenen Zweck, weil der Kernbestand der in Frage kommenden Fälle, in denen ein Prüfling die Prüfungsbedingungen missbräuchlich zu seinen Gunsten verändern will, zuverlässig erfasst wird.
Der zur Entscheidung stehende Fall der Klägerin unterfällt dem auf diese Weise in verfassungskonformer Auslegung begrenzten Regelungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW nicht.
5. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stellt sich nicht deshalb im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar, weil der angegriffene Bescheid des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 anstelle der für ihn als Grundlage nicht tragfähigen Bestimmung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW auf die Sanktionsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 JAG NRW gestützt werden könnte. Nach der letztgenannten Norm kann als Folge eines ordnungswidrigen Verhaltens die staatliche Pflichtfachprüfung für nicht bestanden erklärt werden. Die Anordnung der in Rede stehenden Sanktion steht also im Ermessen des Justizprüfungsamtes. Ein solches Ermessen hat das Amt im vorliegenden Fall nicht ausgeübt.
6. Da es für den angegriffenen Bescheid des Justizprüfungsamtes vom 9. März 2015 an einer tragfähigen Rechtsgrundlage fehlt, ist dieser aufzuheben. Diese Entscheidung kann der Senat nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO selbst treffen.
Das Justizprüfungsamt hat die Klägerin in der Folge erneut zur mündlichen Prüfung im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung zu laden. Die Klägerin muss in der mündlichen Prüfung neben dem Prüfungsgespräch auch den Vortrag als Prüfungsleistung absolvieren. Ihr bereits am 21. Januar 2015 gehaltener Vortrag kann schon deshalb nicht mehr in Ansatz gebracht werden, weil er seinerzeit nicht bewertet worden ist und nach der inzwischen vergangenen Zeitspanne auch nicht mehr bewertet werden kann (vgl. dazu allgemein: BVerwG, Beschluss vom 11. April 1996 - 6 B 13.96 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 363 S. 132 ff.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - 6 C 14.01 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 400 S. 38 f.). Es kann erwartet werden, dass das Justizprüfungsamt im Hinblick auf den Zeitpunkt der mündlichen Prüfung die besondere, durch die Dauer des Klageverfahrens bedingte Situation der Klägerin angemessen berücksichtigen wird.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.