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Die Kläger sind zu bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern bestellte Schornsteinfegermeister. Sie haben sich zu einer Gesellschaft, der F. GmbH & Co. KG, zusammengeschlossen, die in der Handwerksrolle eingetragen ist. Dort sind sie als deren Betriebsleiter vermerkt.
Mit Bescheiden vom 26. und vom 27. November 2013 teilte die Beklagte den Klägern ihre Absicht mit, sie im Hinblick auf ihre Tätigkeit als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger von Amts wegen als natürliche Personen in die Handwerksrolle einzutragen, falls bis zum 10. Dezember 2013 kein Eintragungsantrag gestellt werde. Die Kläger unterlägen als Ausübende eines zulassungspflichtigen Handwerks der Eintragungspflicht nach der Handwerksordnung. Nach erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht die Eintragungsmitteilungen aufgehoben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klagen gegen die Eintragungsmitteilungen mit Urteil vom 15. Juni 2017 abgewiesen. Die Kläger seien als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sowohl nach § 8 Abs. 2 des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes in der zur Zeit des Berufungsurteils geltenden Fassung (vom 26. November 2008, BGBl. I S. 2242, zuletzt geändert am 31. August 2015, BGBl. I S. 1474) als auch nach allgemeinen gewerberechtlichen Kriterien selbständige Gewerbetreibende und nach § 1 Abs. 1 HwO eintragungspflichtig. Auch das von ihnen praktizierte Geschäftsmodell spreche für die Selbständigkeit ihres Betriebes. Sie erließen ihre Bescheide im eigenen Namen und handelten arbeitsorganisatorisch eigenverantwortlich sowie auf eigene Rechnung. Ihre Gesellschaft stelle sich eher als Bürogemeinschaft dar.
Mit ihren Revisionen machen die Kläger geltend, ihre Tätigkeit als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sei hoheitlich und könne deshalb nicht als gewerblich eingeordnet werden. Sie sei nicht durch die Gewerbefreiheit geprägt, sondern gesetzlich ausgestaltet. Als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger unterhielten die Kläger keinen selbständigen Betrieb. Die zwischenzeitlich eingefügte Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG solle lediglich klarstellen, dass bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger neben ihrer hoheitlichen Tätigkeit gewerblich tätig werden dürften. Nur insoweit bestehe, sofern die rein gewerbliche Tätigkeit nicht durch die Eintragung einer Gesellschaft abgedeckt sei, eine Eintragungspflicht in die Handwerksrolle. § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG fingiere keinen eintragungspflichtigen Tatbestand der selbständigen gewerblichen Tätigkeit, sondern verweise auf die allgemeinen Eintragungsvoraussetzungen nach der Handwerksordnung. Diese lägen bei den Klägern nicht vor. Eine Eintragungspflicht für bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger wäre zudem unverhältnismäßig, weil eine Eintragung nach Anlage D der Handwerksordnung ihre Bevollmächtigung zur Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe nicht erkennen lasse.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2017 zu ändern und die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. April 2016 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Berufungsurteil. Mit der Anfügung des Satzes 2 in § 8 Abs. 2 SchfHwG habe der Gesetzgeber unter anderem auf das vorliegende Verwaltungsgerichtsverfahren reagiert und die bereits aus Satz 1 der Regelung folgende Eintragungspflicht für bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger deklaratorisch klargestellt. Eine hoheitliche Tätigkeit und der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks schlössen einander nicht aus, sondern könnten zusammenfallen.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil ebenfalls für zutreffend. Bezirksschornsteinfeger übten kraft Gesetzes eine selbständige gewerbliche Tätigkeit aus und seien nach der eindeutigen Gesetzeslage als natürliche Person in die Handwerksrolle einzutragen.
Die zulässigen Revisionen sind nicht begründet. Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Die Kläger können die Eintragungsmitteilungen der Beklagten als Einzelfallregelungen ihrer Eintragungspflicht anfechten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1961 - 7 C 174.59 - NJW 1961, 844 und vom 26. April 1994 - 1 C 17.92 - BVerwGE 95, 363 <364>). Die Anfechtungsklage ist hier zudem statthaft, weil die Beklagte die Mitteilungen jeweils in der Form eines Verwaltungsaktes erlassen hat, den die Adressaten zur gerichtlichen Überprüfung stellen können müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1987 - 8 C 21.86 - BVerwGE 78, 3 <5>).
Die auf Grundlage von § 11 Alt. 1 der Handwerksordnung (HwO, in der Fassung vom 24. September 1998, BGBl. I S. 3074, zuletzt geändert am 30. Juni 2017, BGBl. I S. 2143) erlassenen Eintragungsmitteilungen sind formell rechtmäßig. Die zunächst unterbliebene Anhörung der Kläger hat die Beklagte gemäß § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. 2010 Nr. 6, S. 142) in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 503) i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt.
Das Berufungsgericht ist im Einklang mit revisiblem Recht davon ausgegangen, dass die Kläger als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger in die Handwerksrolle einzutragen sind, dass sie ihrer Eintragungspflicht nicht schon aufgrund ihrer Eintragung als Betriebsleiter der F. GmbH & Co. KG genügt haben und dass die Beklagte daher nach Ausbleiben eines Eintragungsantrages gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 HwO verpflichtet ist, sie von Amts wegen in die Handwerksrolle einzutragen.
Spätestens mit der Regelung des am 22. Juli 2017 in Kraft getretenen § 8 Abs. 2 Satz 2 des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes (SchfHwG) vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2242) in der Fassung der Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2495) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger bereits wegen ihrer Handwerksausübung im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit der Eintragungspflicht nach der Handwerksordnung unterliegen. Diese Vorschrift ist auf die Kläger anzuwenden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Mitteilung nach § 11 HwO, mit der die künftige Eintragung in die Handwerksrolle angekündigt wird, ist zwar grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich. Der Senat hat allerdings Veränderungen der Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht das neue Recht anwenden müsste, entschiede es nach dessen Inkrafttreten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 1994 - 1 C 17.92 - BVerwGE 95, 363 <364>; Beschluss vom 9. August 2018 - 6 C 11.17 - juris Rn. 3 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG seit seinem Inkrafttreten ohne Übergangsregelung auf alle bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger Anwendung findet.
Die Kläger sind als natürliche Personen zu bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern bestellt. Damit erfüllen sie alle Voraussetzungen der Eintragungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG. Diese Regelung ist eine Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften über die Eintragung in die Handwerksrolle in § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 1 HwO. Die Eintragungspflicht für bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger ist deshalb nicht von weiteren gewerbe- oder handwerksrechtlichen Voraussetzungen abhängig. Die Neuregelung stellt klar, dass hoheitlich nur der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger selbst - als beliehene natürliche Person - tätig werden kann, und dass schon diese Tätigkeit seine Eintragungspflicht begründet.
Für die von den Klägern vertretene Auffassung, bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger unterlägen der Rolleneintragungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG nur nach Maßgabe weiterer allgemeiner handwerksrechtlicher Voraussetzungen, bleibt nach dem Wortlaut der Regelung kein Raum. Die Vorschrift ordnet an, dass bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger "auch" und damit allein schon aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit in die Handwerksrolle einzutragen sind. Ihre Eintragungspflicht in eigener Person besteht deshalb unabhängig davon, ob sie neben dieser Tätigkeit das Schornsteinfegerhandwerk nichthoheitlich ausüben. Für dieses Ergebnis spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG. Mit der Ergänzung des § 8 Abs. 2 SchfHwG um Satz 2 wollte der Gesetzgeber außer Zweifel stellen, dass bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger ausnahmslos in ihrer eigenen Person der Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle unterliegen. Regelungsanlass waren gelegentlich im Vollzug auftretende Unklarheiten, ob die Tätigkeiten eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers durch eine Schornsteinfegergesellschaft erbracht werden könnten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 18/12493, S. 39). Gegen eine einschränkende Auslegung der Norm, nach der nur ein Teil der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger der Eintragungspflicht unterläge, spricht außerdem das für sie geltende einheitliche Anforderungs- und Tätigkeitsprofil (vgl. §§ 7 ff. SchfHwG). Darüber hinaus sichert ihre ausnahmslose Eintragung die Publizität der Handwerksrolle. Dritte sollen - etwa durch eine Auskunft nach § 6 Abs. 2 HwO - zuverlässige Informationen darüber erhalten, ob ein Gewerbetreibender zur Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks berechtigt ist. Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG Gewerbetreibende und üben als beliehene Unternehmer ein nach Nr. 12 der Anlage A zur Handwerksordnung zulassungspflichtiges Handwerk aus. In Übereinstimmung mit dem Publizitätszweck der Handwerksrolle können Schornsteinfeger gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 SchfHwG nur dann zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bestellt werden, wenn sie nachweisen, dass die Voraussetzungen einer Rolleneintragung bei ihnen vorliegen.
Da § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG eine spezielle Rechtsfolgenverweisung enthält, gehen die Einwände der Kläger, ihre hoheitliche Tätigkeit dürfte nach allgemeinem Gewerbe- und Handwerksrecht nicht als Ausübung eines selbständigen Handwerks eingeordnet werden, am Regelungsgehalt der Norm vorbei.
Die Kläger genügen ihrer Eintragungspflicht auch nicht schon aufgrund ihrer Eintragung als Betriebsleiter der F. GmbH & Co. KG in die Handwerksrolle. Denn die Neuregelung des § 8 Abs. 2 SchfHwG stellt auch klar, dass die Rolleneintragungspflicht nur von dem als natürliche Person bestellten Bezirksschornsteinfeger erfüllt werden kann. Er muss als Inhaber des mit hoheitlicher Tätigkeit befassten Betriebes eingetragen werden, weil nur er selbst - und nicht die Gesellschaft - beliehen wurde und zu dieser Tätigkeit befugt ist.
Zweifel an der Vereinbarkeit von § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG mit höherrangigem Recht sind nicht ersichtlich. Die Vorschrift ist nach ihrem Gegenstand und Regelungskontext dem Gewerbe- und Handwerksrecht zuzuordnen, das nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt (vgl. auch BT-Drs. 18/12493, S. 30). Eine bundeseinheitliche Regelung der Eintragungspflicht ist aus Gründen der Rechtseinheit gemäß Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich, um für sämtliche Bezirksschornsteinfeger die Publizität der Handwerksrolle zu gewährleisten. Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen der Eintragungspflicht würden zu einer Rechtszersplitterung führen, die den Zweck der in der Handwerksordnung bundeseinheitlich geregelten Handwerksrolle gefährden würde und deshalb nicht hinnehmbar wäre (zu diesem Kriterium vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Juli 2015 - 1 BvF 2/13 - BVerfGE 140, 65 Rn. 49).
Die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG steht auch mit materiellem Verfassungsrecht in Einklang. Sie schränkt die Berufsfreiheit der Kläger in verhältnismäßiger Weise ein, selbst wenn sie als subjektive Berufszulassungsbeschränkung einzuordnen sein sollte. Sowohl die Sicherung der Publizität der Handwerksrolle als auch die Abwehr von Brandgefahren, der die Zuweisung der Tätigkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zum zulassungs- und eintragungspflichtigen Schornsteinfegerhandwerk dient (vgl. dazu allgemein BVerwG, Urteile vom 31. August 2011 - 8 C 9.10 - BVerwGE 140, 276 <282 f.> und vom 9. April 2014 - 8 C 50.12 - BVerwGE 149, 265 <275>) sind besonders wichtige Gemeinwohlbelange. Sie rechtfertigen die mit der Eintragungspflicht verbundenen Einschränkungen für die Kläger. Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Eintragung in die Handwerksrolle verbundenen Kosten ihnen die Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit faktisch unmöglich machen könnten, liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.