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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160 RdNr 119).
Die Beschwerdebegründung des Klägers, der sich in der Sache gegen die Bemessung des ihm gewährten Alg unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse V wendet, wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er zeigt einerseits zwar Rechtssätze aus dem Urteil des BSG vom 1.4.2004 (B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1) zur Beratungspflicht der BA bei einem Lohnsteuerklassenwechsel von Ehegatten auf. Andererseits führt er aber aus, dass sich das LSG hiermit auseinandergesetzt und ausgeführt hat, dieses Urteil betreffe wie auch weitere Urteile des BSG nur den - hier nicht vorliegenden - Fall eines Lohnsteuerklassenwechsels von Ehegatten während des Leistungsbezugs. Die rechtlichen Aussagen des BSG in dem vom Kläger angeführten Urteil waren deshalb, selbst wenn sie so weit zu fassen sein sollten, wie es der Kläger meint, für die Entscheidung des BSG rechtlich nicht tragend. Eine Abweichung des LSG, die die Zulassung der Revision begründen könnte, liegt deshalb schon nach seinen eigenen Ausführungen nicht vor.
Auch eine grundsätzliche Bedeutung hat der Kläger nicht formgerecht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Er macht geltend, grundsätzliche Bedeutung komme der Rechtsfrage zu, ob § 153 Abs 3 SGB III überhaupt im Sinne der oben aufgeführten Rechtsprechung des BSG verfassungskonform angewendet werden könne, wenn sich der verheiratete Versicherte zum Zeitpunkt des Steuerklassenwechsels noch nicht im Leistungsbezug nach dem SGB III befinde. Dies zielt im Ergebnis auf die Frage, ob die aus verfassungsrechtlichen Gründen während des Leistungsbezugs anzunehmenden besonderen Hinweis- und Beratungspflichten der BA zu den leistungsrechtlichen Risiken des Lohnsteuerklassenwechsels von Ehegatten schon dann bestehen, wenn ein Leistungsbezug nach dem SGB III noch nicht absehbar ist.
Der Kläger zeigt indes nicht auf, warum diese Frage klärungsbedürftig sein soll, insbesondere, warum sie sich nicht vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG zum Lohnsteuerklassenwechsel von Ehegatten einfach beantworten lässt. Hierzu hätte es unter Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Fundierung der besonderen Hinweis- und Beratungspflichten (vgl BSG vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1, juris RdNr 11 ff) Ausführungen dazu bedurft, worin eine Rechtgrundlage für solche Pflichten mit korrespondierenden subjektiven Rechten zu sehen sein sollte, wenn noch gar kein Sozialrechtsverhältnis zur Beklagten besteht. Insoweit reicht es nicht aus, wenn sich der Kläger auf die apodiktische Behauptung beschränkt, der nicht bestehende Leistungsbezug nach dem SGB III zum Zeitpunkt des Steuerklassenwechsels könne doch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken, die durch das BSG ausschließlich über umfassende Informationspflichten ausgeräumt worden seien, entfallen lassen. Die vom BSG ausgelegten Normen des SGB III waren in den entschiedenen Fällen wegen des Leistungsbezugs zum Zeitpunkt des Steuerklassenwechsels - anders als hier - immerhin schon anwendbar. Zudem führt das BSG aus, dass die Informationspflichten der BA gegenüber "Arbeitslosen" bestehen (vgl nur BSG vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1, juris RdNr 34), setzt also ein Sozialrechtsverhältnis voraus.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die aufgeworfene Frage überhaupt klärungsfähig, dh im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich wäre. Der Hinweis des LSG, nach den konkreten Umständen sei der Steuerklassenwechsel sinnvoll und zweckmäßig gewesen und auch bei einer angenommenen Aufklärungspflicht hätte kein Anlass bestanden, hiervon abzuraten, spricht jedenfalls dagegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.