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Sozialgeld - Bedarfsgemeinschaft zwischen erwerbsfähigem Leistungsberechtigten und einem dauerhaft voll erwerbsgeminderten Partner
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Umstritten ist, ob der Klägerin, die eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht, vom 1.12.2014 bis zum 31.5.2015 ein Anspruch auf Sozialgeld nach dem SGB II zusteht.
Die verheiratete und 1959 geborene Klägerin, deren Grad der Behinderung vom Versorgungsamt mit 100 nebst Merkzeichen B, G, H und RF festgestellt ist, bezieht seit dem Jahr 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer, die ab dem 1.7.2014 netto 731,47 Euro und ab dem 1.1.2015 netto 729,02 Euro betrug. Die gemeinsam lebenden Eheleute zahlten für ihre Wohnung ab dem 1.12.2014 Miete einschließlich Heizkosten iHv 513,96 Euro. Sie beantragten Ende des Jahres 2005 erstmals Leistungen nach dem SGB II. Seit diesem Zeitpunkt erhält der Ehemann Alg II, während die Klägerin nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht leistungsberechtigt ist.
Auf seinen Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte nur dem Ehemann mit Bescheid vom 16.10.2014 SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.12.2014 bis zum 31.5.2015. Im Berechnungsbogen ist die Klägerin aufgeführt, wobei ihr Bedarf mit "0,00 Euro" angesetzt wurde. Einen Einkommensüberhang berücksichtigte der Beklagte bei dem Ehemann im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum nicht. Ihm wurde zunächst ab dem 1.12.2014 Alg II iHv monatlich 609,48 Euro bewilligt (353 Euro Regelbedarf und 256,48 Euro Bedarf für Unterkunft und Heizung). Die Klägerin legte Widerspruch ein, den der Beklagte - nach Erlass von zwei weiteren Bescheiden vom 22.11.2014 und vom 3.12.2014, die allein den Leistungsanspruch des Ehemannes abänderten - mit Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015 zurückwies. Die Klägerin habe als Erwerbsunfähige keinen Alg II-Anspruch. Sie habe auch keinen Anspruch auf Sozialgeld, weil sie mithilfe ihrer Erwerbsminderungsrente in der Lage sei, den eigenen Bedarf zu decken.
Die hiergegen erhobene Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 15.12.2015). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die streitgegenständlichen Bescheide insoweit abgeändert, als es den Beklagten verurteilt hat, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1.12.2014 bis zum 31.5.2015 zu gewähren (Urteil vom 25.10.2017). Die Klägerin habe Anspruch auf Sozialgeld nach § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II. Der Nachrang des Sozialgeldes reiche nur so weit, als Leistungen nach den §§ 41 ff SGB XII gewährt würden. Dies sei hier aufgrund des Einkommens, das nach dem SGB XII auf den eigenen Bedarf der Klägerin anzurechnen sei und diesen decke, nicht der Fall. Demgegenüber sei im SGB II das Einkommen der Klägerin gemäß § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II zu verteilen. Die Klägerin bilde mit ihrem Ehemann zusammen eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II. Sie sei auch nicht nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II von Leistungen ausgeschlossen.
In seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II. Der Anspruch auf Sozialgeld sei bereits dann ausgeschlossen, wenn dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bestehe. In diesem Sinne sei auch § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II auszulegen. Die Verteilungsregelung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II sei einschränkend auszulegen und auf dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem 4. Kapitel des SGB XII nicht anwendbar. Hierfür spreche sowohl die vom Gesetzgeber gewollte strikte Trennung der beiden Leistungssysteme SGB II und SGB XII als auch die Praktikabilität bei schwankenden Bedarfen bzw Einkommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Oktober 2017 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 15. Dezember 2015 zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Dem Anspruch der Klägerin auf Sozialgeld nach dem SGB II steht nicht entgegen, dass sie zugleich dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII hat.
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen die Bescheide des Beklagten vom 16.10.2014, vom 22.11.2014 sowie vom 3.12.2014, soweit diese Bescheide Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin ablehnen, und der Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015 sowie die Zahlung von Sozialgeld vom 1.12.2014 bis zum 31.5.2015.
2. Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen.
a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGG zulässig ist. Die Klägerin hat mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG keinen bezifferten Betrag, sondern die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beantragt (vgl zur Maßgeblichkeit des Klageantrags nach § 123 SGG insoweit Behrend in Hennig, SGG, § 130 RdNr 61, Stand April 2010; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 130 RdNr 2e). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Grundurteils ist nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II eine so umfassende Aufklärung zu Grund und Höhe des Anspruchs, dass mit Wahrscheinlichkeit von einer höheren Leistung ausgegangen werden kann, wenn der Begründung der Klage gefolgt wird (vgl nur BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10 mwN). Diese Voraussetzung liegt hier vor. Legt man die Begründung der Klage zugrunde, steht der Klägerin aufgrund der im SGB II geltenden Regelungen über die Einkommensverteilung ein Leistungsanspruch zu, während der Beklagte die Klägerin bereits dem Grunde nach für nicht leistungsberechtigt im SGB II hält.
b) Die Berufung der Klägerin war zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag von 750 Euro (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) bei einer Aufteilung der Erwerbsminderungsrente auf die Klägerin und ihren Ehemann überstieg. Ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensfehler liegt auch nicht hinsichtlich einer unterbliebenen (echten) notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG vor. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Sozialhilfeträger als auch im Hinblick auf den Ehemann, dessen Interesse am Ausgang des Verfahrens allein wirtschaftlicher Art ist. Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des LSG ist bei ihm aufgrund der Nichtberücksichtigung des auf ihn entfallenden Einkommensanteils eine Überzahlung eingetreten. Dies macht eine Beiladung nicht gesetzlich notwendig. Über eine einfache Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG war vom Senat nicht zu befinden, da diese im Ermessen des Gerichts steht und eine Unterlassung keinen Verfahrensmangel begründen kann (zuletzt BSG vom 14.6.2018 - B 14 AS 13/17 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 11 Nr 83 RdNr 13 mwN).
3. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs ist § 19 Abs 1 Satz 2 und 3 iVm §§ 7 ff, 20 ff SGB II (jeweils idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f). Nach § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin lebt mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft (a). Es handelt sich bei ihr um eine nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte (b), die nicht gemäß § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist (c). Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII (d). § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II sind nicht in dem Sinne auszulegen, dass sie einen Anspruch auf Sozialgeld bereits dann ausschließen, wenn der Betroffene dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem 4. Kapitel des SGB XII ist (e).
a) Die Klägerin bildet zusammen mit ihrem Ehemann gemäß § 7 Abs 3 Nr 1, 3 Buchst a SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Da Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, wird deshalb vermutet, dass er mit seinem Fortzahlungsantrag zugleich auch Leistungen für die Klägerin beantragte (§ 38 Abs 1 Satz 1 SGB II).
b) Bei der Klägerin handelt es sich um eine nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte iS des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II (vgl hierzu BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 16). Die Sozialgeld begehrende Klägerin ist als Bezieherin einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG nichterwerbsfähig iS des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II. Einer Abstimmung mit dem Sozialhilfeträger über die Frage der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB II bedurfte es insoweit nicht (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 21). Die Klägerin ist - bei Anwendung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II - nach den Feststellungen des LSG auch hilfebedürftig.
c) Die Klägerin ist nicht nach § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 2 SGB II wegen des Bezugs ihrer Erwerbsminderungsrente von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer Rente wegen Alters oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dieser Leistungsausschluss bezieht sich bereits ausweislich seines Wortlauts auch auf den Anspruch nichterwerbsfähiger Angehöriger auf Sozialgeld (BSG vom 29.3.2007 - B 7b AS 2/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 4 RdNr 11; S. Knickrehm in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 7 SGB II RdNr 27; Peters in Estelmann, SGB II, § 7 RdNr 114, Stand März 2016; zweifelnd Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 7 SGB II RdNr 84, Stand Juni 2018; vgl zur Anwendung des Leistungsausschlusses des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II auf nicht erwerbsfähige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft BSG vom 14.6.2018 - B 14 AS 28/17 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 7 Nr 56 RdNr 16).
Bei der Erwerbsminderungsrente der Klägerin handelt es sich nicht um eine Leistung, die einer Altersrente ähnlich ist und deswegen den Leistungsausschluss zur Folge hat (vgl auch Jüttner in Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 7 SGB II RdNr 96a, Stand August 2017). Entscheidende Kriterien für die Vergleichbarkeit mit einer Altersrente sind die Leistungsgewährung durch einen öffentlichen Träger, das Anknüpfen der Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze und der Lohnersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption (BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30 RdNr 24; BSG vom 7.12.2017 - B 14 AS 7/17 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 55 RdNr 15). Dass die mit einer Altersrente vergleichbare Leistung an das Erreichen einer Altersgrenze anknüpfen muss, ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Regelung. Ausweislich der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) beabsichtigte der Gesetzgeber eine Klarstellung, dass "der Bezug von Altersbezügen, die der Altersrente vergleichbar sind, ebenfalls zum Leistungsausschluss führt" (vgl BT-Drucks 16/1410 S 20). Um solche Altersbezüge handelt es sich bei der Erwerbsminderungsrente der Klägerin nicht.
d) Die Klägerin hat auf der Grundlage der vom LSG festgestellten und damit für den Senat bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII.
Nicht entscheidungserheblich ist hier, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bereits wegen § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift erhalten Personen, die nach dem SGB II als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Klägerin ist als Angehörige im Rahmen des SGB II dem Grunde nach leistungsberechtigt, weil sie nicht - etwa nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II - von Leistungen ausgeschlossen ist (vgl ausführlich zu § 21 SGB XII BSG vom 30.8.2017 - B 14 AS 31/16 R - BSGE 124, 81 = SozR 4-4200 § 7 Nr 53, RdNr 33 ff, sowie speziell zum Verhältnis zwischen § 7 Abs 4 SGB II und § 21 SGB XII BSG vom 7.12.2017 - B 14 AS 7/17 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 55 RdNr 16). Selbst wenn es sich bei den Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII um Leistungen für den Lebensunterhalt iS des § 21 Satz 1 SGB XII handeln sollte, spricht einiges dafür, dass es sich bei § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II im Verhältnis zu § 21 Satz 1 SGB XII um die speziellere Regelung handelt. Im Ergebnis kann dies offenbleiben, weil die Klägerin ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII hat.
Vorliegend hat die dauerhaft voll erwerbsgeminderte und damit nach § 41 Abs 1, 3 SGB XII grundsätzlich leistungsberechtigte Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung, weil sie auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Bedarfs- und Einkommenspositionen im maßgeblichen Bewilligungszeitraum nicht bedürftig iS des § 19 Abs 2 Satz 1 iVm §§ 41 Abs 1, 43 SGB XII ist.
Der Klägerin steht für den Monat Dezember 2014 ein Regelbedarf iHv 353 Euro und für die restlichen Monate (Januar bis Mai 2015) iHv 360 Euro zu (§ 42 Nr 1 SGB XII idF des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012, BGBl I 2783, iVm der Anlage zu § 28 SGB XII). Als Unterkunftsbedarf gemäß § 42 Nr 4 SGB XII (idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) sind grundsätzlich die hälftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iHv monatlich 256,98 Euro (513,96 Euro/2) zu berücksichtigen. Bedarfserhöhend wirkt sich ein Mehrbedarf iHv 60,01 Euro für Dezember 2014 bzw von 61,20 Euro für die Monate Januar bis Mai 2015 aus (§ 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII idF des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007, BGBl I 554). Dem grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Klägerin iHv höchstens 678,18 Euro steht ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv 731,47 Euro (Dezember 2014) bzw iHv 729,02 Euro (ab dem 1.1.2015) gegenüber.
Da der Klägerin im maßgeblichen Bewilligungszeitraum aufgrund fehlender Bedürftigkeit kein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII zusteht, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Anspruch auch deswegen ausgeschlossen ist, weil es bereits an einem Antrag auf diese Sozialleistung fehlt (ebenfalls offengelassen von BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 18 aE; vgl hierzu Adolph in Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 19 SGB II RdNr 18, Stand November 2017; Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 21 RdNr 46; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 21 RdNr 66, Stand Juni 2016). Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen.
e) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Anspruch auf Sozialgeld nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII besteht, mag dieser im konkreten Fall auch wegen fehlender Bedürftigkeit nicht zu einem Leistungsanspruch führen. Eine solche Regelung lässt sich weder § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II noch § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II entnehmen.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und der Sozialhilfe nach dem SGB XII um zwei Leistungssysteme handelt, die hinsichtlich ihrer Existenzsicherungsleistungen nicht in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern gleichrangig und selbstständig nebeneinander in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen. Dies entspricht im Grundsatz auch der Rechtsprechung des BSG (BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 22 RdNr 50; BSG vom 30.8.2017 - B 14 AS 31/16 R - BSGE 124, 81 = SozR 4-4200 § 7 Nr 53, RdNr 35; vgl auch BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 4/08 R - BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr 1, RdNr 13). Dieses Ausschließlichkeitsverhältnis kommt normativ insbesondere zum Ausdruck in § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II, wonach der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII ausschließt sowie in § 21 Satz 1 SGB XII, wonach Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten.
Das SGB II bestimmt aber kein Ausschließlichkeitsverhältnis im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Sozialgeld für Angehörige in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II einerseits und Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII andererseits. Dieses Verhältnis hat der Gesetzgeber anders, nämlich gerade im Sinne eines Vorrang-Nachrang-Verhältnisses geregelt. Es entspricht deshalb auch schon der bisherigen Rechtsprechung des BSG, dass eine dem Grunde nach bestehende Leistungsberechtigung nach dem 4. Kapitel des SGB XII einen Anspruch auf Gewährung von Sozialgeld nicht ausschließt (vgl bereits BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 18, 21 sowie BSG vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 16; in diesem Sinne auch Fachliche Hinweise der BA zu § 19 SGB II Ziffer 19.5, soweit Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII wegen zu berücksichtigenden Vermögens nicht gewährt werden; vgl aus der Kommentarliteratur zum Verhältnis dieser beiden Sozialleistungen Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 21 RdNr 47; S. Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 5 RdNr 25; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 19 RdNr 42 ff, Stand Dezember 2012; Luik in Gagel, SGB II/SGB III, § 5 SGB II RdNr 101, Stand September 2018; Söhngen in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 19 RdNr 18; Stachnow-Meyerhoff in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 5 RdNr 85; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 21 RdNr 65, 67, Stand Juni 2016; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl 2018, § 41 RdNr 6).
Soweit sich der Beklagte auf das Urteil des 14. Senats vom 19.10.2010 (B 14 AS 51/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 23 RdNr 12) beruft, war ein möglicher Sozialgeldanspruch des damaligen Klägers zu 2, der ebenfalls eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezog, nicht Streitgegenstand, weil er keinen Leistungsantrag gestellt hatte, sondern sich nur gegen die Berücksichtigung seiner Rentenleistung im Hinblick auf den SGB II-Leistungsanspruch seines Sohnes wandte (vgl zu diesem Sachverhalt auch BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 RdNr 23).
Für die Ansicht, eine grundsätzlich bestehende Leistungsberechtigung nach dem 4. Kapitel des SGB XII schließe einen Anspruch auf Sozialgeld aus, gibt es in § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang und dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften keine genügenden Anhaltspunkte.
Nach dem Wortlaut des § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II sind Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII gegenüber dem Sozialgeld (lediglich) "vorrangig". Nach § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II erhalten die dort genannten Personen Sozialgeld, "soweit" kein Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII besteht. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Wortlaut der beiden Vorschriften insoweit nicht aufeinander abgestimmt ist, als auf der einen Seite auf "Leistungen" und auf der anderen Seite auf das Bestehen eines Anspruchs abgestellt wird. Jedenfalls für den vorliegenden Fall, in dem bereits der Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII aufgrund fehlender Bedürftigkeit ausscheidet, ist dies aber nicht entscheidend.
Die Entstehungsgeschichte des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II spricht ebenfalls gegen einen SGB II-Leistungsausschluss. § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II entspricht § 5 Abs 2 Satz 3 SGB II und § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II (inhaltlich unverändert) § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II jeweils idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954). Die Gesetzesmaterialien zur ursprünglichen Fassung geben zum Verhältnis zwischen Leistungen nach dem SGB II einer- und Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII andererseits nur insoweit Aufschluss, als der Gesetzgeber befürchtete, Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII könnten aufstockend neben dem SGB II beansprucht werden und dadurch zentrale mit dem SGB II verbundene Zielvorstellungen wie die Leistungspauschalierung oder - insbesondere im Hinblick auf den Sanktionsfall - den Grundsatz des Forderns gefährden (vgl Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5.9.2003, BT-Drucks 15/1516 S 51 zu § 5 Abs 2 SGB II und S 59 zum damaligen § 28 SGB II). Ein entsprechender Regelungsbedarf bestand im Hinblick auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht, zumal die Einordnung dieser Sozialleistung (zunächst noch nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Art 12 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens vom 26.6.2001, BGBl I 1310, 1335) in das SGB XII zurzeit der Beratungen über das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt noch nicht absehbar war (die Einordnung in das SGB XII erfolgte erst durch die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, BT-Drucks 15/2260 vom 16.12.2003 S 2 ff).
Dass der Gesetzgeber des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt davon ausging, dass das Sozialgeld nach dem SGB II und Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei einer Person zusammentreffen können, ergibt sich noch aus einem weiteren Umstand in der Regelungsgeschichte: Nach der Entwurfsfassung des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II sollten nichterwerbsfähige Angehörige einen Anspruch auf Sozialgeld haben, "soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben oder diese Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichen" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1516 S 16). Eine Änderung der Regelung erfolgte insoweit weder durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss, BT-Drucks 15/1728 S 184) noch durch die des später eingeschalteten Vermittlungsausschusses (BT-Drucks 15/2259). Wann und auf welcher Grundlage im Gesetzgebungsverfahren der Halbsatz "oder diese Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichen" gestrichen wurde, lässt sich den veröffentlichten Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Ein Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zu § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung besteht jedenfalls mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), auch wenn eine inhaltliche Änderung insoweit gerade nicht beabsichtigt war (BT-Drucks 17/3404 S 97). Für die Ansicht, von Sozialgeld sei bereits derjenige ausgeschlossen, der dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem 4. Kapitel des SGB XII sei, fehlt es in der Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Vorschriften jedenfalls an Anhaltspunkten.
Der systematische Zusammenhang, in dem § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II stehen, spricht ebenfalls gegen die von dem Beklagten vertretene Ansicht. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis zwischen § 5 Abs 2 Satz 1 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II. Während Satz 1 ein Ausschlussverhältnis normiert, regelt Satz 2 ein Vorrangverhältnis. Welche Bedeutung der mit § 5 Abs 2 SGB II korrespondierenden Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII in diesem Zusammenhang abschließend zukommt (vgl hierzu oben unter d), mag hier dahinstehen. Selbst wenn man § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II nicht für spezieller und § 21 Satz 1 SGB XII vorliegend für anwendbar hielte, stützte dies jedenfalls nicht die Rechtsansicht des Beklagten.
Der Sinn und Zweck des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II spricht ebenfalls dagegen, sie in dem Sinne auszulegen, dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem 4. Kapitel des SGB XII seien von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Vorschriften sind Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, das Zusammentreffen der beiden Existenzsicherungssysteme im Hinblick auf eine spezielle Personengruppe differenziert zu regeln: Einerseits bestimmt das Gesetz einen Leistungs- bzw Anspruchsvorrang des SGB XII und betont auf diese Weise die besondere Stellung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mit ihren Anspruchserleichterungen insbesondere im Hinblick auf einen Unterhaltsrückgriff, die einer "verschämten Armut" entgegenwirken sollen (vgl § 43 SGB XII; hierzu BT-Drucks 14/4595 S 70 ff sowie BT-Drucks 14/5146 S 4, 153; vgl Blüggel in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 45 RdNr 28). Andererseits bleiben auch die Jobcenter für diese Personengruppe zuständig, indem das SGB II den dauerhaft voll erwerbsgeminderten Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft nachrangige Leistungsansprüche zuweist. § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 5 Abs 2 Satz 2 SGB II beziehen dies auf das Sozialgeld als Geldleistung. SGB II-Leistungsansprüche können aber auch im Hinblick auf Dienst- und Sachleistungen bestehen, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden (§ 7 Abs 2 Satz 2 SGB II), was bei dauerhaft voll erwerbsgeminderten Angehörigen - etwa im Hinblick auf die kommunalen Eingliederungsleistungen nach § 16a Nr 1 SGB II - nicht fernliegend erscheint. Insgesamt hat sich der Gesetzgeber - im Vergleich zu einer Regelung, in der sich die Sozialleistungen gegenseitig ausschließen - für das in der Umsetzung anspruchsvollere Konzept entschieden, um die mit beiden Sozialleistungssystemen verfolgten Ziele möglichst weitgehend zu erreichen.
4. Der Beklagte wird bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin zu berücksichtigen haben, dass es für die Höhe des Leistungsanspruchs unerheblich ist, dass ihr Ehemann bereits Alg II ohne Berücksichtigung von Einkommen der Klägerin erhalten hat (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 27). Auch in der Bedarfsgemeinschaft bleiben die Ansprüche ihrer einzelnen Angehörigen deren Individualansprüche (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.