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Sozialgerichtliches Verfahren - ordnungsgemäße Ladung - Fortführung des Verfahrens
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. April 2018 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt B. beizuordnen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 180 000 Euro festgesetzt.
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses (BA), dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, rechtmäßig ist.
Gegen den seit 1982 als Praktischer Arzt im Bezirk der zu 7. beigeladenen KÄV zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kläger setzte der Disziplinarausschuss im Jahr 2012 eine Geldbuße in Höhe von 7500 Euro wegen Verletzung seiner Fortbildungspflicht aus § 95d SGB V fest. Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (vgl dazu den Beschluss des Senats vom 8.10.2015 - B 6 KA 2/15 BH).
Auf Antrag der Beigeladenen zu 7. entzog ihm der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 14.8.2013 (Bescheid vom 3.9.2013) die Zulassung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück (Beschluss vom 8.1.2014/Bescheid vom 16.1.2014). Auch im Klage- und im Berufungsverfahren blieb der Kläger ohne Erfolg (Urteile des SG Düsseldorf vom 13.4.2016 und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.4.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er Verfahrensmängel geltend macht (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt er Prozesskostenhilfe.
II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
a) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, er sei zum Termin zur Verhandlung vor dem LSG am 25.4.2018 nicht ordnungsgemäß geladen worden. Das trifft nicht zu.
Der Kläger trägt vor, die Ladung sei zu einem Termin "gegen die Kassenärztliche Vereinigung ohne Benennung der Streitsache" erfolgt. Ihm sei erst aufgrund seines Antrags auf Terminsverlegung mitgeteilt worden, dass es sich um die Zulassungssache gegen den BA handele. Dieser Einwand kann zwar insofern nachvollzogen werden, als das - nicht als Kopie in den Akten befindliche - Ladungsschreiben offenbar einen Schreibfehler enthalten hat, indem als Beklagte anstelle des BA die KÄV angegeben worden war. Dafür spricht jedenfalls der Umstand, dass auch der Beklagte in einem Schriftsatz vom 5.2.2018 auf den Fehler in der Bezeichnung des Beklagten hingewiesen hat. Die offenbar unrichtige Bezeichnung des Beklagten ändert jedoch nichts an der ordnungsgemäßen Ladung des Klägers.
Der erforderliche Inhalt einer Ladung ist gesetzlich nicht abschließend geregelt (vgl BGH Urteil vom 19.11.1981 - III ZR 85/80 - NJW 1982, 888 = Juris RdNr 9). Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Ladung ihrer Funktion grundsätzlich nur gerecht werden kann, wenn sie den Rechtsstreit, den Geladenen sowie den Ort sowie den Zweck der Ladung bezeichnet (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 110 RdNr 11). Vorliegend ist der Rechtsstreit in der Ladung zwar offenbar nicht ganz zutreffend bezeichnet worden. Ausschlaggebend ist jedoch, dass für den Kläger aufgrund der Angabe des richtigen Aktenzeichens und unter Berücksichtigung des vorangegangenen Verlaufs des Verfahrens ohne Weiteres erkennbar war, auf welchen Rechtsstreit sich die Ladung bezog. Dass der Kläger den Schreibfehler als solchen erkannt hat, ergibt sich auch aus seinem Antrag auf Terminsverlegung, in dem er das zutreffende Aktenzeichen angegeben und formuliert hat: "Sofern es sich bei dem hiesigen Verfahren um das ruhende Verfahren gegen den Berufungsausschuss wegen Entziehung der Kassenzulassung handeln sollte, beantrage ich …". Eine Klarstellung ist daraufhin mit dem Telefax des Vorsitzenden des 11. Senats des LSG vom 23.4.2018 erfolgt, mit dem der Antrag des Klägers auf Terminsverlegung unter Angabe des Aktenzeichens und nun auch unter zutreffender Bezeichnung des Beklagten ("Berufungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der KV Nordrhein") abgelehnt worden war. Der Kläger hat darauf mit einem Telefax ebenfalls vom 23.4.2018 reagiert und geltend gemacht, dass keine ordnungsgemäße Ladung erfolgt sei, weil die Beklagte nicht die KÄV, sondern der BA sei. Das Schreiben des Klägers bestätigt, dass er den in der Ladung offenbar enthaltenen Schreibfehler erkannt und gewusst hat, welches Verfahren zur Verhandlung und Entscheidung geladen worden war.
b) Soweit der Kläger geltend macht, dass das Verfahren aufgrund des Beschlusses des LSG vom 1.2.2017 geruht habe und dass ein Beschluss über die Fortsetzung des Verfahrens nicht ergangen sei, so trifft das zwar zu. Darin liegt jedoch kein Verfahrensfehler, weil das Gericht das Verfahren auch ohne einen ausdrücklichen, die Anordnung aufhebenden Beschluss fortführen kann (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 114 RdNr 4). Hier hat auch Anlass bestanden, das Verfahren fortzuführen, nachdem der Beklagte angeregt hatte, das Verfahren wieder aufzunehmen, und nachdem der Antrag des Klägers auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens iS des § 103 Abs 3a, Abs 4 SGB V mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22.6.2017 abgelehnt worden war.
c) Soweit der Kläger geltend macht, er habe nach der Ablehnung seines Antrags auf Terminsverlegung sogleich schriftlich einen Befangenheitsantrag gestellt und dass LSG habe verhandelt und entschieden, ohne über diesen Antrag zu entscheiden, so trifft dies nicht zu. Bei dem vom Kläger in Bezug genommenen Schreiben handelt es sich ersichtlich um dessen Telefax vom 23.4.2018. In diesem Schreiben hat der Kläger "Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Vorsitzenden Dr. F." erhoben. Konkrete Hinweise darauf, dass darin (auch) ein Antrag auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu sehen sein könnte, sind dem Schreiben nicht zu entnehmen und der Kläger trägt auch keine Gründe vor, die geeignet sein könnten, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Allein der Umstand, dass der Kläger zur Begründung der Dienstaufsichtsbeschwerde geltend gemacht hat, dass der Vorsitzende "in allen Verfahren rechtswidrig zu seinem Nachteil entschieden" habe, sowie die sinngemäß geäußerte Vermutung, dass der Senat besonders häufig zu Ungunsten von Ärzten entscheide, musste das LSG nicht veranlassen, die von dem - prozessual erfahrenen - Kläger ausdrücklich erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde (auch) als Befangenheitsantrag zu interpretieren.
d) Soweit der Kläger geltend macht, dass sein auf das Ruhen der Kassenzulassung gerichteter Hilfsantrag nicht beachtet worden sei, so trifft das nicht zu. Das SG hat sich in seinem Urteil vom 13.4.2016 (S 33 KA 30/14) mit diesem Begehren des Klägers befasst und sinngemäß ausgeführt, dass für ein Ruhen der Zulassung kein Raum mehr sei, nachdem die Entziehung der Zulassung rechtmäßig sei (Urteilsumdruck S 5). Das LSG hat in zulässiger Weise (§ 153 Abs 2 SGG) auf die Gründe dieses Urteils Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Soweit der Kläger die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend macht, liegt darin kein Revisionsgrund.
2. Auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen. Eine Bewilligung setzt nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO ua voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier aus den zuvor dargelegten Gründen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten Beigeladener ist nicht veranlasst; sie haben im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der Festsetzung des LSG, die von keinem Beteiligten angegriffen worden ist.