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Vertragsärztliche Versorgung - Bewertungsausschuss - gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss - ambulante Notfallversorgung
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landesssozialgerichts vom 8. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für ambulante Notfallbehandlungen in den Quartalen 2/2008 bis 4/2008.
Die Klägerin ist Trägerin eines im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gelegenen Krankenhauses, welches auch eine Notfallambulanz betreibt. Für die dort in den streitbefangenen Quartalen erbrachten Leistungen setzte die Beklagte die Honorare fest. Zugleich stellte sie die Abrechnungen hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 01211 (Zusatzpauschale zur GOP 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not<-fall>dienst), 01215 (Zusatzpauschale zur GOP 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not<-fall>dienst), 01217 (Zusatzpauschale zur GOP 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not<-fall>dienst) und 01219 (Zusatzpauschale zur GOP 01218 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw im organisierten Not<-fall>dienst) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä - in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung, aF) richtig (Honorar- und Richtigstellungsbescheide vom 9.10.2008, 10.3.2009 und 21.4.2009). Die Zusatzpauschalen könnten nur abgerechnet werden, wenn die KÄV das Vorliegen einer Besuchsbereitschaft für das Aufsuchen von Patienten zu Hause oder im Heim im Rahmen eines organisierten Bereitschaftsdienstes festgestellt habe. Darüber hinaus berichtigte die Beklagte im Quartal 4/2008 die GOP 22230 (Klinisch-neurologische Basisdiagnostik) als neben den Notfallpauschalen der GOP 01210, 01214, 01216, 01218 nicht berechnungsfähig. Die jeweiligen Widersprüche der Klägerin sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheide vom 29.6.2011).
In Reaktion auf das Senatsurteil vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13), welches die Regelungen des EBM-Ä aF zur Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen mit höherrangigem Recht für unvereinbar erklärt hatte, setzte der Bewertungsausschuss (BewA) rückwirkend zum 1.1.2008 Neuregelungen in Kraft (Beschlüsse vom 17.12.2014 <341. Sitzung>, 19.1.2015 <schriftliche Beschlussfassung, 344. Sitzung> und 8.6.2015 <schriftliche Beschlussfassung, 354. Sitzung>; EBM-Ä nF). Die im Senatsurteil beanstandeten Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft (GOP 01211, 01215, 01217 und 01219) wurden gestrichen. Nunmehr sind Leistungsinhalt und Leistungsbewertung sowohl für die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Institute und Krankenhäuser als auch für Vertragsärzte im organisierten Not(-fall)dienst identisch.
Das SG hat die Beklagte verurteilt, die ambulanten Notfallleistungen der Klägerin gemäß den Beschlüssen des BewA mit Wirkung zum 1.1.2008 (341. und 344. Sitzung) zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen (Urteile vom 10.3.2015). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die Widerspruchsbescheide vom 29.6.2011 zurückgenommen und den Widersprüchen insoweit stattgegeben, als die streitbefangenen Notfallbehandlungen nunmehr nach Maßgabe der Beschlüsse des BewA in der 341., 344. und 354. Sitzung vergütet wurden (Widerspruchsbescheide vom 25.11.2015). Die Klägerin erhielt mit der Quartalsabrechnung für 2/2015 Nachvergütungen für 2/2008 iHv 2189,39 Euro, für 3/2008 iHv 2134,65 Euro und für 4/2008 iHv 1898,94 Euro.
Das LSG hat die Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 8.2.2017). Die Klägerin habe lediglich Anspruch auf eine Vergütung nach den vom BewA beschlossenen Neuregelungen. Diese hätten die durch die Rechtsprechung des BSG zuvor beanstandete Ungleichbehandlung der Krankenhäuser im Vergleich zu den Vertragsärzten auch für die Vergangenheit beseitigt. Die Vergütung der Pauschalen für die Versorgung im Notfall oder organisierten Not(-fall)dienst sei sowohl für Vertragsärzte als auch für die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Institute und Krankenhäuser in den neu gefassten GOP 01210 und 01212 EBM-Ä nF einheitlich festgelegt. Zwar könne für die Vergangenheit eine Diskrepanz bestehen zwischen der Vergütung ambulanter Notdienstfälle, die von Vertragsärzten erbracht worden seien (und deren Honorarbescheide bestandskräftig seien), und der Vergütung von Notfallambulanzen, deren Honorarbescheide - wie die der Klägerin - nicht bestandskräftig geworden seien. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG zwinge jedoch nicht dazu, die Vergütung der Krankenhäuser in einer Gesamtbetrachtung der für die Notfallbehandlung abrechenbaren GOP rückwirkend auf die Höhe der den Vertragsärzten bereits ausgezahlten Vergütung anzuheben. Es liege auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor, denn es sei keine rückwirkende Änderung zu Lasten der Klägerin vorgenommen worden. Auch aus dem Gesichtspunkt eines strukturellen Vollzugsdefizits ergebe sich kein Nachzahlungsanspruch in Höhe des den Vertragsärzten zugeflossenen Honorars.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG. Nach ständiger Rechtsprechung dürften Notfallbehandlungen in den Krankenhausambulanzen grundsätzlich nicht schlechter honoriert werden als entsprechende Leistungen der Vertragsärzte im organisierten Not(-fall)dienst. Danach stelle jede Differenzierung beim Vergütungsniveau eine rechtswidrige Ungleichbehandlung dar. Sie habe deshalb Anspruch auf Vergütung der Notfallbehandlungen in derselben Höhe, wie sie den Vertragsärzten unter Geltung der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft im Jahr 2008 tatsächlich gewährt worden sei.
Bereits mit Schaffung der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft im EBM-Ä aF hätten der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) über den BewA bewusst eine rechtswidrige Vergütungsregelung zu Lasten der Krankenhäuser getroffen, um die dem EBM-Ä 2000plus und EBM-Ä 2005 immanente Privilegierung der Vertragsärzte fortzuführen. Das ergebe sich schon daraus, dass der BewA mit den Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft eine Vergütung für eine offensichtliche "Nichtleistung" habe schaffen wollen. Die Beklagte hätte die Vertragsärzte zudem bereits 2008 auf diese Rechtswidrigkeit der einschlägigen GOP hinweisen müssen, habe dies jedoch bewusst unterlassen. Ein erster Hinweis sei erst im Juni 2013 im Deutschen Ärzteblatt erfolgt. Dem BewA sei daher bei seinen Beschlussfassungen bekannt gewesen, dass eine Rückforderungsmöglichkeit der "ungerechtfertigten Höhervergütung" gegenüber den Vertragsärzten wegen Vertrauensschutzes jedenfalls bis in das Jahr 2013 nicht möglich sei. Damit sei die Ungleichbehandlung beim Vollzug der neu geregelten Notfallvergütung bereits im Normkonzept selbst angelegt, sodass die rückwirkende Neuregelung bereits im Hinblick auf das Rechtsinstitut des strukturellen Vollzugsdefizits rechtswidrig sei. Unterstrichen werde dies dadurch, dass sich der BewA entgegen der Aufforderung des BSG zur "zügigen Umsetzung" der gebotenen Neuregelung hierzu über zwei Jahre Zeit gelassen habe. Die neu geregelte Notfallvergütung sei zudem auch aufgrund des aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbotes rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 8.2.2017 und des SG München vom 10.3.2015 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 9.10.2008, 10.3.2009 und 21.4.2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2015 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, über die Vergütung der von der Klägerin in den Quartalen 2/2008 bis 4/2008 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die rückwirkend zum 1.1.2008 beschlossene Neuregelung der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen sei gesetzeskonform. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, hinsichtlich der Vergütungshöhe so gestellt zu werden wie diejenigen Vertragsärzte, deren Leistungen in den streitbefangenen Quartalen nach den GOP 01211 ff EBM-Ä aF vergütet worden seien. Indem die Bewertungsrelation der ambulanten Notfallbehandlungen nunmehr für alle Leistungserbringer absolut identisch sei und die Pauschalen für die Versorgung von Patienten im Notfall oder organisierten Not(-fall)dienst sowohl für Vertragsärzte als auch für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser in den neu gefassten GOP 01210 und 01212 EBM-Ä 2008 nF einheitlich festgelegt worden seien, habe der BewA eine vollständige normative Gleichstellung hergestellt. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot liege erkennbar nicht vor. Der BewA habe seinen Beschlüssen auch zugrunde legen dürfen, dass die Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung begrenzt sei und mit grundsätzlich befreiender Wirkung geleistet werde; schon unter diesem Aspekt sei eine möglichst punktsummenneutrale Neuregelung nicht willkürlich. Ein etwaiger Vergütungsunterschied zwischen der Klägerin und solchen Vertragsärzten, deren Honorarbescheide bereits bestandskräftig seien, sei durch das Prinzip der Rechtssicherheit gerechtfertigt und unter dem Gesichtspunkt von Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich.
Der zu 1. beigeladene GKV-Spitzenverband teilt die Auffassung der Beklagten. Es sei sachlich gerechtfertigt, dass der BewA finanzielle Auswirkungen berücksichtigt und sich in Anbetracht der "mit befreiender Wirkung" gezahlten Gesamtvergütungen für eine punktsummenneutrale Regelung entschieden habe. Die Neuregelung gewähre der Klägerin ein nicht unerhebliches Mehr an Vergütung gegenüber der zuvor geltenden Regelung. Auch wenn eine zügigere Beschlussfassung zu der gebotenen Neuregelung wünschenswert gewesen sei, liege ein willkürliches Vorgehen nicht vor. Vielmehr sei der BewA in den Jahren 2013 und 2014 einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen und habe insgesamt mehr als 70 Beschlüsse gefasst. Die gebotene Neuregelung der Notfallvergütung habe in sachgerechter Weise auch nur durch eine grundlegende Neustrukturierung erfolgen können.
Die zu 2. beigeladene KÄBV trägt vor, eine ausnahmslose Vergütungsgleichheit zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten sei nicht notwendig. Die angemessene Finanzierung des Fahrdienstes im organisierten Notdienst sei ebenfalls erforderlich gewesen, da ansonsten dessen Funktionsfähigkeit nicht mehr sichergestellt gewesen wäre. Im Übrigen könne weder von einheitlichen finanziellen noch von einheitlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Notfallambulanzen der Krankenhäuser einerseits und für den ärztlichen Bereitschaftsdienst andererseits ausgegangen werden. Nicht zuletzt liege auch die Finanzierungsverantwortung für die ambulante Notfallversorgung allein bei den KÄVen, denn gemäß § 87b Abs 1 S 3 SGB V sei die Vergütung für die Leistungen im Notdienst und im Notfall aus der Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung zu finanzieren.
A. Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auf die Vergütung für Notfallleistungen in den Quartalen 2/2008 bis 4/2008 insoweit beschränkt, als es nur noch um den Anspruch der Klägerin auf wirtschaftliche Gleichbehandlung mit den Vertragsärzten in diesem Zeitraum geht. Zur Berechnungsfähigkeit der GOP 22230 EBM-Ä neben den Notdienstpauschalen, die nur im Quartal 4/2008 streitbefangen war, haben die Beteiligten einen Verfahrensvergleich geschlossen.
B. Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Ein Anspruch auf vollständige wirtschaftliche Gleichstellung mit den Vertragsärzten hinsichtlich der Höhe der Vergütung für Notfallbehandlungen in der Vergangenheit besteht nicht.
1. Nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglich im streitbefangenen Zeitraum geltenden Abrechnungspositionen des EBM-Ä aF durch den Senat im Urteil vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13) haben die Beigeladenen durch den BewA mit Wirkung auch für die Vergangenheit - ab 1.1.2008 - eine Neuregelung geschaffen, die die Vergütung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern und bei Vertragsärzten gleichstellt. Diese Neuregelung ist von der Beklagten korrekt umgesetzt worden und liegt der Nachvergütung zu-grunde, die die Klägerin mit der Quartalsabrechnung für 2/2015 erhalten hat. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.
a. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, werden die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und sind aus der Gesamtvergütung zu honorieren (BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 51/02 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5 f; BSG Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 14; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 27). Die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser ergibt sich dem Grunde und der Höhe nach aus den Vorschriften des Vertragsarztrechts über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen. Aus der Zuordnung dieser Notfallleistungen zur vertragsärztlichen Versorgung folgt, dass sich die Honorierung dieser Behandlungen nach den Grundsätzen richtet, die für die Leistungen der Vertragsärzte und der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Personen und Institutionen gelten. Die Notfallbehandlungen in den Ambulanzen der Krankenhäuser dürfen also grundsätzlich nicht schlechter honoriert werden als entsprechende Leistungen der Vertragsärzte im organisierten Notdienst (vgl zB BSG Urteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 30/13 R - SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 10 f; BSG Beschluss vom 17.7.2013 - B 6 KA 8/13 B - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 27; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15).
Der Vergütungsanspruch der Krankenhäuser oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen darf gegenüber dem Vergütungsniveau der Vertragsärzte nur dann eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 25/95 - SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37 f; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18, 21; BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 12/16 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 19 RdNr 17). Auch eine mittelbare Schlechterstellung von Notfallleistungen im Krankenhaus gegenüber vergleichbaren Leistungen von Vertragsärzten durch Regelungen der Honorarverteilung hat der Senat in diesem Zusammenhang nicht gebilligt (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 28; BSG Urteil vom 31.1.2001 - B 6 KA 33/00 R - SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; s auch BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 15 und BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 18). Dementsprechend hat der Senat die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM-Ä aF beanstandet, weil der Grundsatz gleicher Vergütung im ärztlichen Notfalldienst bzw der von Notfallambulanzen erbrachten Leistungen nicht dadurch unterlaufen werden darf, dass im Bewertungsmaßstab Zusatzpauschalen normiert werden, deren Leistungsinhalt Krankenhausambulanzen von vornherein nicht erfüllen können (BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13; vgl auch BSG Urteil vom 28.6.2017 - B 6 KA 12/16 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 19).
b. Die hier streitbefangenen, rückwirkend zum 1.1.2008 getroffenen Neuregelungen betreffend die GOP für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Notdienst, mit der eine grundlegende Neustrukturierung der einschlägigen Regelungen erfolgt ist, berücksichtigen diese vom Senat für die Vergütung von Notfallbehandlungen aufgestellten Grundsätze hinreichend. Die vom Senat in seinem Urteil vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13) beanstandeten Regelungen der GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä aF wurden gestrichen. Die bisherige GOP 01210 EBM-Ä (Notfallpauschale) wurde geändert und mit der GOP 01212 EBM-Ä eine weitere Notfallpauschale eingefügt, wobei diese beiden GOP gleichermaßen im organisierten vertragsärztlichen Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser abrechenbar sind. Die GOP 01210 EBM-Ä ist bei einer Inanspruchnahme zwischen 7 Uhr und 19 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24. und 31.12.) und die höher bewertete GOP 01212 EBM-Ä bei einer Inanspruchnahme zwischen 19 Uhr und 7 Uhr des Folgetages sowie ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24. und 31.12. abrechenbar. Hiermit soll der Mehraufwand einer Not(-fall)versorgung in den Abend- und Nachtstunden sowie an Feiertagen abgebildet werden. Der Besuch im organisierten Not(-fall)dienst sowie der Besuch im Rahmen der Notfallversorgung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser wurde aus der GOP 01411 EBM-Ä ("Dringender Besuch") ausgegliedert und in eine neue GOP 01418 EBM-Ä ("Besuch im organisierten Not(-fall)dienst") überführt. Das aufgrund der Streichung der GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM-Ä und der Anpassung der GOP 01210 EBM-Ä freigewordene Vergütungsvolumen wurde zur Anpassung bzw Festlegung der Bewertung der GOP 01212, 01214, 01216, 01218 und 01418 EBM-Ä verwendet, um eine "punktsummenneutrale Umstrukturierung" zu erreichen (vgl Entscheidungserhebliche Gründe zum Beschluss des BewA gemäß § 87 Abs 1 S 1 SGB V in seiner 341. Sitzung am 17.12.2014 zur Änderung des EBM mit Wirkung zum 1.1.2008). Die Neugestaltung der Regelungen hat dazu geführt, dass Vertragsärzte und Krankenhäuser bei der Vergütung der ambulanten Notfallleistungen - rückwirkend ab 1.1.2008 - gleichgestellt sind.
2. Die Neuregelung für die Vergütung von Notfallleistungen steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Der BewA war im Rahmen der Neustrukturierung der Vergütungssystematik der ambulanten Notfallvergütung nicht verpflichtet, rückwirkend die Krankenhäuser vollständig gleichzustellen und die Vergütung bezüglich der für die Notfallbehandlung abrechenbaren GOP ab 1.1.2008 auf die Höhe der den Vertragsärzten bereits ausgezahlten Vergütung anzuheben.
Regelungen des EBM-Ä, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (stRspr des BSG, vgl Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84; Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 64 ff), müssen mit höherrangigem Recht in Einklang stehen; insbesondere dürfen sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Ein solcher Verstoß liegt hier nicht vor (a.). Eine Rechtswidrigkeit der Regelungen folgt auch nicht aus einer schuldhaften rechtswidrigen willkürlichen Normsetzung des BewA (b.) oder aus einem Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (c.).
a. Die hier der Notfallvergütung in den Quartalen 2/2008 bis 4/2008 zugrundeliegenden Regelungen des EBM-Ä stehen mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang. Die gerichtliche Überprüfung der auf der Grundlage des § 87 SGB V vom BewA vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe ist im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 18/91 - SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23; BSG Urteil vom 13.11.1996 - 6 RKa 31/95 - BSGE 79, 239, 245 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht, und zwar etwa dann, wenn eine Regelung des EBM-Ä eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw erbracht werden kann (vgl BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 18/91 - SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 23 f betr Vergütung von Anästhesieleistungen nur für Anästhesisten; BSG Urteil vom 20.1.1999 - B 6 KA 9/98 R - BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 betr Vergütung für Rheumatologen) oder wenn die gleiche Leistung zwar für verschiedene medizinische Leistungserbringer dem Grunde nach abrechenbar ist, in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlerstatus aber unterschiedlich bewertet wird (BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16 ff und Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 betr die unterschiedliche Bewertung von Notfallleistungen).
Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl hierzu zB BVerfG Urteil vom 28.1.2003 - 1 BvR 487/01 - BVerfGE 107, 133, 141; BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f, jeweils mwN). Ein Gleichheitsverstoß ist in der hier zu überprüfenden Konstellation jedoch nicht festzustellen.
(1) In der Rechtsprechung des BVerfG und des Senats wird nicht einheitlich beurteilt, ob und ggf in welchem Umfang die rückwirkende Erstreckung der gleichheitswidrigen Begünstigung auch auf die Nichtbegünstigten im Falle der Unvereinbarkeitserklärung einer Norm mit dem GG geboten ist (vgl BVerfG Beschluss vom 29.9.1998 - 2 BvL 64/93 - BVerfGE 99, 69, 82 f RdNr 58; BVerfGE Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67; BVerfG Beschluss vom 11.11.1998 - 2 BvL 10/95 - BVerfGE 99, 280, 298 f; BVerfG Beschluss vom 19.6.2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239, 265 f RdNr 81; BVerfG Urteil vom 5.5.2015 - 2 BvL 17/09 ua - BVerfGE 139, 64 RdNr 195; BSG Urteil vom 20.1.1999 - B 6 KA 9/98 R - BSGE 83, 218, 222 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112 f; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21 f; BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29 ff). Weitgehend besteht jedoch Einigkeit dahin, dass der Normgeber über einen Gestaltungsspielraum verfügt, der ihm erlaubt, nach gerichtlicher Feststellung eines Gleichheitsverstoßes einen Sachbereich insgesamt neu zu regeln, und dass er nicht generell verpflichtet ist, die bisher rechtswidrig benachteiligte Gruppe vollständig mit der begünstigten Gruppe gleichzustellen.
Regelmäßig stehen dem Normgeber im Falle eines Gleichheitsverstoßes drei Möglichkeiten zur Verfügung, diesen zu beheben, nämlich die Einbeziehung der gleichheitswidrig ausgeschlossenen Gruppe in die Begünstigung, die vollständige Abschaffung der Begünstigung oder die Abgrenzung des Kreises der Begünstigten nach anderen, dem Art 3 Abs 1 GG entsprechenden Merkmalen (BVerfG Beschluss vom 17.4.2008 - 2 BvL 4/05 - BVerfGE 121, 108, 131; BVerfG Beschluss vom 27.2.2000 - 2 BvL 8/95 - Juris RdNr 25; BVerfG Beschluss vom 11.6.1958 - 1 BvL 149/52 - BVerfGE 8, 28, 37; BVerfG Beschluss vom 2.12.1992 - 1 BvR 296/88 - BVerfGE 88, 5, 17; vgl auch Blüggel, Unvereinbarkeitserklärung statt Normkassation durch das Bundesverfassungsgericht, 1998, S 36). Welche dieser Möglichkeiten im konkreten Fall gewählt werden soll, bleibt grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, zumal ihm bei begünstigenden Regelungen im Rahmen des Art 3 Abs 1 GG ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Dabei kann er bei einer völlig neuen Regelung zB auch eine geringere, aber allen Gruppen gleichmäßig zugutekommende Begünstigung schaffen (dazu vgl BVerfG Beschluss vom 26.2.1997 - 1 BvR 1864/94 ua - BVerfGE 95, 193, 219; BVerfG Beschluss vom 29.9.1998 - 2 BvL 64/93 - BVerfGE 99, 69, 83; BSG Urteil vom 20.1.1999 - B 6 KA 9/98 R - BSGE 83, 218, 222 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112). Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich bei einer gleichheitswidrigen Vorenthaltung einer Begünstigung auch die Möglichkeit offen, durch die Streichung der begünstigenden Norm einen verfassungsmäßigen Zustand herzustellen, wobei die Beseitigung der Begünstigung ohne die rückwirkende Aufhebung der begünstigenden Norm erfolgen kann (dazu vgl BVerfG Beschluss vom 27.2.2000 - 2 BvL 8/95 - Juris RdNr 27 f; BVerfG Beschluss vom 28.11.1967 - 1 BvR 515/63 - BVerfGE 22, 349, 361). Bei einer festgestellten Unvereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit Art 3 Abs 1 GG erstreckt sich zwar die Verpflichtung zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustandes im Grundsatz auf den gesamten von der Feststellung erfassten Zeitraum. Jedoch muss der Gesetzgeber die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen der Verwaltung und der Gerichte entsprechend § 79 Abs 2 BVerfGG in der Neuregelung nicht mehr berücksichtigen (BVerfG Beschluss vom 22.3.1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363, 384; BVerfG Beschluss vom 12.3.1996 - 1 BvR 609/90 ua - BVerfGE 94, 241, 267 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5 S 18 f; BVerfG Beschluss vom 27.2.2000 - 2 BvL 8/95 - Juris RdNr 27).
Im Lichte dieser Rechtsprechung des BVerfG konnte der gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss der Krankenhäuser nicht nur dadurch behoben werden, dass die höheren Leistungen rückwirkend auch der bislang benachteiligten Gruppe der Krankenhäuser gewährt wurden, sondern - wie hier durch die rückwirkenden Neuregelungen ab dem 1.1.2008 erfolgt - auch dadurch, dass die gleichheitswidrige Begünstigung zwar ganz abschafft wurde, aber die von der Neuregelung betroffenen Krankenhäuser wirtschaftlich nicht in vollem Umfang das Vergütungsniveau erreichen konnten, das den Vertragsärzten ursprünglich vor der Neuregelung zugänglich war und das ihnen aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr genommen werden konnte.
(2) Auch nach dem Urteil des Senats vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13) war der BewA nicht verpflichtet, für eine Anhebung der Vergütung der Krankenhäuser auf das Niveau der rechtswidrigen Vergütungstatbestände der ursprünglich geltenden Regelung zu sorgen. Es ist zwar zutreffend, dass der Senat in seiner Entscheidung vom 17.9.2008 (B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 29; vgl auch BSG Urteil vom 20.1.1999 - B 6 KA 9/98 R - BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113) zur vergütungsrechtlichen Ungleichbehandlung von Krankenhäusern und Vertragsärzten bei Notfallbehandlungen festgestellt hat, die Ungleichbehandlung für die Vergangenheit könne nur dadurch behoben werden, dass die Krankenhäuser nachträglich dieselbe Vergütung erhielten wie die Vertragsärzte. In dem hier maßgeblichen Urteil vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13) hat der Senat demgegenüber den BewA ausdrücklich für berechtigt gehalten, die Gebührentatbestände insgesamt neu zu fassen, und ihn zumindest nicht verpflichtet, für eine Anhebung der Vergütung der Krankenhäuser auf das Niveau der (rechtswidrigen) Vergütungstatbestände der ursprünglich geltenden Regelung zu sorgen. Vielmehr hat der Senat entschieden, dass die Verstöße des EBM-Ä aF gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen in Krankenhäusern nicht dazu führen, dass die dort beklagte KÄV die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honorarforderungen des Krankenhauses in vollem Umfang nachzukommen hätte; dem BewA war als Normgeber des EBM-Ä zunächst Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben (BSG, aaO, RdNr 42-43). Auch im Urteil vom 6.9.2006 (B 6 KA 31/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21-22) hat der Senat dargelegt, dass mehrere gleichermaßen verfassungsrechtlich zulässige Lösungen zur Bereinigung der gleichheitswidrigen Rechtslage im Hinblick auf die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung zur Verfügung stehen und die Erstreckung der Begünstigung auf die Vergangenheit im Hinblick auf erhebliche Mehraufwendungen nicht zwingend geboten sei.
Hieran hält der Senat fest. Wenn der Normgeber einen Sachverhalt nach der gerichtlichen Feststellung eines Gleichheitsverstoßes neu regeln muss und seine Gestaltungsfreiheit nicht dahin verengt ist, den Kreis der Begünstigten auf dem bisherigen Niveau zu erweitern, ist es sachgerecht, dass die Neuregelung sowohl zukunfts- wie vergangenheitsbezogen erfolgt, um Zeiträume mit unterschiedlichen Regelungen zu vermeiden. Wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der gegenüber der begünstigten Gruppe ergangenen Entscheidungen kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass die bisher benachteiligte Gruppe für Zeiträume in der Vergangenheit faktisch immer noch schlechter behandelt wird, als die ursprünglich begünstigte Gruppe tatsächlich behandelt worden ist. Das ist die zwangsläufige Folge der Rechtsprechung des BVerfG, wonach es grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum des Normgebers überlassen bleibt, wie die aus einer Verfassungswidrigkeit resultierende Lücke zu schließen ist (BVerfG Beschluss vom 21.5.1974 - 1 BvL 22/71 ua - BVerfGE 37, 217, 260 f; BVerfG Beschluss vom 6.5.1975 - 1 BvR 332/72 - BVerfGE 39, 316, 332 f = SozR 2600 § 60 Nr 1 S 6; BVerfG Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92 ua - BVerfGE 88, 87, 101; BVerfG Beschluss vom 17.1.2006 - 1 BvR 541/02 ua - BVerfGE 115, 81, 93 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 45). Kann der Gesetzgeber zwischen mehreren denkbaren und verfassungsrechtlich gleichermaßen zulässigen Lösungen wählen, obliegt es ihm zu entscheiden, wie die Folgen des verfassungsrechtlichen Verstoßes zu beseitigen sind. Vorliegend konnte der gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss der Krankenhäuser nicht nur dadurch behoben werden, dass alle - Krankenhäuser und Vertragsärzte - die höheren Leistungen bekommen, sondern auch dadurch, dass alle Betroffenen etwas bekommen, aber weniger als die bisher gleichheitswidrig allein begünstigte Gruppe der Vertragsärzte.
(3) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines strukturellen Vollzugsdefizits gegeben (vgl dazu Clemens in jurisPK SGB V, 3. Aufl 2016, § 106d RdNr 113). Die Klägerin bezieht sich dazu insbesondere auf die Rechtsprechung des BVerfG zur möglichen Verfassungswidrigkeit einer Besteuerung von Zinsen und privaten Veräußerungsgewinnen bei Wertpapieren wegen deren mangelhafter Durchsetzung (ua BVerfG Urteil vom 9.3.2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94; BVerfG Urteil vom 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239; vgl auch BVerwG Urteil vom 19.1.2005 - 6 C 9.04 - BVerwGE 122, 331 zur Wehrpflichterfassung; Körner, Deutsche Rentenversicherung 2013, 34; Kühn, FR 2008, 506; Meyer, DÖV 2005, 551). Danach verlangt der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Verfassungsrechtlich verboten ist ein Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung dieses Befehls angelegten Erhebungsregel. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne Weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit eines widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG Urteil vom 9.3.2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94, 113).
Zweifelhaft ist bereits, ob diese für das Steuerrecht entwickelte Rechtsprechung des BVerfG ohne Weiteres auf andere Bereiche und insbesondere auf die Notfallvergütung übertragen werden kann (ablehnend für eine Übertragbarkeit zB in das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung Körner, Deutsche Rentenversicherung 2013, 34, 46 ff). Das BVerfG hat im Hinblick auf das strukturelle Vollzugsdefizit den Gleichheitssatz des Art 3 GG "bereichsspezifisch" angewandt und aus dem "Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit" abgeleitet, dass die materiellen Steuergesetze die Gewähr ihrer regelmäßigen Durchsetzbarkeit so weit wie möglich in sich selbst zu tragen haben (BVerfG Urteil vom 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239, 269, 271). Der in der Steuererhebung liegende Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinnt seine Rechtfertigung gerade aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Dadurch unterscheiden sich Gemeinlasten, für die die fehlende konkrete Gegenleistung ein entscheidendes Kriterium darstellt, von anderen staatlichen Eingriffen (vgl BVerfG Urteil vom 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239, 269, 271; BVerfG Beschluss vom 3.7.1973 - 1 BvR 368/65 ua - BVerfGE 35, 324, 335). Vorliegend haben die Notfallleistungen erbringenden Krankenhäuser bzw Vertragsärzte keine "Gemeinlast" zu tragen, die entsprechend dem Gebot einer Besteuerungsgleichheit möglichst gleichmäßig auf alle Zahlungspflichtigen zu verteilen wäre. Vielmehr geht es im Kern um die gleichmäßige Gewährung von Vorteilen im Sinne der Honorarverteilungsgerechtigkeit.
Im Ergebnis kann diese Frage jedoch offenbleiben, da sich aus den gesetzlichen Neuregelungen des EBM-Ä zu Notfallleistungen jedenfalls kein Vollzugsdefizit ergibt. Mit den auf den 1.1.2008 zurückwirkenden einschlägigen Neuregelungen ist - wie bereits dargestellt - eine normative Gleichbehandlung der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen für Vertragsärzte und Krankenhäuser erreicht worden. Diese Neuregelung ist von der Beklagten zutreffend umgesetzt worden und liegt der Nachvergütung für die Quartale 2/2008 bis 4/2008 zugrunde, die die Klägerin mit der Quartalsabrechnung für 2/2015 erhalten hat. Soweit es - für diese Quartale - zu einer Diskrepanz kommen kann zwischen der Vergütung ambulanter Notdienstfälle, die von Vertragsärzten erbracht worden und deren Honorarbescheide bestandskräftig geworden sind, und der Vergütung der Klägerin, deren Honorarbescheide nicht bestandskräftig geworden sind, beruht dies darauf, dass einer Rückforderung gegenüber den Vertragsärzten Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen und nicht darauf, dass die Regelungen des EBM-Ä unzureichend vollzogen werden.
b. Es kann vorliegend auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem BewA aufgrund seiner Kenntnis der Rechtsprechung des Senats bekannt gewesen ist, dass die ursprünglich von ihm getroffenen Regelungen zur Besuchsbereitschaft im EBM-Ä aF - die der Senat im Urteil vom 12.12.2012 beanstandet hat - mit dieser Rechtsprechung von vornherein unvereinbar gewesen sind. Eine solche "schuldhaft rechtswidrige Normsetzung" des BewA kann entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht bejaht werden. Hiergegen spricht bereits, dass die Rechtslage vor der Entscheidung des Senats vom 12.12.2012 von den Instanzgerichten nicht einheitlich bewertet worden ist (dazu bereits BSG Beschluss vom 16.5.2018 - B 6 KA 3/18 B - Juris RdNr 10). So haben verschiedene erstinstanzliche SG die Regelungen zur Besuchspauschale als rechtmäßig angesehen (vgl zB SG Magdeburg Urteil vom 2.11.2011 - S 1 KA 59/09 und S 1 KA 33/09; SG Düsseldorf Urteil vom 2.5.2012 - S 2 KA 154/08 - KRS 12.034 - Juris; SG Dresden Urteil vom 15.2.2012 - S 11 KA 169/10 ua - Juris; SG Stuttgart Urteil vom 23.8.2011 - S 10 KA 418/10 - Juris; anders dagegen bereits SG Hamburg Urteil vom 26.10.2011 - S 27 KA 132/08 - KH 2012, 612 - Juris). Im Übrigen könnten Ansprüche wegen schuldhaft rechtswidriger Normsetzung jedenfalls nicht gegenüber der an der Normsetzung nicht beteiligten Beklagten geltend gemacht werden.
c. Zutreffend hat das LSG auch einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verneint. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des GG geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 7.10.2015 - 2 BvR 568/15 - Juris RdNr 14). Es gilt ebenso für untergesetzliche Rechtsnormen (zu Rechtsverordnungen s zB BVerfG Beschluss vom 8.6.1977 - 2 BvR 495/74 ua - BVerfGE 45, 142, 173 ff; BVerfG Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89, 109 f), auch für solche des Vertragsarztrechts (vgl dazu BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 89, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84, 98). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten (BVerfG Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67, 78 f).
Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift, eine unechte dann, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich Rechtspositionen nachträglich entwertet (BVerfG Beschluss vom 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82 - BVerfGE 68, 287, 306; BVerfG Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; ebenso zB BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 89 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84 f). Der Senat hat dementsprechend die rückwirkende Herausnahme ärztlicher Leistungen aus dem EBM-Ä ebenso wie die rückwirkende Reduzierung der Punktzahl, mit der die einzelne Leistung bewertet worden ist, nicht gebilligt (Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 93 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 88). Ebenso wurde die rückwirkende Änderung einer Punktwertgarantie im Honorarverteilungsmaßstab beanstandet, weil diese Garantie eine vergleichbare Wirkung wie die Festsetzung von Punktzahlen bei den Leistungen im EBM-Ä entfaltet (BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 41/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 4).
Hieran gemessen entfalten die Neuregelungen der Notfallleistungsvergütungen im EBM-Ä schon keine belastende Wirkung für die Klägerin. Nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglich im streitbefangenen Zeitraum geltenden Abrechnungspositionen des EBM-Ä durch den Senat im Urteil vom 12.12.2012 haben die Beigeladenen durch den BewA mit Wirkung auch für die Vergangenheit eine Neuregelung geschaffen, die Notfallbehandlungen in Krankenhäusern und bei Vertragsärzten gleichstellt. Eine rechtsbeeinträchtigende Wirkung geht damit nicht einher. Eine belastende Wirkung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Klägerin rückwirkend ein Anspruch auf eine höhere Vergütung entzogen worden wäre. Eine rückwirkende Neufassung kann nur dann insoweit verfassungswidrig sein, als die Betroffenen zuvor anspruchsberechtigt waren (vgl BVerfG Beschluss vom 23.3.1971 - 2 BvL 2/66 ua - BVerfGE 30, 367, 380; BVerfG Beschluss vom 14.3.1963 - 1 BvL 28/62 - BVerfGE 15, 313, 324). Eine solche Rechtsposition, die ihr hätte entzogen werden können, stand der Klägerin nach dem EBM-Ä 2008 aF weder gesetzlich zu noch wurde sie ihr bestandskräftig gerichtlich zugesprochen. Vielmehr sehen erst die Neuregelungen des EBM-Ä nunmehr einen Leistungsanspruch auf die begehrten Notfallpauschalen vor.
3. Danach ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Nachvergütung der Klägerin für die hier streitbefangenen Quartale auf der Grundlage der rückwirkend zum 1.1.2008 neu gefassten Notdienstpauschalen im EBM-Ä nF berechnet hat. Soweit das damit erreichte Vergütungsniveau hinter demjenigen zurückbleibt, das sich ergeben hätte, wenn der Klägerin auch die (rechtswidrigen) Zuschläge für die Besuchsbereitschaft nach der ursprünglichen Regelung gewährt würden, liegt darin kein Rechtsverstoß.
Um die faktische Benachteiligung für die Vergangenheit soweit wie möglich zu begrenzen, stellt der Senat für künftige Streitfälle jedoch klar, dass der BewA nach der Feststellung eines Gleichheitsverstoßes durch EBM-Ä-Regelungen jedenfalls durch den Senat innerhalb eines Jahres - gerechnet ab dem Ende des Quartals, in dem das entsprechende Urteil den Beteiligten zugestellt worden ist - gehalten ist, eine Neuregelung (auch) für die Vergangenheit zu schaffen. Zudem ist es geboten, dass auch die KÄVen ab diesem Zeitpunkt die Honorarbescheide gegenüber den Angehörigen der bislang rechtswidrig begünstigten Gruppe mit einem Vorbehalt versehen, der es ermöglicht, deren Vergütungsansprüche für die Zeit bis zur Neuregelung auf das Niveau abzusenken, dass sich (rückwirkend) nach Inkrafttreten der Neuregelung ergibt. In einer solchen Situation ist es Aufgabe der KÄVen, durch genau formulierte Vorbehalte deutlich zu machen, dass die Ärzte ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Vorbehaltes nicht mehr auf den Wortlaut des veröffentlichten EBM-Ä vertrauen dürfen und mit Korrekturen rechnen müssen. Diese Grundsätze bilden hier jedoch keine rechtlich zwingende Voraussetzung für eine rückwirkende Neuregelung in dem Sinne, dass für die Vergangenheit nur die Begünstigung aller in demselben wirtschaftlichem Umfang zulässig wäre. Für den hier zu beurteilenden Fall sind sie bereits deshalb ohne Bedeutung, da die Beteiligten ihr Verhalten noch nicht daran ausrichten konnten.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da sie keine Anträge gestellt haben.