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Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1,8 Millionen Euro festgesetzt.
A. Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Mit Schreiben vom 31. März 2014 beantragte sie die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme gemäß § 23 Abs. 7 ARegV für die Neuerrichtung eines 380/110-Kilovolt-Umspannwerks.
Mit Beschluss vom 18. Juli 2016 erteilte die Bundesnetzagentur die Genehmigung nur, soweit Betriebsmittel in der Hochspannungsebene betroffen sind. Den weitergehenden Antrag, der Betriebsmittel in der Ebene der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- auf Hochspannung betrifft, lehnte sie ab.
Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit der die Betroffene die Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung in vollem Umfang und hilfsweise zur Neubescheidung begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Begehren weiter. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Aus § 23 Abs. 7 ARegV ergebe sich kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung. Maßnahmen zur Umstrukturierung eines Verteilernetzes seien nach dieser Vorschrift nur insoweit genehmigungsfähig, als sie die Ebene der Hochspannung beträfen. Diese umfasse nur die Netzebene mit einer Spannung von mehr als 60 und weniger als 220 Kilovolt.
Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Maßnahmen im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung scheide aus. Angesichts des klaren Wortlauts könnte eine planwidrige Regelungslücke allenfalls dann angenommen werden, wenn klare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Verordnungsgeber die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen auch außerhalb der Hochspannungsebene habe ermöglichen wollen. Solche Anhaltspunkte ließen sich weder der Systematik und der Entstehungsgeschichte noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Darüber hinaus fehle es im Verhältnis zwischen den Betreibern von Übertragungsnetzen und den Betreibern von Verteilernetzen an einer vergleichbaren Interessenlage. Billigkeitsgründe führten nicht zu einem anderen Ergebnis.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung nicht unmittelbar aus § 23 Abs. 7 ARegV ergibt.
Nach § 23 Abs. 7 ARegV kommt eine Genehmigung nur für Investitionen in die Hochspannungsebene in Betracht. Einrichtungen, die mit 380 Kilovolt betrieben werden oder der Umspannung von 110 auf 380 Kilovolt dienen, gehören hierzu nicht.
Der Begriff der Hochspannung ist zwar weder in der Anreizregulierungsverordnung noch im Energiewirtschaftsgesetz ausdrücklich definiert. Sowohl die Regelung in § 23 Abs. 7 ARegV als auch die Begriffsdefinitionen in § 3 Nr. 32 und 37 EnWG, wonach Übertragung den Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz, Verteilung hingegen den Transport mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze voraussetzt, beruhen aber auf der geläufigen Einteilung, wie sie zum Beispiel auch der Aufstellung der Kostenstellen und Kostenträger in den Anlagen zu § 13 und § 14 Abs. 3 StromNEV zu Grunde liegt. Danach ist die Spannung von 110 Kilovolt dem Bereich der Hochspannung zugeordnet; die Spannungen von 220 und 380 Kilovolt gehören hingegen zum Bereich der Höchstspannung.
Von dieser Einteilung ist der Senat in anderem Zusammenhang bereits wiederholt ausgegangen (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 - EnVR 1/17, RdE 2018, 248 Rn. 17 - Mark-E AG; Beschluss vom 9. Oktober 2018 - EnVR 32/17, ZNER 2019, 123 Rn. 34 - Chemiepark). Eine entsprechende Einteilung findet sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, auch in den Materialien zum Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (BT-Dr. 17/6073 S. 18), wo Spannungen von mehr als 60 und weniger als 220 Kilovolt dem Bereich der Hochspannung zugeordnet werden.
2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 7 ARegV auf Investitionen in die Ebenen der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung abgelehnt.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einer Regelungslücke.
aa) § 23 ARegV sieht für die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen für Verteilernetze andere Voraussetzungen vor als für die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen für Übertragungsnetze.
Investitionsmaßnahmen für Übertragungsnetze sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV genehmigungsfähig, soweit die Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 EnWG notwendig sind. Die Aufzählung einzelner Regelbeispiele in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV ist nicht abschließend und dient dazu, den Anwendungsbereich dieses Tatbestandes zu veranschaulichen und die Rechtsanwendung in typischen Konstellationen zu vereinfachen (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - EnVR 18/12, RdE 2014, 291 Rn. 16 f. - 50Hertz Transmission GmbH; Beschluss vom 12. April 2016 - EnVR 3/15, RdE 2016, 353 Rn. 12 - Mitteldeutsche Netzgesellschaft Gas mbH).
Für Verteilernetze sind gemäß § 23 Abs. 6 ARegV nur bestimmte Arten von Maßnahmen genehmigungsfähig. Soweit dort auf einzelne Punkte aus der Aufzählung in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV Bezug genommen wird, bildet dies nicht lediglich eine Orientierungshilfe, sondern eine abschließende Festlegung der genehmigungsfähigen Tatbestände (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2019 - EnVR 47/17 Rn. 15 - Umstrukturierungsmaßnahme). Ergänzend dazu sieht § 23 Abs. 7 ARegV für Verteilernetze eine Genehmigung unter Voraussetzungen vor, die sich mit den in § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV normierten Voraussetzungen decken. Dieser Tatbestand ist aber auf Investitionen in die Hochspannungsebene begrenzt.
bb) Vor diesem Hintergrund bildet der Umstand, dass eine Genehmigung von Maßnahmen im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung in § 23 Abs. 6 und 7 ARegV nicht vorgesehen ist, keine Regelungslücke.
Die unterschiedliche Regelungstechnik hat allerdings zur Folge, dass Maßnahmen, die der Verordnungsgeber bei der Definition der Regelbeispiele in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV nicht konkret vor Augen hatte, einer Genehmigung nach der abstrakt gefassten Grundregel in § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV eher zugänglich sind als nach der eher punktuellen Regelung in § 23 Abs. 6 und 7 ARegV. Dies ist aber gerade die Folge davon, dass der Verordnungsgeber für Übertragungsnetze ein anderes Regelungskonzept gewählt hat als für Verteilernetze. Wenn bestimmte Maßnahmen nur in Übertragungsnetzen genehmigungsfähig sind, nicht aber in Verteilernetzen, entspricht dies mithin der vom Verordnungsgeber gewählten Systematik.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus dem Umstand, dass § 23 Abs. 7 ARegV in Bezug auf die Art der Maßnahme die gleichen Anforderungen stellt wie § 23 Abs. 1 ARegV, nicht die Schlussfolgerung, dass die Betreiber von Verteilernetzen in jeder Hinsicht mit den Betreibern von Übertragungsnetzen gleichgestellt sind. Der Verordnungsgeber hat trotz der in diesem Punkt eher abstrakten Fassung von § 23 Abs. 7 ARegV vielmehr insoweit an seiner eher punktuellen Regelungstechnik festgehalten, als er den Genehmigungstatbestand auf eine bestimmte Netzebene beschränkt hat. Auch unter diesem Gesichtspunkt entspricht es der Systematik der Regelung, wenn Maßnahmen in anderen Netzebenen nicht oder jedenfalls nicht unter den gleichen Voraussetzungen genehmigungsfähig sind.
cc) Aus dem Sinn und Zweck von § 23 Abs. 7 ARegV ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
§ 23 Abs. 7 ARegV dient dem Zweck, die Genehmigungsfähigkeit von Maßnahmen auf der Hochspannungsebene zu erleichtern. Nach § 23 Abs. 6 ARegV sind Maßnahmen in diesem Bereich nur unter relativ engen Voraussetzungen genehmigungsfähig. Zudem ist eine Genehmigung ausgeschlossen, wenn die Maßnahme durch den Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV berücksichtigt wird. Der eher pauschale Ansatz des Erweiterungsfaktors wurde für Investitionen im Bereich der Hochspannung als unzureichend angesehen, weil in Abhängigkeit vom Einzelfall in bestimmten Konstellationen die Transportfunktion und in anderen Konstellationen die Verteilerfunktion im Vordergrund stehen kann. Deshalb sollen Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen auf der Hochspannungsebene vollständig über das Instrument der Investitionsmaßnahmen berücksichtigt werden (BR-Dr. 447/13 S. 20).
Diese Erwägungen gelten für Maßnahmen auf der Ebene der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung nicht in gleicher Weise. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit auch hier je nach Einzelfall die Transport- oder die Verteilerfunktion stärker im Vordergrund stehen kann. Eine vollständige Einbeziehung solcher Maßnahmen in den Genehmigungstatbestand steht mit dem aufgezeigten Regelungszweck jedenfalls deshalb nicht in Einklang, weil Betriebseinrichtungen aus den genannten Spannungsebenen für Verteilernetze eher untypisch sind.
Nach der Rechtsprechung des Senats können Errichtung und Betrieb solcher Einrichtungen zwar unter bestimmten Voraussetzungen als Teil der Versorgungsaufgabe eines Verteilernetzbetreibers anzusehen sein (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - EnVR 88/10, RdE 2013, 22 Rn. 44 - SWM Infrastruktur GmbH). Schon im Hinblick auf die Regelung in § 3 Nr. 37 EnWG, wonach Verteilung grundsätzlich den Transport mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze voraussetzt, handelt es sich dabei aber nicht um Investitionen, die typischerweise mit dem Betrieb eines Verteilernetzes verbunden sind.
dd) Angesichts dessen bedarf die vom Senat bislang offen gelassene (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 - EnVR 1/17, RdE 2018, 248 Rn. 32 - Mark-E AG) Frage, ob die in § 3 Nr. 2 EnWG vorgesehene Unterscheidung zwischen Übertragungs- und Verteilernetzen insoweit lückenhaft ist, als es möglicherweise Betriebseinrichtungen in der Ebene der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung geben kann, die nicht zu einem Übertragungsnetz gehören, auch im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Selbst wenn insoweit eine Lücke bestünde und diese durch Anerkennung einer dritten Netzart zu füllen wäre, ergäbe sich hieraus angesichts der aufgezeigten Besonderheiten nicht die Schlussfolgerung, dass auch die Regelung in § 23 Abs. 7 ARegV eine Lücke aufweist.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 7 ARegV nicht deshalb in Betracht, weil sich der Verordnungsgeber zur Genehmigungsfähigkeit von Investitionsmaßnahmen für Verteilernetze im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung nicht ausdrücklich verhalten hat.
Aus dem eher punktuellen Regelungscharakter in § 23 Abs. 6 und 7 ARegV ergibt sich, dass der Verordnungsgeber - anders als für Übertragungsnetze - gerade keinen abstrakten und umfassenden Genehmigungstatbestand schaffen wollte. Der Umstand, dass er sich mit Maßnahmen im Bereich der beiden in Rede stehenden Netzebenen nicht verhält, hat deshalb zur Folge, dass solche Maßnahmen jedenfalls nach § 23 Abs. 7 ARegV nicht genehmigungsfähig sind.
c) Ob und in welchem Umfang Einrichtungen aus der Ebene der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung bei dem Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV berücksichtigungsfähig sind, der gemäß § 34 Abs. 6 und 7 ARegV ab der dritten Regulierungsperiode an die Stelle der Genehmigung von Investitionsmaßnahmen getreten ist, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
§ 10a ARegV beruht auf einem anderen Regelungskonzept. Schon deshalb können aus dieser Vorschrift keine Rückschlüsse auf die Auslegung von § 23 Abs. 7 ARegV gezogen werden.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
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