BGH 2. Zivilsenat, Urteil vom 06.11.2018, II ZR 11/17

Das Urteil unter dem Aktenzeichen II ZR 11/17 (BGH)

vom 6. November 2018 (Dienstag)


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GmbH: Voraussetzungen einer Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsführung

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 20. Dezember 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Zahlungsantrag des Klägers abgewiesen wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

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Der Kläger ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der W.    GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 10. Oktober 2008 hin eröffnet wurde. Der Beklagte war neben dem Zeugen K.   Geschäftsführer der Schuldnerin.

2

Die Schuldnerin wurde gegründet, um die vom Beklagten moderierte Fernsehshow "Ka.     " für den Fernsehsender V.   zu produzieren. Nach deren Einstellung und verschiedenen kleineren Projekten begann die Schuldnerin im Herbst 2006 mit der Produktion der "D.            ", einer Late-Night-Show, die mit dem Beklagten als Moderator vom Fernsehsender S.   ausgestrahlt wurde. Der Fernsehsender stellte die Sendung nach der zehnten Folge der fünften Staffel im Oktober 2008 ein.

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Der Kläger macht geltend, die Schuldnerin sei seit dem 1. Juli 2008 mit fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 152.447,79 €, die auch später nicht ausgeglichen worden seien, spätestens aber seit dem 1. September 2008 zahlungsunfähig gewesen. Ungeachtet dessen seien vom 3. September bis zum 10. Oktober 2008 aus dem Vermögen der Schuldnerin noch Zahlungen in Höhe von 94.437,92 € geleistet worden, deren Erstattung der Kläger vom Beklagten u.a. verlangt.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 4.191,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Zahlungsantrag im Umfang der Abweisung weiter verfolgt.

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Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit der Zahlungsantrag des Klägers abgewiesen wurde.

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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Die Klage sei in der Hauptsache aus § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung nur in Höhe von 4.191,90 € wegen der Zahlungen vom Konto der Schuldnerin am 10. Oktober 2008 begründet. Die Schuldnerin sei ab dem 3. September 2008 zahlungsunfähig gewesen, weil bis zum 1. September 2008 fällige und später zur Tabelle angemeldete Verbindlichkeiten von über 265.000 € im Einzelnen vorgetragen worden seien und der Beklagte sich als Geschäftsführer nicht auf ein generelles Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen könne. Das Vorbringen des Beklagten zur fehlenden Insolvenzreife sei nicht überzeugend, insbesondere sei nicht nachvollziehbar, wie mit Hilfe ausstehender bzw. im Dreiwochenzeitraum zu erwartender Zahlungseingänge die offenen Verbindlichkeiten hätten gedeckt werden sollen.

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Für die bis zum 8. Oktober 2008 geleisteten Zahlungen habe der Beklagte die gegen ihn streitende Vermutung eines schuldhaften Handelns widerlegt. Der Beklagte sei neben dem Zeugen K.   Geschäftsführer gewesen. Dieser habe im Ausgangspunkt bestätigt, dass er selbst sich um die kaufmännische, organisatorische und finanzielle Seite des Geschäfts (Erstellung einer Fernsehsendereihe) gekümmert habe und der Beklagte allein für das Künstlerische zuständig gewesen sei. Zwar entbinde eine interne Geschäftsaufteilung den Geschäftsführer einer GmbH nicht von seiner eigenen Verantwortung für die Erfüllung der aus § 64 GmbHG folgenden Pflichten. Ein Geschäftsführer müsse vielmehr für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermögliche. Der Zeuge K.   habe bestätigt, dass der Beklagte und er sich einmal wöchentlich, bei laufender Produktionsherstellung vierzehntägig, getroffen und sich über Aktuelles in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen ausgetauscht hätten. Konkret habe der Zeuge "ressortübergreifend" als Beispiele die Zuschauerquoten und eventuelle kaufmännische Fragen angeführt. Diese Organisation sei für den hier speziell interessierenden Zeitraum innerhalb eines Geschäftsjahres bei laufender Produktion zur Erfüllung der Informations- und Kontrollpflichten des Beklagten ausreichend. Es gebe nach dem Parteivortrag für die Zeit vor Ende August/Anfang September 2008 keinen Umstand, aus dem der Beklagte die Notwendigkeit einer verschärften Wahrnehmung seiner Informations- und Kontrollpflichten gegenüber dem Zeugen hätte herleiten können. Das Landgericht habe zu Recht darauf abgehoben, dass der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen im Februar 2008 nur auf eine Konsolidierung hingedeutet hätte und sonstige auf akute wirtschaftliche Schwierigkeiten hinweisende Indizien sich aus dem täglichen Geschäftsbetrieb heraus nicht hätten aufdrängen müssen.

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Trotz hinreichender Organisation sei - dem Beklagten nicht vorwerfbar - die Situation eingetreten, dass ihm die Insolvenzreife unbekannt geblieben sei, weil der Zeuge nach eigenen Angaben dem Beklagten die wesentlichen finanziellen Daten bewusst verschwiegen und erst am 9. Oktober 2008 die eingetretene Insolvenzreife mitgeteilt habe. Der Zeuge K.   habe ausgesagt, versucht zu haben, die finanziellen Probleme vom Beklagten fernzuhalten. Im Hinblick auf die unterbliebene genaue Mitteilung zum Umfang der Zahlungsrückstände habe der Beklagte bei dem nach außen weiterlaufenden Unternehmensbetrieb nicht auf eine Krise schließen können.

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Ungeachtet dessen habe der Beklagte nach Mitteilung der Insolvenzreife am 9. Oktober 2008 dafür Sorge tragen müssen, dass es nicht mehr zur Ausführung der Zahlungen mit Wertstellung vom 10. Oktober 2008 hätte kommen können. Diese Zahlungen in Höhe von 4.385,75 € seien anteilig um den Betrag zu kürzen, der sich aus der im Vergleichswege erfolgten Zahlung des Zeugen K.  in Höhe von 25.000 € ergebe. Diese habe sich auf eine Schuldsumme von 565.784,35 € bezogen und daher in Höhe von 193,85 € Teilerfüllungswirkung zugunsten des Beklagten gehabt.

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II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.

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1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 Abs. 2 GmbHG in der bis 31. Oktober 2008 geltenden Fassung (aF) beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen leistet, vermutet wird, dass er schuldhaft gehandelt hat. Maßstab für die Beurteilung eines schuldhaften Handelns ist nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG aF die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns. Auf die individuellen Fähigkeiten des in Anspruch genommenen Geschäftsführers kommt es nicht an, so dass diesen mangelnde Sachkenntnis nicht entschuldigt (BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 9 f. mwN).

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2. Rechtsfehlerhaft ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte im vorliegenden Fall den Entlastungsbeweis zu seinen Gunsten geführt habe.

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a) Das Berufungsgericht geht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung davon aus, dass die Erfüllung der sich aus § 64 GmbHG aF ergebenden Pflichten allen Geschäftsführern einer GmbH persönlich obliegt und nicht im Wege der Geschäftsverteilung auf einen einzelnen Geschäftsführer übertragen werden kann (BGH, Urteil vom 1. März 1993 - II ZR 81/94 [II ZR 61/92], ZIP 1994, 891, 892). Der Geschäftsführer, der die Vermutung schuldhaften Verhaltens widerlegen will, muss daher die Gründe vortragen und erläutern, die ihn gehindert haben, eine tatsächlich bestehende Insolvenzreife der Gesellschaft zu erkennen. Bei der Bewertung dieses Vorbringens ist zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für eine Organisation sorgen muss, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (BGH, Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561). Ob der Geschäftsführer seiner Pflicht zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und näheren Überprüfung im Falle krisenhafter Anzeichen hinreichend nachgekommen ist, ist unter umfassender Berücksichtigung der für die Gesellschaft wirtschaftlich relevanten Umstände zu beurteilen (BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 13).

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b) Die persönliche Verantwortung des Geschäftsführers für die Erfüllung der Insolvenzantragspflicht schließt, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat, ein arbeitsteiliges Handeln bzw. eine Ressortverteilung auf der Ebene der Geschäftsführung nicht aus, wenn mehrere Personen als Geschäftsführer bestellt wurden. Eine solche Verteilung ist abhängig von der Größe des Unternehmens und der Art der vorzunehmenden Geschäfte möglich und ggf. sogar notwendig (BFHE 141, 443, 447). Auch eine für sich genommen zulässige Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben entbindet denjenigen, dem hiernach nur bestimmte Aufgaben zur Erledigung zugewiesen sind, allerdings nicht von seiner eigenen Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft. Soweit es um die Wahrnehmung der nicht übertragbaren Aufgaben geht, wie die Einstandspflicht des Geschäftsführers für die Gesetzmäßigkeit der Unternehmensleitung, ist ein strenger Maßstab an die Erfüllung der in einem solchen Falle besonders weitgehenden Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber einem Mitgeschäftsführer anzulegen (BGH, Urteil vom 1. März 1993 - II ZR 81/94 [II ZR 61/92], ZIP 1994, 891, 892; Urteil vom 15. Oktober 1996 - VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 378 f.).

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c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen schon nicht die Annahme, dass es eine wirksame Ressortverteilung zwischen dem Beklagten und dem Zeugen K.   gegeben hat, auf Grund derer der Beklagte sich auf die Kontrolle und Überwachung der Tätigkeit des Mitgeschäftsführers beschränken konnte.

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aa) Eine Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsführung setzt eine klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben auf Grund einer von allen Mitgliedern des Organs mitgetragenen Aufgabenzuweisung voraus, die die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung wahrt. Entgegen der Sicht der Revision bedarf eine Geschäfts- oder Ressortverteilung nicht zwingend der Schriftform oder einer ausdrücklichen Absprache, wenngleich die schriftliche Dokumentation regelmäßig das naheliegende und geeignete Mittel für eine klare und eindeutige Aufgabenabgrenzung darstellt. Ob und ggf. in welchem Umfang eine solche Dokumentation erforderlich ist, muss unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Einzelfall bestimmt werden.

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(1) Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts kann dem Bedürfnis nach Arbeitsteilung auf Geschäftsführungsebene dadurch entsprochen werden, dass der eine Geschäftsführer vorwiegend (nicht ausschließlich) mit Kassen- und Buchführung und der andere ebenso vorwiegend mit den übrigen Aufgaben befasst wird und die Pflicht jedes Geschäftsführers, für alle Zweige der Geschäftsführung zu sorgen, von der Aufgabenteilung unberührt bleibt. Soweit es nicht um die dem Betroffenen besonders zugewiesenen Aufgaben geht, ist seine Pflicht dann auf die Überwachung des Mitgeschäftsführers gerichtet (RGZ 98, 98, 100).

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(2) Die Organisation der Aufgaben auf Geschäftsführungsebene - ggf. im Rahmen der Vorgaben der Satzung oder von Beschlüssen der Gesellschafter - ist, wie die Aufgabenwahrnehmung selbst, Teil der Unternehmensleitung, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu erfüllen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 375; BFHE 141, 443, 446; Michalski/Ziemons, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 338; Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2. Aufl., § 35 Rn. 177; Klöhn, in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 27 f.; Goette, ZHR 175 [2011], 388, 392; Leuering/Dornhegge, NZG 2010, 13, 14; Drescher, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 7. Aufl., Rn. 967). Maßgeblich ist danach, dass die Arbeitsteilung auf Geschäftsführungsebene eine ordnungsgemäße Erledigung aller Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und die Gesamtverantwortung der Geschäftsführung, insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten gewährleistet bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1986 - II ZR 114/85, ZIP 1987, 1050; Urteil vom 15. Oktober 1996 - VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 378; Urteil vom 6. Juli 1990 - 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106, 124; U. H. Schneider, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 477, 484; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 104).

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(a) Eine diesen Anforderungen genügende Organisation setzt eine klare und eindeutige Aufteilung aller Geschäftsführungsaufgaben voraus (das Erfordernis der Eindeutigkeit bezweifelnd: MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 104). Für eine Umgestaltung der auf eigene Aufgabenwahrnehmung gerichteten Pflicht in eine Pflicht zur Überwachung eines Mitgeschäftsführers ist nur dann Raum, wenn die Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung das Vertrauen darauf rechtfertigt, dass jede Geschäftsführungsaufgabe einem Geschäftsführer zugeordnet ist. Bei dieser Zuordnung dürfen weder Zweifel über die Abgrenzung einzelner Aufgaben entstehen noch über die Person des für die Erledigung Verantwortlichen.

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(b) Eine ordnungsgemäße Erledigung von Geschäftsführungsaufgaben durch einen Mitgeschäftsführer ist ferner nur dann gewährleistet, wenn die Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung von allen Geschäftsführern einvernehmlich mitgetragen wird (vgl. U. H. Schneider/S. H. Schneider in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 37 Rn. 75; MünchKommGmbHG/Fleischer, 2. Aufl., § 43 Rn. 114; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 37 Rn. 29; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 101; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 37 Rn. 29; MünchHdbGesRIII/Marsch-Barner/Diekmann, 4. Aufl., § 44 Rn. 86) und die jeweiligen Aufgaben Personen zugeordnet werden, die für die Erledigung fachlich und persönlich geeignet sind (U. H. Schneider, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 477, 484; U. H. Schneider in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 43 Rn. 37). Dieser Eignung müssen sich die Geschäftsführer bei der Aufgabenzuweisung vergewissern (RGZ 91, 72, 77). Können die Geschäftsführer auf Grund dieser Vergewisserung von einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung ausgehen, ist die Zuweisung der Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben regelmäßig so zu verstehen, dass die Pflicht des zuständigen Geschäftsführers zur laufenden Unterrichtung der weiteren Geschäftsführer über die wesentlichen Angelegenheiten der Gesellschaft unberührt bleibt (MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 90). Entsprechend können die übrigen Geschäftsführer in diesem Fall auch ohne ausdrückliche Regelung annehmen, von dem nach der Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung zuständigen Geschäftsführer zuverlässig und rechtzeitig diejenigen Informationen zu erhalten, die für die Wahrnehmung der jedem Geschäftsführer persönlich obliegenden Aufgaben erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1993 - II ZR 81/94 [II ZR 61/92], ZIP 1994, 891, 892).

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(3) Entgegen einer im Schrifttum unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Wahrnehmung steuerrechtlicher Pflichten vertretenen Auffassung setzt eine wirksame Begrenzung des Verantwortungsbereichs nicht stets eine schriftlich fixierte Verteilung der Aufgaben voraus (so U. H. Schneider/S. H. Schneider in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 37 Rn. 69; MünchKommGmbHG/Fleischer, 2. Aufl., § 43 Rn. 115; E. Vetter in Krieger/ Schneider, Handbuch Managerhaftung, 3. Aufl., Rn. 22.48; Michalski/Ziemons, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 338; U. H. Schneider, Festschrift 100 JahreGmbH-Gesetz, 1992, S. 477, 484 f.; Dreher, ZGR 1992, 22, 59 f.; aA Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 37 Rn. 37; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl. § 37 Rn. 28; Jacoby in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 6; Leuering/Dornhegge, NZG 2010, 13, 15; MünchHdbGesRIII/Marsch-Barner/Diekmann, 4. Aufl., § 44 Rn. 87).

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(a) Das Gebot einer schriftlichen Fixierung der Aufgabenteilung ließe sich, da das Gesetz konkrete Vorgaben nicht enthält, nur mit der Erwägung rechtfertigen, dass auf andere Weise den Vorgaben an eine sorgfältige Unternehmensleitung nicht Rechnung getragen werden kann. Dies kann nicht allgemein für jede in Betracht kommende Fallgestaltung angenommen werden, wenngleich die schriftliche Dokumentation der Geschäftsverteilung bzw. Ressortaufteilung innerhalb der Geschäftsführung regelmäßig das naheliegende und geeignete Mittel für eine klare Aufgabenzuweisung und sorgfältige Unternehmensorganisation darstellt (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 37 Rn. 37; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 28; Jacoby in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 6; Leuering/Dornhegge, NZG 2010, 13, 15; MünchHdbGesRIII/Marsch-Barner/Diekmann, 4. Aufl., § 44 Rn. 87). Eine schriftliche Dokumentation kann daher geboten sein, wenn den Geboten der Klarheit und Eindeutigkeit der Aufgabenverteilung im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse der Gesellschaft oder die Art der Verteilung der Geschäfte bzw. Aufteilung der Ressorts selbst nicht genügend Rechnung getragen werden kann (vgl. Goette, ZHR 175 [2011], 388, 397 f.; Dreher, ZGR 1992, 22, 59 f.).

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(b) Ein Schriftformerfordernis lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass ohne schriftliche Dokumentation der Aufgabenverteilung die Gefahr droht, dass jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist (vgl. für die steuerrechtliche Verantwortlichkeit: BFHE 141, 443, 447; ferner auch MünchKommGmbHG/Fleischer, 2. Aufl., § 43 Rn. 115; Michalski/Ziemons, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 338). Mit dieser Erwägung ist nicht die Frage einer klaren Zuständigkeitsverteilung, sondern das Risiko angesprochen, dass die Mitglieder der Geschäftsführung sich im Streitfall ungeachtet einer solchen wechselseitig auf ihre Unzuständigkeit berufen könnten. Für den hier in Rede stehenden Bereich der zivilrechtlichen Haftung der Geschäftsführer genügt es, diese mit dem Risiko zu belasten, dass sie im Streitfall den Nachweis einer nur eingeschränkten, nämlich auf Überwachung des Mitgeschäftsführers gerichteten Verantwortung führen müssen (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 37 Rn. 37). Die aus dem Gebot einer sorgfältigen Unternehmensführung gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG abgeleiteten Organisationspflichten dienen weder dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger noch den Beweisinteressen des Rechtsverkehrs (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 376).

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(c) Der Senat weicht mit seiner Rechtsauffassung nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab. Diese betrifft die ausdrücklich den Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur persönlichen Erfüllung zugewiesenen Aufgaben nach § 34 Abs. 1 AO gegenüber dem Steuergläubiger und damit einen vom öffentlichen Recht geprägten Pflichtenkreis (BFHE 141, 443, 446 f.; BFH, Urteil vom 17. Mai 1988 - VII R 89/85, juris Rn. 14; BFHE 146, 23, 25 f.; vgl. MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 104). Ungeachtet dessen dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Geschäfte des laufenden Verkehrs, die für die Gesellschaft nicht von existentieller Bedeutung sind, auf einen hierfür generell geeigneten Geschäftsführer übertragen werden, wenn die Gewähr vorhanden ist, dass bei einer auch nur entfernt zu besorgenden Gefährdung der Liquidität oder des Vermögens der Gesellschaft die anderen Geschäftsführer unverzüglich unterrichtet werden (BFHE 141, 443, 447). In einem solchen Fall soll es auch für die Haftung gegenüber dem Steuergläubiger auf eine schriftliche Aufgabenverteilung nicht ankommen (BFHE 146, 23, 26).

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(4) Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, muss eine Aufgabenverteilung auch nicht zwingend ausdrücklich vereinbart werden (vgl. MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 2. Aufl., § 37 Rn. 104). Dabei verkennt der Senat nicht, dass eine bloß faktische (vgl. OLG Koblenz, NZG 1998, 953, 954; E. Vetter in Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 3. Aufl., Rn. 22.48; Leuering/Dornhegge, NZG 2010, 13, 14) oder stillschweigend vorgenommene (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, wistra 1990, 97, 98) Aufteilung im Hinblick auf die Gefahr von Missverständnissen über die konkrete Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben typischerweise das Risiko von Missverständnissen in sich birgt, die den vorstehend aufgezeigten Geboten der Klarheit und Eindeutigkeit widersprechen. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass eine auf einer faktischen Arbeitsteilung oder einer stillschweigenden Übereinkunft beruhende Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung durch ihre tatsächliche Handhabung zu einer den oben beschriebenen Anforderungen genügenden Aufgabenzuweisung erstarkt.

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bb) Das Berufungsgericht hat von diesen Maßstäben ausgehend keine ausreichenden Feststellungen zu einer wirksamen Aufteilung der Geschäftsführungsaufgaben zwischen dem Beklagten und dem Zeugen K.   getroffen.

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(1) Es erscheint schon zweifelhaft, ob die auf der Grundlage der Aussage des Zeugen K.   getroffenen Feststellungen über die vorgenommene Aufteilung der Zuständigkeiten unter den Geschäftsführern den dargestellten Anforderungen genügt. Zwar entspricht die Aufteilung, nach der der Beklagte allein für die künstlerischen Belange und der Mitgeschäftsführer für die "kaufmännische, organisatorische und finanzielle Seite" des Geschäfts zuständig war, im Ausgangspunkt den Geboten der Klarheit und Eindeutigkeit. Den Feststellungen ist aber nicht zu entnehmen, dass die gewählte Organisationsform unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse der Schuldnerin sachgerecht war, so dass der Beklagte auf eine ordnungsgemäße Erledigung praktisch aller wesentlichen Geschäftsführungsaufgaben durch den Zeugen K.  vertrauen konnte.

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(2) Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob sich der Beklagte im Zusammenhang mit der Übertragung der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben an den Zeugen K.  ausreichend vergewissert hat, dass dieser die erforderliche fachliche und persönliche Eignung aufweist. Entsprechend ist auch nicht ersichtlich, auf Grund welcher Umstände der Beklagte darauf vertrauen durfte, über wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft zuverlässig informiert zu werden, damit er der bei ihm verbliebenen Verantwortlichkeit als Geschäftsführer nachkommen konnte.

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d) Die Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer hinreichenden Kontrolle und Überwachung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung durch den Beklagten halten einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Ob eine ausreichende Kontrolle und Überwachung vorlag und hieran anknüpfend die Insolvenzreife der Schuldnerin für den Beklagten erkennbar war, ist revisionsrechtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter insoweit alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 14 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier aber vor, weil das Berufungsgericht nicht alle für die Erkennbarkeit der Insolvenzreife der Schuldnerin maßgeblichen Umstände in seine Betrachtung einbezogen hat und die strengen Anforderungen an die Führung des Entlastungsbeweises durch den Geschäftsführer verkannt hat.

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aa) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass es an der Erkennbarkeit der Insolvenzreife fehlen kann, wenn der für die Überwachung des laufenden Geschäftsverkehrs zuständige Geschäftsführer seiner Informationspflicht gegenüber dem in Anspruch genommen Mitgeschäftsführer nicht nachkommt, weil dieser die für die Beurteilung der Insolvenzreife erforderlichen Informationen schon nicht erhält (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1994 - II ZR 270/93, ZIP 1994, 1934, 1937). Die Erkennbarkeit wird für den Mitgeschäftsführer in diesen Fällen typischerweise zusätzlich erschwert, wenn diesem - wie das Berufungsgericht im Streitfall angenommen hat - entsprechende Informationen bewusst vorenthalten werden.

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bb) Das Berufungsgericht hat im Ansatz auch erkannt, dass die Erkennbarkeit der Insolvenzreife auch bei einem bewussten Vorenthalten von Informationen über die wirtschaftliche Lage nur dann fehlt, wenn diese dem Beklagten auch bei ordnungsgemäßer Überwachung des Mitgeschäftsführers nicht aufgefallen wäre. Diesbezüglich bezieht das Berufungsgericht indes nur ein Überprüfen der Kontostände der Schuldnerin in seine Überlegungen ein, die vorliegend deswegen keinen Aufschluss über die tatsächliche Liquidität der Schuldnerin gegeben hätten, weil sich Indizien zur Zahlungseinstellung daraus abgeleitet hätten, dass der Mitgeschäftsführer ständig einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben und am wirtschaftlichen Abgrund operiert hätte. Diese Erwägung greift zu kurz, weil eine auf die Prüfung der Kontostände gerichtete Kontrolle - wie das Berufungsgericht der Sache nach selbst erkennt - nicht geeignet ist, die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin festzustellen, der Geschäftsführer aber für eine Organisation der Geschäftsabläufe sorgen muss, die ihm jederzeit einen solchen Überblick ermöglicht.

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cc) Auch die Erwägung des Berufungsgerichts, die Durchführung wöchentlicher bzw. 14-tägiger Besprechungen sei innerhalb eines Geschäftsjahres ohne besondere Hinweise für die Notwendigkeit verschärfter Kontrollen eine ausreichende Organisation innerhalb der Geschäftsführung, ist rechtsfehlerhaft.

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(1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Durchführung von Besprechungen selbst nur die gebotene Information durch den zuständigen Geschäftsführer ermöglicht und damit für sich betrachtet kein Instrument der Kontrolle einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung im kaufmännischen Geschäftsbereich darstellt. Die Würdigung des Berufungsgerichts lässt nicht erkennen, dass der Beklagte sich auf der Basis der konkreten Besprechungsinhalte und mit gezielten Nachfragen ein eigenes Bild über den Geschäftsbereich gemacht hat. Dies wird regelmäßig nur möglich sein, wenn solche mündlichen Auskünfte zumindest im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung mit den wesentlichen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen des Unternehmens abgeglichen werden, die - typischerweise auch in kleineren Unternehmen - beispielsweise in Form von betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorliegen.

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(2) Zu pauschal bleiben auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zur gebotenen Kontrolldichte. Ob und mit welchen konkreten Maßnahmen eine Kontrolle innerhalb eines Geschäftsjahres stattzufinden hat, lässt sich nur unter Würdigung der aus den Jahresabschlüssen ersichtlichen Geschäftszahlen der Schuldnerin und dem konkreten Vorbringen des Geschäftsführers dazu ableiten, dass er im Hinblick auf die zurückliegenden Geschäftszahlen und die Erkenntnisse von den aktuellen Geschäftsabläufen keinen Anlass hatte, weitergehende Kontrollen durchzuführen. Eine lediglich jährliche Kontrolle der Geschäftszahlen wird bei der Zuständigkeit eines Mitgeschäftsführers im kaufmännischen Bereich der Gesellschaft regelmäßig nicht genügen. Eine entsprechende Würdigung enthält das angefochtene Urteil ebenfalls nicht.

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dd) Das Berufungsgericht würdigt auch nicht umfassend, ob in der Zeit vor Ende August/Anfang September 2008 Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei der Erledigung von Geschäftsführungsaufgaben oder Indizien für eine krisenhafte Entwicklung im Unternehmen vorhanden waren, die Anlass für eine verschärfte Kontrolle und Überwachung des Zeugen K.   gewesen wären. Soweit es darauf verweist, dass sich aus dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte für solche Anzeichen ergeben hätten, verkennt es, dass tatsächlich eine krisenhafte Entwicklung bei der Schuldnerin vorlag und es Sache des Beklagten gewesen wäre, im Einzelnen darzulegen, dass diese ihm ohne eigenes Verschulden verborgen blieb. In diesem Zusammenhang wäre im Einzelnen darzulegen gewesen, welchen wirtschaftlichen Hintergrund die Verhandlungen und die Vereinbarung mit der S.                 AG hatten und warum der Beklagte - wie das Landgericht angenommen hat - von einer (dauerhaft) konsolidierten Lage der Schuldnerin ausgehen konnte. Dass der Beklagte dem nachgekommen wäre, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt. Schließlich ist entgegen der Sicht des Berufungsgerichts die nur teilweise Zahlung der Geschäftsführervergütung ein ganz erhebliches Anzeichen für Unregelmäßigkeiten, die eine konkrete Aufklärung der Hintergründe durch den Beklagten erfordert hätten.

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III. Das Berufungsurteil erweist sich weder ganz noch teilweise aus anderen Gründen als richtig.

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1. Die Rüge des Revisionsbeklagten, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spätestens ab dem 3. September 2008 angenommen, weil der Beklagte keinen Einblick in die einzelnen Geschäftsvorfälle der Schuldnerin gehabt habe und deswegen nicht in der Lage sei, zu den vom Kläger behaupteten Verbindlichkeiten der Schuldnerin im Einzelnen vorzutragen, ist unbegründet. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, eigene Kenntnisse zu den behaupteten Verbindlichkeiten lägen im Hinblick auf die Ressortzuständigkeit des Zeugen K.   nicht vor. Als Geschäftsführer war der Beklagte zwar nach § 41 GmbHG nicht zur eigenhändigen Buchführung verpflichtet. Die Zuständigkeit für die Buchführung konnte unter den oben dargestellten Voraussetzungen auch auf den Mitgeschäftsführer übertragen werden. Das enthebt den Beklagten aber nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16, ZIP 2018, 283 Rn. 25, zVb in BGHZ). Mit der Auferlegung der Last eines substantiierten Bestreitens wird vom Beklagten auch nichts Unmögliches verlangt, denn er ist berechtigt, Einsicht in die Buchhaltung der Gesellschaft zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 - II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25; Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16, ZIP 2018, 283 Rn. 23, zVb in BGHZ).

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2. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge K.  mit seiner Zahlung in Höhe von 25.000 € auf den mit dem Kläger geschlossenen Vergleich die verfahrensgegenständlichen Forderungen anteilig erfüllt hat und dies gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB zu Gunsten des Beklagten wirkt. Dies hat das Berufungsgericht für den zugesprochenen Teil der Klage zwar angenommen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen diese Annahme aber nicht, so dass diese Frage für den im Revisionsverfahren anhängigen Teil der Klage schon aus diesem Grund nicht abschließend beurteilt werden kann.

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a) In der Sache zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass mehrere Geschäftsführer, die der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG aF verpflichtet sind, als Gesamtschuldner haften (vgl. MünchKommGmbHG/H.-F. Müller, 3. Aufl., § 64 Rn. 167; Haas in Baumbach/ Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 64 Rn. 43).

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b) Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass die Zahlung des Zeugen K.   in Höhe von 25.000 € gemäß § 362 Abs. 1, § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB teilweise zum Erlöschen der gegen den Beklagten gerichteten Ansprüche geführt hat. Die Beurteilung, die Zahlung des Zeugen K.   habe zur anteiligen Tilgung der gegen diesen insgesamt gerichteten Forderungen von 565.784,35 € geführt, ist unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts rechtsfehlerhaft.

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aa) Aus dem Vergleich selbst kann nicht abgeleitet werden, ob und ggf. in welchem Umfang die Zahlung des Zeugen etwaige, im vorliegenden Verfahren gegen den Beklagten gerichtete Forderungen getilgt hat. Dem Gläubiger steht es im Grundsatz zwar frei, mit einem Gesamtschuldner einen Einzelvergleich abzuschließen und in diesem eine Bestimmung darüber zu treffen, welche Ansprüche oder Forderungspositionen er sich abgelten lässt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1977 - VII ZR 60/76, WM 1978, 348, 350). Das Berufungsgericht hat aber festgestellt, dass in dem zwischen dem Kläger und dem Zeugen K.   geschlossenen Vergleich keine entsprechende Verrechnungsabrede enthalten ist, sondern lediglich die Erlasswirkung des Vergleichs entsprechend § 423 BGB gegenüber dem Beklagten ausgeschlossen wurde.

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bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht anknüpfend daran für die Frage, welche Einzelforderungen durch die Zahlung getilgt wurden, die Regelung des § 366 BGB herangezogen, weil im Verhältnis zum Beklagten, zu dessen Gunsten der Vergleich keine Wirkung entfaltet, eine Teilleistung auf mehrere Forderungen erfolgt ist. Zu einer - sei es auch nur stillschweigenden (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 248/99, BGHZ 146, 37, 48; MünchKommBGB/Fetzer, 7. Aufl., § 366 Rn. 12) - Leistungsbestimmung des Zeugen K.   nach § 366 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Die anschließende Erwägung, die Zahlung habe nach § 366 Abs. 2 BGB zu einer anteiligen Tilgung der Schuld geführt, ist rechtsfehlerhaft. Eine verhältnismäßige Tilgung der Schuld nach § 366 Abs. 2 Fall 5 BGB kommt erst dann in Betracht, wenn sämtliche vorhergehenden Anrechnungen in der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge ausscheiden (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1996 - II ZR 242/95, BGHZ 134, 224, 229). Insoweit hat das Berufungsgericht übersehen, dass im vorliegenden Fall diejenigen Forderungen, hinsichtlich derer allein eine Haftung des Zeugen K.  in Betracht kam, dem Kläger geringere Sicherheit boten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 353/07, NJW 2008, 2842 Rn. 36).

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IV. Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das Berufungsgericht wird, gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien und weiteren Feststellungen, unter Beachtung der vom Senat aufgezeigten Maßstäbe erneut zu würdigen haben, ob der Beklagte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns gehandelt hat.

Drescher     

      

Born     

      

Sunder

      

B. Grüneberg     

      

V. Sander