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Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 22. Januar 2018 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.681 € für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1.
I.
Die Gläubigerin (nachfolgend: Antragstellerin) betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses genannten, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks wegen ihres dinglichen Anspruchs aus drei Buchgrundschulden. In dem Zwangsversteigerungstermin vom 20. Januar 2016 ist die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Ersteherin), die mit ihren Eltern, den Vollstreckungsschuldnern, das Haus bewohnte, mit einem Gebot von 456.000 € Meistbietende geblieben. Das Versteigerungsgericht hat mit Beschluss vom 27. Januar 2016 ihr den Zuschlag erteilt, auf Antrag der Antragstellerin die gerichtliche Verwaltung gemäß § 94 ZVG angeordnet und den Beteiligten zu 3 als Verwalter eingesetzt. Da die Ersteherin das Bargebot bis zum Verteilungstermin am 11. März 2016 nicht gezahlt hat, hat das Versteigerungsgericht den Teilungsplan in der Weise ausgeführt, dass es die Forderung gegen die Ersteherin in Höhe von 290.815,82 € gemäß § 118 Abs. 1 ZVG auf die Antragstellerin übertragen und das Grundbuchamt um die Eintragung einer Sicherungshypothek für die übertragene Forderung an dem Grundstück ersucht hat. Auf Antrag der Antragstellerin ist am 6. April 2016 die Wiederversteigerung des Grundstücks aus der Sicherungshypothek angeordnet worden.
Am 22. September 2016 hat die Ersteherin zu Gunsten der Antragstellerin einen Betrag von 296.767,01 € bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts hinterlegt und die Aufhebung der Sicherungsverwaltung beantragt. Das Amtsgericht hat den Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ersteherin ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt sie weiterhin die Aufhebung der Sicherungsverwaltung.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die gerichtliche Verwaltung sei nicht aufzuheben, weil die hinterlegte Summe nicht zur vollständigen Befriedigung der Antragstellerin ausreiche. Zwar seien, nachdem die Ersteherin zwischenzeitlich weitere 284,39 € gezahlt habe, die Hauptforderung der Antragstellerin von 289.615,82 € sowie die Verfahrenskosten und Zinsen bis zum Tag der Hinterlegung vollständig abgedeckt. Die Antragstellerin habe aber auch einen Anspruch auf Erstattung der von ihr an den Verwalter gezahlten Vorschüsse in Höhe von 10.000 € auf Prozesskosten für einen Rechtsstreit des Verwalters gegen die Eltern der Ersteherin über die Nutzungen aus dem Grundstück. Der zur Befriedigung des antragstellenden Gläubigers und damit für die Aufhebung nach § 94 ZVG erforderliche Betrag umfasse die Kosten der gerichtlichen Verwaltung. Der von der Ersteherin hinterlegte Betrag sei deshalb um 10.000 € zu niedrig.
III.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Nach § 94 Abs. 1 ZVG ist auf Antrag eines Beteiligten, der Befriedigung aus dem Bargebot zu erwarten hat, das Grundstück für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen, solange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist.
2. Wann die gerichtlich angeordnete Verwaltung aufzuheben ist, regelt das Gesetz nicht. Nach allgemeiner und zutreffender Ansicht ist das Verfahren durch Beschluss u. a. dann aufzuheben, wenn der Ersteher das Meistgebot durch Überweisung an das Gericht oder Hinterlegung vollständig (§ 49 Abs. 1 ZVG; vgl. RGZ 86, 187, 189) oder - bei einer Teilzahlung - in einer Höhe berichtigt, die zu einer Befriedigung des Antragstellers führt (vgl. § 117 ZVG), oder wenn bei Nichtzahlung des Meistgebots die Befriedungswirkung nach § 118 Abs. 2 ZVG eintritt, es sei denn, es wird ein Antrag auf Wiederversteigerung gestellt (§ 118 Abs. 3 ZVG; vgl. Depré/Bachmann, ZVG, § 94 Rn. 16; Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 94 Rn. 8; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., Rn. 955; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, 15. Aufl., § 94 Rn. 15; Michelsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 94 ZVG Rn. 22; Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 94 Rn. 31; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rn. 26; Drasdo, NZI 2014, 846; Steffen, ZfIR 2016, 92, 96). Dann entfällt eine ihrer Anordnungsvoraussetzungen.
3. Die Voraussetzungen für die Anordnung der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 ZVG bestehen hier - unabhängig von der Frage der Erstattung der von der Antragstellerin an den Verwalter gezahlten Prozesskostenvorschüsse als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG) - fort. Die Hinterlegung des Betrags von 296.767,01 € und die Zahlung von 284,39 € durch die Ersteherin sind nämlich bereits keine Zahlung und Hinterlegung, die zu einer Befriedigung der Antragstellerin hinsichtlich ihres Anspruchs aus dem baren Meistgebot geführt haben. Zahlung oder Hinterlegung im Sinne des § 94 Abs. 1 ZVG ist nur Zahlung oder Hinterlegung nach § 49 ZVG (vgl. Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 94 Rn. 5). Die Nichtzahlung des Meistgebots hat auch nicht nach § 118 Abs. 3 ZVG zu einer Befriedigung der Antragstellerin geführt.
a) Die gerichtliche Verwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG dient dem Zweck, rechtliche und tatsächliche Verfügungen des Erstehers über das ersteigerte Grundstück im Interesse der Gläubiger vor Zahlung oder Hinterlegung des baren Meistgebots zu verhindern (BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - IX ZR 172/14, NZI 2015, 340 Rn. 10; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rn. 2). Ihre Aufhebung kommt daher nur in Betracht, wenn das bare Meistgebot (zumindest in der zur Befriedigung des Antragstellers notwendigen Höhe) erbracht ist oder der Antragsteller im Rahmen der Ausführung des Teilungsplans in anderer Weise befriedigt wird. Zahlungen außerhalb des Verteilungsverfahrens bleiben im Hinblick auf die Formalisierung des Zwangsversteigerungsverfahrens hingegen außer Betracht.
b) Das bare Meistgebot ist von dem Ersteher vor dem Verteilungstermin zu berichtigen (§ 49 Abs. 1 ZVG). Es ist so rechtzeitig durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse zu entrichten, dass der Betrag der Gerichtskasse vor dem Versteigerungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt (§ 49 Abs. 3 ZVG). Durch Hinterlegung wird der Ersteher von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn die Hinterlegung und die Ausschließung der Rücknahme im Verteilungstermin nachgewiesen ist (§ 49 Abs. 4 ZVG). Soweit das Bargebot nicht (vollständig) berichtigt wird, ist der Teilungsplan (§ 117 ZVG) dadurch auszuführen, dass die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten durch Anordnung des Gerichts übertragen wird (§ 118 Abs. 1 ZVG). Die Übertragung wirkt nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Diese Wirkung tritt aber im Falle des Absatzes 1 nicht ein, wenn vor dem Ablauf von drei Monaten der Berechtigte dem Gericht gegenüber den Verzicht auf die Rechte aus der Übertragung erklärt oder die Zwangsversteigerung beantragt wird (§ 118 Abs. 2 Satz 2 ZVG).
c) Danach liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung nicht vor. Die Ersteherin hat das bare Meistgebot nicht vor dem Verteilungstermin gezahlt oder hinterlegt und damit gemäß § 49 ZVG nicht erbracht. Die Antragstellerin gilt auch nicht nach § 118 ZVG als befriedigt. Auf ihren vor Ablauf von drei Monaten gestellten Antrag ist die Wiederversteigerung aus der eingetragenen Sicherungshypothek angeordnet worden, so dass die Befriedigungswirkung nach § 118 Abs. 1 ZVG nicht eingetreten ist (§ 118 Abs. 2 Satz 2 ZVG). Das Versteigerungsgericht hat die spätere - nach dem Verteilungstermin und der Anordnung der Wiederversteigerung vorgenommene - Hinterlegung und Zahlung der Ersteherin nicht zu berücksichtigen und deshalb die gerichtliche Verwaltung nach § 94 ZVG aufrechtzuerhalten. Meint die Ersteherin, sie habe die Antragstellerin nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs befriedigt (§§ 372 ff., § 362 Abs. 1 BGB), muss sie diese Einwendung gegen den titulierten Anspruch mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) gegen die Wiederversteigerung geltend machen.
IV.
1. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Bei Beschwerden in Zwangsversteigerungsverfahren kommt eine Erstattung außergerichtlicher Kosten zwar grundsätzlich nicht in Betracht, da sich die Beteiligten nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen. Streiten aber - wie hier - Ersteher und Antragsteller über die Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 ZVG mit entgegengesetzten Interessen und Anträgen, rechtfertigt der kontradiktorische Charakter der Auseinandersetzung die Anwendung der §§ 91 ff. ZPO.
2. Der Gegenstandswert für das gerichtliche Verfahren (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 42 GKG, § 3 ZPO) und für die anwaltliche Vertretung der Ersteherin (§ 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RVG) ist entsprechend der Wertfestsetzung des Beschwerdegerichts auf 3.681 € festzusetzen.
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