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Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 20. Oktober 2017 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger und die M. straße GbR (im Folgenden: GbR) bilden eine Wohnungseigentümer- und Teileigentümergemeinschaft. Der Kläger ist Inhaber eines Miteigentumsanteils von 8/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der Dachgeschosswohnung. Eigentümerin der weiteren Teil- und Wohneigentumseinheiten ist die GbR, deren Gesellschafter der Beklagte zu 1 (bis 2015) und der Beklagte zu 2 (bis zum 1. Mai 2010) waren (im Folgenden: Beklagte). Die Gemeinschaft verfügte ursprünglich nicht über ein eigenes Konto. Die laufenden Kosten wurden im Wesentlichen von dem Geschäftskonto der Beklagten beglichen. In der Zeit vom 1. Januar 2009 bis Anfang 2012 gab es keinen Verwalter. Es wurden weder Wohnungseigentümerversammlungen abgehalten noch Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen erstellt. Von dem Kläger angeregte Beschlussfassungen im Umlaufverfahren kamen nicht zustande. Im Herbst 2009 wurde eine fällige und angemahnte Versicherungsprämie für eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft unterhaltene Haus- und Gebäudeversicherung nicht gezahlt. Der Versicherungsschutz erlosch am 3. Dezember 2009; der Gebäudeversicherer kündigte den Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 8. Januar 2010 fristlos. Der Kläger zahlte die ausstehende Prämie von 3.703,92 €. Hierdurch wurde die Kündigung wirkungslos, und der Versicherungsschutz lebte zum 12. Januar 2010 wieder auf. Am 27. Mai 2010 beglich der Kläger die Prämie für die Gebäudehaftpflichtversicherung in Höhe von 177,36 €. Auf einem für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Konto befand sich am 4. Januar 2015 ein Guthaben in Höhe von 161,28 €.
Mit der Klage verlangt der Kläger - soweit hier noch von Interesse - von den Beklagten nach dem Verhältnis des Miteigentumsanteils der GbR Ersatz in Höhe von 92 % seiner Aufwendungen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagten weder ein Aufwendungsersatzanspruch aus einer Notgeschäftsführung gemäß § 21 Abs. 2 WEG i.V.m. § 670 BGB noch aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Auch ein Bereicherungsausgleich scheide aus. Mit der Bezahlung der Versicherungsprämien habe der Kläger ein Geschäft der Wohnungseigentümergemeinschaft geführt, die Schuldnerin der Ansprüche gewesen und durch Befreiung von der Zahlung der Versicherungsprämien bereichert sei. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten lasse sich ebensowenig aus § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, § 128 HGB analog herleiten. Diese Vorschrift finde auf Forderungen von Wohnungseigentümern gegen die Gemeinschaft jedenfalls dann keine Anwendung, wenn es sich um Sozialverbindlichkeiten handele, d.h. um Ansprüche, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrührten. Solche Kosten der Verwaltung, zu denen auch Versicherungsprämien zählten, seien nach den für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander geltenden Regelungen über Wirtschaftsplan und Instandhaltungsrücklage aufzubringen und über die Jahresabrechnung nach dem geltenden Umlageschlüssel auf die Wohnungseigentümer umzulegen. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus den Grundsätzen, die die Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer aus zwei Wohnungseigentümern bestehenden zerstrittenen Wohnungseigentümergemeinschaft entwickelt habe. Soweit hiernach derjenige Wohnungseigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten verauslagt habe, ohne weitere Formalitäten von dem anderen Wohnungseigentümer dessen Anteil an den Kosten und Lasten erstattet verlangen könne, werde hierfür vorausgesetzt, dass das Stimmrecht nicht abweichend von dem Gesetz (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) geregelt sei. Letzteres sei hier aber der Fall.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Für die von dem Kläger gegen die Beklagten geltend gemachten Zahlungsansprüche fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
1. Tilgt ein Wohnungseigentümer - wie hier der Kläger - Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, steht im Ausgangspunkt außer Streit, dass er von der Wohnungseigentümergemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann. Meinungsunterschiede bestehen nur hinsichtlich der Frage, woraus sich dieser Ersatzanspruch ergibt. Während zum Teil auf die Grundsätze der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) und bei Notgeschäftsführungsmaßnahmen auf § 21 Abs. 2 WEG i.V.m. § 670 BGB abgestellt wird (vgl. OLG München, NJW-RR 2008, 534, 535; LG Frankfurt, NJW 2015, 2592; AG Charlottenburg, ZWE 2011, 468; Heinemann in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 21 Rn. 28; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 21 WEG Rn. 38; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 21 Rn. 15; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 328: § 713 BGB entsprechend i.V.m. § 670 BGB), sehen andere in der analogen Anwendung des § 110 HGB die zutreffende Grundlage des Erstattungsanspruchs (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 683; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 337; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 385; vgl. auch BeckOGK/Falkner [1. 3. 2018], § 10 WEG Rn. 559; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 15: Gesamtanalogie gemäß § 110 HGB, §§ 713, 670 BGB; Derleder/Fauser, ZWE 2007, 2, 7; im Ergebnis auch Häublein, ZWE 2008, 410, 411). Schließlich soll nach einer weiteren Auffassung mit der Zahlung eines Wohnungseigentümers - flankierend zu einem originären Anspruch - die Forderung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 774 Abs. 1 BGB auf den Wohnungseigentümer übergehen (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4. 2018], § 10 Rn. 685; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 385; Schmid, ZMR 2012, 85, 87; Häublein, ZWE 2008, 410, 415; im Ergebnis auch jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 328).
2. a) Demgegenüber ergibt sich aus den genannten Anspruchsgrundlagen, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, grundsätzlich kein Erstattungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, weil der tilgende Wohnungseigentümer - hier der Kläger - für den Verband tätig wird, der gemäß § 10 Abs. 6 Satz 2 WEG Schuldner der Verbindlichkeit ist (vgl. AG Charlottenburg, ZWE 2011, 468; siehe auch Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 387; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21 Rn. 70; siehe auch Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 197/10, NJW-RR 2011, 1093 Rn. 23 zu einem Anspruch des Verwalters gegen den Verband wegen einer Notgeschäftsführungsmaßnahme gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG).
b) Soweit die Revision der Auffassung ist, die Beklagten schuldeten die von dem Kläger verauslagten Beträge nach Bereicherungsrecht, weil sie von ihrer anteiligen Haftung gemäß § 10 Abs. 8 WEG befreit worden seien, geht dies bereits deshalb fehl, weil die Zahlung des Klägers auf die Verbindlichkeit des Verbandes erfolgt ist und ein etwaiger Bereicherungsausgleich in diesem Verhältnis zu erfolgen hätte (vgl. AG Charlottenburg, ZWE 2011, 468). Der weitere Hinweis der Revision auf das Urteil des Senats vom 24. Juli 2015 (V ZR 167/14, NJW 2015, 2874 Rn. 24) trägt nicht, weil es einen Sachverhalt betraf, der mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar ist. In der zitierten Entscheidung hat der Senat unter anderem die Frage erörtert, ob der Verkäufer einer gebrauchten Eigentumswohnung, der einen Mangel am Gemeinschaftseigentum behoben hat, von solchen Erwerbern, die mit Erfolg sekundäre Mängelrechte geltend gemacht haben oder denen der Verkäufer nicht die Verschaffung einer mangelfreien Sache schuldete, einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich verlangen kann. Darum geht es bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten des Verbandes durch einen Wohnungseigentümer nicht.
c) Zu Recht verneint das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WEG) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind.
aa) Allerdings ist die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 8 WEG auf Forderungen von Wohnungseigentümern gegen die Gemeinschaft in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
(1) Nach einer teilweise vertretenen Auffassung kann auch ein Wohnungseigentümer Gläubiger im Sinne der Vorschrift sein (vgl. PWW/Elzer/Riecke, 13. Aufl., § 10 WEG Rn. 53; MüKoBGB/Commichau, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 113). Dem Verbandsgläubiger stehe ein Wohnungseigentümer gleich, der für den Verband in Anspruch genommen worden sei und für ihn geleistet habe (Staudinger/Kreuzer, BGB [2018], § 10 WEG Rn. 346).
(2) Nach der Gegenauffassung betrifft die Vorschrift nur die Haftung der Wohnungseigentümer gegenüber Dritten (vgl. OLG München, NJW-RR 2008, 534; LG Frankfurt, NJW 2015, 2592, 2593; AG Bremen, NJW-RR 2010, 884; AG Charlottenburg, ZWE 2011, 468; BeckOK BGB/Hügel [1.5.2018], § 10 WEG Rn. 53; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 Rn. 58; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 354). Dies werde dadurch deutlich, dass bei dem Umfang der Haftung auf den Miteigentumsanteil und nicht auf den tatsächlichen Verteilungsschlüssel der Wohnungseigentümer untereinander abzustellen sei (vgl. OLG München, NJW-RR 2008, 534).
(3) Eine weitere Meinung differenziert. § 10 Abs. 8 WEG gelte nicht für Ansprüche, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrührten (so genannte Sozialverbindlichkeiten), da ansonsten die vorrangige Beschlussfassung der Eigentümer übergangen werde (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 623: teleologische Reduktion; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 279; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 128; Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl., § 10 WEG Rn. 41; Abramenko in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 10 Rn. 181; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21 Rn. 71; Häublein, ZWE 2008, 410, 415 f.; wohl auch Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 370). Als Beispiel wird der Anspruch auf Auskehr eines Abrechnungsguthabens aus der Jahresabrechnung genannt (vgl. jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 Rn. 279). Beruhe der Anspruch aber nicht auf dem Wohnungseigentumsverhältnis, sondern auf Drittgeschäften, bei denen der Eigentümer dem Verband wie ein beliebiger Dritter gegenüberstehe, könne auch der Wohnungseigentümer Ansprüche gegen den Verband erwerben, so, wenn er dem Verband etwas verkaufe, ihn mit der Durchführung einer Reparatur beauftrage oder als Rechtsanwalt mit der Vertretung des Verbandes mandatiert werde (vgl. jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 Rn. 280; i.E. auch BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 623; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 370; Abramenko in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 10 Rn. 181). In diesen Fällen folge allerdings aus der zwischen den Eigentümern bestehenden Treuepflicht, dass der Gläubiger sich zunächst an den Verband zu halten habe und seine Miteigentümer nur in Anspruch nehmen könne, wenn aus dem Verwaltungsvermögen langfristig keine Befriedigung zu erwarten sei (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 636).
(4) Von den Vertretern der vorgenannten Auffassung, wonach (nur) Sozialverbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 8 WEG herauszunehmen sind, plädieren einige dafür, für bestimmte Konstellationen Ausnahmen und damit eine Inanspruchnahme der anderen Wohnungseigentümer zuzulassen. So soll der Eigentümer einem Drittgläubiger gleichstehen, wenn er im Wege der Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) eine Verbindlichkeit in voller Höhe tilge (vgl. Niedenführ/Kümmel in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 129; wohl auch Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl., § 10 WEG Rn. 41; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21 Rn. 71 f. mit Einschränkungen wegen der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht). Andere erwägen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 136/06, NJW-RR 2008, 256 Rn. 14, 19) eine unmittelbare Inanspruchnahme der anderen Wohnungseigentümer - unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung - in den Fällen, in denen aus dem Verwaltungsvermögen langfristig keinerlei Befriedigung zu erwarten sei (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 690: „allenfalls“).
(5) Schließlich soll nach einer weiteren Auffassung in einer aus nur zwei Eigentümern bestehenden Gemeinschaft (sog. Zweier-Wohnungseigentümer-gemeinschaft) der Eigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten vorgestreckt habe, von dem anderen Eigentümer anteilige Erstattung auch ohne Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftsplan verlangen können, wenn ein Verwalter nicht bestellt und aufgrund der Stimmengleichheit (Kopfstimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) in der Eigentümerversammlung ein entsprechender Beschluss nicht möglich sei (vgl. BayObLG, NZM 2002, 609 f.; OLG Karlsruhe, ZMR 2007, 138; LG München, NJW-RR 2009, 1166; LG Dortmund, ZWE 2017, 182; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 281; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 15; Bärmann/Becker, aaO, § 28 Rn. 58).
bb) Der Senat entscheidet die Streitfrage wie folgt: Eine Haftung des Wohnungseigentümers gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG für Verbindlichkeiten des Verbands scheidet aus, wenn es sich um Ansprüche anderer Wohnungseigentümer handelt, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten). Hierzu gehören Aufwendungsersatzansprüche, die einem Wohnungseigentümer wegen der Tilgung einer Verbindlichkeit des Verbands zustehen, und zwar auch dann, wenn die Tilgung eine Notgeschäftsführungsmaßnahme i.S.d. § 21 Abs. 2 WEG ist; dies gilt unabhängig davon, ob eine Befriedigung aus dem Gemeinschaftsvermögen zu erwarten ist oder nicht. Ob bei Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaften eine Ausnahme gilt, bedarf hier keiner Entscheidung.
(1) Auszugehen ist von dem Wortlaut des § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, in dem allgemein von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Rede ist, für die jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils haftet. Verbindlichkeiten können auch gegenüber einem Wohnungseigentümer bestehen, so dass eine generelle Beschränkung der Vorschrift auf Dritte nicht gerechtfertigt ist. Soweit der Wohnungseigentümer gegen den Verband Ansprüche hat, die in keinem Zusammenhang mit seiner Stellung als Wohnungseigentümer stehen, sondern in gleicher Weise auch von Dritten erworben werden können, wie dies beispielsweise bei dem Verkauf einer Sache an den Verband der Fall ist, haften im Ausgangspunkt (auch) die übrigen Wohnungseigentümer für diese Verbindlichkeit. Ob der Wohnungseigentümer wegen der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treue-pflicht gehalten ist, vorrangig den Verband in Anspruch zu nehmen, und ob die gemäß § 10 Abs. 8 WEG nach Miteigentumsanteilen zu bestimmende Haftungsquote durch einen in der Gemeinschaft abweichend vereinbarten Verteilungsmaßstab verdrängt wird (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 636; siehe auch Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 360), bedarf keiner Entscheidung.
(2) Anders ist es jedoch, wenn der Anspruch des Wohnungseigentümers gegen den Verband seine Grundlage in dem Gemeinschaftsverhältnis hat, er also untrennbar mit der Stellung als Wohnungseigentümer zusammenhängt. Auf solche Fälle ist die Vorschrift nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck nicht anwendbar.
(a) Der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 63 ff.) hat mit der Einfügung von § 10 Abs. 8 WEG auf die Entscheidung des Senats vom 2. Juni 2005 (V ZB 32/05, BGHZ 163, 154) reagiert, mit der die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anerkannt wurde, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Neben der Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht kommen, wenn diese sich neben dem Verband klar und eindeutig verpflichtet hatten (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 172 f.); im Übrigen wurde der Gläubiger für den Fall, dass das Geldvermögen des Verbands nicht ausreichte, darauf verwiesen, die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer auf Zahlung von Beiträgen und Sonderumlagen bzw. auf Schadensersatz zu pfänden (Senat, Urteil vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 174 f. sowie 176). Nach Ansicht des Gesetzgebers wurden hierdurch zu hohe Hürden für die Durchsetzung von Forderungen aufgestellt, weil eine effektive Vollstreckung danach nur gewährleistet war, wenn das Verwaltungsvermögen ausreichte, um die Verbindlichkeit zu erfüllen. Deshalb wurde mit der Schaffung von § 10 Abs. 8 WEG dem Vertragspartner die Möglichkeit eingeräumt, wegen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft auch unmittelbar gegen die Wohnungseigentümer vorzugehen. Andererseits ist dieser Anspruch in seinem Umfang begrenzt worden, indem die Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers auf den Anteil beschränkt wurde, den dieser am Gemeinschaftseigentum hat. Ziel war es, eine „anteilsmäßige Außenhaftung“ zu begründen, die die Durchsetzung der Forderung gegenüber dem Haftungskonzept des Senats in der angeführten Entscheidung erheblich erleichtert (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 65). Dazu bestimmt § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, „inwieweit die Wohnungseigentümer im Verhältnis gegenüber Dritten für die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft einzustehen haben“ (BT-Drucks. 16/887, S. 63). Mit dieser auf das Außenverhältnis bezogenen gesetzgeberischen Zielsetzung ist es nicht zu vereinbaren, die Vorschrift auf die Haftung der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis anzuwenden (vgl. auch LG Frankfurt, NJW 2015, 2592).
(b) Die Absicht des Gesetzgebers, eine auf das Außenverhältnis beschränkte Regelung zu treffen, zeigt sich auch daran, dass bei der Haftung der Wohnungseigentümer allein auf den Miteigentumsanteil abgestellt wird und nicht auf den tatsächlichen Verteilungsschlüssel der Wohnungseigentümer, der auch eine von dem Miteigentumsanteil abweichende Verteilung der Kosten und Lasten vorsehen kann (vgl. OLG München, NJW-RR 2008, 534; LG Frankfurt, NJW 2015, 2592). Wäre demgegenüber bei Sozialverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 8 WEG ein direkter Zugriff des Wohnungseigentümers auf die anderen Eigentümer möglich, würden die im Wohnungseigentumsgesetz für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer getroffenen Regelungen und das im Gesetz vorgesehene Finanzsystem der Wohnungseigentümergemeinschaft unterlaufen. Der einzelne Wohnungseigentümer muss grundsätzlich nicht damit rechnen, von einem anderen Wohnungseigentümer im Hinblick auf Verbindlichkeiten des Verbands unmittelbar in Anspruch genommen zu werden. Die Willensbildung der Gemeinschaft über die Finanzausstattung und die Deckung von Finanzierungslücken würde gestört, könnte ein Wohnungseigentümer die anderen wegen seiner im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnden Ansprüche ohne Einhaltung des im Wohnungseigentumsgesetz vorgesehenen Verfahrens unmittelbar (insbesondere ohne Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan und eine Jahresabrechnung gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 WEG) - wenn auch anteilig - in Anspruch nehmen (vgl. Häublein, ZWE 2008, 411, 414 f.; BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 683; AG Charlottenburg, ZWE 2011, 468, 469). Wie sich aus den §§ 16, 28 WEG ergibt, soll der Gemeinschaft auch die Entscheidung überlassen bleiben, ob zur Tilgung entstandener Verwaltungsschulden Sonderumlagen erhoben oder Darlehen aufgenommen werden oder auf vorhandene Rücklagen zurückgegriffen wird. Es steht der Gemeinschaft zudem frei, intern einen abweichenden Umlagemaßstab nach § 16 Abs. 3, Abs. 4 WEG zu beschließen.
(3) Eine solche, nicht der Haftung gemäß § 10 Abs. 8 WEG unterfallende Sozialverbindlichkeit ist beispielsweise bei einem Anspruch auf Auskehr eines Abrechnungsguthabens aus einer Jahresabrechnung gegeben. Entsprechendes gilt für Aufwendungsersatzansprüche des Wohnungseigentümers, die ihm - wie hier dem Kläger - wegen der Begleichung von Verbindlichkeiten des Verbandes gegen diesen zustehen. Ungeachtet der oben (Rn. 5) erörterten Frage, auf welcher Anspruchsgrundlage ein solcher Erstattungsanspruch beruht, steht er jedenfalls im untrennbaren Zusammenhang mit der Stellung als Wohnungseigentümer (vgl. § 16 Abs. 2 WEG). Auch wenn eine Zahlung des Wohnungseigentümers entsprechend § 774 Abs. 1 BGB zu einem Forderungsübergang führen sollte, wie dies zum Teil vertreten wird (vgl. oben Rn. 5), handelte es sich nicht um eine „normale“ Drittgläubigerforderung, für die § 10 Abs. 8 WEG gilt; vielmehr ist es dem leistenden Wohnungseigentümer wegen der vorrangigen Regeln des Innenverhältnisses auch bei der Annahme eines Forderungsübergangs nicht gestattet, sich auf die Vorschrift zu berufen (Häublein, ZWE 2008, 411, 415 f.; BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 685). Dies gilt auch dann, wenn sich die Tilgung der Verbindlichkeit als gemäß § 21 Abs. 2 WEG gerechtfertigte Notgeschäftsführungsmaßnahme darstellt, wie dies bei der Tilgung von Schulden des Verbandes zur Abwendung einer Versorgungssperre oder zur Vermeidung des Verlustes von Versicherungsschutz möglich sein kann (vgl. Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 26; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 13).
(4) Ein Durchgriff des Wohnungseigentümers gegen die anderen Wohnungseigentümer ungeachtet der im Innenverhältnis gemäß § 16, § 28 WEG zu beachtenden Regelungen kommt bei einer Sozialverbindlichkeit auch dann nicht in Betracht, wenn das Verbandsvermögen nicht ausreicht, den Aufwendungsersatzanspruch des leistenden Wohnungseigentümers zu erfüllen. Nach der Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes muss der Wohnungseigentümer in einem solchen Fall eine entsprechende Beschlussfassung des Verbandes herbeiführen (vgl. AG Charlottenburg ZWE 2011, 468, 469). Kommt ein solcher Beschluss nicht zustande, hat der Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 8 WEG die Möglichkeit einer Beschlussersetzungsklage.
(5) Ob im Fall einer (zerstrittenen) Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaft, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und wegen des Kopfstimmrechts (§ 25 Abs. 2 WEG) keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, etwas anderes gilt, wie dies in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten wird (vgl. BayObLG, NZM 2002, 609 f.; OLG Karlsruhe, ZMR 2007, 138; LG München, NJW-RR 2009, 1166; LG Dortmund, ZWE 2017, 182; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 281; vgl. auch Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 15; Bärmann/Becker, aaO, § 28 Rn. 58; aA AG Bremen, NJW-RR 2010, 884; LG Frankfurt, NJOZ 2018, 1975, 1976; BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 692), bedarf keiner Entscheidung, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Stimmrecht hier abweichend von § 25 Abs. 2 WEG geregelt ist und es zu einer „Pattsituation“ wegen Stimmengleichheit nicht kommen kann.
d) Nach alledem scheidet eine Haftung der GbR gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG und damit auch der Beklagten als deren (ehemalige) Gesellschafter (§ 128 Abs. 1 HGB analog) für die von dem Kläger verauslagten Versicherungsbeiträge aus. Da das Berufungsgericht die Berufung des Klägers mithin zu Recht zurückgewiesen hat, hat sein Rechtsmittel keinen Erfolg.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann |
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