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Verpflichtung zur Abnahmeerklärung ist feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Rahmen einer negativen Feststellungsklage
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Juli 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. September 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Anschlussrevision der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsantrag zu 2) als unzulässig abgewiesen wird.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums an einer Wohnungseigentumsanlage und über den Eintritt der an den Besitzübergang geknüpften Rechtsfolgen.
Mit notariellem Bauträgervertrag vom 22. Juni 2011 veräußerte die Beklagte an die Klägerin einen Miteigentumsanteil an der auf dem Grundbesitz Gemarkung K. von ihr zu errichtenden Wohnungseigentumsanlage N. in Kö. verbunden mit dem Sondereigentum an einer näher bezeichneten Wohnung und einem Tiefgarageneinstellplatz.
Der Vertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:
"6.2 Abnahme Gemeinschaftseigentum
6.2.1. Der Käufer verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, das gemeinschaftliche Eigentum zusammen mit den übrigen Käufern abzunehmen. Die Abnahme erfolgt ausschließlich durch ein schriftliches, von den Vertragsparteien und den übrigen Käufern zu unterschreibendes Abnahmeprotokoll (förmliche Abnahme). In ihm sind alle noch ausstehenden Leistungen und etwaige Mängel aufzunehmen. Können sich die Vertragsparteien über das Vorliegen von Mängeln oder noch ausstehende Leistungen nicht einigen, ist dies zu vermerken.
6.2.2. Auf Seiten der Käufer wird die Abnahmeerklärung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen, der ausschließlich von den Käufern anlässlich ihrer ersten Eigentümerversammlung bestimmt und beauftragt wird und der jeden einzelnen Käufer bis auf Widerruf nur in technischer Hinsicht vertritt, vorbereitet. ...
Der Bausachverständige stellt fest, ob das Gemeinschaftseigentum in technischer Hinsicht im Wesentlichen fertiggestellt und damit in technischer Hinsicht abnahmereif ist. Sofern der Bausachverständige in seinem Protokoll die technische Abnahmereife festgestellt hat, teilt dies der Verkäufer den Käufern unter Beifügung des Protokolls schriftlich mit und fordert diese zur rechtsgeschäftlichen Erklärung der Abnahme durch Unterzeichnung und Rücksendung des Protokolls an den Verkäufer auf.
6.2.3. Gibt der Käufer keine diesbezügliche ausdrückliche Erklärung zur Abnahme insbesondere durch Unterzeichnung und Rücksendung des Protokolls an den Verkäufer ab, gilt das Gemeinschaftseigentum - bis auf die im Protokoll verzeichneten Mängel, Ansprüche und Rechte - durch ihn als beanstandungslos abgenommen, wenn der Käufer in der vorgenannten Mitteilung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und der Käufer nicht binnen einer Frist von 30 Tagen nach Zugang des Protokolls ausdrücklich widerspricht.
…
8. Besitzübergang (wirtschaftlicher Eigentumsübergang)
8.1. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr des Kaufgegenstandes sowie die Verkehrssicherungspflicht gehen - vorbehaltlich nachstehender Regelung - mit dem Tage der Übergabe auf den Käufer über.
Die Übergabe erfolgt, wenn die Abnahme anlässlich Bezugsfertigkeit durchgeführt ist und der Käufer alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungen geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet, insbesondere die Bezugsfertigkeitsrate."
Nach Errichtung der Wohnungseigentumsanlage N. beraumte die erste Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Eigentümerversammlung an, in der ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums gewählt und beauftragt werden sollte. In einem bereits vorher durchgeführten informellen Treffen wählten die dort anwesenden Erwerber zu diesem Zweck mehrheitlich Dipl.-Ing. S. als Sachverständigen. Die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft informierte die Erwerber über das Ergebnis des Treffens und erteilte dem Sachverständigen S. den Auftrag, im Namen der Eigentümergemeinschaft die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durchzuführen.
Die Klägerin nahm das Sondereigentum ab. Mit Schreiben vom 21. August 2012 übersandte die Beklagte der Klägerin das "Abnahmeprotokoll Gemeinschaftseigentum" vom 3. August 2012 in Kopie. Ausweislich des Protokolls erfolgte die Abnahme des Gemeinschaftseigentums unter Vorbehalt von Mängeln, die bis zum 30. September 2012 beseitigt werden sollten. Als Datum des Gewährleistungsbeginns wurde der 3. August 2012 aufgeführt. In dem Übersendungsschreiben wies die Beklagte darauf hin, dass der Sachverständige S. die technische Abnahmereife des Objekts festgestellt habe, und bat um Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Unterzeichnung und Rücksendung des Protokolls. Das Schreiben enthielt ferner den Hinweis, das Gemeinschaftseigentum gelte als durch die Klägerin abgenommen, wenn das Abnahmeprotokoll nicht bis zum 21. September 2012 unterzeichnet zurückgesandt werde, es sei denn die Klägerin widerspreche der Abnahme ausdrücklich.
Mit Schreiben vom 10. September 2012 verweigerte die Klägerin ausdrücklich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Sie machte geltend, dass der Sachverständige S. keine Befugnis gehabt habe, sie zu vertreten, und das Gemeinschaftseigentum angesichts der im Protokoll aufgeführten Mängel nicht abnahmereif sei.
Demgegenüber berief sich die Beklagte gegenüber der Klägerin darauf, dass das Objekt ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen S. abnahmereif sei. Diese Auffassung vertrat sie auch in einem an die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichteten Schreiben vom 1. April 2014. Darin führte sie unter anderem weiter aus, dass die Erwerber verpflichtet seien, die Abnahme zu erklären, wenn das Abnahmeprotokoll bezüglich der Abnahmereife nicht zu beanstanden sei, und dass Beanstandungen einzelner Erwerber nur relevant seien, wenn sie sich mit zutreffenden Argumenten gegen die Feststellungen des Sachverständigen S. bezüglich der Abnahmereife wendeten, was hier nicht der Fall sei. Da sich die Beanstandungen nicht gegen die Abnahmereife richteten, seien sie unbeachtlich, so dass die Abnahme als erfolgt gelte. Daraufhin begehrte die Klägerin in der weiteren Korrespondenz der Parteien von der Beklagten erfolglos Klarstellung, dass sie die rechtliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums noch nicht erklärt habe.
Inzwischen erhob die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Gewährleistungsklage gegen die Beklagte und leitete zudem gegen diese auf der Grundlage eines Privatgutachtens des Sachverständigen W. ein selbständiges Beweisverfahren zur Klärung der am Gemeinschaftseigentum bestehenden Mängel ein.
Die Klägerin hat mit der Klage beantragt festzustellen,
1. dass eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft N., Kö. , durch die Klägerin bzw. mit Wirkung für die Klägerin nicht erfolgt ist;
2. dass die rechtlichen Wirkungen des Besitzübergangs gemäß Ziff. 8. unter Ziff. 8.1. des Kaufvertrags zwischen den Parteien vom 22. Juni 2011, Urkunde des Notars Dr. K., Nr. für 2011 K ("Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr") hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft N., Kö. , nicht auf die Klägerin übergegangen sind.
Das Landgericht hat den Klageantrag zu 1) als unzulässig und den Klageantrag zu 2) als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem Klageantrag zu 1) unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht uneingeschränkt zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Klageantrags zu 1), hilfsweise die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt und verfolgt ihren Klageantrag zu 2) weiter.
Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Klägerin ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision und die Anschlussrevision von Bedeutung, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
1. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Feststellung gemäß § 256 ZPO, dass sie das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen habe und auch keine Abnahme mit Wirkung ihr gegenüber erfolgt sei.
Bei der Abnahme im Sinne des § 640 Abs.1 BGB handele es sich um ein der Feststellung zugängliches Rechtsverhältnis. Eine negative Feststellungsklage, dass ein Werk nicht abgenommen sei, sei grundsätzlich ebenso zulässig wie eine positive Feststellungsklage, dass das Werk abgenommen sei.
Das rechtliche Interesse der Klägerin liege vor. Die Beklagte habe die Auffassung vertreten, dass am 3. August 2012 Abnahmereife bestanden und mangels rechtlich beachtlicher Erklärungen die Gewährleistungsfrist für das Gemeinschaftseigentum an diesem Tag, spätestens nach Ablauf von 30 Tagen, zu laufen begonnen habe. Damit habe sie den Eindruck zu erwecken versucht, eine Abnahme sei erfolgt. Im hiesigen Rechtsstreit habe die Beklagte vorgetragen, die Klägerin sei rechtlich so zu behandeln, als habe sie die Abnahme erklärt. Auf die Aufforderung der Klägerin zur Klarstellung, dass sie das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen habe, habe die Beklagte nicht reagiert.
Das Feststellungsinteresse sei im Hinblick auf den Beginn des Laufs der Verjährung und die weiteren erheblichen Rechtsfolgen, die an die Abnahme geknüpft seien, zu bejahen. Insbesondere der Gesichtspunkt der Verjährung sei für die Klägerin von großem Interesse, da die Beklagte die Auffassung vertreten habe, die Verjährung der Gewährleistungsansprüche habe bereits im August 2012 begonnen.
Die Abnahme des Sondereigentums und eine eventuelle Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch andere Wohnungseigentümer führten nicht zu einer konkludenten Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Klägerin. Auch eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten komme angesichts der ausdrücklichen Verweigerung der Klägerin nicht in Betracht.
Aufgrund der vom Privatsachverständigen W. festgestellten Mängel, die teilweise die Gefahr von Wassereintritten zur Folge haben könnten, und der behaupteten Brandschutzmängel habe die Klägerin zumindest wesentliche Mängel des Gemeinschaftseigentums glaubhaft gemacht. Die Beklagte sei dem nicht mit Substanz entgegengetreten. Eine Bindung an die Feststellungen des Sachverständigen S. bestehe nicht, weil die Klägerin bereits anlässlich des informellen Treffens Bedenken gegen die Auswahl des Sachverständigen geäußert und in der Folgezeit dessen Vertretung konkludent widerrufen habe. Im Übrigen habe in dem Gewährleistungsprozess der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Beklagte ein vom Landgericht bestellter Sachverständiger Mängel in Höhe eines Kostenaufwands von 30.000 € festgestellt.
2. Demgegenüber habe die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Wirkungen des Besitzübergangs gemäß Ziff. 8.1. des Vertrags noch nicht eingetreten seien. Die Klägerin übe seit vielen Jahren die tatsächliche Sachherrschaft über ihr Sondereigentum und - gemeinsam mit den übrigen Wohnungseigentümern - über das Gemeinschaftseigentum aus. Der wirtschaftliche Eigentumsübergang sei lange vollzogen. Die Übergabe sei unabhängig von der rechtsgeschäftlichen Abnahme erfolgt.
II. Revision der Beklagten
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem mit dem Feststellungsantrag zu 1) verfolgten Klagebegehren nicht entsprochen werden.
1. Der Feststellungsantrag zu 1) ist - mit der vom Senat vorgenommenen Auslegung (dazu unter a)) - zulässig.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Revisionsgericht die prozessualen Erklärungen einer Partei selbst auslegen. Die Auslegung darf auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 - VII ZR 261/14 Rn. 17, BauR 2017, 915; Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 268/11 Rn. 30 m.w.N., NJW 2014, 155).
Unter Beachtung dieser Auslegungsgrundsätze möchte die Klägerin mit dem Feststellungsantrag zu 1) nicht allein geklärt wissen, ob eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch sie oder mit Wirkung für sie erklärt worden ist. Vielmehr streiten die Parteien in der Sache über die Frage, ob sich ihre rechtlichen Beziehungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums durch den Eintritt der Abnahmewirkungen geändert haben. Die Beklagte stützt den Eintritt der Abnahmewirkungen dabei darauf, dass die Klägerin die Abnahme zu Unrecht verweigert hat, weil sie aufgrund der Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums zu dessen Abnahme verpflichtet war. Der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen vorgerichtlichen Korrespondenz ist dagegen nicht zu entnehmen, dass die Beklagte geltend gemacht hätte, die Klägerin habe die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausdrücklich oder konkludent erklärt. Die Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen, der Sachverständige S. habe die rechtsgeschäftliche Abnahme mit Wirkung für die Klägerin erklärt. Der Feststellungsantrag zu 1) beinhaltet daher bei verständiger Würdigung nicht nur die Klärung der Frage, ob bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht die Abnahmewirkungen aufgrund einer Erklärung der Abnahme eingetreten sind, sondern - über den Wortlaut des Antrags hinaus - auch, ob sie deshalb eingetreten sind, weil eine der Abnahme gleichstehende Konstellation zu bejahen ist. Das kommt gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. in Betracht, wenn die Klägerin die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht innerhalb einer von der Beklagten bestimmten angemessenen Frist erklärt hat, obwohl sie aufgrund der Abnahmereife hierzu verpflichtet war. Das gilt auch dann, wenn die Beklagte keine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat, sofern die Fristsetzung nach allgemeinen Grundsätzen entbehrlich ist. Die Fristsetzung ist danach dann entbehrlich, wenn die Klägerin die Abnahme des Gemeinschaftseigentums endgültig zu Unrecht verweigert hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - VII ZR 158/09 Rn. 5, NZBau 2010, 557; Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05 Rn. 29, BGHZ 174, 110; Urteil vom 25. April 1996 - X ZR 59/94, NJW-RR 1996, 883, juris Rn. 19; jeweils m.w.N.).
Das diesem Verständnis entsprechende Begehren der Klägerin folgt bereits aus der Klageschrift. Die Klägerin hat dort unter anderem Ausführungen dazu gemacht, warum sie sich entgegen der von der Beklagten vertretenen gegenteiligen Auffassung nicht für verpflichtet hält, die Abnahme zu erklären, und auch nicht so zu behandeln sei, als sei die Abnahme erfolgt. Diesem Begehren, das die Klägerin auch in der Folgezeit nicht eingeschränkt hat, kann nur mit dem genannten Verständnis des Feststellungsantrags zu 1) Rechnung getragen werden.
b) Der so verstandene Feststellungsantrag zu 1) bezieht sich auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.
Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Lebenssachverhalt resultierende Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann. Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellung sein, nicht bloße Vorfragen, wohl aber einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Rechte oder Pflichten (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 353/12 Rn. 17 m.w.N., BauR 2015, 818 = NZBau 2015, 229).
Die Abnahme begründet zwar kein eigenständiges Rechtsverhältnis, sie führt jedoch zu wesentlichen Änderungen in den Rechtsbeziehungen der Parteien eines Werkvertrags und wirkt damit grundlegend auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis ein. Durch die Abnahme wird das Stadium der werkvertraglichen Erfüllung beendet, der Werklohn wird fällig, § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die werkvertragliche Vorleistungspflicht findet ihr Ende und der Erfüllungsanspruch des Bestellers wird bei mangelhafter Werkleistung durch die Mängelrechte abgelöst. Die Abnahme führt unter den Voraussetzungen des § 640 Abs. 2 BGB zum Ausschluss von Mängelrechten. Mit der Abnahme werden die Verjährungsfristen für die Mängelrechte in Gang gesetzt und die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln kehrt sich zugunsten des Unternehmers um. Zudem geht die Gefahr nach dem Gesetz grundsätzlich erst mit der Abnahme auf den Besteller über. Entgegen der Auffassung der Revision ist es daher gerechtfertigt, die Frage, ob die Abnahmewirkungen aufgrund einer Abnahmeerklärung eingetreten sind, gemäß § 256 Abs. 1 ZPO als feststellungsfähig anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 - X ZR 3/94, BGHZ 132, 96, juris Rn. 5; OLG Hamm, Urteil vom 19. November 1982 - 12 U 79/82, BauR 1984, 92 f.; ebenso die überwiegende Auffassung in der Literatur, z.B. Kniffka/Pause/Vogel, Bauvertragsrecht, 3. Aufl., § 640 Rn. 34; BeckOK BGB/Voit, Stand: 1. Februar 2019, § 640 Rn. 27; Leineweber in Festschrift für Ulrich Werner, 2005, S. 177 ff.). Auch die Frage, ob die Abnahmewirkungen gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. eingetreten sind, weil eine Verpflichtung zur Abnahme besteht, ist aus diesen Gründen grundsätzlich feststellungsfähig.
Gleiches gilt im Hinblick auf die von einem Bauträger übernommenen werkvertraglichen Verpflichtungen.
c) Da eine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erhoben werden kann, um das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festzustellen, ist der von der Klägerin gestellte - negative - Feststellungsantrag zu 1) mit der vom Senat vorgenommenen Auslegung zulässig. Insoweit besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung zu bejahen, wenn einem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Eine solche Gefahr ist im Rahmen einer negativen Feststellungsklage jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt (st. Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08 Rn. 12, 19, NJW 2010, 1877 Rn. 12, 19; Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 56/09 Rn. 15, WRP 2011, 1628; jeweils m.w.N.).
Das ist hier der Fall. Bei verständiger Auslegung der Erklärungen der Beklagten hat diese - wie dargelegt (oben II. 1 a)) - die Auffassung vertreten, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, wegen der Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums die Abnahme zu erklären, sie habe die Abnahme daher zu Unrecht verweigert mit der Folge, dass die Abnahmewirkungen eingetreten seien. So hat die Beklagte, nachdem die Klägerin auf die Übersendung des Protokolls vom 3. August 2012 die Abnahme verweigert hat, darauf verwiesen, dass das Gemeinschaftseigentum ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen S. abnahmereif sei. Gleiches ergibt sich letztlich aus dem Schreiben der Beklagten vom 1. April 2014 an die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte hat sich darin erneut auf die seitens des Sachverständigen S. festgestellte Abnahmereife berufen und hieraus weitere Folgerungen für den Eintritt der Abnahmewirkungen gezogen. Dies ist - wie die Beklagte ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2018 vor dem Berufungsgericht nochmals klargestellt hat - dahin zu verstehen, dass sie aufgrund der Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums von einer Verpflichtung der Klägerin zur Abnahme ausgeht. Im Hinblick auf diese Erklärungen der Beklagten ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin zu bejahen.
d) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Feststellungsantrag zu 1) der Klägerin nicht deshalb unzulässig geworden, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung die Ausübung der den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss inzwischen an sich gezogen und diese gerichtlich geltend gemacht hat. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist hierdurch nicht erloschen. Denn Inhaber des Anspruchs auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums (sowie der sonstigen in Betracht kommenden Rechte aus dem Vertrag) bleiben die jeweiligen Erwerber. Der Wohnungseigentümergemeinschaft kommt im gerichtlichen Verfahren lediglich die Stellung eines gesetzlichen Prozessstandschafters zu (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13 Rn. 17 m.w.N., BauR 2016, 1017 = NZBau 2016, 353).
e) Schließlich ändert auch der Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Sohn einen Tauschvertrag hinsichtlich ihres Wohnungseigentums geschlossen hat, nichts an ihrem rechtlichen Interesse hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1). Auch wenn Herstellungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums dadurch auf den Sohn der Klägerin übergegangen sein sollten, was indes nicht festgestellt ist, stellt sich die Frage, ob die Klägerin zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums verpflichtet ist und daher die Abnahme zu Unrecht verweigert hat, weiterhin ausschließlich im Verhältnis zwischen den Parteien.
2. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings nicht beurteilen, ob der Feststellungsantrag zu 1) begründet ist. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums Abnahmereife vorliegt.
Das Berufungsurteil ist daher insoweit aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Es wird insbesondere zu klären haben, ob die Abnahmewirkungen gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. eingetreten sind, weil die Klägerin wegen der Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums zur Abnahme verpflichtet ist und die Fristsetzung zur Abnahme erfolgt oder entbehrlich ist. Hierzu ist den Parteien zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
III. Anschlussrevision der Klägerin
1. Die Anschlussrevision der Klägerin gemäß § 554 ZPO ist zulässig.
a) Die Zulässigkeit der innerhalb der Frist des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingelegten und begründeten Anschlussrevision setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiter voraus, dass ihr Gegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit demjenigen der Revision steht (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 - VII ZR 71/15 Rn. 29, BauR 2019, 668 = NZBau 2019, 170; Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08 Rn. 27, NJW 2009, 3787; Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05 Rn. 38 ff., BGHZ 174, 244). Auf diese Weise wird einerseits der Wille des Gesetzgebers befolgt, wonach durch die Anschlussrevision dem Revisionsbeklagten die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 108). Andererseits wird der auch nach § 554 ZPO fortbestehenden Akzessorietät der Anschlussrevision als eines unselbständigen Rechtsmittels hinreichend Rechnung getragen.
Das Erfordernis des unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs des Gegenstands der Anschlussrevision mit demjenigen der Revision besteht auch dann, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Revision uneingeschränkt zugelassen und nur eine der Parteien hiervon Gebrauch gemacht hat. Denn dies ändert nichts daran, dass die später eingelegte Anschlussrevision ein unselbständiges Rechtsmittel bleibt.
b) Die danach bestehenden Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Anschlussrevision sind erfüllt.
Die Klägerin begehrt zum einen mit dem Feststellungsantrag zu 1), der den Gegenstand der Revision bildet, die Klärung der Frage, ob die Abnahmewirkungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind. Mit dem im Wege der Anschlussrevision zur Überprüfung gestellten Antrag zu 2) verfolgt sie zum anderen die Feststellung, dass die in Ziff. 8.1. aufgeführten Wirkungen des Besitzübergangs hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums nicht eingetreten sind. Beide Feststellungsanträge beziehen sich auf die werkvertraglichen Verpflichtungen der Beklagten hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums. Sowohl die von der Klägerin verfolgte Klärung des Eintritts der Abnahmewirkungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums als auch die Klärung der Folgen des Besitzübergangs betreffen Fragen im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen und stehen daher in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang.
2. Die Anschlussrevision bleibt jedoch ohne Erfolg. Sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Feststellungsantrag zu 2) als unzulässig abzuweisen ist.
a) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Feststellungsantrag zu 2) als zulässig behandelt. Ob die Klage zulässig ist, ist in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, vorab von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 - IV ZR 222/16 Rn. 14, NJW 2018, 3025; Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05 Rn. 9, BGHZ 169, 153; jeweils m.w.N.). In der Aufrechterhaltung einer Klageabweisung als Prozessabweisung liegt kein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 - IV ZR 222/16 Rn. 14, NJW 2018, 3025; Urteil vom 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, juris Rn. 36).
b) Der Feststellungsantrag zu 2) ist unzulässig.
aa) Er ist bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass die Klägerin Feststellung begehrt, dass die gemäß Ziff. 8.1. des Vertrags an den Besitzübergang geknüpften Rechtsfolgen - namentlich der Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr - in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum nicht eingetreten sind.
bb) Die Klägerin hat allerdings kein rechtliches Interesse an der von ihr begehrten Feststellung dargetan. Es ist im Streitfall nicht erkennbar, dass der Feststellungsantrag zu 2) der Klägerin auf einem konkreten Streit der Parteien über den Eintritt bestimmter, an den Besitzübergang geknüpfter Rechtsfolgen beruht. So ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Parteien beispielsweise über die Folgen eines zufälligen, von keiner Partei zu vertretenden Schadenseintritts hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums (Gefahr) oder über bestimmte Kosten oder Lasten streiten. Die Klägerin will vielmehr nur allgemein geklärt haben, wie die Klausel Ziff. 8.1. des Vertrags auszulegen ist und ob danach die Voraussetzungen für den Eintritt der genannten, an den Besitzübergang geknüpften Rechtsfolgen vorliegen, ohne dass sie einen Bezug zu einer konkreten streitigen Rechtsbeziehung herstellt. Die Klärung abstrakter Rechts- oder Auslegungsfragen kann aber nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445, juris Rn. 33 m.w.N.).
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