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Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist seit dem 3. Mai 2016 Mieter einer 65,40 m² großen Wohnung der Beklagten in Frankfurt am Main. Die Parteien vereinbarten eine monatliche Nettomiete von 810 €. Mit Anwaltsschreiben vom 31. Oktober 2016 rügte der Kläger, dieser Betrag übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 %; im Hinblick auf die am 27. November 2015 in Kraft getretene Hessische Mietenbegrenzungsverordnung sei die Abrede über die Höhe der Miete daher insoweit unwirksam. Mit Anwaltsschreiben vom 15. November 2016 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vertraglich vorgesehenen Miete maßgeblich seien. Ferner verlangte er die Rückerstattung der seiner Ansicht nach für den Monat November 2016 zu viel entrichteten Miete.
Die auf Rückzahlung von 63,98 € nebst Zinsen sowie auf die Feststellung gerichtete Klage, dass er eine Nettomiete von monatlich nur 746,02 € schulde und die darüber hinausgehende Vereinbarung der Miethöhe unwirksam sei, hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (LG Frankfurt am Main, WuM 2018, 276) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die geschuldete Nettomiete monatlich 746,02 € betrage. Ebenso wenig könne er die Rückzahlung angeblich zu viel entrichteter Miete für den Monat November 2016 verlangen.
Die Miethöchstgrenze sei nicht überschritten. Zwar liege die Wohnung in einem durch die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17. November 2015 bestimmten Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. An deren Vorgaben sei die Beklagte jedoch nicht gebunden. Dabei könne dahinstehen, ob die gesetzliche Ermächtigung des § 556d Abs. 2 BGB, auf deren Grundlage die Verordnung ergangen sei, verfassungswidrig sei. Jedenfalls sei die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung formell nicht ordnungsgemäß erlassen worden und deshalb unwirksam, weil die Landesregierung als Ermächtigungsadressat ihrer Verpflichtung zur Begründung der Verordnung nicht nachgekommen sei.
§ 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB gebe den Ländern auf, die Rechtsverordnung zu begründen. Dieses Erfordernis habe der Bundesgesetzgeber in die Ermächtigungsgrundlage aufgenommen, um die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar zu machen und die Beschränkung des Eigentumsgrundrechts des Vermieters besonders zu rechtfertigen.
Im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen sei allein der Verordnungstext veröffentlicht worden. Mit oder nach Erlass der Verordnung sei zwar ein Entwurf der Begründung bekannt geworden. Dies könne aber nicht als ausreichend angesehen werden.
Eine "offizielle" Begründung sei nach einer vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft des zuständigen Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz frühestens im Jahr 2017 auf der Homepage des Ministeriums in Form einer zum Download angebotenen Datei öffentlich zugänglich geworden. Ein Mangel im Normsetzungsverfahren könne dadurch rückwirkend nicht geheilt werden. Die Verordnungsbegründung dürfe nicht nachgeschoben werden, weil sie eine Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Bei Abschluss eines Mietvertrags müsse für den Vermieter und den Mieter überprüfbar sein, ob die Wiedervermietungsmiete begrenzt sei oder nicht. Bei einer nicht veröffentlichten Begründung sei jedoch nicht erkennbar, ob eine solche überhaupt existiere und ihr Inhalt gegebenenfalls den gesetzlichen Vorgaben entspreche.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Prüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsbegehren des Klägers unbegründet ist. Auch ein Anspruch auf Rückzahlung von Miete in der vom Kläger für unzulässig gehaltenen Höhe nach Maßgabe der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 556g Abs. 1 Satz 3, 4, §§ 812 ff. BGB) steht ihm nicht zu. Die von den Parteien bei Mietbeginn getroffene Abrede über die Höhe der Miete ist nicht gemäß § 556g Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung des - mit Ausnahme der schon früher wirksam gewordenen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen - am 1. Juni 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610) teilweise unwirksam. Anders als die Revision meint, überschreitet die von Parteien vereinbarte Miete die zulässige Miete nicht (§ 556g Abs. 1 Satz 2 BGB).
1. Gemäß § 556d Abs. 1 BGB darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) um höchstens 10 % übersteigen, sofern ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen wird, der in einem durch Rechtsverordnung nach § 556d Abs. 2 BGB bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt ("Mietpreisbremse"). Die Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 BGB zum Erlass von Rechtsverordnungen ist gemäß Art. 4 Satz 1 MietNovG am 28. April 2015 wirksam geworden. Sie ist durch das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2648; Mietrechtsanpassungsgesetz - MietAnpG) unverändert geblieben.
2. Die vertragsgegenständliche Wohnung ist zwar von dem zeitlichen und räumlichen Anwendungsbereich der Hessischen Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Hessische Mietenbegrenzungsverordnung) vom 17. November 2015 (GVBl. S. 397) erfasst. Diese wurde am 26. November 2015 im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht und trat am 27. November 2015 in Kraft. Die vom Kläger gemietete Wohnung liegt im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung. Auch wurde der Mietvertrag abgeschlossen, nachdem die Wohnung dem räumlichen und zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung unterfallen ist (Art. 229 § 35 Abs. 1 EGBGB; siehe dazu BT-Drucks. 18/3121, S. 35). Die in § 556f BGB bestimmten Ausnahmetatbestände, wonach die Regelungen über die bei Mietbeginn zulässige Miethöhe unter den dort bestimmten Voraussetzungen nicht gelten, sind hier nicht gegeben. Darüber besteht kein Streit.
Die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung ist jedoch - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat - nichtig, denn sie ist von ihrer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB hat die Landesregierung bei Inkrafttreten der Rechtsverordnung am 27. November 2015 eine Verordnungsbegründung nicht bekannt gemacht. Die der Öffentlichkeit später - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor dem Jahr 2017 - auf der Internetpräsenz des innerhalb der Landesregierung zuständigen Ministeriums zugänglich gemachte Verordnungsbegründung vermag an der Unwirksamkeit nichts zu ändern.
3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass den Zivilgerichten im Rahmen eines Rechtsstreits, der die Dämpfung der Wiedervermietungsmiete nach Maßgabe der §§ 556d ff. BGB zum Gegenstand hat, die Verpflichtung obliegt, die Vereinbarkeit einer einschlägigen Rechtsverordnung mit höherrangigem Recht zu prüfen und sie im Falle ihrer Unwirksamkeit nicht anzuwenden (vgl. BVerfG, NJW 2015, 3024 Rn. 11 [zur Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin]; Senatsurteil vom 4. November 2015 - VIII ZR 217/14, BGHZ 207, 246 Rn. 20 ff. [zur Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin]; jeweils mwN).
4. Davon hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht und entschieden, dass die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung - den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage zuwider - im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mit einer den Anforderungen des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB genügenden Begründung versehen war. Aus diesem Grund ist nicht entscheidungserheblich, ob die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung im Übrigen mit höherrangigem Recht in Einklang steht oder ob die gesetzliche Regelung des § 556d BGB - wie die Revisionserwiderung zusätzlich geltend macht - durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet und es damit an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage fehlt.
a) Die Regierung des Landes Hessen ist zwar durch § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB zum Erlass der genannten Rechtsverordnung ermächtigt worden (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG). Auch ist die ermächtigende gesetzliche Einzelvorschrift als Rechtsgrundlage, wie dies in Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verlangt wird (vgl. BVerfGE 136, 69 Rn. 99 mwN), in der Verordnung angegeben.
b) Dem Gesetzgeber ist es jedoch unbenommen, dem Adressaten der Verordnungsermächtigung eine Begründungsverpflichtung aufzuerlegen (vgl. Maunz/Dürig/Remmert, GG, Stand: Januar 2019, Art. 80 Rn. 131 mwN). Davon hat der Gesetzgeber des Mietrechtsnovellierungsgesetzes Gebrauch gemacht. § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB bestimmt, dass die Verordnung begründet werden "muss". Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt (§ 556d Abs. 2 Satz 6 BGB) und welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen (§ 556d Abs. 2 Satz 7 BGB).
c) Den vorgenannten Erfordernissen wird die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung nicht gerecht, weil die Landesregierung bei ihrem Inkrafttreten eine Verordnungsbegründung nicht bekannt gemacht hat. Im Hessischen Gesetz- und Verordnungsblatt ist zwar der Text der Verordnung veröffentlicht. § 1 bestimmt insoweit die von der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete betroffenen Gemeinden beziehungsweise Gemeindeteile; § 2 regelt den zeitlichen Geltungsbereich. Jedoch hat die Landesregierung ihre Entscheidung, welche Gemeinden beziehungsweise Gemeindeteile sie zu Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 BGB bestimmt, nicht begründet. Damit hat sie die Anforderungen an die Begründungspflicht des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB verkannt, die sich aus dem Wortlaut der Regelung und der damit verfolgten Zielsetzung des Gesetzgebers ergeben.
aa) Anders als noch der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 18. März 2014, der eine Begründungspflicht nicht vorsah, macht bereits der Wortlaut des § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB, wonach die Rechtsverordnung begründet werden "muss", unmissverständlich deutlich, dass die Landesregierung eine Begründungsverpflichtung trifft. Die vorgenannte gesetzliche Regelung unterscheidet sich damit von den Vorschriften zur Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach § 558 Abs. 3 Satz 2, 3 BGB, zur Verlängerung der Kündigungssperrfrist bei der Umwandlung in Wohnungseigentum nach § 577a Abs. 2 BGB sowie zum Zweckentfremdungsverbot nach Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745 - MietRVerbG). Diese Bestimmungen fordern keine Begründung der Landesverordnung, mit der die jeweilige Landesregierung die Gebiete bestimmt, in denen sie die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen als besonders gefährdet erachtet.
bb) Die Begründungsverpflichtung wird bekräftigt durch die in den Gesetzesmaterialien angeführte Zielsetzung des Gesetzgebers.
(1) Danach dient das Begründungserfordernis dazu, in Anbetracht der mit der Bestimmung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten verbundenen Beschränkung der grundrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit die Verhältnismäßigkeit der von der Landesregierung vorzunehmenden Gebietsausweisung zu gewährleisten. Ausweislich der Gesetzesmaterialien erfordert die Bestimmung und Abgrenzung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt eine sorgsame Überprüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Gebietsbestimmung. Dies hat der Gesetzgeber als notwendig erachtet, um den verfassungsrechtlichen Maßgaben des Eigentumsschutzes (Art. 14 GG) Rechnung zu tragen (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Mietrechtsnovellierungsgesetz, BT-Drucks. 18/3121, S. 28, mit Hinweis auf den allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung, aaO S. 18 f.). Damit kommt der Begründungspflicht nicht nur verfahrensrechtliche Bedeutung zu; sie hat vielmehr auch materiell-rechtlichen Gehalt (vgl. dazu BVerfGE 127, 293, 320; Nierhaus in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: November 1998, Art. 80 Rn. 420).
(2) Im Einklang mit dieser Zielsetzung soll die von § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB geforderte Verordnungsbegründung und ihr durch § 556d Abs. 2 Satz 6, 7 BGB vorgegebener Mindestinhalt insbesondere die Nachvollziehbarkeit der zu Einschnitten in die Verfügungsbefugnis des Eigentümers führenden Gebietsbestimmung gewährleisten. Mittels der Verordnungsbegründung soll die Entscheidung der jeweiligen Landesregierung nachvollziehbar gemacht werden, insbesondere im Hinblick darauf, aufgrund welcher Tatsachen sie die Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmt hat und welche Begleitmaßnahmen sie plant, um die Anspannung der Wohnungsmärkte zu beseitigen (BT-Drucks. aaO, S. 29).
Es geht also darum, dass der Verordnungsgeber im Einzelnen zu begründen hat, auf welcher Tatsachenbasis, insbesondere aufgrund welcher Indikatoren er die betroffenen Gebiete als angespannte Wohnungsmärkte beurteilt und welche Maßnahmen er getroffen hat oder plant, um die Situation zu mildern. Weiter erwartet der Gesetzgeber in Fällen angespannter Wohnungsmärkte eine Abwägung auch der gegenläufigen Interessen von Vermieter und Mieter. Hierbei soll einfließen, ob der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Begründungspflicht der Landesregierung ist daher ein grundlegendes Instrumentarium, um die vom Gesetzgeber geforderte Verhältnismäßigkeit der Gebietsausweisung zu überprüfen.
Zwar hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung angeregt, sowohl die in § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB aufgenommenen Indikatoren als auch die in § 556d Abs. 2 Satz 7 BGB bestimmte Verpflichtung, in der Begründung der Rechtsverordnung darzulegen, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem jeweils bestimmten Gebiet zur Behebung des Wohnungsmangels ergreifen wird, zu streichen (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 43). Dem ist die Bundesregierung jedoch entgegengetreten. Zur Begründung hat sie in ihrer Gegenäußerung ausgeführt, die Aufzählung von Indikatoren solle sicherstellen, dass die Landesregierungen vor jeder Bestimmung eines Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt anhand konkreter Daten prüfen, ob die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in der jeweiligen Gemeinde oder in einem Gemeindeteil besonders gefährdet sei. Ferner seien die Landesregierungen verpflichtet darzulegen, welche Maßnahmen sie in dem jeweils bestimmten Gebiet zur Behebung des Mangels ergreifen werden. Diese Vorgaben dienen - wie die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bekräftigt hat - dazu, eine sorgsame Interessenabwägung und ein transparentes Verfahren zu gewährleisten (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 18/3250, S. 1).
(3) Angesichts dieser Zielrichtung des Gesetzes ist kein Raum für die davon abweichende Auffassung der Revision.
(a) Nach der Sichtweise der Revision diene die von § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB angeordnete Begründungspflicht zur Erleichterung der Prozessführung des Vermieters, indem die Landesregierung in der Verordnungsbegründung die Voraussetzungen der Gebietsausweisung darlegen müsse. Entscheidend sei allein, ob die Voraussetzungen für eine Gebietsverordnung zum Zeitpunkt ihres Erlasses vorlägen. Ob die von der Landesregierung herangezogenen Indikatoren in den jeweiligen Gebieten erfüllt seien, sei nicht von einer Begründung abhängig. Denn die Kriterien für die Gebietsbestimmung, so meint die Revision, ließen sich nicht begründen, sondern bedürften nur der Feststellung. Entscheidend sei lediglich, dass eine empirische Erhebung über die Situation am Wohnungsmarkt stattgefunden habe. Die "Begründung" sei nur eine Beschreibung des vorangegangenen Erkenntnisprozesses. Wann eine solche Beschreibung erfolge, sei nicht relevant. Entscheidend sei vielmehr, dass die Landesregierung die notwendige Feststellung zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung treffen könne; die Begründung könne sie hingegen noch später schriftlich fixieren.
(b) Die vorgenannte Auffassung der Revision findet keine Grundlage im Gesetz. Das in § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB ausdrücklich angeordnete Erfordernis einer von der Landesregierung gegebenen Verordnungsbegründung wäre letztlich entbehrlich, wenn es allein darauf ankäme, ob die Landesregierung die Voraussetzungen für den Erlass einer Gebietsverordnung als gegeben erachtet, die im Gesetz vorgeschriebene Begründung aber zu einem späteren Zeitpunkt nachschieben könnte. Diese Sichtweise verkennt die Grundrechtsrelevanz der Begründungspflicht, auf die der Gesetzgeber bestanden hat, um den mit der Gebietsausweisung verbundenen Eingriff in das Eigentumsrecht des Vermieters zu rechtfertigen.
Die Begründungsverpflichtung dient dem Grundrechtsschutz, indem sie den Verordnungsgeber dazu zwingt, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen und deren Voraussetzungen zu belegen. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begründungsgebot erreichen, dass die Landesregierungen die Intensität des mit der Gebietsausweisung verbundenen Grundrechtseingriffs vor Augen haben und dazu die in besonderem Maße von den jeweiligen örtlichen Verhältnissen abhängige Gebietsauswahl nachvollziehbar und transparent ausgestalten. Angesichts des Eingriffs in die Rechtsstellung des Vermieters verlangt der Bundesgesetzgeber damit die Offenlegung des auf die einzelne Gemeinde bezogenen Bewertungsmaßstabs und des daraus für diese resultierenden Ergebnisses (BayVerfGH, NZM 2017, 316 Rn. 28 mwN). Die Begründungspflicht dient nicht nur der Selbstkontrolle der Landesregierung. Mit Rücksicht auf den in der Gesetzesbegründung ausdrücklich hervorgehobenen Eigentumsschutz soll insbesondere den Wohnungsvermietern die Möglichkeit zur Vergewisserung gegeben werden, ob die Ausweisung ihrer Gemeinde beziehungsweise Gemeindeteils als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist, und warum somit bei einer Wiedervermietung die ortsübliche Vergleichsmiete zwar überschritten werden darf, aber nur um bis zu 10 %.
Anders als die Revision meint, genügt es gerade nicht, dass die Mietvertragsparteien bereits anhand des Verordnungstextes - auch ohne eine dazu von der Landesregierung gegebene Begründung - erkennen können, ob die Wiedervermietungsmiete begrenzt ist. Der Gesetzgeber hat vielmehr weiteren Aufklärungsbedarf für die Adressaten der Rechtsverordnung gesehen. Gemessen am Maßstab der erhöhten Grundrechtsrelevanz der Beschränkung der Wiedervermietungsmiete durch die Gebietsbestimmung und der damit einhergehenden besonderen Anforderungen an die Transparenz der Bewertung und Abwägung durch die Landesregierung ist die Begründungverpflichtung nicht auf eine bloße Erleichterung der Prozessführung zu verengen. Das Erfordernis der Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Gebietsausweisung setzt daher nicht erst ein, wenn eine Partei des Mietvertrags den Zivilrechtsweg beschreitet, sondern besteht bereits bei Inkrafttreten der Rechtsverordnung.
cc) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Reichweite der Begründungsverpflichtung rechtsfehlerfrei bestimmt. Mit Rücksicht auf die Zielrichtung des Gesetzes erweist sich, dass eine - wie hier - zur Zeit des Inkrafttretens einer Gebietsverordnung im Sinne von § 556d Abs. 2 BGB im Entwurfsstadium verbliebene Begründung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Außerdem wohnt dem Begründungsgebot die Verpflichtung inne, die Begründung in zumutbarer Weise öffentlich bekannt zu machen. Jedoch durfte die Hessische Landesregierung ihre Veröffentlichungspflicht nicht erst nach dem Inkrafttreten der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung erfüllen.
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde im Streitfall "mit oder nach Erlass" der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung lediglich ein Begründungsentwurf "öffentlich zugänglich gemacht". Entgegen der Ansicht der Revision hat die Hessische Landesregierung ihrer Begründungspflicht damit nicht genügt. Vergeblich beruft die Revision sich in diesem Zusammenhang darauf, dass das Amtsgericht insoweit von einer "Verordnungsbegründung" ausgegangen ist und nicht beanstandet hat, dass es sich lediglich um einen zu den Gerichtsakten gelangten Entwurf handelt.
Dabei kann auf sich beruhen, wann und auf welche Weise der Begründungsentwurf der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung in die Öffentlichkeit gelangt ist (vgl. Börstinghaus, NJW 2018, 665, 667, unter Hinweis darauf, das zuständige Ministerium habe noch im April 2016 sowie im Oktober 2017 auf Anfrage mitgeteilt, dass Verordnungsbegründungen in Hessen "grundsätzlich nicht für die Öffentlichkeit zugänglich" seien; siehe auch Schuldt, NZM 2018, 257, 261). Ein solcher Begründungsentwurf kann - ebenso wie ein Verordnungsentwurf - einen Anspruch auf Verbindlichkeit nicht erheben. So kann ein Begründungsentwurf etwa noch in einem mehr oder weniger großen Umfang revidiert werden, weil er gegebenenfalls noch der internen Abstimmung, Konsolidierung oder Ergänzung bedarf. Daran ändert es nichts, wenn der Öffentlichkeit zusätzlich zu einem Begründungsentwurf ein Gutachten eines von der Landesregierung beauftragten Forschungsinstituts zur Feststellung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten anhand geeigneter Indikatoren zugänglich gemacht werden sollte, denn dem Verordnungsgeber wird eine wertende Entscheidung abverlangt.
(2) Eine Pflicht der Landesregierung zur öffentlichen Bekanntmachung der Verordnungsbegründung ist im Gesetzeswortlaut des § 556d Abs. 2 BGB allerdings nicht ausdrücklich bestimmt. Einer dahingehenden Konkretisierung des Gesetzestextes bedarf es jedoch nicht, denn aus dem Sinn und Zweck der angeordneten Begründungsverpflichtung folgt, dass es sich bei dem Inhalt der Verordnungsbegründung nicht um Regierungsinterna handelt. Vielmehr geht das Begründungsgebot mit einer Pflicht der jeweiligen Landesregierung einher, die Begründung der Öffentlichkeit in zumutbarer Weise an einer allgemein zugänglichen Stelle bekannt zu machen.
Denn die gesetzliche Anordnung einer Begründungspflicht wäre ohne Sinn, wenn die Verordnungsbegründung ein Internum der Landesregierung bleiben könnte. Aus diesem Grund ist auch im Gesetzgebungsverfahren zum Mietrechtsanpassungsgesetz von einer Regelung der Veröffentlichung ausdrücklich abgesehen worden (siehe die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Mietrechtsanpassungsgesetz, BT-Drucks. 19/5415, S. 7). Eine der Allgemeinheit nicht in zumutbarer Weise öffentlich bekannt gemachte Verordnungsbegründung setzt das vom Gesetz verfolgte Ziel der Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Gebietsausweisung nicht um. Dies entspricht auch der durchgängigen Auffassung der Berufungsgerichte und des Schrifttums (vgl. nur LG Hamburg, NZM 2018, 745 Rn. 47 ff.; LG Berlin [Zivilkammer 64], WuM 2018, 502, 503; LG Stuttgart, NZM 2019, 290 Rn. 19 ff.; Schuldt, aaO S. 262 f.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 13. Aufl., § 556d BGB Rn. 39; BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1. April 2019, § 556d Rn. 43; BeckOK-Mietrecht/Theesfeld, Stand: 1. Juni 2019, § 556d BGB Rn. 34d; siehe auch Zuck, NJW 2016, 3573, 3577).
(a) Die Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB verlangt allerdings nicht, dass die Verordnungsbegründung gemeinsam in einem Dokument mit dem Verordnungstext im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes verkündet wird. Obgleich dafür Gründe der Rechtssicherheit sprechen (vgl. die Verordnung der Freien und Hansestadt Hamburg über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung nach § 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs - Mietpreisbegrenzungsverordnung - vom 3. Juli 2018 [HmbGVBl. S. 225], deren Begründung Anlage des verkündeten Verordnungstextes ist), lässt sich eine solche Vorgabe weder dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm noch der Gesetzesbegründung entnehmen und auch nicht auf den Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses stützen.
Dabei ist im gegebenen Fall nicht zu entscheiden, ob der Verordnungstext - etwa in Form einer Bezugnahme - zumindest deutlich machen muss, dass es eine entsprechende Begründung der Landesregierung gibt und wo diese zu finden ist (vgl. die Verordnung der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern zur Bestimmung von Gebieten nach § 556d und § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches [Mietpreisbegrenzungs- und Kappungsgrenzenlandesverordnung - MietBgKaLVO M-V] vom 13. September 2018, GVOBl. M-V S. 359). Jedenfalls ist die vom Gesetzgeber als notwendig erachtete Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Gebietsbestimmung grundsätzlich nicht beeinträchtigt, wenn die Verordnungsbegründung an anderer (amtlicher) Stelle als im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht wird und dabei gewährleistet ist, dass die Verordnungsbegründung für den Regelungsadressaten leicht zugänglich ist.
(b) Die Hessische Landesregierung hat die von ihr gegebene Begründung für die am 27. November 2015 in Kraft getretene Hessische Mietenbegrenzungsverordnung der Öffentlichkeit zwar später zur Verfügung gestellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Verordnungsbegründung frühestens im Jahr 2017 auf der Homepage des zuständigen Ministeriums zum Download freigegeben. Damit hat die Landesregierung den zur Unwirksamkeit der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung führenden Begründungsmangel jedoch nicht rückwirkend geheilt.
Zu Unrecht meint die Revision, das Nachschieben einer Verordnungsbegründung sei unschädlich, weil es allein darauf ankomme, ob bei Verordnungserlass die Bewertungskriterien für die in der Rechtsverordnung bestimmten Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt vorgelegen hätten. Durch eine nachträgliche schriftliche Fixierung würden die für den Verordnungserlass maßgeblichen Umstände nicht unzutreffend. Eine gerichtliche Überprüfung, so meint die Revision weiter, sei auch unter diesen Umständen möglich, gegebenenfalls auch erstmals in der Revisionsinstanz.
Diese Auffassung trifft nicht zu. Sie könnte nicht nur dazu führen, dass die Landesregierungen ihre Begründung für den Erlass der Verordnung unter Umständen noch nach Ablauf der Geltungsdauer der Verordnung abgeben könnten. Die Revision übersieht insbesondere die Zielrichtung des Begründungserfordernisses. Mit Rücksicht auf die erhöhte Grundrechtsrelevanz der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete von Bestandswohnungen strebt der Gesetzgeber, wie ausgeführt, eine nachvollziehbare und transparente Gebietsausweisung an. Daher darf die jeweilige Landesregierung ihre Begründung für die Auswahl der von ihr herangezogenen Indikatoren und die Bestimmung der von der Mietpreisbegrenzung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeteile mit angespannten Wohnungsmärkten nicht erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung bekannt machen. Denn die Entscheidung der Landesregierung, bestimmte Gemeinden oder Gemeindeteile zu Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten zu bestimmen, ist für die Mietvertragsparteien bei Vertragsabschluss nicht nachvollziehbar und erst recht nicht nachprüfbar, sofern ihnen eine Begründung für die Gebietsbestimmung, die in besonderer Weise von den seitens der Landesregierung für maßgeblich erachteten Kriterien abhängt, bei Inkrafttreten der Verordnung vorenthalten wird (vgl. LG Hamburg, aaO Rn. 52).
5. Nach Maßgabe der vorbezeichneten Grundsätze hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass die Hessische Mietenbegrenzungsverordnung vom 17. November 2015 aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage von Anfang an unwirksam ist, weil eine Verordnungsbegründung im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens am 27. November 2015 nicht vorlag. Das gilt auch dann, wenn der Landesregierung intern eine abschließende Fassung der Begründung vorgelegen haben sollte, denn diese war der Öffentlichkeit bei Inkrafttreten der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung nicht bekanntgemacht worden.
Da die Pflicht zur Begründung der Gebietsverordnung zwingender Bestandteil der Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 Satz 5 BGB ist und eine Rechtsverordnung zur Bestimmung von Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt ohne öffentlich bekannt gemachte Begründung mit dem Wortlaut und Normzweck der Ermächtigungsgrundlage nicht vereinbar ist, handelt es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Fehlen zur Nichtigkeit der Verordnung führt (zur grundsätzlichen Nichtigkeit fehlerhafter Rechtsverordnungen Maunz/Dürig/Remmert, aaO Rn. 137; Ossenbühl in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 3. Aufl. § 103 Rn. 79; Brenner in von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 80 Rn. 82; Dreier/Bauer, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 80 Rn. 58).
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