BGH 8. Zivilsenat, Urteil vom 20.02.2019, VIII ZR 189/18

Das Urteil unter dem Aktenzeichen VIII ZR 189/18 (BGH)

vom 20. Februar 2019 (Mittwoch)


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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 22. Mai 2018 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Die Anschlussrevision der Klägerin gegen das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Bonn wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

1

Die Klägerin ist eine private Krankenversicherung. Sie nimmt die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses auf Rückerstattung von Umsatzsteuer in Anspruch. Das von der Beklagten betriebene Krankenhaus stellt in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell sogenannte Zytostatika (Krebsmedikamente zur Anwendung in der Chemotherapie) her.

2

Für die im Jahr 2013 erfolgte Abgabe solcher Medikamente an einen Versicherungsnehmer der Klägerin berechnete die Beklagte diesem insgesamt 32.314,65 €, die 19 % Umsatzsteuer auf den Nettobetrag miteinschlossen. Der genannte Betrag setzte sich aus einer Vielzahl verschiedener Einzelbeträge zusammen, die jeweils für die verordneten Medikamente auf den ärztlichen Rezeptformularen unter der dort vorgedruckten Überschrift "Gesamt-Brutto" aufgedruckt wurden. In den von der Beklagten in den Jahren 2013 und 2014 gestellten Rechnungen sind für jede Medikamenteneinheit der jeweilige Bruttobetrag (Rezeptbetrag), der darauf entfallende Umsatzsteuersatz und der Nettobetrag ausgewiesen. Zusätzlich werden der Gesamtnettopreis für die berechneten Einheiten und der hierauf angesetzte Umsatzsteuerbetrag angegeben.

3

Die Klägerin erstattete ihrem Versicherungsnehmer von dem an die Beklagte gezahlten Gesamtbetrag einen Betrag von insgesamt 9.693,51 €. In diesem Betrag war eine Umsatzsteuer in Höhe von 19 %, also in Höhe von 1.547,70 €, enthalten.

4

Die Beklagte führte die Umsatzsteuerbeträge unter Vornahme eines Vorsteuerabzugs für die für den Erwerb der eingesetzten Grundstoffe entrichtete Umsatzsteuer an das für sie zuständige Finanzamt ab. Dass die Umsatzsteuer bestandskräftig festgesetzt worden sei, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

5

Am 24. September 2014 erging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. V R 19/11; veröffentlicht in BFHE 247, 369), wonach die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung erfolgte Verabreichung individuell für den einzelnen Patienten von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) (aF; seit 1. Januar 2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) steuerfrei ist. Unter dem 28. September 2016 folgte ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (Az. III C 3 - S 7170/11/10004; veröffentlicht in UR 2016, 891), das auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie - unter anderem - auf die Möglichkeit einer Berichtigung der wegen unrichtigen Ausweises der Steuer geschuldeten Beträge nach dem Umsatzsteuergesetz und auf einen dann eintretenden (rückwirkenden) Ausschluss der hierauf bezogenen Vorsteuerabzüge hinwies. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte erfolglos zur Rückerstattung des in dem erstatteten Betrag enthaltenen Umsatzsteueranteils auf.

6

Mit der vorliegenden Klage hat sie einen auf Bereicherungsrecht gestützten Anspruch aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers auf Rückzahlung von 1.547,70 € nebst Zinsen gegen die Beklagte geltend gemacht.

7

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert und neu gefasst, als die Beklagte nur noch zu einer Zahlung in Höhe von 250,78 € verurteilt worden ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt im Wege der Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlussrevision der Klägerin ist unbegründet.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

10

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Umsatzsteuer gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 194 Abs. 2, § 86 Abs. 1 VVG nur in Höhe von 250,78 € zu. Allein insoweit habe die Beklagte Leistungen ohne Rechtsgrund erlangt.

11

Der Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte seien sowohl bei dem Abschluss des Behandlungsvertrages als auch bei der anschließenden Abrechnung der hergestellten und gelieferten Zytostatika irrtümlich davon ausgegangen, dass eine Umsatzsteuerpflicht bestanden habe, was schon zur damaligen Zeit und nicht erst ab dem Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs oder ab Veröffentlichung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen nicht der Fall gewesen sei.

12

Bei dieser Konstellation bedürfe es einer Anpassung des Behandlungsvertrages wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 und 2 BGB. Danach könne eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden seien, als falsch herausstellten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne. Der gemeinschaftliche Irrtum der Vertragsparteien über die Umsatzsteuerpflicht bei der erfolgten Verabreichung von Zytostatika sei ein typischer Fall des Fehlens der Geschäftsgrundlage.

13

Für den Umfang der Vertragsanpassung sei entscheidend, was die (Vertrags-)Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Umsatzsteuerfreiheit bekannt gewesen wäre. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die vereinnahmte Umsatzsteuer vorliegend nicht in vollem Umfang einen durchlaufenden Posten für die Beklagte dargestellt habe und damit auch nicht von einer Preisreduzierung in voller Höhe (= 19 %) ausgegangen werden könne.

14

Vielmehr habe die Beklagte vorgetragen, dass sie einen wirtschaftlichen Vorteil aus ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung generiert habe, den sie naturgemäß nur bei einer Umsatzbesteuerung ziehen könne. Dieser ergebe sich daraus, dass sie gerade nicht die gesamte vereinnahmte Umsatzsteuer an die Finanzbehörden habe abführen müssen, sondern lediglich die Differenz aus der erhaltenen Umsatzsteuer und der von ihr selbst im Zuge des Ankaufs der erforderlichen Grundstoffe an die Lieferanten geleisteten Umsatzsteuer. Die Beklagte habe weiter dargelegt, dass sie bei Kenntnis der Umsatzsteuerfreiheit aufgrund des dann bestehenden Ausschlusses einer Vorsteuerabzugsmöglichkeit entsprechend höhere Entgelte im Behandlungsvertrag durchgesetzt hätte. Hiervon gehe auch das Berufungsgericht mangels entgegenstehender Anhaltspunkte aus, wobei die Beklagte ihre Preisverhandlungen letztendlich auch nicht mit den Patienten, sondern mit den Krankenversicherern führe.

15

Der Beklagten, die in Anbetracht der unstreitig gegebenen Störung der Geschäftsgrundlage die Darlegungs- und Beweislast dafür trage, dass ihr ein Recht zum Einbehalt der erlangten Umsatzsteuer zustehe, habe im Rahmen des Berufungsverfahrens - durch die Klägerin unbestritten - dargelegt, dass sie die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht vollständig, sondern - ausgehend von einer Vorsteuerabzugsberechtigung - lediglich 19 % der Differenz zwischen Netto-Einkaufs- (19.518,88 €) und Netto-Verkaufspreis (23.918,46 €) an das Finanzamt abgeführt habe, insgesamt also lediglich 835,92 €. Die Beklagte könne daher nur den Betrag von 835,92 € vom Finanzamt zurückverlangen, weshalb sich der Rückzahlungsanspruch der Klägerin auch lediglich auf hiervon 30 %, also auf 250,78 € belaufe.

II.

16

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Vorliegend kommt zwar eine Vertragsanpassung nach den vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1, 2 BGB) nicht in Betracht, wohl aber eine Anwendung der - gegenüber diesem Rechtsinstitut vorrangigen (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 395/04, BGHZ 164, 286, 292; vom 3. Februar 2012 - V ZR 23/11, juris Rn. 14) - Regeln zur ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB). Dabei kann ausgehend von dem derzeitigen Erkenntnisstand aufgrund der im Streitfall bestehenden umsatzsteuerrechtlichen Situation, die sich von den den Senatsurteilen vom heutigen Tag (VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18, jeweils zur Veröffentlichung bestimmt) zugrunde liegenden Sachverhalten in einem wesentlichen Punkt unterscheidet, nicht abschließend beantwortet werden, ob die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung letztlich tatsächlich gegeben sind. Dies wird das Berufungsgericht in eigener tatrichterlicher Würdigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu beurteilen haben. Nach bisherigem Stand der Dinge kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG überhaupt keine Rückzahlung verlangen kann. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines höheren Rückforderungsbetrags ist dagegen bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu verneinen, so dass ihre gemäß § 524 Abs. 1 bis 3 ZPO zulässige Anschlussrevision zurückzuweisen ist.

17

1. Die Entgeltpflicht für die Veräußerung von Zytostatika richtet sich - womit sich das Berufungsgericht nicht näher befasst hat - nach § 433 Abs. 2 BGB. Auf die zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisse ist, soweit die Herstellung und die Veräußerung von Zytostatika betroffen sind, Werklieferungsrecht (§ 651 BGB aF; heute § 650 BGB) anzuwenden. Das Berufungsgericht ist auch nicht weiter darauf eingegangen, ob die geschuldete Vergütung jeweils die darin eingeschlossene Umsatzsteuer von 19 % als unselbständigen oder als selbständigen Entgeltbestandteil enthält und damit die Vertragsparteien Bruttopreisabreden (so die Revision) oder Nettopreisabreden (so die Anschlussrevision) getroffen haben, und woraus sich solche Abreden ergeben. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, dass mögliche Rückforderungsansprüche der Klägerin entscheidend von dem Inhalt der für die Herstellung und Lieferung von Zytostatika getroffenen Entgeltabreden abhängen.

18

a) Werden von einer Krankenhausapotheke an einen privat versicherten Patienten zur ambulanten Behandlung in der Klinik individuell hergestellte Krebsmedikamente entgeltlich abgegeben, ist auf das zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten bestehende Vertragsverhältnis Werklieferungsrecht (§ 650 BGB; bis 31. Dezember 2017: § 651 BGB aF) anzuwenden, so dass bezüglich der Entgeltpflicht § 433 Abs. 2 BGB gilt (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521). Teilweise wird ein solches Vertragsverhältnis in der Instanzrechtsprechung als Behandlungsvertrag nach § 611 BGB (heute: §§ 630a, 630b BGB) eingeordnet mit der Folge, dass dann zumindest die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) geschuldet wäre (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 18. Juli 2018 - 25 S 15/17; Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18). Auch das Berufungsgericht bezeichnet das Vertragsverhältnis an mehreren Stellen als Behandlungsvertrag.

19

Hierbei wird außer Acht gelassen, dass die ambulante Heilbehandlung durch den zuständigen Krankenhausarzt und die Abgabe der Krebsmedikamente durch die Krankenhausapotheke zwei selbständige Leistungen (ärztliche Behandlung durch den Arzt; Herstellung der Medikamente durch die Apotheke) darstellen, die entweder im Rahmen zweier getrennter Vertragsverhältnisse oder als selbständige Teile eines einheitlichen typengemischten Vertrags mit dem Krankenhausträger als Betreiber der Ambulanz erbracht werden. Auch im letztgenannten Fall wäre die Bereitstellung der Arzneimittel - ungeachtet des Schwerpunkts des Vertrags - nach den Grundsätzen des Werklieferungsrechts zu beurteilen, da diese Leistungen separat berechnet werden und eine Apotheke keine ärztlichen Leistungen vornimmt (vgl. BT-Drucks. 17/10448, S. 18). Nur auf diese Weise wird bei Annahme eines einheitlichen Vertragsverhältnisses der durch wesensverschiedene eigenständige Leistungspflichten begründeten Eigenart des Vertragsverhältnisses Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341 unter 3 b cc; Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008 unter II 3).

20

b) Bezüglich des somit nach § 433 Abs. 2 BGB zu erbringenden Kaufpreises für patientenindividuell im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus hergestellte Zytostatika herrscht in der einschlägigen Instanzrechtsprechung weitgehend Uneinigkeit darüber, ob ein privat versicherter Patient eine darin enthaltene Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn diese - wie hier - aus materiell-rechtlicher Sicht gar nicht angefallen ist (vgl. die Nachweise bei Makoski/Clausen, ZMGR 2018, 231, 233 ff.). Dieses Bild zeigt sich auch, wenn man allein die bislang beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zugrunde legt.

21

aa) Teilweise wird bezüglich der in den gestellten Rechnungen - wie hier - im steuerrechtlichen Sinne (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) gesondert ausgewiesenen oder zumindest unstreitig darin enthaltenen Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Begründungen (einseitiges Preisbestimmungsrecht der Krankenhausapotheke; stillschweigend getroffene Vergütungsvereinbarung) eine Bruttopreisabrede angenommen, also die Umsatzsteuer nur als unselbständiger Entgeltbestandteil gewertet (so etwa LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17 [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]; LG Darmstadt, Urteil vom 4. Oktober 2018 - 6 S 56/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 351/18]; LG Köln, Urteil vom 18. Juni 2018 - 25 S 15/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18]; wohl auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 5. Juli 2018 - 4 S 5126/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 247/18]).

22

Die unterschiedlichen Begründungsansätze führen zu abweichenden Rechtsfolgen. Ein vereinbartes Bruttoentgelt deckt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Aufwendung für die vom Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab, die in diesem Fall nur einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Entgelts darstellt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 50; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; Beschluss vom 29. Januar 2015 - IX ZR 138/14, juris Rn. 3; jeweils mwN; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, aaO; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, aaO unter II) noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen kann (vgl. hierzu BSG, aaO Rn. 25).

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Wird - wie manche Stimmen annehmen (vgl. etwa LG Essen Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]) - der Bruttopreis einseitig von der Krankenhausapotheke im Rahmen eines Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB bestimmt, wäre die Rückforderung zu Unrecht bezahlter Umsatzsteuer wegen der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gänzlich ausgeschlossen, weil eine solche Zuvielforderung bei im Übrigen nicht zu beanstandenden Preisen nicht zur Unbilligkeit des Gesamtbetrags führen würde.

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bb) Andere Stimmen werten die getroffenen Abreden als Nettopreisvereinbarungen und sehen daher die Umsatzsteuer als eigenständigen Preisanteil nur dann als geschuldet an, wenn materiell-rechtlich eine entsprechende Steuerpflicht besteht (vgl. etwa OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2018 - 8 U 130/17, juris Rn. 20 ff.; [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 212/18]; LG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2018 - 6 S 118/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 66/18, zur Veröffentlichung bestimmt]). Die Selbständigkeit des Umsatzsteueranteils bei einer Nettopreisvereinbarung führt dazu, dass eine vom Leistenden angesetzte, dem Gesetz nach aber nicht angefallene Umsatzsteuer von diesem ohne Rechtsgrund vereinnahmt und daher ohne weiteres gemäß § 812 Abs. 1 BGB an den Vertragspartner herauszugeben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 2. November 2005 - VIII ZR 39/04, NJW 2006, 364 Rn. 14).

25

c) Die Revision macht zu Recht geltend, dass die zwischen den Vertragsparteien bezüglich der Herstellung und Lieferung von Zytostatika getroffenen Vergütungsvereinbarungen als Bruttopreisabreden zu werten sind. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich die Zahlung der angesetzten Umsatzsteuer unabhängig von der materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflichtigkeit des getätigten Geschäfts als (unselbständiger) Teil des Kaufpreises geschuldet war. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung bleibt. Die Revision nimmt zwar an, dass die Vertragsparteien der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt hätten, das - weil sich in den Grenzen der Billigkeit haltend - in jeder Hinsicht bindend sei. Dies trifft jedoch aus Rechtsgründen nicht zu.

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aa) Anders als die Revision und auch die Anschlussrevision annehmen, handelt es sich bei den Rechnungstellungen der Beklagten nicht um die Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB, das nach Ansicht der Revision im Sinne eines Bruttopreises und nach Auffassung der Anschlussrevision im Sinne eines Nettopreises ausgeübt worden sein soll. Es bleibt bereits unklar, worauf sich die diesen Rechtsstandpunkten zugrunde liegende Annahme gründet, die Vertragsparteien hätten keine stillschweigende Übereinkunft über die konkret geschuldete Vergütung getroffen. Selbst wenn es aber an einer konkreten Entgeltvereinbarung fehlte, führte dies nicht dazu, dass der Beklagten die Befugnis eingeräumt wäre, die Vergütung einseitig nach den Grundsätzen der §§ 316, 315 Abs. 3 BGB zu bemessen.

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(1) Das Berufungsgericht hat die Frage, auf welche Weise und mit welchem Inhalt sich die Vertragsparteien über die Entgeltpflicht geeinigt haben, vollständig ausgeblendet. Es hat daher nicht erwogen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die für die gefertigten Krebsmedikamente konkret geschuldete Vergütung auch noch nach der Herstellung oder gar der Verabreichung der Medikamente erfolgen kann. Eine solche Einigung kann unter den hier gegebenen besonderen Umständen (Vertragsgegenstand, keine angemeldeten oder ersichtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit der verlangten Vergütung; Erstattung durch den privaten Krankenversicherer der Patienten) insbesondere dadurch erzielt werden, dass der Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherers die von dem Krankenhaus jeweils in den gestellten Rechnungen geforderten Beträge durch vorbehaltlos erbrachte Zahlungen entsprechend § 151 BGB billigt und dadurch die bis dahin bezüglich der konkreten Vergütungshöhe bestehende Vertragslücke schließt (vgl. Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 66/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BSG, aaO Rn. 16).

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Dieser Möglichkeit verschließen sich auch Revision und Anschlussrevision und nehmen in Einklang mit einer in der Instanzrechtsprechung häufiger vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521) an, dass die Vertragsparteien der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 mit der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt hätten, das diese im Sinne einer Bruttopreisabrede (so die Revision) beziehungsweise im Sinne einer Nettopreisabrede (so die Anschlussrevision) ausgeübt habe.

29

(2) Da das Berufungsgericht die Auslegung der von den Vertragsparteien abgegebenen Erklärungen unterlassen hat und weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind, kann der Senat die gebotene Auslegung der von den Vertragsparteien geschaffenen Erklärungstatbestände selbst vornehmen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 32 mwN). Dies führt zu einer spätestens mit Rechnungstellung und vorbehaltloser Begleichung der Rechnungsbeträge stillschweigend und unter Anwendung des § 151 BGB getroffenen konkreten Vergütungsabrede der Vertragsparteien und damit zum Ausschluss eines einseitigen Preisbestimmungsrechts der Beklagten.

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(a) Ein Patient, der von einem Krankenhaus ambulant mit von der hauseigenen Apotheke individuell hergestellten Zytostatika behandelt wird, kommt zwar regelmäßig nicht mit der Apotheke in Kontakt und erhält grundsätzlich vorher auch keine Informationen über die konkret geschuldete Höhe der Vergütung. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, Patient und Krankenhaus hätten keine konkreten Preisabreden getroffen, sondern letzterem ein Preisbestimmungsrecht nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB (so aber etwa OLG Köln, aaO) mit der Bindungswirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt. Denn dies wird weder dem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 316 BGB noch der beiderseitigen Interessenlage gerecht.

31

(aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon seit langem anerkannt, dass bei fehlenden Preisabreden eine Heranziehung des § 316 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die genannte Vorschrift stellt lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, BGHZ 94, 98, 101 f. mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Daher kann eine Vertragslücke nicht durch Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Vertragsparteien und ihrer wirklichen oder mutmaßlichen Willensrichtung typischerweise nicht entspricht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102 mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO). Vielmehr ist es geboten, die bestehende Lücke durch Auslegung (BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 103 f.) oder durch Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wobei im letztgenannten Fall die den Gegenstand der Leistung und die das Vertragsverhältnis prägenden Umstände maßgebend sind (vgl. etwa BGH, Urteile vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10; vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103 Rn. 20; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO).

32

(bb) Gemessen an diesen Maßstäben hat ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB von vornherein auszuscheiden. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beteiligten - was im Wege der Parteiautonomie ohne weiteres möglich ist - stillschweigend bereits bei der Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung konkludent dahin geeinigt haben, dass diese Medikamente nur gegen Zahlung eines angemessenen und grundsätzlich erstattungsfähigen Entgelts geliefert werden sollen und dass über deren konkrete Höhe später noch eine Übereinkunft erzielt werden muss (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 28. Juni 1982 - II ZR 226/81, NJW 1982, 2816 unter 1; vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Der betroffene Patient, wie hier der Versicherungsnehmer der Klägerin, erhält die benötigten Medikamente in dem Bewusstsein, dass er hierfür eine angemessene Vergütung zu erbringen hat. Durch die gewählte Vorgehensweise - Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung - gibt das Krankenhaus (hier die Beklagte) zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist, die konkret geschuldete Vergütung erst im Nachhinein zu vereinbaren.

33

Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob den Erklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu entnehmen ist, dass sie sich bereits bei Verabreichung der Medikamente stillschweigend über die Grundsätze der Preisbemessung geeinigt haben. Denn falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, dass der Beklagten ein Rückgriff auf die Bemessungsgrundsätze der §§ 316, 315 BGB versagt ist. Bei dem Erwerb von durch die Krankenhausapotheke individuell hergestellten Zytostatika für eine ambulante Krankenhausbehandlung entspricht es weder den Interessen der Beteiligten noch deren mutmaßlichem Willen, dass das Krankenhaus eine einseitige Preisbestimmung nach §§ 316, 315 BGB vornimmt.

34

Ein privatversicherter Patient hat kein erkennbares Interesse daran, dem Träger einer Krankenhausapotheke, zu der er nicht einmal Kontakt aufgenommen hat, das Recht einzuräumen, die Höhe der geschuldeten Gegenleistung nach freiem Ermessen und damit bis zur Grenze der Unbilligkeit (§§ 316, 315 BGB) einseitig zu bestimmen. Denn in einem solchen Fall wäre er gezwungen, auch einen Betrag zu bezahlen, der sogar an der Obergrenze der Spanne läge, die sich noch innerhalb der Billigkeit bewegte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102). Dass dies seinen Interessen zuwiderläuft, ergibt sich bereits daraus, dass der Patient darauf angewiesen ist, von seiner Krankenversicherung (und gegebenenfalls zusätzlich von anderer Stelle) eine Kostenerstattung zu erhalten, was wiederum voraussetzt, dass angemessene und grundsätzlich erstattungsfähige Preise berechnet werden. Das Krankenhaus hat ebenfalls kein berechtigtes Interesse daran, einen über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden, allein nach billigem Ermessen festzusetzenden Preis zu verlangen.

35

Im Hinblick auf diese Interessenlage entspräche ein solches Vorgehen auch nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien. Soweit dies den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu entnehmen ist, haben die Krankenhäuser sich bei ihrer Preisbemessung auch nicht an § 316 BGB, sondern an den Preisen der verarbeiteten Ausgangsstoffe orientiert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 135/17, NJW-RR 2018, 942 Rn. 25) und lediglich (angemessene) Zuschläge zur Vergütung ihrer Eigenleistung verlangt.

36

(b) Damit käme das von Revision und Anschlussrevision mit unterschiedlichem Inhalt angenommene einseitige Preisbestimmungsrecht der Beklagten selbst dann nicht in Betracht, wenn es tatsächlich - was im Streitfall keiner endgültigen Klärung bedarf - (zunächst) an einer Vergütungsabrede der Vertragsparteien gefehlt hätte. Die in diesem Fall bestehende Vertragslücke wäre nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung, die der Senat insoweit selbst vornehmen könnte, weil weitere auslegungsrelevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, dahin zu schließen gewesen, dass ein angemessener, grundsätzlich von den Krankenversicherern erstattungsfähiger Preis geschuldet gewesen wäre.

37

Eine solche Lückenschließung ist aber im Streitfall deswegen entbehrlich (geworden), weil die Vertragsparteien dadurch nachträglich wirksame Preisabreden getroffen haben, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die verabreichten Medikamente jeweils Rechnungen unter Ausweis der verlangten Beträge gestellt und dieser deren Angebote durch vorbehaltslose Zahlungen gemäß § 151 BGB angenommen hat. Der Senat kann - wie bereits ausgeführt - diese Auslegung selbst vornehmen, da die maßgeblichen Erklärungstatbestände (Rechnungen und Zahlungen) festgestellt sind und weitere auslegungsrelevante Umstände nicht in Betracht kommen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, aaO mwN). Durch die gewählte Vorgehensweise - Bekanntgabe der Preise erst im Rahmen der Rechnungstellung - brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie auf die Erklärung einer Annahme des Vergütungsangebots dem Versicherungsnehmer der Klägerin gegenüber verzichtete und es aus ihrer Sicht vielmehr genügte, dass dieser den Rechnungsbetrag ausglich. Mit der vorbehaltlosen Begleichung des Rechnungsbetrags bestätigte der Versicherungsnehmer der Klägerin die Annahme dieses Angebots nach außen (§ 151 BGB; vgl. auch Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 66/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16; RGZ 129, 109, 113).

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bb) Die Vertragsparteien haben dabei stillschweigend Bruttopreisvereinbarungen getroffen. Soweit die Anschlussrevision dem Inhalt der gestellten Rechnungen das Zustandekommen von Nettopreisabreden entnehmen will, verkennt sie die Aussagekraft der dort enthaltenen Angaben.

39

(1) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287) - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urteile vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, WM 2000, 915 unter II 1 mwN; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; BSG, aaO Rn. 17).

40

(2) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision schließt das von der Beklagten verlangte Entgelt die Umsatzsteuer als unselbständigen Bestandteil mit ein, so dass Bruttopreisvereinbarungen vorliegen. Die Anschlussrevision meint, den Angaben in den gestellten Rechnungen Nettopreisabreden entnehmen zu können. In den Rechnungen sind jeweils in einer Zeile die Warenmenge, der Umsatzsteuersatz von 19 %, der Bruttopreis für eine Medikamenteneinheit, sodann der hierfür anfallende Nettopreis und abschließend der Gesamtnettobetrag für die in dieser Zeile aufgeführte Medikamentenmenge ausgewiesen. Daran schließt sich in einem zweiten Schritt eine weitere Tabelle an, deren Spalten mit den Bezeichnungen "Steuersatz", "Nettobeträge", "Umsatzsteuer", "Bruttobeträge" und "Währung" versehen sind. Unter der Rubrik "Steuersatz" sind drei verschiedene Sätze (0 %, 7 % und 19 %) aufgeführt. In den Zeilen mit den Steuersätzen 0 % und 7 % ist in sämtlichen vorgenannten Spalten "0,00" angegeben. Dagegen sind in der Zeile, die einen Steuersatz von 19 % ausweist, in der Spalte "Nettobeträge" die aus den einzelnen Gesamtnettobeträgen gebildete "Summe Netto", in der weiteren Spalte "Umsatzsteuer" der sich bei einem Steuersatz von 19 % ergebende Umsatzsteuerbetrag und zum Schluss unter der Rubrik "Bruttobeträge" die Gesamtsumme aufgeführt. Letztere wird dann in der Schlusszeile der Tabelle in Fettdruck als "Rechnungsbetrag" bezeichnet.

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Die Anschlussrevision will dem Umstand, dass die Rechnungsvordrucke jeweils gesonderte Zeilen mit drei unterschiedlichen Steuersätzen (0%, 7 % und 19 %) vorsehen, aus Sicht eines verständigen Patienten entnehmen, dass Umsatzsteuer nur in der Höhe in Rechnung gestellt werde und zu bezahlen sei, in der sie tatsächlich anfalle. Dabei lässt sie aber außer Acht, dass die beschriebene Aufschlüsselung in verschiedene Steuersätze in den gestellten Rechnungen nicht den belastbaren Schluss zulässt, dass damit in zivilrechtlicher Hinsicht allein die Nettobeträge endgültig und der Umsatzsteueranteil nur im Falle des Bestehens einer Umsatzsteuerpflicht geschuldet sein sollten. Bei verständiger Betrachtung besagt die Angabe dreier verschiedener Steuersätze, von denen aber nur einer zum Tragen kommt, lediglich, dass abgerechnete Leistungen je nach ihrem Inhalt umsatzsteuerrechtlich unterschiedlichen Sätzen (keine Umsatzsteuer; verringerter Steuersatz; Regelsteuersatz) unterliegen können, vorliegend aber bezüglich der in Rechnung gestellten Zytostatika allein der Regelsteuersatz von 19 % zugrunde gelegt wurde und (gegebenenfalls nach Vorsteuerabzug) an das Finanzamt abzuführen wäre. Dagegen trifft die Art der Rechnungstellung keine tragfähige Aussage dazu, ob die Umsatzsteuer von dem Versicherungsnehmer der Klägerin aus zivilrechtlicher Sicht nur dann zu bezahlen ist, wenn sie auch tatsächlich anfällt.

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Auch aus der Angabe von Nettobeträgen und dem gesonderten Ausweis der Umsatzsteuerbeträge kann - anders als die Anschlussrevision unter Bezugnahme auf eine Entscheidung eines Oberlandesgerichts annimmt - nicht auf das Zustandekommen von Nettopreisvereinbarungen geschlossen werden. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision führt auch der Umstand, dass die Beklagte zur Erstellung einer solchen Rechnung nicht verpflichtet war, weil sie ihre Leistungen nicht für einen Unternehmer oder eine juristische Person erbracht hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG), noch nicht dazu, dass in zivilrechtlicher Hinsicht eine Nettopreisabrede getroffen worden wäre. Diese Aufschlüsselung kann auch allein deswegen erfolgt sein, um - wozu die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG befugt, wenn auch nicht verpflichtet war - eine Rechnung mit den in § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben zu erstellen. Denn auch ein freiwillig vorgenommener gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung kann allein aus steuerlichen Gründen geschehen sein. Dass eine unabhängig von dem Inhalt der gestellten Rechnung bestehende Abrede, wonach ein bestimmter Nettopreis "zuzüglich x % Umsatzsteuer" geschuldet sei, getroffen worden ist, ist weder festgestellt noch ersichtlich. Übergangenen Sachvortrag macht die Anschlussrevision nicht geltend.

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Weiter blendet die Anschlussrevision den für die Auslegung gewichtigen Umstand aus, dass sich die Angaben in den Rechnungen gerade nicht in der genannten Aufschlüsselung zwischen Nettobetrag und Umsatzsteueranteil erschöpfen, sondern die Rechnungen jeweils neben dem Gesamtnettobetrag und dem Umsatzsteueranteil den Gesamtbruttobetrag ausweisen, der abschließend auch als "Rechnungsbetrag" bezeichnet ist. Ebenfalls außen vor lässt die Anschlussrevision, dass die Rechnungen der Beklagten auf der Grundlage der jeweils ausgestellten Rezepte erstellt wurden, bei denen allein der geschuldete Gesamtpreis unter dem Aufdruck "Gesamt-Brutto" aufgeführt ist. Diese Gesichtspunkte zusammengenommen sprechen für den Abschluss einer - der Regel entsprechenden - Bruttopreisvereinbarung. Jedenfalls bestehen keine hinreichend tragfähigen Anhaltspunkte für eine Nettopreisabrede.

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2. Allein aus dem Umstand, dass es sich bei den getroffenen Preisabreden um Bruttopreisabreden handelt, folgt - anders als dies bei einer in den Grenzen der Billigkeit bindenden (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten nach § 316 BGB der Fall wäre - nicht, dass es der Klägerin aus übergegangenem Recht gänzlich verwehrt wäre, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge teilweise wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Vielmehr ist es nicht auszuschließen, dass der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG ein auf sie übergegangener Rückzahlungsanspruch ihres Versicherungsnehmers aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge zusteht. Denn diese Vereinbarungen könnten ergänzend dahin auszulegen sein, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin nicht verpflichtet sein soll, den in der vereinbarten Vergütung eingeschlossenen unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen.

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a) Die Voraussetzungen einer - gegenüber dem vom Berufungsgericht angenommenen Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage vorrangigen (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, NJW-RR 2005, 687 unter A I 2 c; vom 3. Februar 2012 - V ZR 23/11, juris Rn. 14; vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 36; jeweils mwN) - ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) könnten vorliegen. Der Senat kann eine ergänzende Vertragsauslegung, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt, allerdings nicht selbst vornehmen, weil - anders als in den Verfahren VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18 (Urteile vom heutigen Tag, jeweils zur Veröffentlichung bestimmt) - weitere für die Ermittlung des hypothetischen Willens der Vertragsparteien erforderliche tatsächliche Feststellungen notwendig sind (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, aaO; vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 unter II 3; jeweils mwN).

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Es ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht auszuschließen, dass die Verträge zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten infolge einer nicht bedachten Unvollständigkeit eine planwidrige Regelungslücke aufweisen, die auch nicht durch das dispositive Recht geschlossen werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 206 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 6 mwN). Denn der Umstand, dass die Vertragsparteien weder ausdrücklich noch konkludent bestimmt haben, wie ihre jeweilige Preisabrede vor dem Hintergrund der ihnen nicht bekannten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von ihnen fehlerhaft beurteilten umsatzsteuerlichen Rechtslage sowie der daran anknüpfenden rechtstatsächlichen Entwicklungen ausgestaltet sein sollte (dazu unter II 2 a aa), könnte dazu führen, dass der den geschlossenen Verträgen jeweils zu Grunde liegende Regelungsplan nicht verwirklicht werden könnte, also ohne die Vervollständigung der Abreden eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 24 mwN; vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, aaO mwN). Der Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke stünde dabei nicht entgegen, dass die getroffenen Preisvereinbarungen als Bruttopreisabreden einzuordnen sind (dazu unter II 2 a bb).

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aa) Der Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte hatten nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl bei Abschluss der streitgegenständlichen Verträge als auch bei Rechnungstellung die gemeinsame Vorstellung, dass die Lieferung der Zytostatika ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft darstelle. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe insoweit § 286 ZPO verletzt, weil die Klägerin selbst diese gemeinsame Vorstellung in Abrede gestellt habe, indem sie ausdrücklich behauptet habe, ihr Versicherungsnehmer habe sich seinerzeit keine Gedanken gemacht, ob der Medikamentenpreis brutto oder netto berechnet würde, hat sie die getroffenen tatsächlichen Feststellungen (solche können auch in den Entscheidungsgründen enthalten sein, vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 52) nicht im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags nach § 320 ZPO angegriffen, so dass sie im Revisionsverfahren zugrunde zu legen sind. Davon abgesehen ist eine ergänzende Vertragsauslegung entgegen der Auffassung der Revision nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die Parteien die Frage der Umsatzsteuerpflicht konkret bedacht, aber übereinstimmend fehlerhaft beurteilt haben. Vielmehr wäre eine planwidrige Unvollständigkeit der getroffenen Preisabreden in der vorliegenden Fallkonstellation auch dann gegeben, wenn sie ohne Problembewusstsein von einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sein sollten.

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Vor dem Hintergrund der unzutreffenden Annahme einer bei Vertragsabschluss bestehenden materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht der Beklagten haben die Vertragsparteien sich darauf beschränkt, den Inhalt der jeweils vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtung des Versicherungsnehmers der Klägerin (§ 651 Satz 1 BGB aF, § 433 Abs. 2 BGB) allein dahin zu regeln, dass dieser auch den - nach ihren Vorstellungen - auf den Umsatz der Beklagten entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG) der Beklagten übernehmen sollte. Dagegen haben sie keine Regelung darüber getroffen,