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Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert: 1.000 €
I.
Der Antragsteller macht gegen seinen Sohn und dessen Mutter den Anspruch auf Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB geltend.
Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) ist deutscher Staatsangehöriger, der am 28. März 1998 geborene Antragsgegner (Beteiligter zu 3) und seine Mutter (Antragsgegnerin; Beteiligte zu 2) haben die ungarische Staatsangehörigkeit und seit der Geburt des Sohnes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Ungarn. Dort wurde auch ein gerichtliches Verfahren durchgeführt, das die Vaterschaft des Antragstellers und seine Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt zum Gegenstand hatte. Nach Einholung eines Abstammungsgutachtens des gerichtsmedizinischen Instituts Budapest, das aufgrund von DNS-Untersuchungen die Vaterschaft des Antragstellers mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9969878 % als praktisch erwiesen angesehen hatte, wurde mit Urteil des ungarischen Gerichts vom 10. Februar 2009 die Vaterschaft des Antragstellers festgestellt und der Antragsteller zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet.
Im März 2015 hat der Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, die Zustimmung der beiden Antragsgegner in eine genetische Abstammungsuntersuchung gerichtlich zu ersetzen und sie zu verpflichten, die Entnahme einer Speichelprobe zu dulden. Zur Begründung hat er vorgetragen, das damalige Sachverständigengutachten weise erhebliche Mängel auf und entspreche weder den damaligen noch den heutigen wissenschaftlichen Standards. Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde der Antragsgegner hat das Oberlandesgericht den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und den Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er das Ziel der Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses verfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Der Antragsteller habe keinen Anspruch aus § 1598 a BGB gegen die Antragsgegner, weil das deutsche Recht und damit auch diese Bestimmung keine Anwendung fänden. Maßgeblich hierfür sei das Abstammungsstatut des Art. 19 EGBGB, nicht das Anfechtungsstatut des Art. 20 EGBGB. Die Klärung der Vaterschaft nach § 1598 a BGB könne nicht als Anfechtung qualifiziert werden. Weil die Vaterschaft des Antragstellers nicht vor dem 1. Juli 1998 anerkannt oder festgestellt worden sei, richte sich die Abstammung nach Art. 19 EGBGB in seiner aktuellen Fassung.
Vorliegend gehe es nicht um die erstmalige Festlegung der Abstammung des Sohns. Vielmehr sei diese bereits nach ungarischem Recht erfolgt, das damit das verbindliche Abstammungsstatut sei. Die Anwendung einer anderen Rechtsordnung - hier des deutschen Rechts aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des Antragstellers - komme erst in Betracht, wenn die wirksame Feststellung der Abstammung durch Anfechtung oder auf andere Weise beseitigt sei. Das ungarische Recht kenne aber keinen Anspruch auf Klärung der Abstammung im Sinne des § 1598 a BGB. Darin liege auch kein Verstoß gegen den ordre public. Denn für die Fallgestaltung einer bereits in einem förmlichen Gerichtsverfahren erfolgten Begutachtung und darauf beruhender Vaterschaftsfeststellung begründe das Fehlen eines solchen Klärungsverfahrens auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen Grundrechtsverstoß. Zudem würden bei einem Verstoß gegen den ordre public lediglich ausländische Rechtsnormen von der Anwendbarkeit im Inland ausgeschlossen, es werde aber nicht die Anwendung einer bestimmten zwingenden Vorschrift des deutschen Rechts gesichert.
Selbst wenn § 1598 a BGB jedoch anwendbar wäre, stünden dem Antragsteller die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Denn es sei kein Bedürfnis nach (weiterer) Klärung gegeben. Der Antragsteller habe sämtliche gegen das Sachverständigengutachten erhobenen Rügen schon im ungarischen Verfahren geltend machen können, sich dort aber willentlich nicht mehr beteiligt. Deshalb könne er keine erneute Abklärung durch ein Verfahren nach § 1598 a BGB verlangen.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch nach § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht verneinen.
a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts von § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschluss BGHZ 203, 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 11), ergibt sich vorliegend aus §§ 100, 169 Nr. 2 FamFG.
b) Unzutreffend ist die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, die Vorschrift des § 1598 a BGB finde bereits deshalb keine Anwendung, weil nicht deutsches, sondern ungarisches Recht maßgebend sei.
aa) Im Ergebnis zu Recht ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Frage, nach welcher Rechtsordnung sich der Anspruch auf statusunabhängige Klärung der Abstammung richtet, dem Abstammungsstatut des Art. 19 EGBGB unterfällt.
(1) Dies ist streitig. Teilweise wird das Anfechtungsstatut des Art. 20 EGBGB für einschlägig gehalten. Denn § 1598 a BGB sei parallel zu den Anfechtungsrechten in § 1600 Abs. 1 BGB konzipiert und könne statusrechtlich dazu dienen, das Erfordernis des Anfangsverdachts nach § 171 Abs. 2 Satz 2 FamFG, § 1600 b Abs. 1 BGB, bei dem es sich um eine materielle Einschränkung des Anfechtungsrechts handele, zu überwinden (MünchKommBGB/Helms 7. Aufl. Art. 20 EGBGB Rn. 13). Die Gegenmeinung geht davon aus, dass die isolierte Abstammungsklärung vom Anwendungsbereich des Art. 19 EGBGB erfasst wird (jurisPK-BGB/Duden [Stand: 7. August 2018] Art. 20 EGBGB Rn. 13; vgl. auch Staudinger/Henrich BGB [2019] Art. 19 EGBGB Rn. 69d).
(2) Sowohl Art. 19 EGBGB als auch Art. 20 EGBGB sind ihrem Regelungsgehalt nach darauf angelegt, die anwendbare Rechtsordnung zu bestimmen, wenn es um die statusrechtliche Abstammung eines Kindes geht. Dabei normiert Art. 19 EGBGB, aus welchem Recht sich die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung ergibt, während Art. 20 EGBGB sich zum anwendbaren Recht für die Beseitigung derselben durch Anfechtung verhält.
Der vom Antragsteller geltend gemachte - und im deutschen Recht in § 1598 a BGB geregelte - Anspruch auf Klärung der biologischen Abstammung hat demgegenüber keine statusrechtlichen Folgen, sondern ist allein auf die naturwissenschaftlich vermittelte Kenntniserlangung gerichtet. Er lässt sich daher weder dem Anwendungsbereich des Art. 19 EGBGB noch dem des Art. 20 EGBGB unmittelbar zuordnen.
(3) Gleichwohl ist letztlich die Auffassung richtig, die die Ermittlung des international anwendbaren Rechts für einen derartigen Klärungsanspruch auf Art. 19 Abs. 1 EGBGB stützen will. Dies folgt zwar nicht aus einer unmittelbaren, aber aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift (so auch Staudinger/Henrich BGB [2019] Art. 19 EGBGB Rn. 69d). Die hierfür erforderliche planwidrige Regelungslücke besteht. Der Gesetzgeber hat ersichtlich die Notwendigkeit, insoweit Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts zu treffen, nicht erkannt (vgl. BT-Drucks. 16/6561 S. 17) und daher bei Einführung des § 1598 a BGB mit dem Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 441) keine Ergänzung der Kollisionsnormen vorgenommen.
Der beim statusneutralen Klärungsanspruch zur Beurteilung stehende Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht auch so weit mit dem Tatbestand des vom Gesetzgeber in Art. 19 Abs. 1 EGBGB geregelten Sachverhalts vergleichbar, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. zu dieser Voraussetzung Senatsbeschlüsse vom 27. März 2019 - XII ZB 345/18 - FamRZ 2019, 1056 Rn. 26 und vom 10. Oktober 2018 - XII ZB 231/18 - FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN). Zwar ist zutreffend, dass die im Klärungsverfahren gewonnene Erkenntnis die Grundlage für ein nachfolgendes Anfechtungsverfahren darstellen kann. Maßgeblich ist jedoch zum einen, dass die isolierte Klärung gerade als Alternative zur Anfechtung geschaffen wurde, die - grundlegend anders als diese - keine statusrechtlichen Auswirkungen haben soll und hat (vgl. jurisPK-BGB/Duden [Stand: 7. August 2018] Art. 20 EGBGB Rn. 13; BT-Drucks. 16/6561 S. 8 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2007, 441, 447). Der Anspruch auf Abstammungsklärung zielt zum anderen nicht auf die Beseitigung eines bestehenden Abstammungsverhältnisses, sondern dient allein der - wenn auch „nur“ naturwissenschaftlichen - Klärung der leiblichen Abstammung. Damit ist er in seinem Regelungsgehalt demjenigen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB, nicht aber dem des Art. 20 EGBGB vergleichbar. Denn das Abstammungsstatut umfasst nach seiner Zielrichtung alle Rechtsfragen, die mit dem Zustandekommen eines Eltern-Kind-Verhältnisses aufgrund biologischer Herkunft zusammenhängen, so dass Art. 19 Abs. 1 EGBGB über den Gesamtbereich der Abstammung herrscht (vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2016 - XII ZB 351/15 - FamRZ 2016, 1849 Rn. 13 mwN).
bb) Ebenfalls nicht auf durchgreifende rechtliche Bedenken trifft, dass das Oberlandesgericht Art. 19 Abs. 1 EGBGB in seiner aktuell geltenden, auf das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG; BGBl. I S. 2942) zurückgehenden Fassung herangezogen hat, obwohl der Antragsgegner am 28. März 1998 und mithin vor dem in der Übergangsbestimmung des Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB als Stichtag genannten 1. Juli 1998 geboren ist.
Nach Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Vaterschaft hinsichtlich eines vor dem 1. Juli 1998 geborenen Kindes nach den bis zu dem an diesem Tag erfolgenden Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes geltenden Vorschriften, wozu nach überwiegender Auffassung (vgl. - jeweils auch zur Gegenauffassung - Erman/Hohloch BGB 15. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 7 mwN; Staudinger/Henrich BGB [2019] Art. 19 EGBGB Rn. 5 mwN) auch die kollisionsrechtlichen Normen gehören. Die weit überwiegende Meinung legt Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB - wie auch das Oberlandesgericht - einschränkend dahingehend aus, dass das alte Recht nur dann anzuwenden ist, wenn die Vaterschaft bis zu dem in Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB genannten Stichtag bereits feststand. Denn anderenfalls würde die Fortgeltung des alten Rechts ohne sachlichen Grund perpetuiert (vgl. etwa OLG Celle OLGR 2007, 944; OLG Hamm FamRZ 2005, 291, 292; BayObLG FamRZ 2000, 699, 700; Erman/Hohloch BGB 15. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 7 mwN; MünchKommBGB/Helms 7. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 63 mwN; Staudinger/Rauscher BGB [2016] Art. 224 § 1 EGBGB Rn. 5 ff.).
Ob das zutrifft, bedarf hier aus zwei Gründen keiner abschließenden Entscheidung. Zum einen stellte auch das frühere Recht in Art. 20 Abs. 1 EGBGB aF für die nichteheliche Kindschaft die heute in Art. 19 Abs. 1 EGBGB geregelten beiden nicht ehebezogenen Anknüpfungen alternativ zur Verfügung, so dass altes und neues Kollisionsrecht keine für den vorliegenden Fall maßgeblichen Unterschiede aufweisen. Zum anderen geht es bei dem im deutschen Recht erst im Jahre 2008 geschaffenen Klärungsanspruch nicht um die von Art. 19 Abs. 1 EGBGB unmittelbar erfasste statusrechtliche Abstammung, weshalb diese Kollisionsnorm nur entsprechende Anwendung erfährt. Bei dieser ist hier aber auf das aktuelle Recht abzustellen, zumal die frühere Fassung des Art. 19 EGBGB bei Einführung des § 1598 a BGB längst ihre Gültigkeit verloren hatte. Für eine entsprechende Anwendung auch der Übergangsbestimmung besteht damit kein Anlass.
cc) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Oberlandesgerichts, die nach ungarischem Recht erfolgte Vaterschaftsfeststellung entfalte eine Sperrwirkung für das deutsche Recht, weil der „Vorrat an Abstammungsstatuten bereits erschöpfend herangezogen worden“ sei.
(1) Die in Art. 19 Abs. 1 EGBGB aufgeführten Alternativen stehen in keinem Rangverhältnis zueinander, sondern sind einander gleichwertig. Während die beiden erstgenannten Alternativen (Aufenthaltsstatut und Heimatrecht der Eltern) grundsätzlich wandelbar sind, ist die dritte Alternative (Ehewirkungsstatut) auf einen festen Zeitpunkt, nämlich den der Geburt des Kindes, bezogen. Daraus folgt, dass die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen sind. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (Senatsbeschluss vom 20. März 2019 - XII ZB 530/17 - NJW 2019, 1605 Rn. 17 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
(2) Ob mit Blick auf diese Grundsätze die Anwendung einer anderen Rechtsordnung nach gerichtlicher Vaterschaftsfeststellung erst in Betracht kommt, wenn diese Feststellung durch Anfechtung beseitigt worden ist oder für das Inland mangels Anerkennung nach §§ 108 f. FamFG nicht wirkt (vgl. etwa Erman/Hohloch BGB 15. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 17 mwN; Palandt/Thorn BGB 78. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 6 mwN), kann hier dahinstehen. Denn es geht vorliegend nicht um die statusrechtliche Abstammungsfeststellung, sondern um die statusneutrale Klärung, für die die Anknüpfungen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB in entsprechender Anwendung zur Verfügung stehen. Hierfür kann der auf ungarischem Recht beruhenden Vaterschaftsfeststellungsentscheidung, die mit ihrer statusrechtlichen Wirkung einen anderen Regelungsbereich betraf, keine Festlegung hinsichtlich des anwendbaren Rechts entnommen werden. Mit der statusneutralen Abstammungsklärung ist für den Antragsgegner auch weder die Gefahr des Verlusts von wohlerworbenen Rechten verbunden noch sind die unter dem Stichwort „Günstigkeitsprinzip“ (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss BGHZ 215, 271 = FamRZ 2017, 1687 Rn. 15 ff. mwN) diskutierten Fragen berührt.
c) Aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des Antragstellers als des rechtlichen Vaters führt Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts und damit zu § 1598 a BGB. Dass dessen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft verneint.
aa) Nach § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB können Vater, Mutter und Kind zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes voneinander verlangen, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden. Gemäß § 1598 a Abs. 2 BGB hat das Familiengericht auf Antrag eines Klärungsberechtigten eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.
Wie der Senat bereits entschieden hat, setzt der Anspruch aus § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass die leibliche Abstammung des Kindes nicht bereits durch ein Abstammungsgutachten geklärt ist. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn bereits - etwa in einem Verfahren auf Bestehen oder Nichtbestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses oder auch als Folge des Anspruchs aus § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB - ein Abstammungsgutachten eingeholt worden ist. Nur ausnahmsweise kann auch dann ein - in die Vortragslast des Anspruchsinhabers fallendes - Bedürfnis nach (weiterer) Klärung und damit ein Anspruch gemäß § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sein. Ein solches Bedürfnis kann sich zum einen daraus ergeben, dass die bereits erfolgte Begutachtung fehlerhaft durchgeführt worden und das vorliegende Abstammungsgutachten daher nicht geeignet ist, dem Anspruchsinhaber die ausreichend sichere naturwissenschaftliche Gewissheit und damit Kenntnis der leiblichen Abstammung zu vermitteln. Zum anderen kann es an einer Klärung im Sinne des § 1598 a Abs. 1 BGB fehlen, wenn das frühere Gutachten lediglich zu einem Grad der Gewissheit geführt hat, der dem nach aktuellen wissenschaftlichen Standards zu erreichenden eindeutig unterlegen ist. Dies wiederum scheidet dann aus, wenn der in dem schon erstellten Gutachten ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad nach wie vor zur höchstmöglichen Wahrscheinlichkeitsstufe („Vaterschaft praktisch erwiesen“) führen würde (Senatsbeschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 173/16 - FamRZ 2017, 219 Rn. 14 ff.).
Im Übrigen ist der Anspruch bei noch ausstehender Klärung „niederschwellig“ ausgestaltet, setzt insbesondere anders als das Vaterschaftsanfechtungsverfahren keinen Anfangsverdacht voraus und wird lediglich - wie jeder zivilrechtliche Anspruch - durch die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB begrenzt (Senatsbeschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 173/16 - FamRZ 2017, 219 Rn. 24).
bb) Bei Anlegung dieser rechtlichen Maßstäbe ist jedenfalls auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen die Annahme nicht gerechtfertigt, eine Klärung im Sinne des § 1598 a BGB sei durch das im ungarischen Verfahren eingeholte Abstammungsgutachten erfolgt. Der Antragsteller hat unter Vorlage einer entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme geltend gemacht, das Gutachten sei nicht aussagekräftig, weil nur acht der untersuchten 15 DNA-Systeme aufgelistet seien. Der damit dargelegten Fehlerhaftigkeit des Sachverständigengutachtens ist das Oberlandesgericht nicht nachgegangen, weil der Antragsteller diese Einwände nicht bereits im Ausgangsverfahren erhoben habe. Dieses prozessuale Verhalten ist jedoch für die Frage, ob die Abstammung des Antragsgegners naturwissenschaftlich geklärt ist, ohne Bedeutung.
cc) Mit dieser Erwägung lässt sich aber auch nicht begründen, dass das Begehren des Antragstellers gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstößt und sein Klärungsbedürfnis aus diesem Grund entfällt. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit die nun behaupteten Mängel des Sachverständigengutachtens für den Antragsgegner schon damals erkennbar waren; die jetzt vorgelegte gutachterliche Stellungnahme datiert vom 13. Februar 2015, mithin weit nach Abschluss des ungarischen Verfahrens. Soweit der Antragsteller sich damals nicht sachverständiger Unterstützung bei der Überprüfung des Gutachtens bedient haben sollte, mag das mit Blick auf seine Verfahrensführung - und damit auf die Wahrung seiner Rechte im damaligen Verfahren - fahrlässig gewesen sein. Es führt aber nicht dazu, dass ein nachfolgendes statusneutrales Klärungsbegehren als rechtmissbräuchlich einzustufen ist. Unabhängig davon kann der Umstand, dass der Antragsteller das in Ungarn durchgeführte Verfahren - und damit letztlich auch dessen dann in Rechtskraft erwachsendes Ergebnis - ab einem bestimmten Zeitpunkt ohne eine weitere Rechtsverteidigung hingenommen hat, ohne Hinzutreten von hier nicht ersichtlichen weiteren Umständen nicht zu einem durch Treuwidrigkeit begründeten Verlust des isolierten Klärungsanspruchs führen.
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Das Oberlandesgericht wird sich nun damit zu befassen haben, ob die Einwände des Antragstellers gegen das im ungarischen Verfahren eingeholte Abstammungsgutachten durchgreifen oder dieses geeignet ist, dem Antragsteller die ausreichend sichere naturwissenschaftliche Gewissheit und damit Kenntnis der Abstammung des Antragsgegners von ihm zu vermitteln.
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